Friedrich Nietzsche

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Ich bin ein bisschen verwirrt. Was war Nietsches Philosophie? War ein Nihilist. Aber ein Nihilist ist ja jemand, der allen Sinn und jegliche Regeln ablehnt. Aber Nietzsche hat ja auch den Übermensch erschaffen. Man ist ein Übermensch, wenn man akzeptiert das sich alles im Leben wiederholt und das man es in sein Leben einbindet. Das ist ja irgendwie der Gegenteil zum Nihilismus. Also??? Könnte es auch jemand treffender formulieren als ich?
PS: Ich gehe noch zur Schule (Gymnasium), und das Thema fordert meinen Verstand schon sehr. Also bitte nicht zu umständlich formulieren.^^
 
Wesentlich für Nietzsche ist die "Umwertung aller Werte". Dem Christentum wirft er eine "Sklavenmoral", eine Moral der Zukurzgekommenen" vor. Das Christentum habe alles Starke und Edle dämonisiert und Schwäche und Unterwürfigkeit zu Tugenden stilisiert.

Diese "Sklavenmoral" soll eben durch die Umwertung aller bisherigen Werte überwunden werden. Dazu propagiert Nietzsche die Bildung des Übermenschen als Freigeist und Künstler als neues Ideal.

In "Also sprach Zarathustra" wählt Nietzsche den Namen Zarathustras als Begründer eines metaphysischen Dualismus als Chiffre. Zarathustra hat Jahre in der Einsamkeit gelebt und will dem Volk die Lehre des Übermenschen predigen. Er entwirft das Bild des "letzten Menschen", der servil, unselbstständig und debil ist, doch das Volk versteht in nicht und bejubelt lieber einen Seiltänzer.

Zarathustra fragt, was der Affe für den Menschen ist, eine "Scham, ein Gelächter". Das was der affe für den Menschen ist, soll der Mensch für den Übermenschen sein. Diese Vision soll eben durch die Umwertung aller Werte erfolgen. Nietzsche erkennt den Unterschied zwischen "gut und böse" nicht an, sondern läßt nur "gut und schlecht" gelten. Gut ist in diesem Sinn alles, was stark, kühn, selbstständig ist, während die Tugenden des Christentums, die "andere Wange hinhalten", seine "Feinde zu lieben", die Obrigkeit als gottgegeben anzuerkennen für Nietzsche eine "Sklavenmoral" ist, die Schwäche und Unselbstständigkeit zu Tugenden erklärt. Sein Ideal ist die klassische griechisch- römische Antike, die sich Götter schuf, die dem menschlichen Idealbild eines Aristokraten entsprechen, wobei Homer mitunter recht respektlos die Allüren des alten Schwerenöters Zeus ausbreitet. Der Gott der Juden und Christen ist dagegen einer, vor dem man im Staub rutschen muss, dessen Moral nach Nietzsche völlig dem widerspricht, was nach antiker Moral stark, selbstständig denkend und lebenstüchtig ist.

Nietzsche bedeutendste Werke sind "Menschliches, Allzumenschliches" und "Also sprach Zarathustra"
 
N. war nicht selbst Nihilist, indem er einfach Werte ablehnte, sondern er spürte im Zeitalter der Moderne den aufkommenden Nihilismus, der sich gerne mit der Philosophie des Materialismus verband. Und diese materialistische Philosophie war im 19. Jahrhundert sehr stark geworden (Holbach, Feuerbach, K. Vogt, Marx/Engels sind einige Vertreter). Um diesem aufkommenden Nihilismus entgegenzusteuern, forderte er eine "Umwertung aller Werte", neue Werte sollten an die Stelle der alten treten, die alten, die sowieso absterben. Er war der Meinung, eine neue Geistes-Aristokratie (= Übermensch) könnte diese Talfahrt in den Nihilismus stoppen bzw umkehren. Insofern war er nicht Nihilist, sofern man von Werten überhaupt spricht, sondern nur in dem Sinne, dass er die alten Werte "vernichten" (nihil-isieren) wollte (und diese alten Werte sind im wesentlichen die des Christentums). Klar soweit?

Hier http://www.geschichtsforum.de/f72/nietzsche-13687/ im Forum findest du noch mehr über Nietzsche.

