Kaisertum & Christentum; Ursprung und Folgen

timotheus

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Die Frage läßt sich schon einmal so einfach nicht beantworten, aber ich versuche es mit einer Schilderung des Kontextes:
Konstantin verknüpft das Christentum nur insofern mit der Politik, daß es im Imperium Romanum erst einmal anerkannt und nicht mehr verfolgt wird (312 Toleranzedikt von Mailand).
Zur Verdeutlichung: noch 50 Jahre vorher stirbt Laurentius den Märtyrertod auf dem Feuerrost, weil er dem römischen Kaiser nicht die Gelder der Kirche von Rom übergeben will (268).
Ich persönlich denke, daß Konstantin vorrangig erst einmal ganz persönliche Gründe dazu bewogen hatten, diesen Toleranzedikt zu erlassen. Er war selber Christ bzw. Christ geworden, und als Anhänger einer staatlich nicht anerkannten Religion hätte er seinen Gegnern zu viele Angriffspunkte gegeben.
Erst Kaiser Theodosius erhebt das Christentum zur Staatsreligion (380; 390/392 verbietet er alle anderen Kulte) - und das ist entscheidend. Denn jetzt wird die Kirche quasi zu einer staatlichen Organisation, ist damit an den Staat gekoppelt und muß sich ebenso wie dieser gegen Anfeindung erwehren.
Nun stellt sich die Frage, was denn Theodosius dazu bewogen hatte, das Christentum zur Staatsreligion zu machen. Hier sehe ich zunächst einen Punkt: der Kaiser, welcher jeweils an der Macht war, spielte seinen persönlichen Geschmack aus - es gab zwischen Konstantin und Theodosius auch Kaiser, welche die alten Religionen wieder bevorzugten. Ebenso muß betont werden, daß Theodosius zwar rigide Religionsgesetze erließ, in der Praxis aber tolerant mit den alten heidnischen Kulten umging.
Ein anderer Punkt liegt wohl in der damaligen politischen Situation Ende des 4.Jh. (nach Theodosius spaltet sich das Imperium ja auch endgültig in West- und Ostrom 395): der Staat brauchte eine gewisse Stabilisierung, um nicht innerlich zerrissen zu werden. Theodosius - selbst Christ - sah die christliche Religion als Integrationsfaktor und erhoffte sich so durch die religiöse "Vereinheitlichung" eine innere Einheit und Stabilisierung (was ja für kurze Zeit auch gelang).

Wie bereits erwähnt, weiß ich jetzt nicht, ob ich die gesamte Fragestellung so richtig verstanden habe, aber ich hoffe mal zumindest teilweise :cool:

In diesem Sinne

Timo
 
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timotheus schrieb:
Konstantin verknüpft das Christentum nur insofern mit der Politik, daß es im Imperium Romanum erst einmal anerkannt und nicht mehr verfolgt wird (312 Toleranzedikt von Mailand).
Konstantin ist deutlich darüber hinaus gegangen. Er berief 325 das Konzil von Nicäa ein und wirkte ganz maßgeblich an dessen Lehrentscheidungen gegen den Arianismus mit. Dies allerdings weniger aus der Überzeugung des Glaubens heraus als vielmehr aufgrund der Tatsache, dass ihm eine einige christliche Kirche politisch nützlicher erschien.

timotheus schrieb:
Ich persönlich denke, daß Konstantin vorrangig erst einmal ganz persönliche Gründe dazu bewogen hatten, diesen Toleranzedikt zu erlassen. Er war selber Christ bzw. Christ geworden, und als Anhänger einer staatlich nicht anerkannten Religion hätte er seinen Gegnern zu viele Angriffspunkte gegeben.
Da unterstellst du diesem skrupellosen Herrn aber edle Motive, die nur leider jeglicher Grundlage entbehren. Konstantin ließ sich erst kurz vor seinem Tode taufen, wurde mithin also erst Christ, als er die wichtigsten seiner "christlichen" Entscheidungen längst getroffen und durchgesetzt hatte.

Die Unterstützung des Christentums durch diesen Kaiser hatte seine Ursache nicht in dessen Glauben oder in befürchteten Angriffen auf seine Person, sondern allein in der Staatsräson sowie persönlichem Machtstreben.
 
