Historizität Jesu von Nazareth

Bei den angeblich Zeugnissen von Flavius ist das Problem, dass diese nicht zu Zitaten von Origenes passen.
Warum sollte aber gerade Origenes absichtlich falsch zitieren, wo die "moderen" Fassung doch viel besser ins christliche Konzept passt?

Das betrifft nur Ant. 18, 63f. (das sog. Testimonium Flavianum), aber nicht Ant. 20, 200.

Es gibt zu Ant. 18, 63 f. verschiedene Ansichten:
1. Es ist vollkommen echt. Das ist sehr unwahrscheinlich, da dort einige so eindeutig christlich-ideologische Aussagen drin stehen, die der Jude Fl. Josephus nicht gemacht hätte.
2. Es ist eine völlige christliche Interpolation. Das befriedigt nicht, weil der Sprachstil der Passage sehr zu Fl. Josephus zu passen scheint.
3. Fl. Josephus Orginaltext wurde christlich an einigen Stellen überarbeitet. Dafür spricht am meisten. Man kann dann eine jesusfeindliche oder neutrale Urform rekonstruieren, wenn man die christlichen Stellen rausnimmt. Letztlich geht es um die Schilderung der Unruhen um den religiös-politischen Führer Jesus, die von den Autoritäten (bei Josephus den jüdischen) im Keim erstickt wurden.
 
Bei den Evangelien wiederum ist es interessant wo diese sich unterscheiden.
Eine Ostergeschichte z.B. die keinem der Evangelien widerspricht ist nicht konstruierbar.

Wenn sich Quellen unterscheiden, heißt das nicht viel. Jedenfalls heißt es nicht, daß das geschilderte Ereignis nicht existierte. Falls Du Dich mal mit den Aussagen von Augenzeugen beschäftigen darfst, die ja Dein Aktualitätskriterium erfüllen, wirst Du merken, daß Menschen Ereignisse unterschiedlich erleben, verarbeiten und wiedergeben. Die Differenzen in den Evangelien sind ein wunderbarer Hinweis, daß da irgendwas wirklich passiert ist. Elegante und stimmige Stories gibt es nur in Romanen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die Evangelien, die Apostelbriefe, Tacitus, Sueton, eventuell Flavius Iosephus.

Eine andere Frage: Wie soll denn das Christentum Deiner Meinung nach eigentlich entstanden sein, wenn es keinen Stifter gab? Oder ist die Existenz sämtlicher Christenverfolgungen, der Päpste, des Vatikans etc. auch nur eine Erfindung?
Von Jesus selber sind doch keine der bibl. Texte, also könnte das auch eine rein literarische Figur sein, die als Identifizierungshilfe gebraucht wurde.
Davon gibt es ja noch mehr in der Bibel.
 
Zu den ach so ehrlichen Kirchenleuten, die ja niiiiiiiiiiiiiiiiiemals gefälscht hätten:

Nicht zu vergessen: die meisten christlichen Gauner, gleich auf welcher Seite, wa-
ren Priester. Ja, die Kirchenführer selber warfen einander Fälschungen vor. So be-
zichtigte der hl. Hieronymus den Kirchenschriftsteller Rufinus – mit dem er eine der
übelsten »Väter«-Fehden führte (I 172 ff) – wiederholt und äußerst gehässig des lite-
rarischen Betrugs. Bischof Johannes von Jersualem aber klagte den hl. Hieronymus
der Fälschung an. Der hl. Kirchenlehrer Kyrill von Alexandrien soll bei seiner Attacke
gegen Nestorios (II 156 ff) Zitate desselben gefälscht haben. Bischof Eustathios von
Antiochien, ein wilder Bekämpfer der Arianer, bezichtigte Bischof Euseb von Caesa-
rea, den »Vater der Kirchengeschichte«, der Verfälschung des Nicaenischen Glau-
bensbekenntnisses.

(Hieron. apol. adv. Rufin, 1,7. Comm. in Jerem. 4,22. ep. 57,2; 133,3. Socrat. h.e. 1,23. Altaner/Stuiber 309 f, 392 ff. Speyer, Literarische Fälschung 206 ff. Ders. Fälschung, literarische 242)
 
Sueton schreibt doch von einem Chrestos .. einem lat. Schimpfwort für Sklaven und nicht Christus soweit ich weiss.
"Chrestos" ist kein Schimpfwort, sondern war ein gebräuchlicher griechischer Sklavenname, der "geeignet" bedeutet. Da die Römer den Ausdruck "Christus" anfangs nicht verstanden, nannten sie ihn daher irrtümlicherweise "Chrestus". Auch die Christen wurden anfangs mitunter "Chrestiani" genannt.

Nicht zu vergessen: die meisten christlichen Gauner, gleich auf welcher Seite, waren Priester.
Und das Buch, das so schreibt, erhebt wissenschaftlichen Anspruch? So würde ein seriöses Werk nicht einmal über Nazi-Größen schreiben.
 
@bonito

Gell du hast keine Ahnung wie ein Historiker mit Quellen arbeitet und damit umgeht? Denn genau das kommt aus deinen Beiträgen hervor.

Vielleicht solltest du dich doch mal mit der Quellenkritik beschäftigen. (Hab ich schon einmal geschrieben).
 
@bonito
Gell du hast keine Ahnung wie ein Historiker mit Quellen arbeitet und damit umgeht? Denn genau das kommt aus deinen Beiträgen hervor.
D.h. wenn man mehrfach nachweisliche Fälschungen einer Religionsgemeinschaft aufzeigt, dann ist das noch kein Hinweis auf die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen?
Und wenn die zum Teil prominenten Mitglieder dieser Gemeinschaft sich schon gegenseitig als Fälschen beschimpfen ist das auch kein Hinweis auf gewisse "Probleme"?
 
Dieser Thread läuft seit mehr als dreieinhalb Jahren und riecht mittlerweile wie das Ungeheuer von Loch Ness. Die im ersten Jahr gemachten Kernaussagen stehen immer noch wie eine Eins:

1. Die Evangelien scheiden als verlässliche Quellen aus: "Man kommt nun mal durch die Mauer der Evangelien an den historischen Jesus nicht ran. Das ist Fakt. Die Evangelien sind nicht historisches Dokument, sondern Personenbeschreibung durch Geschichten. Die Quellenlage ist überschaubar. Da gibt's nichts Neues. Und das, was da ist, ist schon kreuz und quer durchgelutscht." [1]

2. Die bloße Masse bringt es nicht: "Wenn es 5000 Manuskripte und zeitgenössische Abschriften von Hänsel und Gretel gibt, heißt das, dass es Häuser aus Lebkuchen gibt?" [2]

3. Auch an weltlichen Autoren darf gezweifelt werden: "Ohne Zweifel ist Flavius Josephus christlich 'kontaminiert' und Tacitus' Informationen über das Christentum sind relativ offensichtlich Gerüchte über diese Religion, nicht völlig unbeeinflusst von Mitgliedern dieser Religion, aber verzerrt. Tacitus also als Beweis für die Existenz Jesu heranzuziehen, nur weil er als Gegner der Christen die Existenz Jesu bezeugt, wäre methodisch unsauber." [3]

4. Weswegen auch die ganze Diskussion nicht mehr - natürlich auch nicht weniger - sein kann als "ein erneutes Herauswringen, welches der ganz persönlichen Meinungsbildung dient" [4]

Deswegen alle Jahre wieder die inständige Frage: Gibt es NEUE Argumente für und gegen die Historizität Jesu? Wer eines kennt, möge reich belohnt werden!


