Fragen zur Umsetzung des Kommunismus

Das kenn ich.
Alles nur Missverständnisse.
Man hat den Marxismus nicht begriffen und den später dann hinzukommenden Leninismus.

Karl Marx und auch Friedrich Engels waren ja m.W. strikte Gegner des Personenkultes. Soweit so gut.
Man sehe es ihnen deshalb auch nach das sie im Manifest über die Rolle der in Entstehung begriffenen kommunistischen Bewegung schrieben:
„Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.“
 
Man hat den Marxismus nicht begriffen und den später dann hinzukommenden Leninismus.

Ich meine dass Lenin und die anderen Anführer der Bolschewiki der ersten Stunde den Marxismus durchaus ganz gut verstanden haben. Sie haben nur einfach nach einer Möglichkeit gesucht die Theorie zu umgehen, weil sie die kommunistische Gesellschaft möglichst selbst noch erleben wollten, was wahrscheinlich im Besonderen in Russland nicht möglich gewesen wäre, wenn sie als orthodoxe Marxisten erstmal brav die Industrialisierung und den Aufstieg des Bürgertums abgewartet hätten.

Karl Marx und auch Friedrich Engels waren ja m.W. strikte Gegner des Personenkultes. Soweit so gut.
Man sehe es ihnen deshalb auch nach das sie im Manifest über die Rolle der in Entstehung begriffenen kommunistischen Bewegung schrieben:
„Die Kommunisten sind also praktisch der entschiedenste, immer weitertreibende Teil der Arbeiterparteien aller Länder; sie haben theoretisch vor der übrigen Masse des Proletariats die Einsicht in die Bedingungen, den Gang und die allgemeinen Resultate der proletarischen Bewegung voraus.“

Dazu ein paar Anmerkungen:

1. Das Manifest ist aus den 1840er Jahren. In dieser Zeit hatte der Begriff "Partei" inhaltlich den Gehalt eines weitgehend unverbindlichen Personenzusammenschlusses mit ungefähr übereinstimmenden Interessen.

Von einer Kaderpartei oder Parteidisziplin überhaupt, kann in diesem Zusammenhang keine Rede sein, das entsprach nicht den politischen Gepflogenheiten der Zeit.

2. Aus der Beschreibung der Kommunisten als diejenige Gruppe mit dem am stärksten gefestigten Klassenbewustsein und den am stärksten eingeschliffenen theoretischen Einsichten, resultiert durchaus kein Führungsanspruch und schon gar kein Alleinvertretungsanspruch.
Den haben Marx und Engels in diesem Zusammenhang nicht erhoben, aus der Avantgarde des Proletariats seinen Schulmeister und schlussenddlich Diktator zu machen, ist etwas, dass die Bolschewiki betrieben haben, Marx/Engels haben diese Avantgarde lediglich beschrieben, für sie aber keine Sonderrechte oder gar diktatorischen Vollmachten reklamiert.

3. Wenn du schon das Manifest bemühst, dann doch bitte im Zusammenhang mit seinem Entstehungskontext.
Denn Marx/Engels fanden die bürgerliche Revolution von 1848 in deren Kontext es entstanden ist, ja durchaus begrüßenswert, im Gegensatz zu den Bolschewiki, jedenfalls was 1917 betrifft (1905 sah das noch anders aus), deren erste Reaktion auf die Bürgerliche Revolution im Februar 1917 darin bestand sich zu überlegen, wie man die daraus hervorgegangene Regierung am besten wegputschen und die Macht usurpieren könnte.

Ein Friedrich Engels hingegen ging in seinem Engagement für die bürgerliche Revolution ja sogar so weit, dass er persönlich zu den Waffen griff und in Baden versuchte die bürgerliche badische Revolutionsregierung gegen die einrückenden preußischen Truppen zu verteidigen, weswegen er nach der militärischen Niederlage außer Landes gehen musste.

Ich sag mal: Das ist nicht unbedingt die Handlungsweise einer Person, die von der bürgerlichen Gesellschaftsordnung und demokratischen Verhältnissen so überhaupt nichts hielt.

Marx/Engels hatten ein Problem mit bestimmten Formen des Privateigentums nicht mit demokratischen Ordnungen.