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Ein anderer Punkt liegt wohl in der damaligen politischen Situation Ende des 4.Jh. (nach Theodosius spaltet sich das Imperium ja auch endgültig in West- und Ostrom 395): der Staat brauchte eine gewisse Stabilisierung, um nicht innerlich zerrissen zu werden. Theodosius - selbst Christ - sah die christliche Religion als Integrationsfaktor und erhoffte sich so durch die religiöse "Vereinheitlichung" eine innere Einheit und Stabilisierung (was ja für kurze Zeit auch gelang).

Entschuldigung, aber diesem Punkt muss ich noch einmal ganz entschieden wiedersprechen. Der römische Staate brauchte nach der Herrschaftsspaltung keinerlei Stabilisierung. Jedenfalls nicht von diesem Gesichtspunkt aus. (Natürlich war der Staat zu diesem Zeitpunkt nicht besonders stabil)
Das Römische Reich war im Verständnis aller immer noch ein "ganzes" welches jeden Verwaltungsapperat in zweifacher Ausführung hatte.
Das wir heute von einer endgültigen Teilung reden wird von vielen inzwischen nicht mehr gut geheißen und auch vor mir nicht, denn es hat auch vorher schon Teilungen gegeben. (Tetrachie) Diese ist uns nur deswegen so als Endgültig hinterlassen worden weil es nach dieser Herrschaftsteilung keinen Alleinherrscher mehr geben sollte. Wenn man mal außer Acht lässt, dass Odoaker die Herrschaftsinsignien des "Westens" in den Osten schicke und dieser nun formell wieder Alleinherrscher war.

So und nun halte ich mich wieder zurück, denn eigentlich passt mein Beitrag ja nicht so ganz ins Thema!

Gruß
 
Kirlon schrieb:
Konstantin ist deutlich darüber hinaus gegangen.

Dennoch bleibt der Fakt, daß Konstantin das Christentum noch nicht zur Staatsreligion erhob. Es gilt übrigens als noch offene Frage, ob er nun wirklich Trinitarier oder Arianer favorisierte oder dem gegenüber sogar gleichgültig war.

Und was das Konzil von Nicäa und dessen trinitarisches (also katholisches) Glaubensbekenntnis betraf, so wurde auch dieses erst auf dem 1. Konzil von Konstantinopel 381 (2. ökumenisches Konzil) gemäß den Wünschen von Kaiser Theodosius durchgesetzt.

Kirlon schrieb:
Da unterstellst du diesem skrupellosen Herren aber edle Motive, die nur leider jeglicher Grundlage entbehren. Konstantin ließ sich erst kurz vor seinem Tode taufen, wurde mithin also erst Christ, als er die wichtigsten seiner "christlichen" Entscheidungen längst getroffen und durchgesetzt hatte.

Die Unterstützung des Christentums durch diesen Kaiser hatte seine Ursache nicht in dessen Glauben oder in befürchteten Angriffen auf seine Person, sondern allein in der Staatsräson sowie persönlichem Machtstreben.

OK, darin gebe ich Dir recht, nachdem ich noch einmal nachgelesen habe - war unüberlegt von mir. Da muß ich Dir für die Korrektur danken, und ich füge gleich noch eine weitere an: Toleranzedikt von Mailand war 313, nicht 312.

Dank & Gruß

Timo
 
Wulfnoth schrieb:
Entschuldigung, aber diesem Punkt muss ich noch einmal ganz entschieden wiedersprechen. Der römische Staate brauchte nach der Herrschaftsspaltung keinerlei Stabilisierung.

Ähem, ich hatte von der Herrschaft Theodosius' gesprochen - also vor der Herrschaftspaltung...
Aber sich darüber zu streiten führt wirklich weg vom eigentlichen Thema.

Dank & Gruß

Timo
 
timotheus schrieb:
Dennoch bleibt der Fakt, daß Konstantin das Christentum noch nicht zur Staatsreligion erhob. Es gilt übrigens als noch offene Frage, ob er nun wirklich Trinitarier oder Arianer favorisierte oder dem gegenüber sogar gleichgültig war.
Ich persönlich neige zu der Auffassung, dass es dem Kaiser vollkommen gleichgültig war. Er favorisierte wohl die Seite, die ihm näherstand und der er persönlich mehr Durchsetzungsvermögen zutraute.
 
timotheus schrieb:
Ähem, ich hatte von der Herrschaft Theodosius' gesprochen - also vor der Herrschaftspaltung...
Aber sich darüber zu streiten führt wirklich weg vom eigentlichen Thema.

