Karikaturen von Marie Antoinette

chantal

Neues Mitglied
Hallo alle zusammen!
ich habe eine ganz wichtige frage.
welche gruppe der bürger hat die karikaturen von marie antoinette gezeichnet? die ärmeren (handwerker, usw.) oder die reicheren (intellektuelle)
bei den ärmeren wäre der grund dann ihre armut bei den reichen ihr neid oder??
ich halte meine 5. pk zu diesem thema und weiß grad nicht weiter!
freue mich auf antworten!
alles liebe chantal
 
bei den ärmeren wäre der grund dann ihre armut bei den reichen ihr neid oder??

Das ist sehr naiv und vereinfacht dargestellt. Und Geschichte ist fast nie so einfach wie du das hier beschreibst. Schließlich gab es bereits vor der Verbreitung der Pamphlete und Karikaturen viele negative Berichte und diverse üble Gerüchte über die Verschwendungssucht und sexuelle Freizügigkeit der Königin. (apropos: La dernière Reine de France)
Ich glaube nicht, dass man hier von "Neid" sprechen kann. Der Adel machte sich eher einen Spaß daraus, die "kleine österreicherische Spionin" zu verhohnen und zu verspotten.
Bei der Unterschicht kann man nicht einfach von Armut sprechen, sondern eher von teilweise bitterer Not. Hunger, kein Dach über dem Kopf...

Ich habe gerade bei Stefan Zweigs "Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters" nachgelesen, und da steht, die Verfasser der Pamphlete seien unbekannt. Sie tauchten plötzlich überall auf und wurden für teures Geld verkauft (S. 150). Allerdings ist das Buch auch schon sehr alt und bei Weitem nicht auf dem neuesten Stand.

Ich vermute jetzt einfach mal, dass es der gehobene mittlere Stand, eventuell niederer Adel, war. Schließlich brauchte es Beziehungen, die technischen Möglichkeiten und Geld, die Pamphlete zu drucken und zu verbreiten.
 
also dass es bürger waren hat mir meine lehrein gesagt. es war jetzt auch sehr vereinfacht von mir dargestellt sonst hätt ich nen roman schreiben müssen.;)
warum haben dann die bürger dann die karikaturen gezeichnet?
 
eventuell niederer Adel,
Eher der Hochadel. Ein herausragendes Beispiel ist der Duc d'Orléans, während der französischen Revolution bekannt als Philippe-Égalité. Er hatte die Möglichkeiten und eine starke Abneigung gegenüber der Königin. Sein Urgroßvater war während der Kindheit Ludwigs XV. der Regent Frankreichs. D'Orléans war ein liberal gesinnter Adliger, aber auch der konservative Adel kämpfte um seine alten Vorrechte, behinderte Reformen und geriet damit in Konflikt mit dem König. Das Parlament von Paris versuchte zum Beispiel die Besteuerung des Adels zu verhindern.

Gründe dafür lassen sich nicht mit einem kurzem Begriff wie "Neid" auf den Punkt bringen. Wenn man es allgemein halten möchte: Unzufriedenheit mit der Regierung. Übliches Muster in Pamphleten ist es die "schlechte" Herrschaft des "guten" Monarchen auf den negativen Einfluss seiner Minister und Mätressen zurück zuführen (siehe J. Engels: Königsbilder. Sprechen, singen und schreiben über den französischen König in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts), die Kritik an seiner Frau kann also auch als Kritik am König selbst betrachtet werden. Ludwig XVI. hatte keine Mätressen. Marie Antoinette nahm nun in der öffentlichen Meinung diese Position ein. Das wäre schonmal ein Punkt für einen multikausalen Erklärungsansatz.

Ich denke mal Pamphlete und Karikaturen haben sich nicht auf eine bestimmte Schicht beschränkt und entstammten verschiedenen (gegensätzlichen) politischen Lagern.
 
