Historiker und das Internet

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Friedrich Schiller lebte nun einmal 18. Jahrhundert (und ich vermute stark, dass er in Bezug Mentalität, Werte, Vorstellungsvermögen, dem 15. und 16. Jahrhundert noch näher stand, als wir heute. Friedrich Schiller erfüllte die Erwartungen seiner Zeit, sonst wäre er als Autor nicht schon damals erfolgreich gewesen.
Das macht Sinn.
Nicht zu vergessen - Friedrich Schiller lebte zu einer Zeit, wo es noch kein Internet gab, wo die Forschung keineswegs ausgezeichnet vernetzt war (also bereits die Chance bestand, dass alle vorhandenen wissenschaftlichen Quellen zu einem Thema zusammengefasst waren, obwohl sie sich über französische, deutsche und englische Archive erstreckten). Rechnungsbücher, Gesandtenberichte etc. -
Kein echter Historiker 'forscht' am Internet, er wird sich im Gegenteil davor hueten.
Schon damals , um die ~1650 herum, also in der Angelegenheit bzgl Queen Mary & Queen Elizabeth Boswell, wurden Briefe und Aussagen gefaelscht, Leute bestochen auf Falschaussagen gemacht usw. Wo es sich um Erhaltung oder Errreichung um Macht dreht, sind alle Mittel recht, nur man darf sich nicht erwischen lassen dabei.
jene Quelle, die heute als besonders zuverlässig gelten, waren zur Zeit von Friedrich Schiller noch keineswegs in ihrer Bedeutung erkannt und in Auswertung. (Damit wurde erst ab Mitte des 20. Jahrhunderts begonnen.) Die kontinuierliche Verwendung von Urkunden begann erst im 19. Jahrhundert. Fragen, wie die Zuverlässigkeit von Quellen mögen damals ansatzweise bereits vorhanden gewesen sein, als wichtige Aspekt der Forschung findet sich das erst im 20. Jahrhundert.
Kann man so sagen. Zuverlässigkeit ist allerdings immer bedingt.
 
Kein echter Historiker 'forscht' am Internet, er wird sich im Gegenteil davor hueten.
Bitte keine solchen sinnentstellenden Kommentare.

@Teresa C. hat klargemacht, worum es ihr ging: die Verfügbarkeit von Quellen.

Und natürlich forschen "echte" Historiker via Internet.

Seit fast zwanzig Jahren werden überall in Europa große Anstrengungen unternommen, um buchstäblich Millionen historische Manuskripte, Briefe und Urkunden zu digitalisieren und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Eine beispiellose Demokratisierung des geschichtlichen Erbes der Menschheit, die das Quellenstudium nicht nur einfacher und billiger macht, sondern auch die Umwelt und die physische Quelle selbst schont, weil niemand mehr in eine andere Stadt, ein anderes Land, auf einen anderen Kontinent reisen muss, um bspw. einen Blick auf die Goldene Bulle zu werfen.

Hinzu kommen kilometerweise wissenschaftliche Literatur, die ältere als Digitalisat, die neuere auch als Online-Paper oder E-Book. Gerade für Hobbyisten ist Letzteres ein Segen, finde ich. Denn obwohl ich selbst eigentlich lieber Papier in Händen halte, nehmen E-Books nun einen Großteil meiner Sammlung an Fachbüchern ein. Ein Fachbuch, das in der gebundenen Ausgabe schnell mal €150-200 kosten kann, kann ich mir für €30 Euro als E-Book besorgen.
 
Dass es im Internet gute PDF's gibt , bestreitet niemand. Habe selber ein paar hundert davon.
Das hiesige Thema dreht sich um Maria Stuart, ich habe zwei Buecher ueber sie, jedes davon mit einem anderen Fokus. Es gibt noch mehrere ueber sie und damit verbunden ueber Elizabeth I. Jedes der Biographien behandelt einen oder mehrere anderee Schwerpunkte aus dem Leben der Protagonisten; dass sie sich oft etwas ueberschneiden ist ununmgaenglich. Ein gutes Buch weist hinten die Bibliographie und Archive auf, die zur Zusammenstellung des Buches gefuehrt haben, das koennen oft ueber 20 Seiten sein, doch selten sind Internetseiten dabei. Wird wohl von Verlegern nicht erwuenscht, aus guten Gruenden.
Es ist mir unerklaerlich wie ang. ~ 170,000 Buecher ueber hitler geschrieben werden konnten oder: "In 2014, Historian Jean Tulard estimated that about 80,000 works had been written about Napoleon".
 