Der Weg der zu einem diktatorischen Modell hin führte wird erst von den Bolschewiki beschritten und das auch erst nach der gescheiterten Revolution von 1905.
Schau dir an, wie sich die Bolschewiki zur Revolution von 1905 positionieren, zur anschließend eingerichteten Staatsduma und wie sie 1917 agieren und sich zur provisorischen Regierung Lwow/Kerenskij positionieren.
Du wirst einen frappierenden Unterschied feststellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist alles nur graue Theorie. Fakt ist, dass Macht korrumpiert, und das unabhängig davon, wer der oder die Machthaber ist/sind. Das Ideal des Kommunismus – jeder soll so viel arbeiten, wie er kann (je nach seinen Möglichkeiten) und so viel nehmen, wie er braucht (und nicht mehr) – scheitert an dem ganz gewöhnlichen Egoismus, das beinahe allen Lebewesen, also auch dem Menschen, eigen ist: Erst ich und die Meinen, dann die anderen. Wobei das nicht wörtlich zu nehmen ist, denn in kleinen Gruppen oder in Notzeiten, schließen sich Menschen schon zusammen und kooperieren, sprich das Wenige, das sie haben, gerecht teilen.

Aber außerhalb dessen ist sich jeder selbst der nächste. Und der Intelligentere oder Stärkere einer Gemeinschaft wird einen Weg finden, sich selbst und den Seinen einen Vorteil zu verschaffen. Das ist das Ergebnis der Evolution; es steckt in unseren Genen – deswegen sind bisher alle Versuche (z.B. Christentum, Kommunismus), dies durch Gewalt und/oder Erziehung außer Kraft zu setzen, gescheitert. Und das obwohl die Initiatoren und die ersten Träger der Veränderungen es ehrlich meinten und anfangs sich auch an der Maxime hielten. Aber den Verlockungen zu widerstehen, die einem eine Machtposition bietet, scheint kaum jemand in der Lage; und wenn doch, dann wird derjenige als Idealist verspottet.

Wir unterscheiden uns biologisch nicht von jenen, die in der Jungstein- oder Bronzezeit hierzulande lebten. Klar, ein bisschen mehr Kultur meinen wir zu haben, aber die Plünderungen und Vergewaltigungen in den Kriegen der letzten Jahrzehnte zeigen uns, diese Kultur war und ist ein sehr dünner Firnis auf der Biologie des Menschen: Was Soldateska heute tut, taten auch Attilas Horden – einen permanenten Fortschritt der Zivilisation, die Norbert Elias propagierte und der sehr viele zustimmten und trotz der evidenten Gegenbeweise immer noch zustimmen, kann ich nicht sehen.
 
Das Ideal des Kommunismus – jeder soll so viel arbeiten, wie er kann (je nach seinen Möglichkeiten) und so viel nehmen, wie er braucht (und nicht mehr) – scheitert an dem ganz gewöhnlichen Egoismus, das beinahe allen Lebewesen, also auch dem Menschen, eigen ist:

Und würdest du uns auch verraten, wo man diese angeblichen Ideale nachlesen kann?

Bei Marx jedenfalls nicht. Der hat gefordert das gesamte Arbeitsprodukt in den Händen derer zu belassen, die es geschaffen haben und es völlig zu ihrer Disposition zu stellen.
Also hat er gerade nicht gefordert, dass sich jeder nehmen sollte, was er brauchte, sondern dass jeder frei über das verfügen können muss, was er selbst erarbeitet hat.

Irgendeine Ermahnung nicht mehr als irgendein fiktives Minimum zu nehmen ist damit nirgendwo verbunden.

Insofern ist auch dein ganzer darauf folgender Sermon Unsinn, weil es in diesem Zusammenhang eine Forderung zur moralisch bedingten freiwilligen Selbstbeschränkung, der Egoismus entgegen stünde, jedenfalls im theoretischen Marxismus nicht gibt.


Sonstigenfalls wäre es schön, wenn man zumindest einigermaßen beim Thema bleiben könnte.
Deine pseudobiologischen Vorstellungen gehören jedenfalls nicht dazu.
 
Dion bezieht sich m.E. hier auf Karl Marx.
Bei Karl Marx heißt es in der „Kritik zum Gothaerprogramm“ – Randglossen zum Programm der Deutschen Arbeiterpartei“ im Abschnitt I., Absatz 3 „Die Befreiung der Arbeit erfordert …“:

„In einer höheren Phase der Kommunistische Gesellschaft... Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“.