Ich denke mal Pamphlete und Karikaturen haben sich nicht auf eine bestimmte Schicht beschränkt und entstammten verschiedenen (gegensätzlichen) politischen Lagern.
Bei den Pamphleten handelte es sich wohl um Auftragsarbeiten aus den verschiedenen politischen Lagern. Wobei ich glaube, gelesen zu haben, dass sich die Pamphleteschreiber, die sogenannten Libellisten, schon als eine Art eigene Gruppe bildeten. Diese war natürlich heterogen wie auch die der Auftraggeber.
Für mich wäre interessant, was oftmals zuerst da war: die öffentliche Meinung, welche von den Karikaturen und Pamphleten ausgeschlachtet wurde oder diese Drucke, welche die öffentliche Meinung generierten? Gab es z.B. zuerst das Gerücht über die sexuellen Umtriebe der Königin oder zuerst eine Karikatur dazu?:grübel:
 
Hallo alle zusammen!
ich habe eine ganz wichtige frage.
welche gruppe der bürger hat die karikaturen von marie antoinette gezeichnet? die ärmeren (handwerker, usw.) oder die reicheren (intellektuelle)
bei den ärmeren wäre der grund dann ihre armut bei den reichen ihr neid oder??
ich halte meine 5. pk zu diesem thema und weiß grad nicht weiter!
freue mich auf antworten!
alles liebe chantal


Die Karikaturisten und Autoren von Pamphleten wie auch von panegyrischen Texten (Loblieder) stammten wohl zur Mehrzahl aus dem gebildeten Kleinbürgertum, also Leute, die zumindest über eine gewisse Bildung verfügten und zumindest genug Zeit und Muße besaßen, ihre literarischen und künstlerischen Begabungen zu pflegen und zu entwickeln, um mit dieser Tätigkeit mehr oder weniger schlecht als recht über die Runden kommen zu können. Dazu gehörten Studenten, Literaten, Zeichner und Journalisten. Manche Autoren und Zeichner, die bekannt waren, konnten durchaus gut verdienen, und Voltaire verkehrte in den besten Häusern und erhielt von einflussreichen Verehrern notfalls auch Rückendeckung, wenn er mal wieder einem einflussreichen Zeitgenossen auf die Zehen getreten war. Die meisten Literaten und Zeichner waren aber wenig begütert. Das aber waren weder die Ärmsten der Armen, noch die Superreichen.

Schwer arbeitende Bauern hätten gar nicht die Zeit gehabt, Karikaturen zu zeichnen oder Pamphlete zu schreiben, und für die meisten Lohnarbeiter und Handwerker traf das Gleiche zu. Worüber hätten die in der Provinz auch spotten sollen, wen verherrlichen oder lächerlich machen können, wofür sich jemand interessiert und sogar dafür bezahlt hätte?

Der Literaturmarkt war damals wie heute ein rauhes Geschäft und teils gab es kaum Urheberrechte, bzw ganz unzulängliche Möglichkeiten, diese durchzusetzen. Pamphlete und Panegyriken wurden nach Konjunkturlage und oft von ein und derselben Person geschrieben. Schlechte Nachrichten verkaufen sich aber besser, als gute, und indizierte Bücher besser, als Loblieder. Das Verbot ließ sich umgehen, indem man Schriften und Karikaturen anonym in London oder Amsterdam drucken ließ, wo die Zensurbestimmungen nicht so streng waren. Eine Möglichkeit war auch, die Schriften in Paris heimlich zu drucken und einen fingierten Druck im Ausland vorzutäuschen.

Namhafte Autoren und Karikaturisten konnten auf Gönner in priveligierten Kreisen zurückgreifen, die ihnen Rückendeckung verschafften und bei der Verbreitung der Karikaturen halfen. Marie Antoinette hatte auch in Versailles viele Feinde, und Leute wie Philippe Egalite´ oder auch die Brüder des Königs, der Comte de Provence (später Louis XVIII. und der Graf d´Artois hätten sicher ein gutes Motiv gehabt, Pamphlete über die Unfruchtbarkeit des Königs und die Verschwendungssucht der Königin am Hofe kursieren zu lassen.

