Soweit stimme ich mit Dir überein dass es auch gut bewaffnete geben hat auf Schiffen bestimmt mehr, als auf bei einem Landgefecht, worum es hier ja geht.
Aber innerhalb der Heere werden sich schon deutliche Unterschiede zwischen dem Herrn und seinem Gefolge zeigen.
Mein Blick ist vor allem die frühe Zeit 8./9. Jahrhundert, die Zeit der großen Überfälle.
Danach denke ich wird das ganze strukturierter, mit der Bildung von Königreichen etc. und dies spiegelt sich dann auch in dem Ausrüstungsniveau wieder.
Zumal ich denke, dass ein Mann mit Lanze und einfachen Schild und kurzer Seitenwaffe durchaus einem Mann mit Kettenhemd und Schwert gefährlich werden kann und kein Klotz am Bein ist, spätestens wenn hier das Verhältnis zwei zu eins ist.
Meiner Meinung sollte man sich halt von dem Bild der hochgerüsteten Heere befreien, wäre ja so als ob jeder Bundeswehrsoldat einen Leo fahren würde.
Über die Zeit 8./9. Jh. wissen wir nichts. Und wo die Fakten fehlen, hat die Fantasie freien Auslauf.
Zwischen Landheer und und Flotte kann zu dieser Zeit nicht unterschieden werden, da die Heere zu Schiff transportiert wurden. Dass ein Heer auf dem Landweg zum Kampfplatz schritt, kam ausgesprochen selten vor (z.B. Olav d. Hl. von Russland über Schweden nach Stiklestad, aber das ist diesseits des von Dir genannten Zeitrahmens.) Über die Verhältnisse aus der Zeit vor der Auswanderungswelle nach Island sind wir in der Frage der Bewaffnung völlig im Dunkeln.
Und was heißt "hochgerüstet"? Speer, Axt, zwei Dutzend Pfeile, Helm und Schild. Entspricht das dem "Leopard" des Bundeswehrsoldaten? Die einzige Ausnahme bildet das Kettenhemd, über dessen Verbreitung wir nichts wissen, nicht einmal, ob es dieses bereits im 8. Jh. in Norwegen gegeben hat. In Dänemark wahrscheinlich als Importware. Die Archäologie gibt uns nur Auskunft, wer es trug (Grabbeigabe), nicht aber darüber, wer es nicht trug.
Dein Zeitrahmen ist die Zeit vor Harald Schönhaar. Aus der Schilderung der Schlacht am Hafsfjord wissen wir, dass es noch keine "Heere" gab, sondern Häuptlinge sich mit ihrer Mannschaft verbündet hatten. Die Zentralisation mit Heeresaufgebot setzte erst mit ihm ganz allmählich ein. Bei der geschilderten relativ schlichten Bewaffnung spricht mehr dafür, dass alle, die an einem Kriegszug teilnahmen, gleich bewaffnet waren mit Ausnahme der Anführer, deren Waffen als Statussymbol reichlich verziert waren. Jedenfalls erfahren wir nichts Gegenteiliges. Es kommt noch hinzu, dass nicht alle Männer eines Bezirks zur Waffe griffen. Die Mehrzahl blieb zu Hause, weil die Haus- und Feldarbeit sowie das Vieh ihre Anwesenheit erforderte. Aus den frühesten Überlieferungen (nach dem 9. Jh.!) wissen wir, dass jeder Hof einen oder mehrere ausgebildete und ausgerüstete Kämpfer zu stellen hatte. Über die Ausbildung erfahren wir aus keiner einzigen Quelle etwas. Aus Dialogen im Zusammenhang mit Zweikämpfen wissen wir aber, dass es einen unterschiedlichen Ausbildungsstand im Waffengebrauch gab.
Es ist mangels gegenteiliger Informationen zulässig, diese Überlieferungen auch auf das 9. Jh. anzuwenden. Es besteht überhaupt keine Veranlassung, für diese Zeit etwas anderes anzunehmen, zumal die ins Licht der schriftlichen Überlieferung tretenden Verhältnisse offensichtlich bereits eine Tradition hinter sich haben. Denn die Überlieferung ist lückenhaft, was darauf schließen lässt, dass die Adressaten ohnehin wussten, was zu ergänzen war (So, wie wenn heute für ein Fest "Smoking" vorgeschrieben wird und die Dame sofort weiß, welche Kleidung sie zu tragen hat). Wäre das Gulathingslov eine neue oder geänderte Regelung, müsste sie viel detaillierter sein. Aber man wusste Bescheid - von alters her. Wo Neuerungen eingeführt wurden (Befreiung von der Aufgebotspflicht von Geistlichen) wird es auch entsprechend genau.