>Zum Verständnis, es geht hier um den Parteitag der SAP in Gotha. Parteitag Mai 1875 – Vereinigung ADAV mit SDAP zur SAP.<

In diesen Zusammenhang entwickelte man in Sozialismus das „Sozialistische Leistungsprinzip“ als „Prinzip der Verteilung“.
Man sprach da:

· vom Übergang des Kapitalismus zum Sozialismus und
· darauf folgend „von der entwickelten sozialistische Gesellschaft“.

Die kommunistischen Führer hatten es aber allesamt eilig noch zu ihren Lebzeiten in der kommunistischen Gesellschaft anzulangen.
Das war allerdings reiner Aktionismus bzw. Populismus und eröffnete Räume für so manche Phantasterei.

Nach meinen Erfahrungen...
Das Prinzip „jeden nach seinen Fähigkeiten“ halte ich für möglich/gangbar.
Das Prinzip „jeden nach seinen Bedürfnissen“ allerdings, etwas zu sehr Thomas Morus gelesen ("Von der besten Verfassung des Staates und von der neuen Insel Utopia“).
 
Dion bezieht sich m.E. hier auf Karl Marx.
Bei Karl Marx heißt es in der „Kritik zum Gothaerprogramm“ – Randglossen zum Programm der Deutschen Arbeiterpartei“ im Abschnitt I., Absatz 3 „Die Befreiung der Arbeit erfordert …“:

„In einer höheren Phase der Kommunistische Gesellschaft... Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen!“.

Das es sich bei @Dions Einlassung um eine Verunstaltung dieses Zitats handelt, hatte ich mir wegen des ersten Teils auch schon gedacht.
Das ändert allerdings nicht daran, dass bei Marx Forderung wie "Jeder soll sich so viel nehmen, wie er braucht, aber aus moralischen Gründen bitte möglichst minimalistisch", nicht vorkommen.

Solche Einlassungen finden sich vielleicht in der Bibel, im Hinblick auf hungernde Personen, denen es dem Text nach gestattet sein soll im Weinberg des Nachbarn den eigenen Hunger zu stillen, aber nichts darüber hinaus zu entwenden.
Solche Einlassungen finden sich gegebenenfalls in irgendwelchen esotherischen Bewegungen, in anarcho-syndikalistischen Gruppen und in modernen Nachhaltigkeitskonzepten, aber eben gerade nicht bei Marx.

Marx hat weder irgendjemanden aufgefordert sich individuell etwas zu "nehmen", im Gegenteil, er hat explizit darauf abgestellt, dass es nicht mehr möglich sein sollte, sich fremdes Arbeitsprodukt im kapitalistischen oder despotischen Sinne anzueignen und irgendeine auf Moral abstellende Genügsamkeitsethik ist der Marxismus auch nicht, er ist letztenendes das glatte Gegenteil davon.

Auch steht bei Marx nirgendwo etwas davon, dass jeder nur so viel arbeiten soll, wie er gerade lustig ist, so wie @Dion das kolportiert.
Dementgegen hat Marx im "Manifest" ausdrücklich einen allgemeinen Arbeitszwang für alle vorgeschlagen/eingefordert.

Auch diese Thematik kommt in bestimmten kommunistisch/sozialistischen Strömungen ja durchaus vor, im theoretischen Marxismus aber gerade nicht.

Viel mehr ist "jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen", vor dem Hintergrund der Ablehnung "entfremdeter Arbeit", den mieserablen Arbeitsbedingungen, dem Faktum der weitgehend unregulierten Kinderarbeit etc. zu sehen, nicht im Sinne zeitökonomischer Lifestyle- und Selbstverwirklichungskonzepte der letzten 30-40 Jahre.


In diesen Zusammenhang entwickelte man in Sozialismus das „Sozialistische Leistungsprinzip“ als „Prinzip der Verteilung“.

Dieses Konzept hat man eigentlich nicht entwickelt, sondern man hat damit im Grunde wesentlich ältere Konzepte aufgegriffen.

Letztendlich hat man damit ein bereits seit mehreren Jahrtausenden existierendes wirtschaftliches Konzept wieder aus der Mottenkiste geholt und zwar dasjenige der "Palastwirtschaft":

Palastwirtschaft – Wikipedia

Neu war daran eigentlich nichts und marxistisch war das eigentlich genau so wenig wie es neu gewesen wäre, denn an der "Entfremdung der Arbeit", der Aneignung des Arbeitsprodukts" durch den Inhaber der Produktionsmittel und der Abschöpfung des Mehrwerts im Sinne der Marx'schen Arbeitswertlehre änderte sich ja nichts.