Peinlich wurde es, als Beaumarches "Hochzeit des Figaro" in Marie Antoinettes Theater gespielt wurde. Beaumarche´ hatte die Impotenz Louis XVI. in die Welt posaunt und sogar im Knast gesessen. Der König verhängte ein Aufführverbot, doch der Hochadel Versailles ignorierte es und klatschte begeistert Beifall zu einem Stück, das seine eigenen Privilegien lächerlich machte, doch das Stück war modern und en vogue, und das gab den Ausschlag.

Um zu deiner Frage zurück zu kommen: Die Klientel der Autoren, Zeichner, Journalisten würde ich vor allem in der Schicht der urbanen, wenig vermögenden Intellektuellen vermuten.
 
Ich habe gerade bei Stefan Zweigs "Marie Antoinette. Bildnis eines mittleren Charakters" nachgelesen, und da steht, die Verfasser der Pamphlete seien unbekannt. Sie tauchten plötzlich überall auf und wurden für teures Geld verkauft (S. 150). Allerdings ist das Buch auch schon sehr alt und bei Weitem nicht auf dem neuesten Stand.

Ich vermute jetzt einfach mal, dass es der gehobene mittlere Stand, eventuell niederer Adel, war. Schließlich brauchte es Beziehungen, die technischen Möglichkeiten und Geld, die Pamphlete zu drucken und zu verbreiten.
Ein paar Namen hat man aber schon. Ich glaube Marat, aber auch Brissot waren solche Libellisten, die anonym für Geld Schmähschriften schrieben. Aber da müsste ich mal nachschlagen, was über die Freiertage dauern könnte.
 
Aber da müsste ich mal nachschlagen, was über die Freiertage dauern könnte.

Also wenn du grad nichts besseres zu tun hast :pfeif:

Ich hab die notwendige Literatur leider nicht griffbereit (also eigentlich überhaupt nicht vorhanden...), aber es würde mich auch sehr interessieren und wäre dir dafür sehr dankbar!
 
Zu den Libellisten an sich fand ich:

"Aus den Reihen der beruflichen Schriftsteller rekrutierten die verschiedenen Parteien auch ihre Libellisten für den Krieg der Pamphlete, den sie gegeneinander oder gegen den einen oder anderen Minister, den Hof oder die Königin führten. Grund dieser Feldzüge ist stets die Zwietracht zwischen den Eliten, wobei jede Partei bemüht ist, die öffentliche Meinung für sich einzunehmen. Wie Jeremy Popkin schreibt, " waren die Auseinandersetzungen zwischen bedeutenden Mitgliedern des Hofes, der Ministerialelite und reichen Financiers die unabdingbare Vorraussetzung dafür, daß der größte Teil der polemischem Pamphlet-Literatur jener Zeit bis zur Krise von 1788 überhaupt veröffentlicht wurde und Verbreitung fand." "

Chartier gibt aber auch zu Bedenken, dass es neben den "Gassen-Rousseaus", welche keinerlei Vermögen oder Grundbesitz hatten und folglich ganz vom Geld ihrer Auftraggeber abhängig waren, auch durchaus andere Vertreter gab. So nennt er Pidansat de Mairobert, einen Sekretär des Königs, Geheimsekretär des Duc de Chartres (!) und sogar königlichen Zensor(!). Desweiteren wäre Charles Théveneau de Morande nennenswert, der für seinen "Le Courrier de l'Europe" berühmt wurde. Charles Théveneau de Morande - Wikipédia

Als ein Mann des sozusagen üblichen Schlages von Libellisten, die von ihren Protegés abhängig waren, muss wohl Brissot gelten. Nach seiner Entlassung aus der Bastille und seinem finanziellen Ruin musste er für den Genfer Bankier Clavière arbeiten, um wohl auch Börsenmanipulationen zu beeinflussen. Typisch für den Pamphletautor schrieb Brissot entweder anonym oder unter dem Namen Mirabeaus gar.
*

*Alles nach:
Roger Chartier: "Der Gelehrte" S. 131-132
in: "Der Mensch der Aufklärung" (Hrsg. Michel Vovelle) Magnus-Verlag
 
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