Hier könnt ihr nachlesen, wie das ablief mit Kriegsschuldfrage I. Weltkrieg und dem Verhalten der Historiker bis zum Fischers Werk „Griff nach der Weltmacht“ und darüber hinaus.
Dort kann man allenfalls Stuss nachlesen, reicht schon hin sich den ersten Satz reinzutun:
"Anders als in der DDR wo sich die meisten Historiker einig waren, dass die Hauptverantwortung für den Ausbruch des Ersten Weltkriegs bein deutschen Kaiserreich lag, blieb der Nachfolgestaat des Dritten Reiches auch in dieser Frage seinen Wurzeln treu. [....] "
Die Bundesrepublik war also
der Nachfolgestaat des Dritten Reiches. Was war die DDR noch gleich, wenn nicht Nachfolger ein und des selben Konstruktes?
Wenn man sich schon zu derart extremen Parteinahmen versteigt diskreditiert man sich ganz einfach selbst.
Im Übrigen, dürften die hier beschworenen DDR-Historiker von vollkommen anderen Prämissen ausgegangen sein, als Fischer.
Prämisse 1: Der große Bruder in Moskau baut keinen Mist und hat auch noch nie Mist gebaut, man möchte ja niemandem im Kreml auf die Füße treten, daher ist Russland über jeden Verdacht irgendwas verschuldet zu haben erhaben.
Prämisse 2: Um die materialistische Geschichtsauffassung nach Marx/Engels und die Lenin'sche Imperialismustheorie noch irgendwie unterzubringen, darf das Ganze kein Betriebsunfall gewesen sein.
Nimmt man diese beiden Prämissen zusammen bleibt eigentlich nur noch übrig Deutschland und oder Österreich-Ungarn als maßgeblichen Agressor hinzustellen.
Beiträge die aber so zustande gekommen sind oder im Paradigma der realsozialistischen Geschichtsdeutung in dieser Weise argumentierten als Beleg für Fortschrittlichkeit oder als Indiz für die Richtigkeit der Deutung Fischers hinstellen zu wollen ist gelinde gesagt nicht mal mehr schwach, sondern fällt mehr in die Kategorie "lachhaft".
Und das zieht sich in einer Tour durch den ganzen Text.
Ich hoffe der Versuch uns diese .... ähm, nennen wir es mal belustigenden Ergüsse als Fakten zu verkaufen war nicht ernst gemeint?
aber nach den Angriffen seiner Gegner, die ihm den Verrat an Deutschland unterstellten, verschärfte er seine These, was ihn natürlich noch angreifbarer machte.
Würdesst du bitte das Spektrum der Gegner mal differenzierter betrachten?
Von den an der Kontroverse beteiligten Historikern wurde Fischer keineswegs plump "Verrat an Deutschland" unterstellt, sondern die warteten mit mal mehr mal weniger überzeugenden Gegenmodellen auf.
"Verrat an Deutschland" warf ihm vielleicht ein Teil der politischen Rechten und der Boulevard-Presse vor, aber nicht die akademische Fachwelt.
Das von anderer Seite solche Töne noch angeschlagen werden konnten, ergibt sich aus der oben angesprochenen Problematik der Forschungsgeschichte.
Es ist oben bereits angesprochen worden:
- Zwischen 1918 und 1933 hatte die Forschung nicht allzu viel Zeit und Möglichkeiten zu einem umfassenden Bild zu kommen, zudem waren Veröffentlichungen die starke Indizien für eine deutsche Verantwortung enthalten hätten, vor dem Hintergrund der Reparationsproblematik politischer Zündstoff, so dass teilweise Erkenntnisse zurückgehalten wurden.