Nur das der Inhaber dieser Produktionsmittel dann eben nicht mehr ein privater Kapitalist sondern der Staat war, womit die einzige Veränderung im Hinblick auf die Ausbeutung im marx'schen Sinne darin bestand, dass sie nicht mehr nach originär kapitalistischen Gesichtspunkten (der Staat arbeitet nicht nach Maßgabe persönlicher Gewinnmaximierung durch Verkonsumieren menschlicher Arbeitskraft), sondern nach despotischen oder, wenn man so möchte "bürokratischen" Gesichtspunkten organisiert war.

Inwiefern genau dass ein Schritt in Richtung des Kommunismus im Rahmen Marxistischer Theorie sein soll, müsste mir mal jemand erklären.
Es ließe sich nämlich genau so gut, wenn nicht sogar plausibler argumentieren, dass es sich im Gegenteil um einen Schritt wieder auf die Gesellschaftsstrukturen der Vormoderne hin handelte, der der bei Marx angestrebten Emanzipation der Arbeit diametral entgegen lief.



Die kommunistischen Führer hatten es aber allesamt eilig noch zu ihren Lebzeiten in der kommunistischen Gesellschaft anzulangen.
Das war allerdings reiner Aktionismus bzw. Populismus und eröffnete Räume für so manche Phantasterei.

Mindestens im Hinblick auf die theoretischen Ansätze bei Marx würde ich dass nicht teilen.
Tatsächlich einigermaßen theoriefest inn diesen Dingen zu sein und versucht zu haben die kommunistische Revolution und Gesellschaftsordnung übers Knie zu brechen, würde ich den Hauptaktueren der Bolschewiki tatsächlich attestieren. Lenin, Trotzki, Bucharin, Sinowjew etc. handelten wohl tatsächlich in diesem Sinne.

Bereits für Stalin halte ich das für durchaus hinterfrag, aber jedenfalls noch für diskutierbar.
Hinterfragbar, weil Stalins Marx-Kenntnisse, nach dem Stand, den ich dazu habe eher rudimentär waren, diskutierbar, weil er einen großen Teil seiner politischen Sozialisation im Umkreis von Personen durchlaufen hat, die von diesen Ideen tatsächlich geprägt waren, und deren Gedankengänge er zum Teil übernahm oder wenigstens zu immitieren versuchte.
Was aber hatten alle, die danach noch kamen mit dem theoretischen Marxismus am Hut? Eigentlich nichts.

Jetzt wäre es natürlich eine unzulässige Verengung des Diskurses den Begriff "Kommunismus" mit dem theoretischen Marxismus gleichzusetzen, Personen, die sich als "Kommunisten" verstanden haben gab es ja bereits deutlich vor Marx/Engels, die diesen Begriff lediglich aufgegriffen haben und entsprechend gibt es natürlich auch nicht marxistisch beeinflusste Vorstellungen davon, was eine kommunistische Gesellschaft sein und ausmachen könnte.
Daher auch meine Rückfrage an @Dion , wo man diese angeblichen Ideale nachlesen könnte.
MMn wirft er da nämlich marxistische Vorstellungen davon, was Kommunismus sein könnte mit diversen anderen Konzeptionen aus ganz anderen Ecken durcheinander, vermengt das alles zu einem nicht mehr wirklich definierbaren Brei und klebt dem dann das Ettikett "Kommunismus" bzw. "Ideale des Kommunismus" an.

Und das ist eben kein wirklich sinnvoller Diskussionsstil. Entweder man bzieht sich auf den theoretischen Marxismus oder den "Realsozialismus" als die wirkmächtigsten Vorstellungen in diese Richtung, oder man bezieht sich auf irgendetwas anderes, dann müsste man aber schon einigermaßen benennen worauf, damit das sinnvoll diskutierbar ist.
Was @Dion hier aufgestischt hat, hat in dieser Form jedenfalls weder mit dem theoretischen Marxismus, noch mit dem "Realsozialismus" irgendwas zu tun.
 
Nachtrag...

Den Thomas Morus habe ich erwähnt, weil die Marxsche Lehre auf 3 Säulen beruht.
Das da wären:

1. die deutsche Philosophie (Georg Wilhelm Friedrich Hegel, Ludwig Feuerbach – Marx und seine 11 Thesen zu L. Feuerbach usw.)
2. die bürgerliche englische Ökonomie (z.B. David Ricardo usw.) und
3. der französische utopische Sozialismus (Henri de Saint-Simon) und eben auch der Engländer Thomas Morus.
 
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