Gerade das Ggt. ist doch der Fall, dein fragwürdiges Kulturstufenmodell ist eine Verallgemeinerung schlechthin.Wenn man ganz sicher gehen will sollte man seine Fragestellung tatsächlich so weit einschränken. Wenn man über "die Waffentechnik der Germanen" schreibt, oder auch nur über die Waffentechnik einer Gruppe germanischer Gemeinwesen läuft man Gefahr verallgemeinerende Aussagen zu treffen, die dann nicht haltbar sin. Mich reizt dennoch der Gesamtentwurf der germanischen Waffentechnologie und Kriegsführung als Ganzes.
Üblich ist die Einteilung vorrömische Eisenzeit (Spät-La Tène) und römische Kaiserzeit. Der Begriff des La Tène bezieht sich zwar zunächst einmal auf die Kelten, wird aber in Bezug auf die Periodisierung auch weitergefasst gebraucht. Also Germanen (in der klass. Wahrnehmung) nehmen an der La Tène-Kultur im Grunde nicht teil (was nicht bedeutet, dass La Tène-Artefakte nicht auch in germanischen Grab- und Siedlungskontexten vorkämen) aber können darüber periodisiert werden. Die vorrömische Eisenzeit lässt man in Bezug auf D um 50 v. Chr. enden, also mit der Eroberung Galliens durch Caesar und der erstenn Rheinüberquerung, ab dann spricht man, obwohl historisch gesehen Rom noch Republik war, archäologisch von der älteren römischen Kaiserzeit.Welches Periodisierungsmodell würde die angemessener erscheinen für die Germanen?
Überhaupt ist die Zuordnung von archäologisch fassbaren Artefakten zu historisch fassbaren Stämmen mindestens schwierig. Sowieso musst du damit rechnen, dass ein Gehöft, welches über mehrere Generationen sich um einen Ort konzentrierte, bei "dynastischer" Kontinuität seiner Bewohner in der einen Generation eher dem cheruskischen Verband, in der nächsten aber vielleicht dem marsischen Verband angehörte, also die Stammeszugehörigkeit recht flexibel war.
Natürlich gab es auch im römischen Reich Hungersnöte. Aber das war eher die Ausnahme und die Kaiser hatten zumindest die Macht, Abhilfe zu schaffen, wenn lokal eine Hungersnot ausbrach. Das war im Barbaricum anders, zumal wir im römischen Reich eine Latifundienwirtschaft vorfinden und eine Agrarproduktion, die auf Gewinnmaximierung ausgerichtet war und im Barbaricum Subsistenzwirtschaft, also auf die Versorgung der Familie oder des Dorfes ausgerichtet. (Selbstverständlich gibt es auch im RR immer wieder subsistenztreibende Kleinbauernhöfe, aber aufgrund der Expansion über den Stiefel hinaus schnell immer weniger.) Wir können nachweisen, dass die Rinder und Schweine im Barbaricum kleiner waren, Cato* erklärt sogar (korrekt) woran das lag: Man hat die Jungkühe zu früh kalben lassen. Aus irgendwelchen Gründen wachsen Kühe nicht mehr, wenn sie kalben und erreichen damit nicht ihre Maximalgröße, weshalb Cato* empfahl, Kühe nicht zu früh kalben zu lassen.Was die Vorstellungen von Armut und Mangel angeht, muss man sich hüten, heutige Begriffe auf vergangene Zeiten zu übertragen. Das heißt nicht, unsere Sichtweise zu verwerfen. Nur können wir unsere Sichtweise nicht auf die Menschen der betrachteten Zeit übertragen. Es ist z.B. gar nicht so lange her, dass die Berücksichtigung von Bedürfnissen als unmoralisch galt und in unserer eigenen Gesellschaft wird die Definition von Bedürfnissen als politische, soziale und private Waffe genutzt. Wir haben es also nicht nur mit unterschiedlichen Begriffen, sondern mit Spannbreiten zu tun und nicht mit einem einfachen Label.
Zudem fehlt mir oft der Vergleich mit dem Römischen Reich. Auch dort waren Hunger und Entbehrung nicht unbekannt und viele Errungenschaften standen nur einigen zur Verfügung. Andere, wie z.B. die Pax Romana, hatten wenig mit der Realität zu tun.
Solche Urteile sind in ihrer Allgemeinheit damit so nichtssagend, dass sie eigentlich gleichzeitig wahr und falsch sind.
*bin mir nur zu 98% sicher, dass es Cato war, evtl. auch einer der anderen beiden bekannte Agrarschriftsteller oder Plinius d.Ä., der ist für so etwas auch immer gut.
Zuletzt bearbeitet: