Nun, das Erklettern von simplen ausgewachsenen Rotbuchen fordert eine erhebliche sportliche Qualität. Ich schrieb dies im Zusammenhang von Selbstversuchen in Kathedralwäldern mit solchen Bäumen. Natürlich bezog sich das nicht auf Bäume, die schon sehr weit unten Äste bilden, zumal diese sich naturgemäß in Einzel- oder Randstellung befinden. Aber bleiben wir beim Text.
Tacitus schreibt einmal von einem Wald, der sich im Rücken (der Ebene) befindet. Besonderheit hier: Kein Unterholz zwischen den hochragenden Bäumen/Ästen (ramis kann beides bedeuten).
Danach schreibt er: "campum et prima silvarum barbara acies tenuit" (Die Ebene und den Saum der Wälder - silvarum ist plural - hielt das Barbarenheer besetzt.
Er unterscheidet also schon zwischen "normalen" Wäldern, sicherlich mit einer Menge Süntelbuchen bestückt, die sich offenbar an/auf den seitlichen Höhen befanden und eben jenem besonderen hochstämmigen Wald im Rücken der Ebene.
Am Rande der Wälder lauerten die Germanen, also sowohl seitlich (quasi parallel zur Weser) und auch vor dem Hochwald, die Ebene sperrend (also etwa im 90°-Winkel dazu).
Erst als den Germanen klar war, wohin der Stoß der Hauptmacht der Römer ging - nämlich Richtung Hochwald (hier ließen sich die Adler nieder - die fliegen stets hochaufragende Landplätze an, die nach unten für sie sicher sind, oder?), fand die den Römern merkwürdige Umgruppierung der beiden Germanenheere statt:
Die vor dem Hochwald befindlichen Truppen zogen den Römern auf der Ebene entgegen, die anderen Germanen besetzten den dahinterliegenden Hochwald um hier den Hauptkampf zu erwarten.
Als dann die Bogenschützen versuchten, die Baumleute herabzuschießen, macht das nur Sinn, wenn der normale Legionär dem angeblichen Flüchtling nicht hinterhersteigen kann. Bei Süntelbuchen ist das sicher kein Problem, erst recht nicht muss man diese umständlich fällen. Was soll der Unsinn!
Diese Germanen befanden sich in den Wipfeln der hochaufragenden Bäume, die anfangs beschrieben werden. Dort waren sie während der Kampfhandlungen im Hochwald in hervorragender Position. Mir erscheint es taktisch durchaus sinnvoll, die Römer kämpfend möglichst in diesen Hochwald zu ziehen um sie hier durch vorbereitete Maßnahmen verschiedenster Art, auch durch fast bis zum Fällpunkt durchgeschlagene Bäume, die zur gegebenen Zeit mit ein wenig Druck oder Zug zum Stürzen gebracht werden können, zu bekämpfen.
Arminius hat sich in allen Kämpfen, sei es durch die Vernichtung der Varuslegionen, die Scheinfluchten in mehreren Gefechten, das Abraten des Lagersturms an den Langen Brücken, als hervorragender Taktiker erwiesen. So einer wird den Teufel tun, sein Heer unmittelbar in oder an der Grenze seines Kerngebietes ohne Vorbereitung und taktischen Plan gegen acht Legionen und deren Hilfstruppen antreten zu lassen.
Aber gut, das steht alles nicht so bei Tacitus. ist also nur pure Erfindung...
Tacitus übrigens war bei seinem Bericht auf Quellen angewiesen. Der von mir oben zitierte Gerhard Kessler kommt auf mindestens zwei.
1. Die Hauptquelle: eine Person, die sich in der unmittelbaren Nähe von Germanicus aufgehalten haben muss, selbigen bewundert und, obwohl ziemlich detailliert, jede Aktion positiv darstellt.
2 Quelle Zwei: Jemand, der mit etwas Abstand, aber kritisch wertend und ansonsten recht allgemein, sprich ohne Details, berichtet hat.
Daher kommt es auch, dass Tacitus von einem einzelnen Geschehen, da zweimal unterschiedlich beschrieben, auch zweimal als verschiedene Ereignisse berichtet hat (Bsp: Meuterei 14 - Gefangennahme des Germanicus - einmal als Held, einmal als ziemlich kleinlauter Depp; oder in 16: Flussüberquerung mittels Brücke an der Emsmündung, im Gezeitengebiet (!), Bataver schwimmen, geraten in Not, danach bekämpft Stertinius die Angrivarier im Rücken(!) der Römer - das Gleiche passiert dann nochmal viel detaillierter beschrieben an der Weser, wobei hier die ganze Geschichte mehr Sinn macht - Brückenbau, trotzdem schwimmen die Bataver und geraten in Not, später, nach der Schlacht am Angrivarierwall bekämpft dann Stertinius nochmals die Angrivarier, jetzt tatsächlich im Rücken der Römer, und diese unterwerfen sich).
Diese Analyse von Kessler macht für mich Sinn, da dann logischerweise, nämlich zeit- und proviantsparend und daher militärisch sinnvoll, viel überraschender, die Germanicusflotte an der Ems vorbei direkt in die Weser gefahren sein müsste und an deren Mittellauf, in der Nähe oder am Ort Amisia das Heer ausgeschifft hat.
Tacitus hatte, so meine wilde Spekulation, nie eine Ahnung, dass es Orte namens Amisia und Lupia in Germanien gab, und macht aus seiner Sicht das beste draus. Nur wir haben jetzt den schwarzen Peter, da wir uns wissenschaftlich strikt an den überlieferten Text halten müssen, da alles andere nur Vermutungen sind. Ich denke anders...
Zum Schlachtort: nördlich des Ith, auf der Strecke Hameln - Elze finden wir kurz nach Hameln die Orte Hilligsfeld und Klein Hilligsfeld, quasi daneben kann man eine bewaldete Anhöhe namens Hilligswald besuchen. Letzterer befindet sich im grunde auf der Ebene zwischen Weser und den längs liegenden Höhen. Aber keine Ahnung, woher die Namen kommen und wann sie auftauchen.
Ostfale