Ein gutes Buch weist hinten die Bibliographie und Archive auf, die zur Zusammenstellung des Buches gefuehrt haben, das koennen oft ueber 20 Seiten sein, doch selten sind Internetseiten dabei.
Kein Wunder, wenn du hauptsächlich Bücher im Schrank hast, die vor 1994 publiziert wurden....

Ernsthaft: Wenn ich in einer Arbeit aus einer Publikation zitiere, die ich bei Academia.edu gelesen habe, dann zitiere ich den Originalbeitrag und nicht die hochgeladene Datei bei Academia edu. Artikel, die nur bei Academia.edu zu finden sind, sind, weil im Prinzip jeder bei Academia edu veröffentlichen kann,oft nicht zitierfähig. Dass der zitierte Text bei Academia.edu zu finden ist, kann man optional dazuschreiben, wichtig ist aber der tatsächliche Publikationsort.

Internettexte haben das Problem, dass sie oft verschwinden. Daher gehört zum wissenschaftlichen Bibliographieren von im Internet publizierter Literatur außer der Website auch das Abrufdatum, wenn man aus diesen zitiert.
Wissenschaftliche Belegarbeiten (Diplom, Bachelor, StEx, Habilitation) müssen aus diesem Grund auch in gedruckter Form vorgelegt bzw. im Falle der beiden letzteren publiziert werden.
Es ist mir unerklaerlich wie ang. ~ 170,000 Buecher ueber hitler geschrieben werden konnten .
Das sind etwa 2.000 Bücher/Jahr. Über die Art der Bücher oder ihre Qualität ist damit nichts gesagt.
Das ist dann wissenschaftliche Literatur, pseudowissenschaftliche Literatur, vermutlich Bücher, die über die NS-Zeit gehen oder Hitler im Titel haben, ohne dass das Spezialstudien zu H. oder biographische/prosopographische Arbeiten wären.... Sicher ist dann noch der ein oder andere Roman dazwischen und eben auch ein paar pseudowissenschaftliche Ferndiagnosen. Und natürlich die sich wissenschaftliche gebende revisionstische Literatur rechtsextremer Autoren.
 
Wahrheit ist fuer manchen in der Tat 'sinnentstellend.
Du hast Teresas Beitrag verdreht. Wo ist da die "Wahrheit"?
Und schon wieder. Wann ging es hier um die Wikipedia?

Andererseits, warum eigentlich nicht? Du beweist mit diesem Kommentar nichts als Snobismus. Tatsachenbehauptungen werden nicht schon dadurch wahr, dass sie in gedruckter Form erscheinen; wie @El Quijote schreibt, es kommt auf die fachliche Güte des Textes an, und ob die Prinzipien wissenschaftlichen Arbeitens beachtet wurden.

Und wie er an anderer Stelle ebenfalls richtig bemerkt, kann sich die Wikipedia zumindest in Bereichen (er verwies auf die Naturwissenschaften) durchaus mit "ehrbaren Quellen" messen. Das Problem ist nicht das Medium, wie er oben zutreffend bemerkt, sondern der Umgang damit.

Das Internet hilft enorm bei der Recherche und bei der Vernetzung von Wissen. Ein schönes Beispiel, das gerade aus beruflichen Gründen über meinen Schreibtisch geht: die Erfindung der Computertomographie durch Hounsfield und Cormack.

Allan Cormack kam zuerst. Die nötigen Algorithmen musste er sich selbst erarbeiten, da er nicht wusste, dass sie ein halbes Jahrhundert zuvor bereits von Johann Radon entwickelt worden waren. Er wurde erst später darauf hingewiesen, und stellte in mühevoller Recherche fest, dass Radon seinerseits auf Arbeiten von Hendrik Lorentz hätte zurückgreifen können—wenn der sie gekannt hätte, was aber nicht der Fall war.

Gregory Hounsfield wiederum musste wenig später ebenfalls bei Null anfangen, da er Cormacks Arbeiten nicht kannte. Er wurde erst nach einiger Zeit von einem Mitarbeiter darauf hingewiesen, der selbst mit Cormack bekannt war.

Die Geschichte des technischen Fortschritts ist voll von solchen Reibungsverlusten. Heute sind sie jedoch weitgehend aus dem wissenschaftlichen Alltag verschwunden, zumindest, wenn die Entdeckungen auch publiziert werden.