Was ich selbst von N. halte, kannst du hier lesen Nietzsche als Sklave des Wahns - Geschichtsforum :)
 
Zuletzt bearbeitet:
Nietzsches Philosophie ist bisweilen nicht in sich schlüssig, und sein Werk wurde nicht zuletzt durch die Nazis als Apologet des Herrenmenschen funktionalisiert.

Nietzsche war Altphilologe. In seinem Erstlingswerk "Die Geburt der Tragödie aus dem Geiste der Musik differenziert er zwischen einem dionysischen und appolinischen Prinzip in der Kunst, was allerdings nicht antiken Denkmustern entspricht.

Eumolpus letzter zitierter Satz, basiert allerdings auf Gedankengängen Aristoteles und Ciceros. Die Sklaverei ist für Aristoteles eine natürliche Einrichtung, es gibt Herren und es gibt Sklaven. Für Cicero ist die Sklaverei sogar Basis eines freiheitlich- republikanischen Systems, da gewisse Arbeiten unter der Würde eines freien Römers sind, der sich dank der Sklavenarbeit mehr den Interessen des Staates widmen kann.

Einige Stoiker waren dagegen der Meinung, dass die Sklaverei eine künstliche Einrichtung ist.

Sieht man sich etwas in der Welt um, wird man ihnen allen beipflichten müssen, denn die Bezeichnungen mögen sich ändern, bisher hat aber noch kein System die Unfreiheit beseitigen können, und manche Formen der Unterdrückung erscheinen womöglich als noch härter, als die antike Sklaverei.
Das ist natürlich ziemlich off topic, denn es ging ja um die Philosophie Nietzsches.
 
Danke für die Erklärungen. Wie kann ein Mensch laut Nietzsche das Ideal eines Übermenschen erreichen?
 
Sieht man sich etwas in der Welt um, wird man ihnen allen beipflichten müssen, denn die Bezeichnungen mögen sich ändern, bisher hat aber noch kein System die Unfreiheit beseitigen können, und manche Formen der Unterdrückung erscheinen womöglich als noch härter, als die antike Sklaverei.

Das kommt dann aber darauf an, was man unter Freiheit versteht.
Es heißt ja, dass die eigene Freiheit bei der Freiheit des anderen endet.
Sieht man darin Unfreiheit, ist Unfreiheit notwendiger Bestandteil dieser Welt.
Man kann aber auch diverse Abhängigkeiten als Unfreiheiten auffassen wie Arbeitnehmer-Arbeitgeber oder, schlimmer, Ehegatten untereinander (^^).
 
Nietzsches Philosophie ist bisweilen nicht in sich schlüssig [...] bisher hat aber noch kein System die Unfreiheit beseitigen können
So sehr ich dich schätze, Scorpio, aber es kann doch nicht angehen, sich nur einzelne Versatzstücke aus N's Philosophie rauszuklauben, wie es heute allerorten mit N. geschieht.

Oder, wie du versuchst darzulegen, dass Unfreiheit noch nicht abgeschafft wurde. Bitte sehr! N. wollte uns nicht mitteilen, dass Unfreiheit noch nicht (leider ach ach) abgeschafft ist, sondern er wollte uns mitteilen, dass Unfreiheit etwas GUTES ist! Zur höheren Weihe der Elite. Das ist ein kleiner, aber bedeutsamer Unterschied.

Im übrigen stammen seine Anschauungen zur Sklaverei eben nicht nur von der Tragödienschrift. Es ist auch völlig gleichgültig, was seine liebe Schwester mit seinen Schriften angestellt hat. Denn N. war SEHR deutlich: er war ein Reaktionär durch und durch. Die Forderungen der Arbeiterklasse seiner Zeit waren ihm ein Gräuel!

Er hasste das "Volk", dagegen liebte er die Kunst.

Und die Ansichten zur Sklaverei eines Plato, Aristoteles usw. kann man doch beim besten Willen nicht vergleichen mit denen eines Menschen des ausgehenden 19. Jh!

Ich zitiere noch einmal:
Das Elend der mühsam lebenden Menschen muss noch gesteigert werden, um einer geringen Anzahl olympischer Menschen die Produktion der Kunstwelt zu ermöglichen.

N's Bezugspunkt ist nicht der Mensch. N's Bezugspunkt ist der Heros.
 
So sehr ich dich schätze, Scorpio, aber es kann doch nicht angehen, sich nur einzelne Versatzstücke aus N's Philosophie rauszuklauben, wie es heute allerorten mit N. geschieht.

