Herrschaftsideologie der Flavier

und "...auf Lebenszeit" hatte noch nie etwas an sich, das den Römern gefallen konnte:
"...König auf Lebenszeit... Diktator auf Lebenszeit... Zensor auf Lebenszeit..."
Das endete immer irgendwie blutig.
 
Diskrepanz zwischen öffentlichem Anspruch und wirtschaftlicher Aktivität der Eliten

Das System des "keine Geldgeschäfte machens" wurde seit dem Ende der Republik durch den Trick umgangen, diese Geldgeschäfte durch einen Freigelassenen zu betreiben, wie überhaupt das Wirtschaftsleben der Aristokratie in eine halbfreie Mittelschicht ausgelagert wurde. Einen Höhepunkt erreichte das unter Claudius, der selbst die Bürokratie des Imperiums so organisierte: anstößig für den konservativen Römer, aber sehr effektiv und gewinnbringend.

Sehr richtig! - Ist völlig OT, aber dennoch:
Wobei diese Auslagerung bereits in republikanischer Zeit begonnen hatten. Es änderten sich der Rechtsstatus der „Halbfreien“ und ihre Möglichkeiten im Laufe der Zeit, es blieb jedoch die Bindung der „Freigelassenen“ an ihren Patron. Diese hatten somit die Chance quasi indirekt Geschäfte zu machen, womit den Gesetzen („keine Geldgeschäfte machen“, sowie die gesellschaftliche „Anstößigkeit“ von Handwerk & Handel für die Oberschicht) Genüge getan wurde. Wann genau diese „Restriktionen“ begannen ist mir nicht ganz klar. Doch fällt mir eine bezeichnende Episode im Vorfeld des 2. Punischen Krieges (Hannibal) ein, wo den Senatoren wirtschaftliche Restriktionen durch Druck des Volkes auferlegt wurden. Das römische Volk war zu jener Zeit nicht geneigt einen erneuten Krieg mit Karthago zu beginnen, der nach ihrer Meinung nur geeignet war, erneut die Taschen der oberen Schichten zu füllen.

Die Sorge des Volkes schien durch die Erfahrungen des gerade beendeten Illyrischen Krieges berechtigt, wo die Konsuln die Soldaten um ihnen zustehende Beuteanteile gebracht hatten. Einer der Konsuln wurde daher nach Ablauf seiner Amtszeit verurteilt. Um das Volk dennoch zur Zustimmung zum Kriege zu bewegen, wurde durch den Volkstribun Claudius ein Gesetz eingebracht: Diese „lex Claudia de nave senatroum“ verbot Senatoren und ihren Söhnen den Besitz von Schiffen mit einer Tragfähigkeit von über 300 Amphoren. Damit sollte dazu beigetragen werden, dass die Senatoren aus den Kriegen nicht übermäßige Gewinne erzielen könnten. [So argumentiert J.Seibert in seinem Buch „Hannibal“] Der Fall wirft ein Licht auf die Gründe für rechtliche Beschränkungen der Erwerbsquellen für die Führungselite, die ansonsten nicht verständlich bliebe. Solche Regelungen konnten umgangen werden, indem scheinbar völlig selbstständig agierende „Strohmänner“ eingesetzt wurden, denen neben ihren persönlichen Fähigkeiten auch Kapital ihrer Patrone zur Verfügung standen, die am Erfolg partizipierten.

Prinzipiell bestand die Chance für indirekte Geschäfte über Freigelassene bereits seit einem Gesetz des Konsuls P. Rutilius Rufus (105 v. Chr.), durch welches dem Freilassenden die „Hälfte des Tagewerks seines ehemaligen Sklaven“ zustand. Mit einer Regelung aus dem Jahre 43 v.Chr. durch Servius Sulpicius wurde der Freigelassene zwar ökonomisch völlig frei, doch banden ihn „Dankespflichten“ an seinen ehemaligen Herrn. Grundsätzlich musste der Freilassende im Testament mit der Hälfte des erwirtschafteten Vermögens bedacht werden, wenn dieser sich vorher finanziell oder mit Ausstattung am Betrieb seines einstigen Sklaven beteiligt hatte… In der Kaiserzeit wurde weiter differenziert. („Die Wirtschaft des Römischen Reiches“, S 106).