Dank & Gruß

Timo

Entschuldigung. Ich habe mir die Passagen noch einmal zu Gemüte geführt und festgestellt das ich mich geirrt habe. Ich hatte heute bereits einen Streit zu diesem Thema und springe deswegen leicht allergische auf Signalwörter dazu an. Auch wenn es das nicht entschuldigt...

Gruß
 
Hallo Wulfnoth,

Wulfnoth schrieb:
Entschuldigung. Ich habe mir die Passagen noch einmal zu Gemüte geführt und festgestellt das ich mich geirrt habe. Ich hatte heute bereits einen Streit zu diesem Thema und springe deswegen leicht allergische auf Signalwörter dazu an. Auch wenn es das nicht entschuldigt...

kein Problem, und Du brauchst Dich nicht zu entschuldigen. Die Wirkung der "Signalwörter" macht Deine "Reaktion" nur verständlich... ;)

Außerdem hatte ich deswegen extra das "ähem" vorangestellt - das tue ich gewöhnlich, wenn ich fürchte, daß sich jemand durch meine Korrektur auf den Schlips getreten fühlen könnte.

Wieder zum Thema: meiner Ansicht nach mag man jedenfalls darüber streiten, ob Konstantin oder Theodosius und was die Motive jedes Einzelnen waren. Fakt ist - um auf die eingangs gestellte Frage zurückzukommen und diese nicht weiter zu zerreden (bin ja selbst nicht gerade unschuldig daran) -, daß die Kirche sich spätestens von dem Punkt an, als das Christentum Staatsreligion wurde, mit der Politik verband.
Und ich denke, zumindest in diesem Punkt sind wir uns doch weitestgehend einig.

Handreichende Grüße

Timo
 
Meines Verständnisses und Wissens nach ist der Kaiser in der Idee des anfänglichen römischen Christentums der Stellvertreter Christi auf Erden.

Der Bischof von Rom hat sich dann im Verlauf der Zeit und mit dem Untergang des Westreiches immer mehr Macht angemaßt und seine Position gegenüber den anderen Patriarchen immer mehr hervorgestellt, deshalb ja dann der Bruch mit der Orthodoxen Kirche und der Streit mit den Kaisern im Hochmittelalter.

Leute wie Nestorius oder Arrian wurden nicht nur deswegen abgesägt, weil sie andere Anssichten gegenüber der Religion hatten, sondern, so habe ich es gehört nicht zuletzt weil sie die Person des Imperators nicht in der Religion zum Mittelpunkt rücken wollten. Der Kaiser jedoch ist der Mittelpunkt der Christenheit, so war es vorgesehen, die Patriarchen der wichtigen Stätdte jedoch sollten gleich an Rang sein, der Papst dagegen maßt sich die Herschaftsposition über die Kirche nur an.

(Zur Erklärung meiner Haltung, ich bin orthodoxer Christ)

Werter Heripo1422: Ghibelline, also aus Waiblingen oder zumindest der Gegend ? Ich bin auch ein Anhänger der staufischen Partei, vor allem Friedrichs des II, Stupor Mundi et Imutator mirabilis.....
 
Konstantin als "Kaiser von Gottes Gnaden" zu bezeichnen, wird weder diesem Manne noch seiner Politik gerecht.
Wohl kaum dürfte sich dieser Herrscher als unterhalb des christlichen Gottes stehend und damit von dessen Barmherzigkeit abhängig betrachtet haben. Schließlich hing Konstantin sehr wohl dem alten röm. Kultus an, blieb ganz bewusst, um auch hier den alles entscheidenden Einfluss zu wahren, Pontifex maximus und betrachtete die christliche Kirche als einen stabilisierenden Faktor der kaiserlichen Herrschaft, wenn diese mit dem Staat - et vice versa - versöhnt würde.
Wenn die christlichen Bischöfe die Kaiserherrschaft als Gottesgnadentum betrachteten (was ich für diesen frühen Zeitpunkt bezweifele), dürfte das Kaiser Konstantin wenig interessiert haben, solange nur sein bestimmender Einfluss nicht in Zweifel gezogen wurde.
 