Im größeren Maßstab ein Beispiel dafür, wie das Internet die Wissenschaft voranbringt, ist das Phänomen, das der Virologe Christian Drosten "wissenschaftliche Plattentektonik" genannt hat.

Denn die historische Dominanz bestimmter Nationen im wissenschaftlichen Prinzip war vor dem Aufbau globaler Echtzeitkommunikation vor allem geographisch geprägt: Die führenden Köpfe einer Disziplin hielten sich zufällig alle in gewisser Nähe zueinander auf und konnten miteinander (oder zumindest übereinander) korrespondieren.

Dass etwa Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts die meisten Nobelpreisträger produzierte, lag nicht an seiner Bildungspolitik, sondern war das Resultat seiner geographischen Lage und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel durch die energisch vorangetriebene Industrialisierung. Viele Koryphäen hielten sich in Deutschland auf, und konnten sich schnell mit Kollegen in ganz Europa austauschen.

Deutschlands Platz an der Spitze der Liste der Nobelpreisträger wurde schließlich von den USA übernommen—weil viele der vormals in Deutschland wirkenden Wissenschaftler in der späten Zwischenkriegszeit dorthin emigrierten, und die USA während des Weltkriegs und des anschließenden Kalten Kriegs enorme Summen zur Verfügung stellen konnten. Wieder war es die räumliche Nähe, die die Wissenschaft beflügelte.

Und heute ist diese räumliche Nähe nicht mehr notwendig. Deswegen konnten die Chinesen den Amerikanern den Rang ablaufen. Und selbst international isolierte Staaten wie der Iran produzieren haufenweise namhafte Experten.
 
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Ich bin kein Historiker aber in meinem Bereich in bestimmten Punkten "hochspezialisiert", ich nutze häufiger Quellenangaben, auch zu weiteren Anregungen z.B. bei Handfeuerwaffen (Prototypen, Versuchsgeräte, Entwickler, Verschlußsysteme und und und).
 
Die Geschichte des technischen Fortschritts ist voll von solchen Reibungsverlusten. Heute sind sie jedoch weitgehend aus dem wissenschaftlichen Alltag verschwunden, zumindest, wenn die Entdeckungen auch publiziert werden.
Ich las vor kurzem eine Quelle aus dem 16. Jhdt. zu teils bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen christlichen Behörden und Honoratioren und geduldeten Mauren im Königreich Granada (das hieß auch nach 1492 noch so) und dachte so: das liest sich wie Tacitus. Gedanklich war ich schon dabei aus meiner Entdeckung einen wissenschaftlichen Aufsatz zu formen, in den. Ich meine These darlegen und nachweisen wollte und überlegte, ob ich den besser auf Deutsch oder Spanisch publizieren [zur Publikation anbieten] solle und in welchem Medium, habe dann aber noch mal recherchiert und festgestellt, dass es schon spanische Arbeiten zum Einfluss von Tacitus auf genau diesen Text gibt.
 
(...) Kein echter Historiker 'forscht' am Internet, er wird sich im Gegenteil davor hueten. (...)

So wirklich weisst du aber nicht, wie wir Historikerinnen und Historiker arbeiten, oder?

Du kennst vermutlich auch nicht die verschiedenen Suchportale der unterschiedlichen Archive – sei es landesspezifisch wie Staatsarchive, Bundesarchive, Kirchenarchive oder auch internationale Archive. Die Digitalisierung und die Bereitstellung von Quellen, Dokumenten, Briefen etc. erleichtern die historische Arbeit enorm. Und ja, natürlich sind nicht alle Quellen online verfügbar – der Gang ins Archiv ist immer noch wichtig.

(...) Ein gutes Buch weist hinten die Bibliographie und Archive auf, die zur Zusammenstellung des Buches gefuehrt haben, das koennen oft ueber 20 Seiten sein, doch selten sind Internetseiten dabei. Wird wohl von Verlegern nicht erwuenscht, aus guten Gruenden. (...)

Bei älteren Büchern ist das sicher so. El hat das ja schon erwähnt.

Woran machst du denn fest, ob der Autor die Quelle vor Ort im Archiv eingesehen hat oder online am Rechner?

Die Signatur gibt darüber keinen Hinweis. Sie ist identisch, unabhängig davon, ob ich die Quelle zu Hause online anschaue oder im Lesesaal eines Archivs sitze. In einer Publikation verwendet man stets die Signatur des Archivs.
 
