Die Rolle von politischen Karikaturen als Instrument der Kritik an einer bestimmten Situation ist sicherlich nicht in Frage zu stellen. Es ist jedoch ein ambivalentes Instrument, das im kritischen Sinne über Ironie etc. bestimmte Sacherhalte in Frage stellt, wie es der „Simplicissimus“ im DR und in der Weimarer Republik so pointiert getan hat.
Die andere Seite betrifft die Stabilisierung von Stereotypen und Klischees, wie es beispielsweise auch die NS-Presse geleistet hat, wie zum Beispiel der „Stürmer“. Es wurde nicht kritisch hinterfragt, sondern vorhandene Vorurteile genutzt, um auf diesen aufbauend Feindbilder zu stabilisieren.
http://www.carsten-pietsch.de/stuermer.pdf
In diesem Sinne ist es kein Unterschied vorhanden, wenn beispielsweise (mir fällt gerade kein anderes Beispiel ein und es soll nicht anti-griechisch sein!) in der griechischen Presse Bundeskanzlerin Merkel in die historische Konstanz zu Hitler gestellt wird, um das Klischee bzw. das Stereotyp - als Feindbild – des „häßlichen Deutschen“ zu zeichnen, zu dem Vergleich von Stalin und der historischen Kontinuität zu Putin.
Bei Klee findet sich eine interessante Diskussion, vor allem bezogen auf Afrika, zum Erzeugen von Feindbildern durch kulturelle Ausdeutung und der Konstruktion von "In-Groups" und "Out-Groups". Und zeigt, wie wichtig die psychologische Vorbereitung der Bevölkerung ist, bereit für einen Krieg zu sein und diesen zu legitimieren. Zumal bei Kriegen immer weniger ein sinnvolles Verhältnis zwischen Mittel und Zweck zu erkennen ist, selbst wenn sie mit "intelligenten" Waffen geführt worden sind.
https://books.google.de/books?id=Q7tiAgAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=how+enemies+are+made&hl=de&sa=X&ei=BDRjVYRRyaKyAamTgfAK&ved=0CCQQ6AEwAA#v=onepage&q=how%20enemies%20are%20made&f=false
Und genau diese Rolle der Karikatur war im Kernpunkt meiner Kritik.
Nicht zuletzt auch deswegen, weil eine slawophile bzw. der anti-Kommunismus, auch personifiziert durch den Zaren bzw. noch stärker durch Stalin, eine Konstante in der außenpolitischen Freund-Feind-Wahrnehmung im DR und im 3. Reich war. Zwei Generationen von Deutschen sind mit einem russophoben Weltbild in den 1. bzw. 2. Weltkrieg gezogen.
Und – so meine Wahrnehmung aus der aktuellen IR-Literatur und somit auch Befürchtung – muss eine Kontinuität in der Beziehung zu Russland erzeugt werden, damit die „Friedens-Dividende, die uns nach dem Ende des Kalten Krieges versprochen worden ist, nicht eingelöst werden muss (vgl. z.B. The National Interest: Countdown toWar. The coming U.S.- Russia Conflict, No. 137, May / June 2015). Ähnliches läßt sich anhand der Literatur für die USA zeigen, die – so manche Autoren – durch eine evolutionäre Feindbilderzeugung immer wieder neue Legitimationen erzeugen, für eine globale Kriegsführung.
Für Deutschland ergibt sich diese Notwendigkeit noch deutlicher, da nach 1990 keine ausgeprägte russophobe Einstellung, dank „Gorbi“, mehr zu erkennen war. Wie an Umfragewerten zu zeigen ist.
Aus einer Reihe von Gründen, die sicherlich auch mit wirtschaftlichen Interessen und dem Interesse an dem Zugang zu den reichen Bodenschätzen Russlands zu tun haben, wird im Westen der eigenständige – auch teilweise sehr eigenwillige - Weg Russlands nicht akzeptiert und es liegt massiv im Interesse des Westens, den Druck auf Russland, sprich Putin zu erhöhen.
Im Sinne der Lerntheorie bietet es sich da an, auf „gelernte“ und „plausible“ Feindbilder zu setzen und die historische Konstanz zwischen Stalin und Putin herzustellen. Was, so meine Meinung, weder der – höchst problematischen Rolle - von Stalin gerecht wird, noch der ambivalenten Rolle eines demokratisch gewählten, nach – vermutlich - Autokratie strebenden Putin.
Richtig ist sicherlich an der historischen Kontinuität von Stalin zu Putin, dass das post-sowjetische, demokratische Russland nach 1990 ein massives Problem hatte, welche kollektive Identität dem russischen Nationalismus zu Grunde liegt (vgl. nachfolgenden Link) . Für Putin ergibt sich im Rahmen des erneuten zukunftsorientierten, imperialen „Nationbuildings“ und somit auch für die zukünftige Rolle als globale Großmacht die Aufgabe, die russische Geschichte als Folie für das russische Selbstverständnis zu integrieren. Und da setzt er, was für die Entwicklung der Demokratie sicherlich bedauerlich ist, auf ein apologetisches konservatives russisches Geschichtsverständnis, mit einem massiv „geschönten“ Stalin. Dennoch wird er dadurch selber nicht automatisch zu einem neuen „Neo-Stalin“.
Google-Ergebnis für http://aftermathnews.files.wordpress.com/2007/10/stalin_putin.jpg