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Quintus Fabius schrieb:
Leute wie Nestorius oder Arrian wurden nicht nur deswegen abgesägt, weil sie andere Anssichten gegenüber der Religion hatten, sondern, so habe ich es gehört nicht zuletzt weil sie die Person des Imperators nicht in der Religion zum Mittelpunkt rücken wollten. Der Kaiser jedoch ist der Mittelpunkt der Christenheit, so war es vorgesehen, die Patriarchen der wichtigen Stätdte jedoch sollten gleich an Rang sein, der Papst dagegen maßt sich die Herschaftsposition über die Kirche nur an...
Es gab damals in Rom ja noch eine polytheistische Religion, durch die Feldzüge haben die Römer aus anderen Ländern Götter "importiert", etwas aus Ägypten die Iris, wenn ich mich nicht täusche. Der Kaiserkult war damals Teil der Staatspolitik, um die Ordnung zu waren; die Tradition sah eine einheitliche Basis religiöser Verehrung vor.
In dieser Verplichtung sah sich auch Konstantin, der ebenfalls die staatliche Ordnung erhalten wolle (was man bei Eusebius nachlesen kann).
Allerdings wurde erst unter Theodesius das Christentum zur offiziellen Religion erklärt. Vorher gab es das Toleranzedikt des Galerius.
Noch eine Literaturtip: CHRISTENSEN, Torben. Christus oder Jupiter. Göttingen, 1991. Stehen interessante Dinge drin ;)

Liebe Grüße :winke:
 
Das habe ich mir schon gedacht, dass Belege für diese These folgen werden. Die von dir zitierten Argumente Fittinghoffs (dessen Werk ich im Übrigen nicht kenne), dürften soweit unstrittig sein.

Nur eine Begründung für ein Gottesgnadentum des Konstantin kann ich darin leider nicht erkennen. Ich denke, wie im Verlauf des Threads schon angerissen, dass zu viele Details aus dem Leben und der Herrschaft des Kaisers dagegensprechen. Vielleicht kann man ab der Regierungszeit des Theodosius oder seiner Nachfolger ein solches theologisch-machtpolitisches Grundschema annehmen; selbst dort erscheint es mir persönlich allerdings verfrüht.
 
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Christliches Kaisertum

Ohne den Thread ganz gelesen zu haben: Die Hinwendung zum Christentum Konstantins (bitte jetzt keine Diskussion ob er wirklich Christ war oder nicht!) war nicht nur seine private Angelegenheit sondern hatte für das Kaisertum und das Reich tiefgreifende folgen: Der Kaiser hatte vorher nicht nur Amt des obersten Priesters (pontifex maximus) fortgeführt, sondern war im Laufe der Zeit immer mehr vergöttlicht worden. Anfangs geschah dies nach seinem Tod durch seinen Nachfolger, später aber auch schon zu Lebzeiten. Die Verehrung des Kaisers als Gott bildete einen wichtigen Pfeiler in der römischen Staatsräson. Besonders unter Diocletian war dies zu einem ausschlaggebenden Instrument der Kaiserherrschaft geworden (er gab sich und seinen Kollegen Beinamen von Göttern.). Nach Konstantins hinwendung ging dies nun nicht mehr, da der christliche Gott keine anderen Götter neben sich duldet. Jedoch erkannten die Christen die staatliche Obrigkeit als von Gott gegeben an (siehe z. B. Jesus Christus, Paulus). Dadurch konnte Konstantin das Problem seiner "Stellung als römischer Kaiser" lösen, denn der Kaiser wurde jetzt von Gott begandet und durch Gott zur Herrschaft auserwählt angesehen. Zwar konnte auf diese Weise das römische Kaisertum fortgeführt werden, aber dennoch erfuhr es einige Änderungen: Die Stellung des Kaisers definierte er nicht mehr aus sich selbst, sondern sie wurde jetzt von außen definiert, was in Zukunft logischerweise zum Konflikt mit dem Klerus, dem anderen Vertreter Gottes auf Erden, führen musste. Das große Problem des "neuen Kaisertums" war, dass der (christliche) Kaiser anders als seine (heidnischen) Vorgänger für die Einheit des christlichen Glaubens zu sorgen hatte. Jedoch hing die Definition, was rechtsgläubig war und was nicht, nur in geringem Maße vom Kaiser selbst ab, wodurch er unvermeidlich in die innerkirchlichen Auseinandersetzungen mit einbezogen wurde.
 
Leider fehlt mir atm die Zeit ausführlich auf das ganze Thema einzugehen, da ich Prüfungen habe.

zu erst einmal was zu den Thesen: die sollte man genau und nur unter dem kirchenpolitischen Aspekt sehen, denn genau deshalb sind sie so von der Kirche "verfasst" bzw ausgelegt worden. Daher sind die ja die Folgen die sich daraus ergeben, das zu Diskutierende. Wenn man nur die Aussagen diskutieren will sind diese als theologische Aussagen zu beziehen, welche dann den Kurs der Kirche bestimmen.