Dass etwa Deutschland zu Beginn des 20. Jahrhunderts die meisten Nobelpreisträger produzierte, lag nicht an seiner Bildungspolitik, sondern war das Resultat seiner geographischen Lage und der Verfügbarkeit finanzieller Mittel durch die energisch vorangetriebene Industrialisierung. Viele Koryphäen hielten sich in Deutschland auf, und konnten sich schnell mit Kollegen in ganz Europa austauschen.
Die geographische Lage half sicherlich, aber Deutschland war, wenn auch das Bildungssystem im Kaiserreich eher etwas rückständig war, was die Breite angeht, sehr wohl ziemlich weit vorne mit dabei, was Wissenschaftsförderung angeht:


Das hatte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts noch keinen Impact, machte sich aber danach durchaus bemerkbar.
 
wenn auch das Bildungssystem im Kaiserreich eher etwas rückständig war, was die Breite angeht
Würde ich nicht so sehen. Der Grad der Alphabetisierung war höher als heute. Der allgemeine Bildungsgrad liegt heutzutage bei einem Drittel bis Viertel der Schüler irgendwo im Bereich Rumänien (und das ist noch nicht mal polemisch formuliert, sondern entspricht ziemlich exakt den Daten aus der Pisastudie). Du meinst wohl eher, dass der formelle Bildungsgrad grad geringer war. Das könnte sein.

"Ziemlich weit vorn" ist untertrieben. Das Deutsche Reich war sogar sehr weit vorn, zeitweise sogar vor den USA was Innovationen anbelangt.

Das hatte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts noch keinen Impact

Würde ich genau andersherum sehen. Vor 1914 kam man um Deutsch als Wissenschaftssprache nicht so leicht herum, nachher schon eher. Das Deutsche war in einigen Teilen des Auslands durchaus so etwas wie eine "lingua franca" (v.a. in Osteuropa und auch in deutschstämmigen Kreisen in den USA). Der These, dass Wissenschaft energisch gefördert wurde, würde ich zustimmen. Noch heute sieht man das ja ganz gut an den Forschungsinstituten, die bis auf wenige meist ihre Ursprünge in der Kaiserzeit haben. Das Fraunhoferinstitut ist z.B. eine Ausnahme. Die Unis als Forschungszentren sind in Deutschland längst nicht mehr international so angesehen wie einst. Ist auch klar, da sie seit den 60er Jahren wie die Gymnasien "demokratisiert" wurden und nicht mehr unter der Vorgabe finanziert werden, international führende Spitzenforschung hervorzubringen. Nach dem Krieg ging es in Deutschland zudem nicht mehr so sehr um Förderung im Bereich Grundlagenforschung, sondern um angewandte Wissenschaft. Auf dieser Grundlage produziert man eben keine Nobelpreisträger mehr.

Die amerikanische Wissenschaftssociety wäre ohne deutsche Migranten kaum denkbar. Dabei ist noch nicht einmal an die Zeit nach 1933 zu denken. Viele amerikanische Bildungseinrichtungen haben sich in ihren institutionellen Grundstrukturen an deutschen Vorbildern orientiert. Die Schule war im Kaiserreich nationale Aufgabe Nr. 1, heute ist sie eine Sozialreparaturwerkstätte. Auch das ist noch nicht einmal übertrieben ausgedrückt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Denn die historische Dominanz bestimmter Nationen im wissenschaftlichen Prinzip war vor dem Aufbau globaler Echtzeitkommunikation vor allem geographisch geprägt: Die führenden Köpfe einer Disziplin hielten sich zufällig alle in gewisser Nähe zueinander auf und konnten miteinander (oder zumindest übereinander) korrespondieren.
Es lag am Zeitgeist.
 
Würde ich nicht so sehen. Der Grad der Alphabetisierung war höher als heute.
Westeuropa galt anno 1914, abgesehen von der iberischen Halbinsel und vielleicht Süditalien, wenn man das dazurechnen möchte, mehr oder weniger als durchalphabetisiert, das ist in dem Sinne also kein Alleinstellungsmerkmal.
Lerninhalte, Vermittlungsmethoden, im Bereich der Breitenbildung insgesamt (das Wissenschaft in der Spitze durchaus weit vorne sein kann, während die Breitenbildung eher zu wünschen übrig lässt ist ja durchaus ein Bild, dass man auch aus der heutigen Zeit kennt, wenn man mal in Richtung USA schaut) waren demgegenüber verglichen etwa mit Frankreich, doch etwas angestaubt.
Das hing sicherlich auch mit dem eher konservativen Charakter des Kaiserreiches und dem Einfluss der konservativen Strukturen auf die Bildungspolitik zusammen.
Der allgemeine Bildungsgrad liegt heutzutage bei einem Drittel bis Viertel der Schüler [...]
Wäre es möglich auf fake news und Geschwurbel zu verzichten? Der allgemeine Bildungsgrad anno 1914 umfasste einige Jahre Volksschule und ist mit dem Heutigen nicht vergleichbar.

