Kategorie Glück

excideuil

unvergessen
Ich sehe es wie Bdaian, dass das Thema "Glück" einen eigenen Thread verdient hat.
(Wenn das Forum falsch gewählt, dann bitte ich, dies zu korrigieren)
Napoleon selbst sprach ja oft vom "Glück" so wie dieses auch bei Friedrich II. und Moltke als Motiv erscheint.

Wäre eigentlich ein eigenes Thema wert.

Napoleon wie auch sein Außenminister beförderten Soldaten/Beamte nicht, die von sich behaupteten, "kein Glück" zu haben. Ich denke, beide meinten den Erfolg. Wer "kein Glück" hat, hat keinen Erfolg, taugt damit nichts und ist nicht wert, ge- oder befördert zu werden.

Die Frage ist, gibt es überhaupt Glück in der Politik oder im Militärwesen? Oder ist alles eine (logische) Verkettung von Gegebenheiten, Überzeugungen, Fähigkeiten, Abhängigkeiten, Unbestimmtheiten etc.?

Ich tendiere (sehr) zum 2. Satz. Kleines Beispiel:

"Es war ein schweres Versäumnis, dass Metternich als Bedingung für den Beitritt Österreichs zur Koalition (1813) nicht die Teilung des Herzogtums Warschau und die Entschädigung Preußens mit polnischem - anstatt mit sächsischem - Gebiet festgelegt hatte. Freilich, wer konnte so ungeheurere Erfolge voraussehen?" [1]

Das zeigt sehr anschaulich, dass Metternich weder eine Glaskugel hatte, noch plante, über den Rhein zu gehen, um mit Frankreich in Frankreich Frieden zu machen.
Deutlich wird auch, dass diese für Österreich ungünstige Regelung erst den Streit auf dem Wiener Kongress auslöste und im Gegenzug wieder für Frankreich günstig war, um sich wieder als Großmacht zu etablieren. Damit wird auch deutlich, dass die Sicht auf ein Ereignis/eine Entscheidung durchaus unterschiedlich ist: Ungünstig/günstig oder "unglücklich/glücklich"

Aber was taugt eine günstige Situation, wenn man sie nicht zu nutzen vermag? Nichts! So aber erkannte und nutzte der Vertreter Frankreichs die günstige Gelegenheit, um seinem Land wieder Geltung zu verschaffen.
Mit "Glück" hat das in meinen Augen aber nichts zu tun.

Grüße
excideuil

[1] Srbik, Heinrich Ritter von: Metternich – Der Staatsmann und der Mensch, F. Bruckmann, München, 1925, Bd. 1, Seiten 167-168<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
 
Glück und die logische und zwingende Verkettung von Gegebenheiten schließen sich ja gegenseitig nicht aus. Ich sach bloß: Wetter! Da kannste planen wie Du willst - dagegen ist einfach kein Kraut gewachsen - auf See wie im Felde.

Da haben z.B. die spanische Armada 1588 und der korsische Usurpator bei Waterloo schlicht und ergreifend kein Glück gehabt.

Interessanterweise habe ich dazu erst in Fred Anderson: Crucible of War gelesen, dass Woolfe in der Operation gegen Quebec eigentlich bloß Sch... gebaut haben soll und trotzdem eine Reihe glücklicher Zufälle und Irrtümer Montcalms und Undiszipliniertheiten der französischen Truppen ebenso wie Eigenmächtigkeiten seiner eigenen Leute ihm zu Erfolg und (unverdientem) Nachruhm verholfen haben. Alles irgendwo logisch, aber 99 andere Generale hätten das selbe geplant und befohlen und wären grandios gescheitert. Dann gab's noch Pechvögel wie Desaix (Alles richtig gemacht und trotzdem tot), Moreau (Alles richtig gemacht und trotzdem ausintrigiert) oder Villeneuve (Alles richtig gedacht, aber keiner hört auf ihn...)

(Tolles Thema - so schön philosophisch :D:devil:)
 
Beide , Napoleon als auch FdGr. sprachen von "Fortune", ist so was wie "glückliches Händchen", nicht von "Glück" in Form von Glück beim Roulette.
Der eine trifft die richtigen Entscheidungen auf Grund eigentlich unzreichender Informationen, der andere auf Grund der selben eben die falschen.
Der eine "hats im Urin", sry, der andere eben nicht. Das sind die vielen unbewußten Erfahrungen und Informationen, die das letzte Quäntchen "Glück" ausmachen, die "Fortune" eben
 
(Tolles Thema - so schön philosophisch :D:devil:)

Ja, finde ich auch, deshalb könnten wir es über das Kriegs- und Schlachtenglück hinausgehend betrachten.