Man erkennt hier deutlich die Differenz zwischen wirtschaftlicher Wirklichkeit und „ethischem Anspruch“ einer besonders einflussreichen Gruppe in der Gesellschaft, bei der offiziell Geldgeschäfte und ähnliches scheinbar verpönt war. Für einen „ehrlosen Normalbürger“ (aus Sicht der Elite) war direkte wirtschaftliche Aktivität in Handel und Geldwandel nicht ehrenrührig. Für den gehobenen Stand bestanden andere, „öffentliche Ansprüche“, die man indirekt umging. Es beleuchtet in meinen Augen die Zweischneidigkeit der in der Überlieferung immer wieder besonders gepriesenen „Römischen Tugenden“, die man für sich beanspruchte.

Auf früheren Grabsteinen erfolgreicher Freigelassener lassen sich diese häufig mit der Toga abbilden: Dem Kleidungsstück der freien, römischen Bürger! Dabei haben wir gerade festgestellt, dass diese Freiheit durchaus eingeschränkt blieb! Kein Wunder wenn in späteren Zeiten Freigelassene, die Stolz auf das Erreichte waren sich stattdessen lieber in der typischen Kleidung ihres Erwerbszweiges darstellen ließen!

Wie weit es eine Diskrepanz zwischen öffentlichem Auftreten und Selbstdarstellung zur tatsächlichen Handlungsweise der (auch flavischen) Kaiser gegeben hat, muss ich offen lassen. Mummius Picius hat das grundsätzliche Problem zwischen öffentlichem Auftreten und tatsächlicher Handlungsweise mit wenigen Worten sehr treffend aufgezeigt, was ich nur ergänzen konnte.
 
Zur Herrschaftsideologie der Flavier gehört noch die von allen drei Kaisern betriebene Bautätigkeit in der Hauptstadt. Besonders unter Domitian entstanden zahlreiche private und öffentliche Bauten, von denen noch heute einige teilweise erhalten geblieben sind. Neben dem flavischen Amphitheater entstanden unter Titus neue Thermen. Domitian ließ den Titusbogen, ein Sportstadion, dessen Form die Piazza Navona wiedergibt, ein Odeon, einen neuen Jupitertempel und den Tempel der Gens Flavia errichten. Nachdem Titus noch im Rest von Neros goldenem Haus gewohnt hatte, ließ Domitian einen großen Villenkomplex auf dem Palatin errichten, dessen Grundmauern noch erhalten sind. Auch ein neues Forum gab er in Auftrag, das nach seiner Ermordung in Nerva-Forum umbenannt wurde.
Das Stadion und das Odeon des Domitian müssen von vollendeter Schönheit gewesen sein, da sie noch im V. Jh. als Weltwunder bezeichnet wurden.
Wie spiegelte sich Herrschaftsideologie bei der Bautätigkeit? Ich meine, die Gebäuden hatten die Bedeutung, dass sie von Flavier aufgebaut worden waren oder gab es spezifische Architektur?
 
Wie spiegelte sich Herrschaftsideologie bei der Bautätigkeit? Ich meine, die Gebäuden hatten die Bedeutung, dass sie von Flavier aufgebaut worden waren oder gab es spezifische Architektur?

Denk mal an die Reliephe des Titusbogens auf dem Forum Romanum oder an das Kolosseum. Letzteres gab den Römern ein Stück Land zurück, welches sich Nero für seine Privatvergnügungen unter den Nagel gerissen hatte und war natürlich riesig. Zudem war es natürlich üblich, Bauwerke mit Inschriften zu versehen, so wurde auch das Kolosseum durch den flavischen Sieg in Iudaea finanziert.
 
Bautätigkeit ist die am deutlichsten erkennbare Konstante bei den "Kaisern" seit Caesar selbst, der schließlich mit seinem Forum deutliche städtebauliche Akzente gesetzt hat (während sein Kollege Pompeius das erste große Theater in Stein bauen liess). Herrschen bedeutete Bauen – in den öffentlichen Gebäuden als Symbol der Fürsorge für das Volk, in den religiösen Gebäuden als Zeichen der göttlichen Verbundenheit, in den administrativen sicher auch als Zeichen der Macht.

