Reinecke
Aktives Mitglied
Für einen Filmabend habe ich letztens ein paar Informationen zusammengestellt, um den "militärhistorischen Laien" das Geschen besser verständlich zu machen. Auch wenns für Korrekturen, Verbesserungsvorschläge etc im Prinzip zu spät ist: Kritik, bitte! :winke:
Gettysburg
Allgemeines
Die USA unterhielten nur eine sehr kleine stehende Armee; im Kriegsfall (das letzte mal im größeren Umfang im Krieg gegen Mexiko in den 40ern??) wurden wie im Unabhängigkeitskrieg Milizen ausgehoben; gleiches geschah, meist im lokalen Rahmen, bei Auseinandersetzungen mit Indianern oder anderen gewaltsamen Auseinandersetzungen (bspw wären der Black Hawk-Krieg oder die Kriege gegen die Seminolen, oder der Zwischenfall bei Harpers Ferry).
Dieses Fehlen einer umfangreichen ständigen Armee bestimmte auch den Sezessionskrieg maßgeblich. Die Südstaaten hatten seit den späten 50er Jahren ihr Milizsystem reorganisiert und verbessert; diese Ausgangslage (der Süden hat bereitstehende Milizen, wären der Bundesregerung eine ständige Kriegsmacht fehlte) macht den Entschluss zur Sezession etwas verständlicher (neben "Patriotismus"). Auch von der regulären Armee trat ein erheblicher Teil zu den Südstaaten über (zumeist natürlich die, die aus diesen Staaten stammten); dies geschah mWn überall friedlich.
Doch an sich war der Süden in fast jedem militärischen bedeutendem Punkt klar unterlegen. Die Nordstaaten hatten ein mehrfaches der Einwohnerzahl (besonders wenn man im Süden die schwarzen Sklaven rausrechnet); der Norden verfügte im Gegensatz zu den Südstaaten über eine eigene Industrie, die die Ausrüstung einer Armee aus eigener Kraft sicher stellen konnte, während der Süden praktisch alle schweren Waffen importieren mussten (während die US Navy versuchte, die Häfen zu blockieren), und auch die Ausrüstung der konföderierten Armee mit Kleidung, Schuhen, Munition etc. nur unzureichend sicher stellen konnte.
Was Zahl, Ausrüstung, Bewaffnung und Nachschub angeht war der Norden zu eigentlich jedem Zeitpunkt überlegen. Die großen Pluspunkte der Konföderation waren:
Die Moral der Truppen war ausgesprochen hoch: Es ging nicht um politische Fragen wie Sklaverei o.ä., sondern um die Verteidigung der Heimat gegen eine fremde Okkupation; so sahen es die meisten Südstaatler, und entsprechend war die Motivation.
Während der ersten Kriegsjahre wurde der Krieg im Osten hauptsächlich auf dem Boden der Konföderation ausgetragen, nämlich in Virginia. Dies führte einmal zur einer Verstärkung des oben genannten Moments der Heimatverteidigung, bedeutete aber auch eine großen Vorteil, was die Haltung der Bevölkerung angeht: Diese half primär den Konföderierten mit Verpflegung etc., besonders aber mit Hinweisen.
Dazu kam, dass die konföderierte Kavallerie den Bundestruppen zuBeginn des Krieges klar überlegen war. Der Grund mag u.a. der Gentleman-Habitus der herrschenden Klasse des Süden gewesen sein.
Außerdem verfügte der Süden mit General Lee zumindest im Osten über einen hervorragenden Strategen, dem es wiederholt gelang, die Unionstruppn auszumanövrieren und zu schlagen.
Die militärischen Operationen während des Sezessionskrieges konzentrieret sich auf zwei Großschauplätze: Den Westen und den Osten.
Die Grundeinheit war das Regiment, das eine Sollstärke von 1.000 Mann hatte, in bis zu 10 Kompanien aufgeteilt war und meist von einem Colonel (Oberst) kommandiert wurde. Mehrere Regimenter bildeten eine Brigade, mehrere Brigaden eine Division. Auf Brigade- und Divisonsebene waren kleinere Artillerie- und Kavallerie-Einheiten in die Struktur integriert. Mehrere Divisionen bildeten ein Armeekorps, dass neben dieser Infantrie in jedem Fall über eine starke Artillerie-Reserve und Kavallerie zur Aufklärung verfügte. Daneben existierten große unabhängige Kavallerieformationen (Regimenter, Brigaden und Divisionen), die, mit schneller und leichter Artillerie ausgerüstet, in der Lage waren, in größerem Umfang schnelle Operationen durchzuführen; auch diese Operationen dienten in erster Linie der Aufklärung.
Die Regimenter wurden allerdings nur selten verstärkt, so dass die Iststärke häufig nur 200 bis 300 Mann betrug. Es war einfacher. neue Regimenter auszuheben (aus welchen Gründen auch immmer...).
Eine operierende Armee konnte wenige Regimenter oder mehrere Armeekorps umfassen, je nach Lage der Dinge. Daneben gab es natürlich Truppen, die feste Plätze oder Städte verteidigten oder andere spezielle Aufgaben durchzuführen (bspw das Marine Corps). Auch waren ständig weitere Regimenter in Aufstellung bzw Grundausbildung; ohne wenigstens einige Wochen der Vorbereitung wurde kaum eine Einheit ins Feld geschickt.