Beide , Napoleon als auch FdGr. sprachen von "Fortune", ist so was wie "glückliches Händchen", nicht von "Glück" in Form von Glück beim Roulette.
Der eine trifft die richtigen Entscheidungen auf Grund eigentlich unzreichender Informationen, der andere auf Grund der selben eben die falschen.
Der eine "hats im Urin", sry, der andere eben nicht. Das sind die vielen unbewußten Erfahrungen und Informationen, die das letzte Quäntchen "Glück" ausmachen, die "Fortune" eben

Denn Wilfried trifft es schon fast perfekt. Ich würde es Intuition nennen, die schnelle, teilweise unbewußte Verarbeitung von allen möglichen Informationen, gepaart mit Entscheidungsfreude ist für einen Heerführer eine sehr vorteilhafte Begabung solange sie nicht in Übermut umschlägt, was bei Napoleon zuletzt auch passiert ist.
Bei Fortune, Intuiition ist das menschliche Gehirn mE noch immer dem Computer überlegen.
 
Nettes Thema. :winke:

Napoleon wie auch sein Außenminister beförderten Soldaten/Beamte nicht, die von sich behaupteten, "kein Glück" zu haben. Ich denke, beide meinten den Erfolg. Wer "kein Glück" hat, hat keinen Erfolg, taugt damit nichts und ist nicht wert, ge- oder befördert zu werden.<!--?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /--><o:p></o:p>

Interessant besonders, dass Du (bzw Napoleon) die Behauptung in den Mittelpunkt stellen, und weniger eine Fremdbeurteilung, was das "glückliche Händchen" angeht. Über den Zusammenhang könnten andere vermutlich diverse psychologische Arbeiten schreiben (oder mehr Geld mit weniger Arbeit verdienen, indem sie absurde Managment-Ratgeber publizieren...), mein Thema isses nich.

Wenn ich das richtig erinnere folgte Napoleon militärisch alleriings der Devise, "Falsch handeln ist meist besser als gar nicht handeln". Insofern gings vielleicht auch "nur" darum, entscheidungsfreudige Leute zu bekommen; und dafür kann das bissel (Selbst-) Vertrauen auf das eigene Glück bestimmt nicht schaden. ;)
 
Die Frage ist, gibt es überhaupt Glück in der Politik oder im Militärwesen? Oder ist alles eine (logische) Verkettung von Gegebenheiten, Überzeugungen, Fähigkeiten, Abhängigkeiten, Unbestimmtheiten etc.?

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Wenn ich Clausewitz richtig verstehe, gibt es (zufälliges; auf Entscheidungsfreude bezieht er sich, denke ich, mit "Kühnheit") Glück in der Kriegsführung und sehr klar, logische Annahmen und Aussagen, Strategien.

Von diesen richtige und falsche, Glück kann bei den falschen triumphieren, den Unterschied ausmachen?

"Die Rücksicht, welche man dem Charakter der heutigen Kriege schuldig ist, hat einen großen Einfluß auf alle Entwürfe, vorzüglich die strategischen.
Seit alle früheren gewöhnlichen Mittel durch Bonapartes Glück und Kühnheit über den Haufen geworfen sind und Staaten vom ersten Rang, fast mit einem Schlag vernichtet worden sind..." (Vom Kriege, III. 17.)
 
Für das Glück als militärische Komponente würde ich folgendes Beispiel anführen.

Eine vollständige Aufklärung bezüglich der Position eines Feindes war mit den Mitteln des 18.Jh. kaum möglich. Man könnte bei guter Sicht vielleicht die im 1. Koalitionskrieg aufgekommenen Aufklärungsballons anführen, welche zumindest begrenzt eine verbesserte Ausblick in alle Richtungen zuließen. Wenn ein Feind seine Stellung, wo man ihn wusste oder eben geschlagen hatte, unbemerkt verließ, war es nicht einfach seine Spur zu verfolgen, v.a. wenn es verschiedene Straßen gab, welche er theoretisch nehmen konnte.
Ein gutes Beispiel ist das Problem, mit welchem Grouchy nach der Schlacht bei Ligny konfrontiert war. Es ging zuviel Zeit verloren, wenn er Aufklärer in alle möglichen Richtungen ausschickte und erstmal darauf wartete, was diese von der Marschrichtung der Preußen an Informationen brächten. Hier spielte schon der Faktor Glück seine Rolle, auch wenn eine bestimmte Kombinationsgabe auch nicht von der Hand zu weisen ist. Ein ängstlicher Gegner zog sich vielleicht immer einfach in die nächste Festung zurück.:grübel:

Während der Schlacht konnte man mit Glück bei Unkenntnis der wahren Stellungen des Feindes mit den besseren Truppen an einer Stelle angreifen. Das heißt bspw., dass zufällig eine Position von minderguten Truppen gehalten wurde, die dann von besseren eigenen Einheiten überrannt wurde. Hätte man an einer anderen Stelle mit denselben Einheiten angegriffen, wäre der selbe Versuch vielleicht nicht geglückt.