- Von 1933 bis 1945 war freies publizieren und offenes Diskutieren durch die NS-Dikratur nicht in dem Maße möglich, wie es notwendig gewesen wäre, danach herschte erstmal einige Jahre durch den Krieg hervorgerufen völliges Chaos und die Bevölkerung hatte in Teilen zunächst mal genug mit dem eigenen Überleben zu tun, so das nicht ohne weiteres zu erwarten war, dass sich die Bevölkerung mit irgendwelchen historischen Debatten besonders befasste, zumal auch die mediale Infrastruktur in der unmittelbaren Nachkriegszeit nicht im Idealzustand war.
Erkenntnisse was die deutsche, mindestens mal Mitverantwortung angeht, haben sich in den 1920er und 1930er Jahren bei den Historikern durchaus verfestigt, wurden aber kaum an die Öffentlichkeit herangetragen.
Heißt es gab in den 1950er Jahren eine Historikerzunft, die um die deutsche Mitverantwortung seit Jahrzehnten wusste und für die Fischers Thesen lediglich eine Nuance in der Bewertung darstellte, wie weit denn diese Verantwortung ging und insofern vielleicht Grund zu emsiger Debatte aber kein Grund für politischen Aufschrei war.
Gleichzeitig gab es eine Bevölkerung, der ihre Politischen Anführer seit den 1920er Jahren, obwohl sie es in Teilen durchaus besser wussten, in einer Tour erzählt hatten, dass die Verantwortung gänzlich oder weitgehend auf der anderen Seite gelegen habe, was durch den Verlauf der Ereignisse (Russische Mobilisation, Französische Offensive im Elsass, Russische Offensive in Ostpreußen) vielen auch durchaus plausibel erscheinen konnte.
Wenn man einer Bevölkerung, die teilweise ihr Leben lang eingetrichtert bekommen hat, dass sie unschuldig sei, relativ kurz nach einander zuerst eine Mitverantwortung (Ab den 1950er Jahren) und dann eben die Hauptverantwortung (1961 mit Fischer) präsentierte, musste das natürlich in Teilen erstmal zu Abwehrreaktionen führen und die konnten heftig, teilweise überzogen ausfallen.
Deswegen muss man aber durchaus nicht so tun, als wären die Historiker in den Chor derer, die "Verräter" schriehen mit eingafallen, oder als hätten sie diesen Chor gar dirigiert und als wären irgendwelche offensichtlichen Erkenntnisse von der "Historikerzunft" per se schlicht abgeleugnet worden.
Das war so schlicht und einfach nicht der Fall.
Tatsache ist, dass Fischer da eine extrem steile These in den Raum stellte. Sein Postulat von der "Hauptverantwortung" und einem geplanten Hinarbeiten auf den Krieg seitens Berlin funktioniert ausschließlich dann, wenn man das "Septemberprogramm" mindestens auf den Juli 1914 rückdatiert, bzw. davon ausgeht, dass im "Spetemberprogramm" einfch nur Ziele manifestiert worden wären, die Bereits vor Ausbruch des Krieges während der Juli-Kriese bestanden.
Das widerrum hat Fischer nicht belegen können und das zu belegen ist seit dem auch niemand anderem gelungen. Klar es ist eine theoretisch denkbare Möglichkeit, aber es fehlen sämtliche Indizien, die das untermauern würden.
Deutlich wahrscheinlicher ist, dass dieses Programm, dass erst nach Kriegsausbruch zusammengestellt wurde ein Produkt der Situation des Krieges, ist und nichts weiter.
Andere Dinge scheinen Fischers Auslegung ebenfalls massiv zu widersprechen. Wenn Deutschland aus Eroberungssucht den Krieg wollte, wie Fischer meinte, warum dann erst 1914 und nicht bereits 1905, als Russland von Krieg und Revolution geschwächt war und ein Krieg wesentlich leichter zu gewinnen gewesen wäre? Der Kaiser war noch immerder Selbe, maßgebliche Teile des politischen Establishments und das Gesellschaftsgefüge auch.
Warum also 1914? Ergibt vor dem Hintergrund dieses Paradigmas überhaupt keinen Sinn.