Zu Constantin und den Christen,Nicaea und so weiter:

Zur Zeit Constantins war das Christentum gerade dabei auch die Führungselite des Reiches zu "erobern" was sicherlich auch an dem "Verbrauch" der alten Glaubensrichtungen lag. Das Christentum war schon immer eine städtische Glaubensrichtung und die Städte waren die Lebensadern des römischen Staats.
Insofern dürften neben einer christlichen persönlichen Einstellung Const. auch ein simpler politischer Gedanke hinter Mailand und Nicaea stehn. Nicaea diente somit der inneren Beruhigung, nachdem Vermittlungsversuche Const. vorher fehlgeschlagen waren.
Woher die die Idee mit der "Einheit von kaiserlichen Staat und kirchlicher Macht" und "Kaiserkirche" hast, wüsste ich gern, den in groben Zügen gabs sowas schon, in Form des Kaiserkults, es wurde also nur eine Verbindung zum Christentum geschaffen. Die christl. Kirchen/Würdenträger erhielten gewisse Privilegien unter Const. was aber maximal eine Förderung des Christentums darstellt und wohl auch persöhnlich beeinflusst ist.
Der nächste Schritt in Richtung "Staatskirche" wurde dann mit Theodosius' Erhebung zur Staatsreligion gemacht. Die Einflussname der Kaiser auf kirchliche Fragen dürfte sich auch fast immer aus dem Interesse der Staatspolitik erklären und nicht aus dem Ansatz einer Verbindung zwischen Kaiser und Kirche.


Ah ich seh grade, Germanicus hat den Kaiserkult/Kaiserliche Legitimation schon schön zusammengefasst, da kann ich mri das später sparen
 
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Mir scheint, dass auch finanzielle Gründe eine Rolle spielten. Denn mit der Abwertung der bisherigen römischen Religion ging auch die Konfiskation der Tempelschätze einher. Das Edelmetall für seinen Solidus stammte zum Großteil aus den eingeschmolzenen Schätzen heidnischer Tempel und den "Götzenbildern".
Die Gesetzgebung war hingegen eher konservativ. Zwar schaffte er die Kreuzigung und die Brandmarkung ab, aber die Sklaverei blieb erhalten, allerdings unter dem Einfluss der Stoa abgemildert. Aber der GV zwischen freier Frau und Sklaven wurde immer noch mit der Todesstrafe geahndet und eine Ehe zwischen Freien und Sklaven blieb unmöglich. Die Macht des pater familias üer das Leben seiner Hausgnossen blieb ebenso erhalten wie die Kindesaussetzung.
Wenn er sich also zum Herrn der Kirche aufwarf, so nicht aus innerlichem religiösem Impetus. Er schlitterte wohl mehr in diese Funktion hinein, wie man am Donatistenstreit ersehen kann. Da die Bischöfe allmählich einen funktionierenden Verwaltungsapparat aufbauen konnten, nachdem die Rückgabe der konfiszierten Kirchengüter "an die Kirche" angeordnet war, wodurch diese zu einer rechtsfähigen Korporation wurde, konnte sich Konstantin nicht mehr aus den innerkirchlichen Streitigkeiten heraushalten. Im arianischen Streit schwankte der Kaiser. Nicht er entschied sich gegen Arius, sondern die Mehrheit der Bischöfe mit ihrer nicänischen Trinitätsformel. Arius wurde zwar in die Verbannung geschickt, aber der Kaiser, der "spitzfindigkeiten" ablehnte, wollte ihn schon nach ein paar Jahren zurückkommen und durch neuerlichen Synodalbeschluss wieder in die Kirche aufnehmen lassen. Das vereitelte dann Athanasius, nachdem er 328 Bischof v. Alexandria geworden war. Das brachte den Kaiser so auf, dass er Athanasius 335 nach Trier verbannte und Arius rehabilitierte. Athanasius musste wegen seiner agressiven antiarianischen Haltung 5 mal ins Exil und wurde auf mehreren Synoden für abgesetzt erklärt. Erst der heidnische Kaiser Julian ließ in zurückkehren. Unter Konstatin II. und Valens war Arianismus angesagt. Erst Theodosius setzte die Athanasische Haltung durch.

Fingalo
 
Ich habe ein anderes Verständnisproblem: Wie soll eine Verbindung zwischen dem Caesaropapisten Konstantin und dem Investiturstreit aussehen?