Der Ausgang der Einzelgefechte an sich, also im Detail, wird ja hingegen von ganz anderen Gründen bestimmt: Zustand der Einheiten wie Erschöpfung, Frische, gute Versorgung, Hunger, gute Ausstattung mit Munition und Waffen oder aber der richtigen Positionierung. Steht die Artillerie an einer Stelle, wo sie den maximalen Schaden anrichten kann? Bieten Gebäude einen hinlänglichen Schutz wie geplant? Klappt die Nachrichtenübermittlung? Reagieren die Offiziere vor Ort rasch genug? Gibt es zwischenmenschliche Reibereien zwischen den Befehlshabern oder zwischen Befehlsempfängern und Befehlenden(z.B. Ignorieren eines Befehls durch einen sturen Untergebenen)?

Ich denke schon, dass es in den Kriegen bestimmte Glücksfaktoren gab. Das Wetter kann ein Glücksfaktor gewesen sein oder eben nicht. Manchmal scheint es mir auch als Ausrede missbraucht zu werden, bspw. wenn ein Kommandeur sein Misslingen auf das Wetter schiebt, während der Gegner aber bei dem selben Wetter den Erfolg beispielsweise eines Entkommens verzeichnen konnte.
Bei der Seefahrt ist das Wetter aber sicher in noch weit größerem Maße ein Faktor, v.a. wenn wir von weiter angelegten Operationen reden. Flotte A liegt im Hafen I und will Flotte B im Hafen II angreifen, da Flotte A vom Auslaufen der Flotte B erfährt. Zwischen den beiden Häfen liegt aber eine Distanz einiger zig Meilen. Während die Winde die Flotte B begünstigen, herrscht im Hafen I Windstille. Der Admiral der Flotte A wird wohl nicht seine Flotte von Dreideckern auf einige Meilen von den Booten ziehen lassen wollen. =)
 
Interessant besonders, dass Du (bzw Napoleon) die Behauptung in den Mittelpunkt stellen, und weniger eine Fremdbeurteilung, was das "glückliche Händchen" angeht. Über den Zusammenhang könnten andere vermutlich diverse psychologische Arbeiten schreiben (oder mehr Geld mit weniger Arbeit verdienen, indem sie absurde Managment-Ratgeber publizieren...), mein Thema isses nich.

Wenn ich das richtig erinnere folgte Napoleon militärisch alleriings der Devise, "Falsch handeln ist meist besser als gar nicht handeln". Insofern gings vielleicht auch "nur" darum, entscheidungsfreudige Leute zu bekommen; und dafür kann das bissel (Selbst-) Vertrauen auf das eigene Glück bestimmt nicht schaden. ;)

Ich habe die Szene einmal herausgesucht:
"Als Talleyrand noch in der Rue du Bac residierte, war sein Augenmerk auf einen sehr seriösen, aber im Hintergrund stehenden Beamten gefallen. Um ihn zu befördern, ernannte er ihn zum Konsul. Der völlig überaschte Mann ging, sich zu bedanken, zum Minister und sagte, innerlich bewegt, er fühle sich dieser Beförderung wegen um so glücklicher, als er in seinem ganzen Leben nie Glück gehabt habe. "Sie haben kein Glück?", fragte Talleyrand zurück. "Dann ernenne ich sie nicht." Und augenblicklich strich er ihn von der Liste der neuen Konsuln. Mazarin und Napoleon verhielten sich ähnlich." [1]

Dass äußerst erfolgreiche Männer wie Mazarin, Napoleon oder Talleyrand kaum das Glück am Spieltisch meinten, dürfte unstrittig sein. Dass der Kardinal und der ehemalige Bischof fatalistisch an einen (ihren) Stern glaubten, ist auch wenig glaubhaft. Dass Napoleon dies tat, zeigt nur m.E., dass er nicht auf Gott vertraute sondern auf seine Fähigkeiten. Damit kann mit "Glück" oder sogar mit "Fortune" besser beschrieben doch nur der kleine Unterschied des tüchtigen, ergeizigen, eigenständigen ... Mannes zu dem zaudernden, ängstlichen, zweifelnden ... Mann gemeint sein, der dann den Erfolg garantiert, denn der ist doch letzlich immer das Ziel.
Aber ist das wirklich "Glück" oder das positive psychologische Moment des Handelnden, das ihn damit (in der Summe) überlegen und erfolgreich macht?

Dann gab's noch Pechvögel wie Desaix (Alles richtig gemacht und trotzdem tot), Moreau (Alles richtig gemacht und trotzdem ausintrigiert) oder Villeneuve (Alles richtig gedacht, aber keiner hört auf ihn...)

Weiß ich nicht. Ich nehme einmal Moreau heraus, war sein Scheitern nicht logisch und damit keineswegs "Pech"? Ohne Frage war der Sieger von Hohenlinden ein großer Stratege aber fehlten ihm zum Feldherrn nicht ein paar Charaktereigenschaften wie z.B. Skrupellosigkeit, um sich gegen Napoleon zu behaupten?

Grüße
excideuil

[1] Orieux, Jean: „Talleyrand – Die unverstandene Sphinx“, Societäts-Verlag, Frankfurt, 1972, Seite 401
 
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