Wenn wir über Nero reden, sollten wir im Hinterkopf behalten, dass er nicht nur selbstzentriert das Domus Aurea baute, sondern auch die schicksten und größten Bäder seiner Zeit und einen tollen Circus in der Nähe des vaticanischen Hügels. Wine der größten Bauleistungen Vespasians ist nicht zuletzt die Fertigstellung des Claudius-Tempels auf dem Aventin, dem bis dato mächtigsten und größten Manifest des Kaiserkults in der Stadt. Dieser Kaisertempel in einer Lage, wie sie sonst nur der Iuppitertempel des Capitol und der Quirinustempel des Quirinal hatte, ist in seiner Bedeutung nicht zu unterschätzen, zumindest wenn es um die Herrschaftsideologie der Flavier geht. Wir kennen zwar Vespasian durch Sueton als einen etwas flapsigen und humorvollen Kerl, der seinen Tod mit "Ich fürchte, ich werde ein Gott!" ironisierte, in der Aussenwirkung war es ihm um den Kaiserkult sehr ernst.

Noch ein paar Details: die Männerfrisuren der Flavier sind deutlich an die augusteische Mode angelehnt, gegen Ende des 1. Jh. tauchen in den nördlichen Provinzen (wo Domitian Krieg führte) Weihesteine für das "Domus Divina" auf. Über den Palast und die königlichen Hallen des Domitian auf dem Palatin haben wir hier schon geredet.

Einen speziellen Architekturstil der Flavier (wie z. B. "severianischer Barock" oder "augusteische Klassik") kann ich nicht feststellen, man kann aber sagen dass der Bau- und Dekorationsstil nach der "neronianischen Avantgarde" wieder etwas nüchterner, solider, klassischer wurde, wahrscheinlich auch in Anknüpfung an das große Vorbild des Augustus. Aber hier spekuliere ich nur wild und kann mich nur auf meine eigenen Beobachtungen stützen, nicht auf Bücher.
 
und einen tollen Circus in der Nähe des vaticanischen Hügels.
Der vaticanische Circus wurde schon zu Caligulas Zeit erbaut, Nero fügte nur noch eine Brücke und einige Gebäude hinzu. Für diesen Circus ließ Caligula den Obelisken, der heute vor dem Petersdom steht, nach Rom holen.
Die Männerfrisuren der Flavier sind um einiges bescheidener als die der Julier und Claudier. Das könnte aber auch daran gelegen haben, dass sie etwas spärlichern Haarwuchs hatten, Vespasian war fast völlig kahl und auch Domitian konnte sich schwer mit seiner beginnenden Glatze abfinden. Von Augustus bis Nero hatte jeder Kaiser lange, in der Mitte gescheitelte Nackenhaare. Diese Eigenart findet man bei den Flaviern nicht mehr. Dafür sind ihr Haar lockiger, was aber vielleicht in der Familie natürlich gewachsen war. Die Frisuren der Frauen veränderten sich dagegen sehr. Hatten sie bei den Juliern noch recht bescheidenen Kopfputz, mit Mittescheitel und Pferdeschwanz, so sehen wir Damen, wie Julia Titi und Domitia Longina, der flavischen Epoche mit wahren Lockentürmen und kunstvollen Haarknoten am Hinterkopf.
Die Porträtkunst erreicht unter den Flaviern eine Blüte. Die Gesichter wirken persönlicher und weniger einem festen Formenmuster untergeordnet wie bei der vorherigen Dynastie.
 

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Wie spiegelte sich Herrschaftsideologie bei der Bautätigkeit? Ich meine, die Gebäuden hatten die Bedeutung, dass sie von Flavier aufgebaut worden waren oder gab es spezifische Architektur?
Die Flavier hatten einen genialen Architekten, Namens Rabirius in ihren Diensten. Obwohl es nicht feststeht, nimmt man heute an ,dass er auch der Schöpfer des flavischen Amphitheaters ist. Unter Domitian errichtete er den monumentalen Kaiserpalast auf dem Palatin, von dem noch heute große Ruinen vorhanden sind. Die vorherigen Bauten der Cäsaren auf dem Hügel wirkten dagegen äußerst bescheiden. Mit dem Bau des Stadions wollte Domitian sportliche Wettkämpfe fördern, diese erreichten aber nie die gleiche Beliebtheit wie die blutigen Spektakel im Amphitheater. Nach einem großen Brand im Colosseum diente es für längere Zeit als Ersatz und es fanden dort die Gladiatorenkämpfe und Tierhetzen statt.
Der eintorige Titusbogen ,aus weißem Marmor, den Domitian zu Ehren des Sieges über die Juden errichten ließ, ist sehr ausgewogen in seinen Proportionen und wirkt nicht so überladen, wie die beiden dreitorigen Bögen des Septimius Severus und des Constantin. Ursprünglich trug er wahrscheinlich eine Elefantenquadriga ,die Cassiodor erwähnte. Er diente auch Napoleons Baumeister als Vorbild für den Arc de Triomphe.
 