"Ziemlich weit vorn" ist untertrieben. Das Deutsche Reich war sogar sehr weit vorn, zeitweise sogar vor den USA was Innovationen anbelangt.
Es war nicht von Innovationen die Rede, die das Land insgesamt hervorbrachte, sondern von institutioneller Wissenschaftsförderung.

Die wiederrum lässt sich nicht in Erfindungen und Nobelpreisen messen, weil ja nunmal nicht jeder Zweig der Wissenschaft auf Erfindungen oder Entdeckung von allgemeinen Naturgesetzen hinausläuft.
Eine Organisation wie die "Royal Geographic Society" im Vereinigten Königreich z.B. produzierte weder Nobelpreise noch Erfindungen, förderte aber unter anderem Expeditionen und Forschung in eher entlegenen Weltgegenden, deren Berechte und Ergebnisse, Vermessungen des geographischen Raumes etc. der Allgemeinheit aber durchaus zu gute kamen.

Würde ich genau andersherum sehen. Vor 1914 kam man um Deutsch als Wissenschaftssprache nicht so leicht herum, nachher schon eher.
Ich bezog mich im Beitrag auf die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft und damit verbunden die "Kaiser-Wilhelm-Institute", als institutionelle Träger von Wissenschaftsförderung. Die konnten auf die erste Dekade des 20. Jahrhunderts und die Welt der damaligen Wissenschaft keinen besonders großen Einfluss nehmen, weil sie erst am Ende dieses Jahrzehnts gegründet wurden. Für die 1910er bis 1930er Jahre sind aber Auswirkungen davon durchaus greifbar, wenn man sich im Artikel mal die Liste der mit dieser Institution verbundenen Nobelpreisträger aus dieser Zeit ansieht.

Bei den Naturwissenschaften hatte Deutschland sicherlich einige innovative Köpfe, aber das waren halt zunehmend nicht mehr privat oder nur im Rahmen einer Universität oder Forschungseinrichtung aggierende wissenschaftliche Tüftler, sondern da wurden, weil in Deutschland die Vorteile erkannt worden waren zunehmend größere Förderungsmöglichkeiten geschaffen um diese Erfolge zu unterstützen.


Wäre vielleicht nicht schlecht, wenn man auf das Thema des Fadens zurückkommen und diese Diskussion falls Bedarf danach, im Unterforum "Kaiserreich" weiterführen könnte?
 
.Das hatte im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts noch keinen Impact, machte sich aber danach durchaus bemerkbar.
Stimmt. Und zwar im dritten Jahrzehnt auf Grund der irren Politik des 'unschuldigen', wahnsinnigen a.h. : Leo Szilard, Uncle Albert; Niels Bohr; Hans Bethe; Eugene Wigner, Aage Bohr; nicht zu vergessen den heitere George Gamov der alle Heidelberger Biergesaenge kannte und nie eine Gelegenheit verpasst hatte sie zum besten zu geben; der brilliante Enrico Fermi, verheiratet mit einer Juedin, sah - wie so viele andere auch - the writing on the wall und emigrierte flugs nach den U.S.A. ; Oppenheimer und last but not least the inimitable Feynman. Alle hatten , so ich mich daran erinnere, an deutschen Universitaeten studiert, (Goettingen;Heidelberg) auf jeden Fall alle konnten deutsch sprechen, in der Tat, in Los Alamos wurde oefters nur deutsch gesprochen. Usw...
Das Manhattan Project; welches @ 80.000 Mitarbeiter umfasste, kann man als Wasserscheide zur Verbesserung amerikanischer Akademia und zur Verlagerung deutscher brain power nach den U.S.A. betrachten.
 
