Ist das Holocaustmahnmal ein Denkmal der Schande?

@dekumatland Da habe ich schon anderes gesehen.

Nun, wie dem auch sei, hier ist auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge* eine kleine Gedenkstätte. Wenn ich nächste Woche Zeit habe, mache ich ein Foto davon, wie würdig die Stolpersteine davor aussehen. Genau da bin ich mal übelst gestürzt, da Gleitsichtbrillenträger die Steine eben nicht sehen. Ich war aber schon davor skeptisch, was die Stolpersteine angeht. An einigen Stellen habe ich welche gesehen, die auf oder an Mauern angebracht sind, was mir wesentlich besser erscheint.

* 1824/25 mit integrierter jüdischer Schule bescheiden errichtet, ab 1920 renoviert, auch um sie zeitgemäßer und "würdiger" zu gestalten. Das war bei Renovierungen von Sakralbauten in Preußen generell ein Schlagwort bei den Anträgen und Genehmigungen. Daher kann wenig über den Zustand des Innenraums gesagt werden, zumal es auch für den Zeitgeschmack betreffende Änderungen benutzt wurde. Einige im Straßenbild sichtbare Fachwerkwände wurden durch Stein ersetzt und mit großen, rundbogigen Fenstern versehen, so dass die Synagoge jetzt als Sakralbau zu erkennen war. Am 9. November 1938 wurde nur die Inneneinrichtung demoliert, und weil Feuer weitere Gebäude gefährdet hätte, versuchte man am 10. tagsüber die Synagoge mit Traktoren einzureißen. Erst als das bis gegen Abend nicht gelang, legten SS und SA die Gefahr für die umliegenden Häuser missachtend doch noch Feuer. Die Gedenkstätte wurde 1986 eingeweiht.
 
@dekumatland Da habe ich schon anderes gesehen.

Nun, wie dem auch sei, hier ist auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge* eine kleine Gedenkstätte. Wenn ich nächste Woche Zeit habe, mache ich ein Foto davon, wie würdig die Stolpersteine davor aussehen. Genau da bin ich mal übelst gestürzt, da Gleitsichtbrillenträger die Steine eben nicht sehen. Ich war aber schon davor skeptisch, was die Stolpersteine angeht. An einigen Stellen habe ich welche gesehen, die auf oder an Mauern angebracht sind, was mir wesentlich besser erscheint.

* 1824/25 mit integrierter jüdischer Schule bescheiden errichtet, ab 1920 renoviert, auch um sie zeitgemäßer und "würdiger" zu gestalten. Das war bei Renovierungen von Sakralbauten in Preußen generell ein Schlagwort bei den Anträgen und Genehmigungen. Daher kann wenig über den Zustand des Innenraums gesagt werden, zumal es auch für den Zeitgeschmack betreffende Änderungen benutzt wurde. Einige im Straßenbild sichtbare Fachwerkwände wurden durch Stein ersetzt und mit großen, rundbogigen Fenstern versehen, so dass die Synagoge jetzt als Sakralbau zu erkennen war. Am 9. November 1938 wurde nur die Inneneinrichtung demoliert, und weil Feuer weitere Gebäude gefährdet hätte, versuchte man am 10. tagsüber die Synagoge mit Traktoren einzureißen. Erst als das bis gegen Abend nicht gelang, legten SS und SA die Gefahr für die umliegenden Häuser missachtend doch noch Feuer. Die Gedenkstätte wurde 1986 eingeweiht.
Trotz ihres Namens soll man über die Stolpersteine nicht im tatsächlichen sondern nur im übertragenden Sinne stolpern. Wenn du darüber tatsächlich gestolpert bist, sind die wahrscheinlich unautorisiert manipuliert worden.
 
Nee, es kann höchstens sein, dass die schlecht verlegt waren. Und ich hatte auch nicht geplant zu stolpern.
Normalerweise legt die ja der Künstler selbst und der klopft die mit seinem Gummihammer so tief in den Boden, bis sie mit der Umgebung eine Ebene bilden. Deshalb glaube ich auch an eine wie auch immer motivierte unautorisierte Manipulation.
 