Wissenschaftler kritisieren Hemann Bengstons Buch "Die Flavier..." Wer ist in diesem Feld kompetenter und glaubwirdiger? Barbara Levick, Flaig Egon charakterisieren Herrscherkult der Flavier, Wahlheims Die Geschichte römischer Kaiserzeit ist auch interesant.
 
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Das Problem bei den Flavii ist wohl auch jenes, das Titus von seinem Vater auf das "Amt" des Imperator vorbereitet wurde, während Domitian eigentlich außen vor gehalten wurde. Ähnlich wie Claudius, ist Domitian mehr oder minder aus der Versenkung aufgetaucht. Ohne eine lange Einarbeitungszeit zu haben, wie sein Bruder Titus. Und die frage ist, ob er wirklich so schlecht war, wie seine "Presse" ist.
Und um zum Thema zurück zu kommen, kann man bei einer Dynastie von einer Ideologie sprechen? Oder hat nicht jeder seine eigene Weltanschauung, nach der er seine Entscheidungen trifft? Als Bsp. fallen mir dazu die Hohenzollern ein. Jeder hatte seine eigene Ideologie.

Apvar
 
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Eine völlig eigene Ideologie kann ich eigentlich nicht erkennen. Die Flavier setzten eigentlich dasselbe fort, was lange vor ihnen Augustus begonnen hat.
Dass Domitian völlig unvorbereitet war würde ich so nicht sehen. Er hatte schon ,stellvertretend für seinen Vater, die Regierungsgeschäfte in Rom übernommen ,als dieser noch in Judäa weilte. Allerdings zeigte er da schon eine solche Willkür, dass er von Vespasian in seine Grenzen verwiesen werden musste und von weiterer Teilnahme an der Herrschaft ausgeschlossen wurde.
 
Offiziell fungierte Domitian tatsächlich als Vertreter seines Vaters in Rom, bis der 70 persönlich eintraf, er war auch zum Caesar ernannt worden, außerdem war er Praetor. In der Realität hatte er aber nicht viel zu sagen, da lag die wahre Macht eher bei Gaius Licinius Mucianus. Später war er dann zwar ein paar Mal Konsul, aber da hatte er auch nicht viel zu melden.
 
@Borto: Das Problem zwischen Bengtson und den Kritikern bzw. den anderen Autoren würde ich weniger auf dem Gebiet der Kompetenz und Glaubwürdigkeit suchen, sondern der wissenschaftlichen Strömung. Es gibt Teile in der Wissenschaft, die mehr den Aussagen der Quellen folgen und auch deren Tendenzen übernehmen und dann wieder jene, die viel Manipulation wittern und sich sehr kritisch stellen. Das eine wie das andere hat durchaus seine Berechtigung, denn antike Geschichtsschreibung war keine objektive Berichterstattung, die es übrigens auch heute nicht gibt, auch wenn wir es uns manchmal einbilden. Insofern ist eine kritischere Haltung durchaus angebracht, andererseits stellt sich dann die Frage womit man die durch die Kritik herausgebrochene Stelle - man nimmt ja die Quellenaussage wegen der Kritik ja gerade nicht an - ersetzen möchte. Lässt man die Fehlstelle stehen oder versucht man sie zu füllen, was mitunter recht inkonsequente und phantastische Formen annimmt, indem beispielsweise eine verworfene Quelle dann plötzlich doch wieder herangezogen wird, weil es in den eigenen Kram passt und Lückenfüllung durch die eigene Schreibtisch-Lebenserfahrung veranstaltet wird. Ich beziehe das jetzt nicht auf die genannten Autoren, sondern meine das allgemein. Man kann es mit der nötigen Kritik nicht nur an den Quellen, sondern auch an dem Autor der Sekundärliteratur sehr häufig feststellen.