So wirklich weisst du aber nicht, wie wir Historikerinnen und Historiker arbeiten, oder?
Selbstverstaendlich. Sie beschreiben ihre Methodologien und Arbeitsgaenge ja selber.
Es gibt keine Wissensmonopole, nur Huerden.
Du kennst vermutlich auch nicht die verschiedenen Suchportale der unterschiedlichen Archive – sei es landesspezifisch wie Staatsarchive, Bundesarchive, Kirchenarchive oder auch internationale Archive.
Was meinst Du mit 'kennen'? Natuerlich bin ich durch meine Buecher ueber mehr als ein dutzend internationale Archive (franzoesische, hollaendische, belgische, australische, argentinische; neuseelandische, italienische , selbstverstaendlich amerikanische und britische ,sehr bekannt weil diese in den Quellenangaben und Danksagungen ausfuehrlich zitiert werden.
Suchportale? Die gibt es erst seit dem das Internet existiert und dort wird nur ein winziger Teil pre-Internet Akten wiedergegeben. Vieles was vor eingen Jahren an Archivmateriel im Netz vorhanden gewesen war, ist heute verschwunden.
Deutsche Archive wie z.B. Freiburg und Koblenz sind wegen ihrer Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft bei Authoren sehr beliebt.

Die Digitalisierung und die Bereitstellung von Quellen, Dokumenten, Briefen etc. erleichtern die historische Arbeit enorm. Und ja, natürlich sind nicht alle Quellen online verfügbar – der Gang ins Archiv ist immer noch wichtig.
Genau. Doch dafuer braucht es immense Resourcen , Budgets und Rechtfertigungen. Das koennen sich meistens nur private Fonds oder staatliche Institutionen leisten und auch das nur fuer eine kurze Zeit.
Woran machst du denn fest, ob der Autor die Quelle vor Ort im Archiv eingesehen hat oder online am Rechner?
Weil Autoren das in den meisten Faellen im Vorwort selber erwaehnen. Geht ja auch garnicht anders.
 
Kein Wunder, wenn du hauptsächlich Bücher im Schrank hast, die vor 1994 publiziert wurden....
:D
Mein aeltestes Buch ist eine Wittenberg Luther Bibel aus dem Jahre 1660. Und glaub' es oder nicht, dort werden auch Quellen genannt. Luther's dort aufgefuehrte 'Warnung' ist aeusserst interessant, ist sie doch heute noch genauso aktuell wie damals.
Ernsthaft: Wenn ich in einer Arbeit aus einer Publikation zitiere, die ich bei Academia.edu gelesen habe, dann zitiere ich den Originalbeitrag und nicht die hochgeladene Datei bei Academia edu. Artikel, die nur bei Academia.edu zu finden sind, sind, weil im Prinzip jeder bei Academia edu veröffentlichen kann,oft nicht zitierfähig. Dass der zitierte Text bei Academia.edu zu finden ist, kann man optional dazuschreiben, wichtig ist aber der tatsächliche Publikationsort.
Der Originalbeitrag wird ja im PDF erwaehnt. Oft sind es auch nur Synapsen. oder Auszuege. Ich lese dort schon lange nicht mehr. Du kennst doch den Spruch : 'Publish or perish'. Und vieles dort ist rubbish in my eyes.
Internettexte haben das Problem, dass sie oft verschwinden.
Sie alle haben Verfallsdaten. So vieles, eigentlich fast alles, was ich in meinem alten computer oder 8 tera bite back up bewahrt hatte, ist im Netz verschwunden..... aber kein Buch im Glasbuecherschrank. Die low value Buecher die in Regalen statt Schraenken stehen, werden ab und zu mal von 'ner Maus angeknabbert.....
Das ist dann wissenschaftliche Literatur, pseudowissenschaftliche Literatur, vermutlich Bücher, die über die NS-Zeit gehen oder Hitler im Titel haben, ohne dass das Spezialstudien zu H. oder biographische/prosopographische Arbeiten wären.... Sicher ist dann noch der ein oder andere Roman dazwischen und eben auch ein paar pseudowissenschaftliche Ferndiagnosen. Und natürlich die sich wissenschaftliche gebende revisionstische Literatur rechtsextremer Autoren.
Stimmt.
Jemand der halbwegs belesen ist ,kann sehr wohl zwischen junk science and fiction und Logik und Unlogik unterscheiden und fabulieren und Wahrheit unterscheiden. Es ist aber absurd, intime Augenzeugenberichte wie z.B. die von Hanfstaengel et al als 'anekdotisch' abzuwimmeln, als ob der OSS keine Moeglichkeit gehabt hatte seine Angaben zu ueberpruefen.
 
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