Constantin hatte ine höchst eigenwillige Interpretation des Christentums, indem er sich selbst in traditionell römischer Weise als Christus sah:
Konstantin wollte in einer Basilika Konstantinopels bestattet werden: Konstantins Sakophag stand in der Mitte von (vermutlich) zwei Halbkreisen mit jeweils 6 Apostelkenotaphen. Konstantins Sarkophag war größer als die übrigen und bildete das Zentrum des Baus. Wer war diese 13. Person inmitten der Apostel anderes als Christus selbst? Konstantin wollte sich im Jordan taufen lassen, wo der getauft war, der er sein wollte. Vor der Schlacht an der Milvischen Brücke hatte er sich als Sonnengott in der Gestalt des Apoll präsentiert. Nach dem Sieg über Maxentius verstand er sich wahrscheinlich als jener Christus, der ihm geholfen hatte. Man kann sein Verhältnis zu Christus gut einreihen in das Verhältnis Diocletians zu Iupiter. Der Kaiser hatte zwei Naturen, eine menschliche und eine göttliche, und Iupiter hatte zwei Existenzen; eine himmlische und eine irdische, die sich im Kaiser manifestiert. So kann man aus vielen Äußerungen der damaligen Zeit entnehmen, dass er sich als Christ und Christus verstand. Der Arianismus erleichterte diese Identifikation.
Ein Lobredner feierte Konstantin nach seinem Sieg über Maxentius als Gott. Aurelius Victor erwähnt in diesem Zusammenhang die Einrichtung eines Priesteramtes für Konstantins flavisches Geschlecht in Africa. Auch der Panegyricus von 313 bezeichnet ihn traditionell als Gott. Für die Heiden war er also weiterhin Apoll oder Iupiter, für die Christen war er der von Gott eingesetzte Herrscher und sich selbst sah er als Gott (je nach Zusammenhang Apoll oder Christus) und Mensch.
Der Investiturstreit setzt eine Trennung zwischen geistlicher und weltlicher Herrschaft voraus, die zu Zeiten Konstantins noch nicht einmal angedacht war.

Fingalo
 
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Ich seh das ganze etwas anders: Die Zitate und Textstücke sind aus dem damaligen Kontext gerissen und lassen sich in der Form eigentlich erst im hohen Mittelalter als Argumente für die päpstliche Vormachtsstellung einbringen. Was mich genau daran stört ist, dass die Sichtweise genau der entspricht, die dann von der Kirche verwendet wurde und keineswegs kritisch ist.

Als Beispiel das Zitat von Gelasius I.: "Denn ihr wißt es, allergnädigster Sohn: wohl überragt Ihr an Würde das ganze Menschengeschlecht; dennoch beugt Ihr fromm den Nacken vor den Amtswaltern der göttlichen Dinge und erwartet von ihnen die Mittel zum Seelenheil. Ebenso erkennt Ihr, daß Ihr beim Empfang der himmlichen Sakramente, wenn sie geziemend ausgeteilt werden, nach geheiligter Ordnung eher der demütig Nehmende, nicht aber der Befehlende seid. In diesen Dingen seid Ihr demnach vom Urteil der Priester abhängig und dürft sie nicht Eurem Willen unterjochen wollen. Wenn nämlich im Bereich der staatsrechtlichen Ordnung auch die Vorsteher der Religion willig anerkennen, daß Euch die kaiserliche Herrschaft durch göttliche Anordnung übertragen ist und deshalb auch sie Euren Gesetzen Gehorsam zu leisten haben, um nicht etwa in weltlichen Dingen Eurer einzig maßgeblichen Befehlsgewalt entgegen zu sein - wie freudig, so frage ich Euch, muß man denen gehorchen, die zur Austeilung der geheimnisvollen Mysterien gesetzt sind?" Quelle