Seit 1958 gibt es die „Walk of Fame“ und ähnliches in vielen anderen Städten.
Und auch hier gibt es sicher Fans und auch Leute die den geehrten nun gar nicht mögen.
Habe aber von Vandalismus noch nie gehört/gelesen.
 
...ein nicht 100% eben verlegter/eingelassener "Stolperstein" als gefährliche Falle für Gleitsichtbrillenträger als Argument gegen diese "Stolpersteine"? Da wird man infolge seiner Unebenheiten jeden Feldweg beseitigen müssen, zu schweigen von den tückischen Kiesstränden der Ostsee...
 
Dito.

Aber weil Ralf den Walk of Fame erwähnte: Muhammad Ali ist ja der einzige Promi, dessen Stern auf dem Walk of Fame nicht auf dem Boden, sondern an einer Wand angebracht ist, weil dieser meinte, er wolle nicht, dass jemand auf ihm stehe. So gut ich die Stolpersteine finde, da muss ich immer mal wieder drüber nachdenken, wenn ich einen der Stolpersteine sehe.
 
Eine Schande war es natürlich, dass es den Holocaust gegeben hat aber ist das Mahnmal und die Erinnerung an die vielen unschuldig getöteten Menschen deshalb eine Schande oder eher eine ihnen zu Ehren und zum Gedenken erstelltes „Denkmal“?
Ein Mahnmal als »Schande« zu bezeichnen, würde bedeuten, dass es bei der Erinnerung an die Untat allein um das eigene Ansehen geht. Wäre sehr egozentrisch und die Unfähigkeit zur Empathie mit den Opfern bezeugen, während man das Reinwaschen der eigenen Weste in den Vordergrund stellte. »Mahnmal« hingegen unterstreicht den Willen, dass die Untat nicht wiederholt wird; es hält sie in Erinnerung, damit sie mit der Zeit nicht vergessen oder verharmlost wird.

Bin mit Riothamus absolut einig, dass Stolpersteine mit der Möglichkeit zum Drauftreten eine unglückliche latente Symbolik enthalten, die hätte bedacht werden müssen…
 
dass Stolpersteine mit der Möglichkeit zum Drauftreten eine unglückliche latente Symbolik enthalten, die hätte bedacht werden müssen…
(möglicherweise bin ich zu geistesstumpf, um das zu kapieren) ...der ehrenvolle rote Teppich wird betreten (sic) und das bei offiziellen Anlässen nur von den dazu Befugten, und niemand sagt dann (während die Militärkapelle einen schneidigen Marsch tutet) "buhuhu und mimimi, der Staatsgast tritt unseren heiligen roten Teppich mit Füßen, tut einfach drauftreten"
 
Dieser Ausdruck "Denkmal der Schande" wurde von einem Politiker, dessen Namen ich nicht nennen möchte, verwendet. Dieser Politiker, Gymnasiallehrer für Geschichte, hat schon häufiger mit zweideutigen, grenzwertigen und grenzüberschreitenden Aussagen Aufmerksamkeit erregt.

Man kann diese Bezeichnung so oder so deuten: das Denkmal erinnert an eine Schande, nämlich den Holocaust. Oder aber es ist eine Schande, dass in der Hauptstadt ein Denkmal steht, das an die eigenen Verbrechen erinnert.

Viele andere Aussagen dieses Poltikers legen aber nahe, dass er es in dem zweiten Sinne gemeint hat.


Zu den Stolpersteinen: ich habe wohl vor so 15 Jahren zum ersten Mal Stolpersteine in meinem Stadteil in meiner Heimatstadt Duisburg gesehen. Ich finde die Idee nicht schlecht, denn so wird es bemerkbarer, dass die Opfer des Nationalsozialismus hier mitten unter uns gelebt haben, oftmals in Häusern, die es heute noch gibt. Ich habe mir damals noch ein kleines Büchlein über die Stolpersteine in Duisburg gekauft, da waren dann die Standorte und auch eine kurze Biographie zu den jeweiligen Opfern enthalten.
 