[1] http://www.geschichtsforum.de/281535-post49.html
[2] http://www.geschichtsforum.de/281908-post51.html
[3] http://www.geschichtsforum.de/253025-post5.html
[4] http://www.geschichtsforum.de/282549-post71.html
 
D.h. wenn man mehrfach nachweisliche Fälschungen einer Religionsgemeinschaft aufzeigt, dann ist das noch kein Hinweis auf die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen?
Und wenn die zum Teil prominenten Mitglieder dieser Gemeinschaft sich schon gegenseitig als Fälschen beschimpfen ist das auch kein Hinweis auf gewisse "Probleme"?

Beschäftige dich zuerst mal mit der historisch kritischen Methode. Dann reden wir weiter. Das was du hier von dir gibst hat nichts mit Wissenschaft zu tun, sondern einfach mal Behauptungen, weil du (soviel kommt da raus) nichts mit den Christen am Hut hast. Das ist unwissenschaftlich. Wenn du eine Quelle hast, dann mach eine ordentliche Quellenkritik.
 
"Chrestos" ist kein Schimpfwort, sondern war ein gebräuchlicher griechischer Sklavenname, der "geeignet" bedeutet. Da die Römer den Ausdruck "Christus" anfangs nicht verstanden, nannten sie ihn daher irrtümlicherweise "Chrestus". Auch die Christen wurden anfangs mitunter "Chrestiani" genannt.
Also der ach so sicherer Schreiber Tacticus etc. schrieben Chrestos und meinten dieses nicht als Sklavenbezeichnung - was ich als Schimpfwort empfinden würde - sondern weil sie trotz aller Gründlichkeit nicht Christos schreiben konnten?
 
Existenz von Jesus

Die Existenz von Jesus sollte nicht bestritten werden, auch wenn darüber erst in den Evangelien und den Apostelbriefen berichtet wird (bis zu 100 Jahre später). Immerhin hat er die Christlichen Religionen begründet, das ist wohl nicht zu bestreiten

Seine Darstellung ist zwar durch zahlreiche Wunder eingefärbt, welche für mich auch nicht glaubhaft erscheinen.

Im Grunde hat er die Schriften der Juden etwas relativiert, was von vielen Christen nicht so gesehen wird.

So hat er die "Entlassung" (Scheidung) einer Frau aus der Ehe und die Heirat einer anderen Frau als Ehebruch bezeichnet. Er fordert die Monogamie, die bis heute der Normalfall vor dem Gesetz ist.

Auch hat er sich mit den niedrigen sozialen Schichten abgegeben - den Huren und Steuereintreibern - das hatte den Juden überhaupt nicht gefallen.

Ob Jesus selber Gott ist, es bei seiner Geburt schon war, ob es die Trinität gibt, das können wohl nur die gläubigen Christen selber für sich entscheiden.
 
Die Existenz von Jesus sollte nicht bestritten werden, auch wenn darüber erst in den Evangelien und den Apostelbriefen berichtet wird (bis zu 100 Jahre später). Immerhin hat er die Christlichen Religionen begründet, das ist wohl nicht zu bestreiten
Das geht aus den bibl. Texten nicht hervor .. da steht das die Welt kurz nach seiner Himmelfahrt untergehen wird .
Im Prinzip war das eine jüdische Endzeitsekte ... er hat sich sogar mehrfach gegen Priester u.ä. ausgesprochen .. beten soll man alleine im stillen Kämmerlein etc. eine "Kirche" wollte er sicher nicht.
 
Also der ach so sicherer Schreiber Tacticus etc. schrieben Chrestos und meinten dieses nicht als Sklavenbezeichnung - was ich als Schimpfwort empfinden würde - sondern weil sie trotz aller Gründlichkeit nicht Christos schreiben konnten?
Sueton schrieb "Chrestos", nicht Tacitus. Sueton war auch nicht an den Christen und ihrer Verfolgung als solche interessiert, da er kein annalistisches Werk verfasste wie Tacitus, das alle wesentlichen Ereignisse zumindest in der Hauptstadt umfassen sollte, sondern Kaiserbiographien. Für ihn gab es daher keinen Grund, sich näher mit dem Christentum zu befassen.
 
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