Das ist die Fortsetzung. Nimmt man nun den ganzen Text in Augenschein, zusammen mit den zeitlichen Kontext, so ergibt sich aus meiner Sicht nicht ein "Herrschaftsanspruch" des Kirche vor den Königen (vom Kaiser oder Reich: Imperator/Imperium ist im lateinischen Text nicht die Rede).
Die damalige Situation ergibt sich für mich wie folgt:
Im Westen hat gerade (493) Theoderich den Odoaker blutig ermordet, nachdem es 3 Jahre lang eine harte Belagerung von Ravenna gab. Wie weit es in anderen Westgebieten noch solche "unchristliche" Taten bei den Herrschern gegeben hat in der Zeit vor diesem Brief weiss ich nicht, aber die allgemeine Situation dürfte nicht gerade als friedlich eingestuft worden sein.
Mit den Ostgoten herrschen nun auch in Italien Arianer; die Verständigungspolitik Theoderichs dürfte ca 1 Jahr nach seiner Machtübername in Italien noch nicht erkennbar gewesen sein.
Durch den Wegfall des Kaisertums im Westen kamen den Bischöfen wohl seit der Mitte des 5.Jh immer bedeutendere Aufgaben im politischen Rahmen zu, gerade weil sich die romanische Aristokratie in dieses Amt hineingearbeitet hatte ( Sid.App. der um 470 schreibt, dass der Bischof in Gallien mehr für das leibliche Wohl der Stadt zu sorgen hatte als für das seelische).
Im Osten herrschte vor Anastaios Kaiser Zenon, der mit Akakios als Patricharchen in Konstantinopel eine "Versöhnungspolitk" zwischen Nicaeern, Monophysiten und Nestorianern angestrebt hatte. Der Erlass den "Henotikons" ( welches zwar Eutyches und Nestorios verurteilte, die Frage der Natur Jesu jedoch weiterhin offen lies) sties jedoch auf allen Seiten auf Ablehnung. Grund für diese Bestrebungen waren wohl ein Versuch die eskalierenden Konflikte der einzelnen Ost-Patriachate aus Staatsraison zu unterbinden, da sich diese durchaus auf die innere Ruhe des Staats auswirken konnten.
Nun zu Anastasios selbst: Er kam 491 an die Macht und galt als Anhänger des Monophysitismus. Seine ersten Amtsjahre waren durch den Versuch einer innenpolitischen Reform gekennzeichnet. Da der Brief nun 494 geschrieben wurde, würde ich diese Stelle folgendermasen auslegen.
Es ist ein Hinweis Gelasius' an den oströmischen Kaiser, dass die Kirche eigene Gesetze hat, in die er nicht einzugreifen hat( darum auch der Vergleich mit staatsrechtlichen Geboten des Kaisers, der ja auch von den Priestern befolgt wird). Die Gründe hierfür würd ich in der monophysitischen Einstellung und den einzelnen Reformen Anastaios sehen. Gelasius betont hier nur den Unterschied zwischen staatlichen Recht und Kirchlichen Recht und weist darauf hin, die getroffenen Entscheidungen zu akzeptieren. Was hier auch noch aussen vor gelassen wurde ist der Konflikt Ost-West im Punkt der Akzeptanz von Seiten der Patriachate, denn der griechische Osten hat eigentlich fast nie den lateinischen Westen als "vorrangig" angesehen.

Zum Thema der "Investitur" auf das du ja hinaus willst. Ich denke die Entwicklung des Bischofsamts zu einem "Staatsamt" bzw. zum wichtigsten Amt innerhalb einer Stadt ( Stichwort: Bischofsherrschaft) und die Akzeptanz der Vormachtstellung Roms über gerade auch die gallischen Bischöfe wäre unter Umständen angebracht, denn diese Faktoren bestimmen dann ja das Mittelalter und vom fränkischen Reich aus auch das "deutsche".
 
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Sheik schrieb:
Ich seh das ganze etwas anders: Die Zitate und Textstücke sind aus dem damaligen Kontext gerissen und lassen sich in der Form eigentlich erst im hohen Mittelalter als Argumente für die päpstliche Vormachtsstellung einbringen. Was mich genau daran stört ist, dass die Sichtweise genau der entspricht, die dann von der Kirche verwendet wurde und keineswegs kritisch ist.
Könntest Du mal sagen, auf welches Posting sich das bezieht? Dass jemand etwas verfasst, das er in bestimmter Weise meint, und dieser Text dann später für andere Ziele instrumentalisiert wird, ist ja nichts neues. Soweit ich sehe, wird hier im Hinblick auf den Investiturstreit nur die Instrumentalisierung angesprochen, nicht die ursprüngliche Intention. Diesem Vorgehen kann ich eine gewisse Berechtigung nicht absprechen.
Im weiteren Text stimme ich Dir im übrigen zu. Aus Deinem weiteren Zitat ergibt sich aber immerhin die nicht selbstverständliche Trennung zwischen weltlichem und göttlichem Recht, die bereits biblisch keimhaft angelegt ist. Der Text scheint mir jedenfalls als objektiver Fakt (unabhängig von der Intention des Verfassers) der Anfangspunkt der organisatorischen Trennung von Staat und Kirche zu sein, die dann allerdings viel später aufs Tapet kam, aber ohne die vorausgehende staatsphilosophische Diskussion kaum denkbar ist.
Vorangegangen war ja in der Zeit der Christenverfolgung die umgekehrte Abschottung, wenn die Christen sagten, dass sie dem Kaiser alle Ehren eines Herrschers zukommen lassen wollten, die Anbetung und die göttliche Verehrung aber Gott vorbehalten sei.