...der ehrenvolle rote Teppich wird betreten (sic) und das bei offiziellen Anlässen nur von den dazu Befugten, und niemand sagt dann (während die Militärkapelle einen schneidigen Marsch tutet) "buhuhu und mimimi, der Staatsgast tritt unseren heiligen roten Teppich mit Füßen, tut einfach drauftreten"
Deine Aussage bringt paar Sachen durcheinander: der Teppich ist nicht der Boden und das Ehrenvolle sollte eigentlich dem Gast und nicht dem Teppich zustehen… ;)

Generell gilt, dass alles was sich physisch unter dem Menschen befindet, dieser auch für hierarchisch untergeordnet hält. Es sei denn, er wertet das Untere auf, sei es durch Besitz oder Weihe, damit es nicht mehr jedem Dödel zum Betrampeln mit dreckigen Füßen, bzw. Schuhen zur Verfügung steht.

Sollte eigentlich verdeutlichen, dass der Mensch sein Drauftreten im Allgemeinen als Abstufung, Erniedrigung und Beschämung der Unterlage versteht. So setzt der Sieger dem Besiegten seinen Fuß auf die Brust und der Kriminelle tritt im übertragenen Sinne die Gesetze mit Füßen.

Damit wenig zu tun hat der rote Teppich, der eigentlich eine transportable temporäre Aufwertung der Unterlage darstellt. Er dient dazu, dem Privilegierten das Wandeln auf dem dreckigen irdischen Boden zu ersparen, wie dies der Mensch auch mithilfe von Blütenblättern oder Palmzweigen schon früher seinen VIPs bot.
 
...ein nicht 100% eben verlegter/eingelassener "Stolperstein" als gefährliche Falle für Gleitsichtbrillenträger als Argument gegen diese "Stolpersteine"? Da wird man infolge seiner Unebenheiten jeden Feldweg beseitigen müssen, zu schweigen von den tückischen Kiesstränden der Ostsee...
Genau das habe ich nicht angeführt. Ich schrieb ausdrücklich, dass meine Ansichten davon unabhängig sind. Dreh mir also bitte nicht das Wort im Munde um.

Edit: Feld- und Wanderwege sind wie Gehwege per Gesetz von Stolperfallen freizuhalten. In NRW ist das sogar regelmäßig, ich müsste nachschauen, ob alle 3 oder alle 6 Monate, zu kontrollieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Generell gilt, dass alles was sich physisch unter dem Menschen befindet, dieser auch für hierarchisch untergeordnet hält.
Wirklich sicher und immer? Wenn restlos ja, dann wäre der heilige Heimatboden was untergeordnetes... Nein, ich halte das anführen von "darauf herumlaufen" etc. nur für Sophisterei. Auf irgendwas herumlaufen wertet nicht a priori ab, sonst wären Zebrastreifen & Co. zu vernachlässigen.
 
hier ist auf dem Gelände der ehemaligen Synagoge* eine kleine Gedenkstätte. Wenn ich nächste Woche Zeit habe, mache ich ein Foto davon, wie würdig die Stolpersteine davor aussehen. Genau da bin ich mal übelst gestürzt, da Gleitsichtbrillenträger die Steine eben nicht sehen. Ich war aber schon davor skeptisch, was die Stolpersteine angeht.
Genau das habe ich nicht angeführt. Ich schrieb ausdrücklich, dass meine Ansichten davon unabhängig sind. Dreh mir also bitte nicht das Wort im Munde um.
wo ist das Problem? Aber wie dem auch sei: wenn zumeist die Stolpersteine ordentlich in den Boden eingelassen sind, es also eher die Ausnahme ist, dass man wirklich an ihnen hängenbleibt und stürzt - wozu diese Ausnahme anführen? Und was hat das mit "würdig" zu tun?
 
Der heilige Heimatboden* ist eine Nationalistische Erfindung. Hierzulande läuft mir der Ausdruck eigentlich nur ironisch gemeint über den Weg.