@Apvar & Galeotto: Ich stimm Dir vollkommen zu, dass es nicht EINE Ideologie gibt, was sich innerhalb der Flavier sehr deutlich abzuzeichnen beginnt, wobei ich hier nicht immer Domitian als den großen Abweichler sehen würde. Im Münzprogramm beispielsweise folgt er seinem Vater weit mehr, als dies Titus tat. Im Fall der Flavier und damit kommt jetzt auch Galeottos Aussage ins Spiel ist das so eine Sache. Einerseits - und da ist Galeotto zuzustimmen - knüpfen sie ganz bewusst an die Linie des julisch-claudischen Kaiserhauses an, was auch die anderen Kaiser des Vierkaiserjahres taten, um die eigene Herrschaft zu stärken, andererseits versuchen sie ihre eigene Zeit zu prägen und drücken ihr ihren Stempel auf.
Das zeigt sich in der Kunst (flavischer Barock) wie auch in der übrigen Repräsentation, trotz aller Traditionen hatte das Vierkaiserjahr seine Spuren hinterlassen, es wurde nicht vergessen wie die Flavier an die Macht kamen und worauf sie ihre Macht gründeten: Es waren nicht mores maiorum und die Zugehörigkeit zur Nobilität, sondern das Militär.
Ein weiteres Feld auf dem sich dieser Wandel zeigt, ist auch die Ehe: Augustus hatte über Livia den Einstieg in die High-Society Roms genommen, Domitian sah sich in der Nachfolge des Augustus, er heiratete aber Domitia, die Tochter des Generals Gnaeus Domitius Corbulo, der zwar auch aus senatorischer Familie stammte, hingegen v.a. durch seine miltiärischen Erfolge einen Namen hatte und deswegen von Nero zum Suizid gezwungen worden sein soll.
 
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Einen speziellen Architekturstil der Flavier (wie z. B. "severianischer Barock" oder "augusteische Klassik") kann ich nicht feststellen, man kann aber sagen dass der Bau- und Dekorationsstil nach der "neronianischen Avantgarde" wieder etwas nüchterner, solider, klassischer wurde, wahrscheinlich auch in Anknüpfung an das große Vorbild des Augustus. Aber hier spekuliere ich nur wild und kann mich nur auf meine eigenen Beobachtungen stützen, nicht auf Bücher.


Oh nein, hier muß ich entschieden widersprechen, und da kann ich aus eigenem Forschungsstand sprechen:
Es gibt durchaus den Begriff des "Flavischen Barock", gerade unter den Flaviern blüht die Bauornamentik in einer Weise auf, die sich deutlich unterscheidet von dem bis ins Claudische austrahlendem augusteischen Klassizismus. Das Flavische kündigt sich unter Nero schon an, weil man stlilistische Unterschiede nicht mit politischen Epochen gleichsetzen kann. Das Flavische ist viel körperlicher, vegetativer, die Formen werden voluminös, fast aufgeplustert, und es treten viele kleine Verspieltheiten auf, dazu kommt endgültig die Loslösung des Reliefs vom Grund, wodurch nun tiefere Schatten entstehen. Spätestens unter Domitian werden mit den neuen Baumaßnahmen auf dem Palatin neue Kapitellformen entwickelt, und das ganze läßt sich auch in der Porträtkunst erkennen, wo einzelne Muskelpartien viel stärker betont werden.
 
Ja, hjwien, da hast du recht, ich hatte nicht an Reliefs und Kapitelle gedacht, sondern in erster Linie an die Malereien des goldenen Hauses. Diese Abstraktion wird danach nicht mehr erreicht und ich frage mich, war hier ein Ausnahmekünstler am Werk, ein Ausnahmeauftraggeber oder beide. Nun ist von Neros Bauten wenig erhalten – ich möchte wetten, hätte der länger gelebt und gewirkt, würde der flavische Barock Neronianischer heißen und wäre noch fulminanter eingeschlagen.
Denn die Assynchronizität zwischen politischen und stilistischen Epochen möchte ich infrage stellen. In Architektur und Kunst spiegeln sich immer die vorherrschenden (Staats-)philosophien wieder. Bauten sind Propaganda, römische insbesondere, und der Stil der Herrschenden ist der herrschende Stil. Will sagen: Nero hat ganz sicher etwas losgetreten – Vespasian und Titus haben wieder etwas zurückgerudert – Domitian hat schließlich den veränderten Stil weiterverfolgt und ausgebaut. Man darf nicht vergessen, dass Domitian zu Neros "Club" gehörte und in Rom ein mondänes Leben führte.
 
