Hallo miteinander,
erst einmal möchte ich sagen, daß ich dieses Thema sehr interessant finde :hoch:
Ich erlaube mir, in die Zeit der Kreuzzüge zu springen und einen authentischen Text einzustellen, welcher u.a. die damalige Stimmung widerspiegelt - und es wundert mich, das dies noch keiner vorher getan hat :grübel:
Der Text ist - natürlich - in Mittelhochdeutsch (wenngleich die PC Tastatur keine exakte Schreibweise zuläßt); die Übertragung habe ich danach angefügt...
Das Palästinalied
Allererst lebe ich mir werde,
sit min sündic ouge siht
Daz reine lant und ouch die erde
den man so vil eren giht.
Mirst geschehen des ich ie bat,
ich bin komen an die stat
da got mennischlichen trat.
Schoeniu lant rich unde here,
swaz ich der noch han gesehen,
So bist duz ir aller ere.
waz ist wunders hie geschehen!
Daz ein magt ein kint gebar
herre über aller engel schar,
was daz niht ein wunder gar?
Hie liez er sich reine toufen,
daz der mensche reine si.
Sit liez er sich hie verkoufen,
daz wir eigen wurden fri.
Anders waeren wir verlorn.
wol dir, sper kriuz unde dorn!
we dir, heiden! deist dir zorn.
Hinnen fuor der sun zer helle
von dem grabe, da'r inne lac.
Des was ie der vater geselle,
und der geist, den niemen mac
Sunder scheiden: est al ein,
sleht und ebener danne ein zein,
als er Abrahame erschein.
Do er den tiuvel do geschande,
daz nie keiser baz gestreit,
Do fuor er her wider ze lande.
do huob sich der juden leit,
Daz er herre ir huote brach,
und man in sit lebendic sach,
den ihr hant sluoc unde stach.
In diz lant hat er gesprochen
einen angeslichen tac,
Da diu witwe wirt gerochen
und der weise klagen mac
Und der arme den gewalt
der da wirt an ime gestalt.
wol im dort, der hie vergalt!
Kristen juden unde heiden
jehent daz diz ir erbe si:
Got müez ez ze rehte scheiden
durch die sine namen dri.
Al diu welt diu stritet her:
wir sin an der rehten ger,
reht ist daz er uns gewer.
Walther von der Vogelweide (um 1220/28)
Jetzt erst erfahre ich mein Leben als wesentlich,
da mein sündiges Auge
das heilige Land erblickt und die Erde,
die man so verehrend preist.
Mir ist geworden, worum ich immer gebeten habe,
ich bin an die Stätte gekommen,
da Gott in menschlicher Gestalt wandelte.
Schöne Lande, reich und herrlich,
wie viele von ihnen auch ich gesehen habe,
du bist doch ihrer aller Krone!
Welch Wunder ist hier geschehen!
Daß eine Jungfrau ein Kind gebar,
Herr über das Heer aller Engel,
war das nicht das Wunder aller Wunder?
Hier ließ er, der Reine, sich taufen,
auf daß auch der Mensch rein sei.
Dann ließ er sich verraten und binden,
damit wir Eigenleute frei würden,
sonst wären wir verloren gewesen.
Dank Dir, Lanze, Kreuz und Dornenkrone!
Weh dir, Heidenschaft, du empörst dich darob!
Von hier fuhr der Sohn zur Hölle
aus dem Grab, in dem er gelegen hatte.
Dabei war immer der Vater sein Gefährte
und der Geist, den niemand
sonderlich scheiden kann: es ist ganz eines,
glatt und ebener als ein Pfeilschaft,
so wie er Abraham erschien.
Als er den Teufel dann zu Schanden gemacht hatte
- besser als je ein Kaiser gekämpft hat -,
kam er zurück auf die Erde.
Da geschah, was den Juden schmerzte:
daß er, der Herr, ihre Bewachung brach,
und man ihn seither als Lebenden erblickte,
den ihre Hand geschlagen und gestochen hatte.
In dieses Land hat er anberaumt
den Tag des letzten Gerichtes,
da die Witwe gerächt wird
und die Waisen Klage erheben können
und die Armen wider die Gewalt,
die sich an ihnen ausläßt.
Wohl ihm dort, der in diesem Leben seine Schuld beglichen hat!
Christen, Juden und Heiden
behaupten, dies sei ihr Erbland.
Gott möge es rechtlich schlichten
im Namen seiner Dreieinigkeit.
Die ganze Welt macht ihre Ansprüche hierher geltend.
Wir allein verlangen es rechtens.
Gerecht ist, daß er uns stattgibt.
Übertragung von Peter Wapnewski auf Basis von Lachmann-Kraus (1962)
Anm.: Wer den Wortlaut als militant und/oder intolerant empfindet, halte sich bitte vor Augen, daß das Lied aus dem 13. Jahrhundert ist!