Fingalo
 
fingalo schrieb:
Könntest Du mal sagen, auf welches Posting sich das bezieht? Dass jemand etwas verfasst, das er in bestimmter Weise meint, und dieser Text dann später für andere Ziele instrumentalisiert wird, ist ja nichts neues. Soweit ich sehe, wird hier im Hinblick auf den Investiturstreit nur die Instrumentalisierung angesprochen, nicht die ursprüngliche Intention. Diesem Vorgehen kann ich eine gewisse Berechtigung nicht absprechen.
Im weiteren Text stimme ich Dir im übrigen zu. Aus Deinem weiteren Zitat ergibt sich aber immerhin die nicht selbstverständliche Trennung zwischen weltlichem und göttlichem Recht, die bereits biblisch keimhaft angelegt ist. Der Text scheint mir jedenfalls als objektiver Fakt (unabhängig von der Intention des Verfassers) der Anfangspunkt der organisatorischen Trennung von Staat und Kirche zu sein, die dann allerdings viel später aufs Tapet kam, aber ohne die vorausgehende staatsphilosophische Diskussion kaum denkbar ist.
Vorangegangen war ja in der Zeit der Christenverfolgung die umgekehrte Abschottung, wenn die Christen sagten, dass sie dem Kaiser alle Ehren eines Herrschers zukommen lassen wollten, die Anbetung und die göttliche Verehrung aber Gott vorbehalten sei.

Fingalo

Ich hab mich auf den Brief von Gelasius bezogen. Natürlich spricht Gelasius hier eine Trennung von weltlichen und religiösem Recht an, jedoch geht Gelasius ja nicht auf Fragen der Investitur oder Handhabung in Verbindung mit dem Staatswesen ein, sondern auf den Versuch die verschiedenen Strömungen innerhalb des Glaubens auf eine Linie zu bringen. Dies dürfte wie gesagt auch in Zusammenhang mit der religiösen Ansicht Anastasios' liegen.
 
Das hört sich so an, als ob das ein sehr langandauernder Streit gewesen sei, der bis zu Theodosius zurückzuverfolgen sei.
Aber an eienen Investitur"streit" als Machtkampf dachte damals noch keiner. Man dachte und schrieb unter ganz anderen Gesichtspunkten. Erst unter Gregor bekamen die Texte plötzlich rückblickend eine andere Bedeutung und konnten im neuen Zusammenhang für die eigenen Positionen instrumentalisiert werden.
Das Gelasius-Zitat ist in seinem Original kein Machtmittel, das für einen Investiturstreit entwickelt wurde. Darauf hat schon sheik hingewiesen.
Wenn man nach der "Entwicklung von Machtmitteln" fragt, dann muss man die Texte des konkreten Investiturstreites selbst nehmen und fragen, woher diese ihre Zitate genommen haben, mit denen sie operierten, und nicht, wie die zitierten Stellen selbst entstanden sind. Der Streit darüber, wer in theologischen Fragen zur Einheit der Kirche das Sagen hat, ist nicht Thema des Investiturstreites. Das Verhältnis Theoderichs zu Johannes I. ist kein Thema des Investiturstreites. Thema ist: Wer bestimmt mit welcher Kompetenz, wer welchen Posten zu bekleiden hat. Innerhalb dieses Themas werden dann theologie-politische Ereignisse und Positionen ausgegraben, die nicht selbst Gegenstand des Streites sind, sondern nun als Argumentationsbestandteil in neuer Problemstellung verwendet werden.
Im übrigen hat nicht Theodosius den Cäsaropapismus erfunden, sondern wohl schon Konstantin.
Deine Darstellung gibt eher Antwort auf die Frage, wie es zu diesem Streit kommen konnte und warum es in Ostrom nichts vergleichbares gab. Das ist was anderes

Fingalo
 
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