Oder, wie du versuchst darzulegen, dass Unfreiheit noch nicht abgeschafft wurde. Bitte sehr! N. wollte uns nicht mitteilen, dass Unfreiheit noch nicht (leider ach ach) abgeschafft ist, sondern er wollte uns mitteilen, dass Unfreiheit etwas GUTES ist! Zur höheren Weihe der Elite. Das ist ein kleiner, aber bedeutsamer Unterschied.

Im übrigen stammen seine Anschauungen zur Sklaverei eben nicht nur von der Tragödienschrift. Es ist auch völlig gleichgültig, was seine liebe Schwester mit seinen Schriften angestellt hat. Denn N. war SEHR deutlich: er war ein Reaktionär durch und durch. Die Forderungen der Arbeiterklasse seiner Zeit waren ihm ein Gräuel!

Er hasste das "Volk", dagegen liebte er die Kunst.

Und die Ansichten zur Sklaverei eines Plato, Aristoteles usw. kann man doch beim besten Willen nicht vergleichen mit denen eines Menschen des ausgehenden 19. Jh!

Ich zitiere noch einmal:


N's Bezugspunkt ist nicht der Mensch. N's Bezugspunkt ist der Heros.


Nietzsche war Gegner des Sozialismus und des Christentums, der Apologet eines elitären Menschenbildes, dennoch habe ich große Probleme, ihn als Reaktionär einzuordnen. So gehörte Nietzsche zu den Wenigen, die sich durchaus nicht an der Euphorie über die deutsche Reichsgründung und der Deutschtümelei in der Wilhelminischen Epoche beteiligten, außerdem war Nietzsche niemals Antisemit.
 
Nietzsches Philosophie ist bisweilen nicht in sich schlüssig, und sein Werk wurde nicht zuletzt durch die Nazis als Apologet des Herrenmenschen funktionalisiert.

Eine ganz und gar eindrucksvolle Schilderung über den Wandel in Nietzsches Philosophie - vom Prinz Vogelfrei hin zum "philosophierenden Berserker" - ist mir in dem Bändchen "Wieviel Wahrheit braucht der Mensch?" von Rüdiger Safranksi untergekommen. Vielleicht schreibe ich in einer Stunde der Muße hierzu noch etwas. Den Interessierten sei das Buch ans Herz gelegt.
 
Sein Ideal ist die klassische griechisch- römische Antike, die sich Götter schuf, die dem menschlichen Idealbild eines Aristokraten entsprechen, wobei Homer mitunter recht respektlos die Allüren des alten Schwerenöters Zeus ausbreitet. Der Gott der Juden und Christen ist dagegen einer, vor dem man im Staub rutschen muss, dessen Moral nach Nietzsche völlig dem widerspricht, was nach antiker Moral stark, selbstständig denkend und lebenstüchtig ist.

eine Frage hierzu: Ist Nietzsche ein Neopaganist?

Nietzsche war Gegner des Sozialismus und des Christentums, der Apologet eines elitären Menschenbildes, dennoch habe ich große Probleme, ihn als Reaktionär einzuordnen. So gehörte Nietzsche zu den Wenigen, die sich durchaus nicht an der Euphorie über die deutsche Reichsgründung und der Deutschtümelei in der Wilhelminischen Epoche beteiligten, außerdem war Nietzsche niemals Antisemit.

eine Frage hierzu: War Nietzsche ein Libertärer? Ein Anarchist?
 
[...] Ist Nietzsche ein Neopaganist?
[...] War Nietzsche ein Libertärer? Ein Anarchist?
Ich denke nein, um die Diskussion ggf. aufzugreifen; am ehesten kann man wohl sagen, daß seine Philosophie einen gewissen Anarchismus nicht entbehrte, aber ich wüßte nicht einmal, je etwas über Äußerungen über Politik oder Wirtschaft von ihm gelesen zu haben; trotzdem eine interessante Frage nach einem Libertarismus bei Nietzsche. Und ob er Neopagan war? Mit dem Götterglauben hatte er, glaube ich, ebenfalls eher wenig zu tun, wenn er sich die Philosophie auch weniger apollinisch und mehr dionysisch wünschte! Auch etwa Nietzsches Zarathustra war ja eher eine stilisierte Figur, die eher weniger bis gar nichts mit ihrem religiösen Vorbild zu tun hatte.
 
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