Symbolik würde ich nicht als Sophisterei abwerten. Für viele Leute ist es die Äußerung von Weltsicht. Es gehört zu unserer Kultur, zu jeder Kultur. Nur ist unsere Gesellschaft so vielfältig (positiv gesehen) oder so zerissen (negativ gesehen), dass nicht mehr alle dieselbe Symbolik teilen. Daher müssen wir auf alle diese Elemente Rücksicht nehmen. Die Stolpersteine verletzen das Gefühl vieler in diesem Land, weil sie, wie ich eine symbolische Verhöhnung der Opfer sehen. Ganz einfach. Entweder eine offene, pluralistische Gesellschaft oder eine Einheitsgesellschaft, welche aber im Grunde auf Faschismus hinausläuft. Und Faschismus hält man nicht mit Faschismus fern. Manchmal bleiben eben nur Kompromisse. Hier geht es nicht um die Plaketten, sondern um die Art ihrer jetzigen Anbringung. Ich rede nicht einmal davon, dass gewisse Leute ihre Hunde trainieren, genau dort ... Ich rede davon, wie es von vielen als Herabsetzung der Opfer empfunden wird.

In genau dem Zitat sage ich, dass mein Unfall nichts mit der Ablehnung zu tun hat. Da ich nicht mehr richtig laufen kann, werde ich das nicht vergessen und sehe schon prinzipiell keinen Grund es zu verschweigen. Die beiden Sachen sind für mich untrennbar verbunden. Aber hier wurde zusätzlich in einem früheren Beitrag gesagt, dass die Stolpersteine auffallen und daher zum Gedenken anregen und unachtsames Darübertrampeln vermieden werden könne. Der Vorfall zeigt, dass jene Argumentation nicht stimmt. Auch mit gesunden Augen in einer belebten Straße, könnte ich diese Stolpersteine übrigens weder sehen, noch ihr Betreten vermeiden.

Ich sprach von würdigem Aussehen, was schon rein sachlich nichts mit einem Unfall zu tun hat. Daher verbietet es sich von selbst, auf einen argumentativen Zusammenhang zu schließen.

*Mit Heimaterde ist es ein wenig anders. Aber schon wegen der Bedeutungsvielfalt lateinischer Vokabeln, gebe ich zu, dass das Thema komplexer ist.
 
Der heilige Heimatboden* ist eine Nationalistische Erfindung.
...das klingt zwischen den Zeilen so anklägerisch...
Die Oper "Aida" hat der italienische Komponist Verdi 1879-70 komponiert, uraufgeführt wurde sie erst nach Ende des dt.-franz. Kriegs 1871, weil die Kulissen im belagerten Paris waren und nicht rausgeschafft werden konnten. Hauptfigur "Sklavengirl" Aida schmettert herzzerreissend in einer Arie o patria mia, moi piu ti rivedro - sie würde gerne aus der ägyptischen Gefangenschaft zurück nach Äthiopien (ihr Vati ist dort König, sie also eigentlich Prinzessin) und dort würde sie mit ihren Füßen auf der "heiligen Erde (ihres) Vaterlands"*) nicht herabwürdigend umhertrampeln. - - - ist Aida eine "nationalistische" Oper und damit politisch unkorrekt oder zumindest verdächtig? Das erschiene mir doch sehr an den Haaren herbeigezogen...

Und ich bleibe mal stur, ebenso stur wie die Sophisterei mit dem Wortfeld "darauf herumlaufen / stehen / mit Füßen usw" - - - daheim, im wohligen Wohlstand, kann man sich den Boden der eigenen Behausung sehr teuer mit Terrakotta oder fast so teuer mit massiven Eichendielen auslegen. Weder man selber, noch Gäste die zu Besuch da sind, pflegen dann herabwürdigend/verächtlich auf dem Boden herum zu trampeln.
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*) bei Bedarf suche ich die Originalstelle im Libretto heraus, Papa Amonasro - rei d´etiopie - formuliert das so
 
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