Wie spiegelte sich Herrschaftsideologie bei der Bautätigkeit? Ich meine, die Gebäuden hatten die Bedeutung, dass sie von Flavier aufgebaut worden waren oder gab es spezifische Architektur?

Die Flavier hatten einen genialen Architekten, Namens Rabirius in ihren Diensten. Obwohl es nicht feststeht, nimmt man heute an ,dass er auch der Schöpfer des flavischen Amphitheaters ist. Unter Domitian errichtete er den monumentalen Kaiserpalast auf dem Palatin, von dem noch heute große Ruinen vorhanden sind. Die vorherigen Bauten der Cäsaren auf dem Hügel wirkten dagegen äußerst bescheiden...
Die Palastanlage der Flavier stand auf den Resten republikanischer Häuser und nahm den ganzen mittleren Bereich des Palatin ein. Dreigeteilt in die Domus Flavia (die öffentlichen Repräsentationsräume), die Domus Augustana (den Wohnpalast) und das sogen. Stadion, blieb sie bis in die späte Kaiserzeit Residenz. Selbst der Ostgotenkönig Theoderich ließ noch jährlich eine bestimmte Summe für die Instandhaltung anweisen. Versorgt wurde der große Bereich inkl. Gärten von dem Aquädukt Aqua Claudia.

Die aula regia, der Thronsaal, war mit verschiedenfarbigen Säulen und in den Nischen mit Kolossalstatuen aus schwarzem Basalt ausgestattet. Der Thron selbst stand in einer großen Apsis, die nur dem Kaiser vorbehalten war. Apsiden gehörten zu allen größeren Sälen des Palastes und dokumentierten von nun ab in der Architektur die hervorgehobene Stellung des Kaisers. Ebenfalls eine Besonderheit waren die Innenwände des Peristyl. Sie waren mit einem weißen Marmor verkleidet, der spiegelähnlich wirkte, so dass der Kaiser mögliche Mörder im Hinterhalt rechtzeitig sehen konnte.
 
Man darf nicht vergessen, dass Domitian zu Neros "Club" gehörte und in Rom ein mondänes Leben führte.
Wie kommst Du darauf, dass Domitian zu Neros Gefolge gehörte und ein luxeriöses Leben führte? Als Nero ermordet wurde war er gerade einmal 17 Jahre alt und der Sohn des nicht sehr wohlhabenden Vespasian. Sueton schreibt z. B. dass Domitian eine ziemlich ärmliche Kindheit und Jugend hatte. Titus hatte in seiner Jugend, als Freund des Britannicus, Zeit am Hof verbracht. Vespasian war bei Nero in Ungnade gefallen und musste sich aus der kaiserlichen Umgebung ,aufs Land zurückziehen, da kann ich mir nicht vorstellen, dass sein kleiner Sohn im Wohlstand lebte.
 
Kaiser Vespasian

Zumindest bei dem ersten Kaiser der Flavier, Vespasian, wurde seine Bescheidenheit und ein gewisser spartanischer Gestus hervorgehoben, was in Kongruen zu seiner für einen Kaiser relativ einfachen Herkunft (quasi aus der römischen "Mittelschicht") stand.
Ich denke, das liegt vor allem an der Klugheit des Kaiser Vespasian erkannt zu haben, das man zunächst das römische Reich einer rigiden Konsolidierungspolitik unterziehen muss, um es dauerhaft zu stabilisieren. Vespasian gilt demzufolge auch als "Geizkragen", auf welchen wohl auch der Ausspruch "Geld stinkt nicht." zurückgeht.

Die zeit der Flavier verdeutlicht auch, dass Römer mit "Migrationshintergrund" in oberste Führungspositionen aufsteigen können. Insgesamt war Vespasian ein Kaiser, der Rom auch nachhaltig diente und den Haushalt sanierte.
 
Die zeit der Flavier verdeutlicht auch, dass Römer mit "Migrationshintergrund" in oberste Führungspositionen aufsteigen können. Insgesamt war Vespasian ein Kaiser, der Rom auch nachhaltig diente und den Haushalt sanierte.
Was meinst Du mit Migrationshintergrund. Er stammte aus einer römischen Ritterfamilie. Der erste Kaiser, der gewissermaßen Ausländer war, war Trajan.
 
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