Die Einheiten wurden fast ausschließlich von den Staaten gestellt, bezahlt, ausgerüstet etc.pp., und zwar auf beiden Seiten; daher auch die Regiments-Namen "12. Illinios", "3. Missouri" u.ä. Bei den Nordstaaten gab es einige wenige Ausnahmen (bei Gettysburg bspw die "1. US Sharpshooters")
Der Krieg wurde größtenteils von Amateuren geführt; selbst höhere Kommandopositionen (bis hinauf zu Regiments- und Brigadekommandeuren) wurden von Personen besetzt, die nie eine echte militärische Ausbildung erhalten hatten (West Point o.a. Militärakademie), sondern wie die gemeinen Soldaten das notwendige Wissen in einer kurzen Ausbildung erhielten und dann mehr oder minder auf sich gestellt waren. Diese Mischung von hoch motivierten, aber größtenteils völlig unerfahrenen Soldaten gab dem Sezessionskrieg sein besonderes Gesicht und unterschied in grundsätzlich von den Kriegen in Europa, trotz gleicher Kultur, Kriegstechnik und Technologie.
Besonders führte dieses Zusammentreffen von Faktoren zu hohen Opferzahlen im Sezessionskrieg. Eine moderne, tödliche Bewaffnung traf auf hoch motivierte Truppen, die auf unteren Ebenen von Leuten geführt wurden, die zumindest am Anfang ihrer Karriere nicht wirklich wussten, was sie taten. Und auch wenn die Generalität auf beiden Seiten natürlich West Point-Absolventen waren, fehlte auch diesen generälen der Erfahrung mit einem großen Krieg.
Das Fehlen eines umfangreichen stehenden Heeres wirkte sich besonders bei der Kavallerie aus: diese wurde im Sezessionskrieg fast ausschließlich zur Aufklärung eingesetzt. Für die Rolle einer echten Schlachtenkavallerie fehlte sowohl die Quantität als auch die Qualität; im Gegensatz dazu gab es in Europa noch eine echte Schlachtenkavallerie, auch wenn deren Bedeutung immer weiter abnahm (=> Todesritt der Brigade v. Bredow).
Interessant auch: Man verpflichtete sich für eine bestimmte Zeit (bei der ersten Aushebung vor Kriegsbeginn 90 Tage, später bspw für drei Jahre ), nicht bis Ende des Konflikts; das bedeutete theoretisch, dass ein Soldat, des Dienstzeit abgelaufen war, automatisch Zivilist war, selbst "wenn ihm noch die Kugeln um die Ohren flogen".
Die konkrete Situation
Seit Beginn des Krieges fanden die meisten Operationen im Osten in Virginia statt. Dieser zur Konföderation gehörende Staat grenzte am Fluß Potomac an das zur Union gehörende Maryland; besonders aber lag dort, am Potomac zwischen den beiden Staaten, die Unionshauptstat Washington, die unbedingt gehalten werden mussten. Washignton lag am nördlichen Ufer des Potomac, war stark besetzt und von Verschanzungen und Artillerie hervorragend geschützt. Ein direkter Angriff verbot sich für den Süden daher von selbst.
Von Washington aus stießen Unionstruppen (die Potomac-Armee) immer wieder nach Virginia vor. Mal um Mal wurden sie dabei von Konföderationstruppen (der Nord Virginia-Arnmee) unter General Lee geschlagen, obwohl die Konföderierten immer in der Unterzahl waren. Aber Moral und gute Führung siegten bei mehreren Schlachten über Material und Zahl (Bull Run 1 & 2, Fredericksburg, Chancelorsville), und jedesmal musste die Potomac-Armee nach Washington zurück weichen.
Im Jahr 1863 (ick gloob nach Chancelorsville) entschloss sich Lee zu einem Vorstoß nach Norden (zum 2. Mal, wenn ich mich recht erinnere...). Die Hoffnung war, die Unionsarmee dort auf freiem Feld zu schlagen, dann Washington von Norden und Süden gleichzeitig zu bedrohen bzw einzuschließen und damit Präsident Lincoln zu einem Frieden zu zwingen, der die Unabhängigkeit der Konföderation anerkennen würde.
Lee zog mit drei Armeekorps im Schutz einer Bergkette (Blaue Berge) durch Maryland bis nach Pennsylvania (Kernland der Union). Die Unionsarmee folgte ihnen ?sieben? Armeekrops stark östlich dieser Berge. Dabei muss gesagt werden, dass Armeen dieser Größe sich nicht auf einer einzelnen Straßen bewegen können. Würden sie das tun würde die Marschkolonne sich auf dutzende, ja hunderte Kilometer ausdehnen. Daher operierten die Armeekorps getrennt, aber in naher Entfernung. Wichtig war es dabei, die Verbindung aufrecht zu erhalten und sich nicht voneinander trennen zu lassen. Daher war es von strategischer Bedeutung, die Wegkreuzungen unter Kontrolle zu halten.
Angeblich waren konföderierte Truppen unter General Heth auf der Suche nach Schuhen, als sie gegen die Kleinstadt Gettysburg vorgingen. Auf Gettysburg laufen aber zehn Straßen zu, es ist der wichtigste Kreuzungspunkt der Region. Daher wurde es mE automatisch zu dem Punkt, an dem die verfeindeten Armeen aufeinandertrafen, nachdem Lee die Berge nach Osten überschritt und das Gefecht mit den Unionstruppen suchte. Dummerweise war General JEB Stewart mit der gesamten konföderierten Kavallerie auf einem Aufklärungsritt mehrere Tage von den Hauptttruppen getrennt, so das Lee ohne jegliche verifizierte Informationen ins Gefecht zog.
So weit, so gut; genaue Beschreibungen des Schlachtgeschehens wären der Spannung des Films etwas abträglich, daher endet das Ganze hier.