Kelten in Alexanders Heer?

Habe mir mal die letzten Seiten angeschaut - die Argumentation des TE und der „Befürworter“ erinnern mich an die US Film Dokus auf History Channel und Co. Da wird bei der einen oder anderen Doku auch immer sehr weit her geholt, gemutmaßt und dann halber als „Fakten“ verkauft vor der Kamera. Nur weil es theoretisch möglich ist - hat das nichts, aber auch gar nichts seriöses wissenschaftliches.

Dann behaupte ich auch mal, da die Vikinger ja Kontakt zu den Nordamerikanischen Einwohner gehabt haben - und diese wiederum die Vikinger für „besonders“, ja vielleicht weiße Götter gehalten haben, wäre es ja möglich, dass diese zusammen mit den Vikingern gegen die Azteken marschiert sind. Denn nur weil die Vikinger einen Fuß auf den amerikanischen Boden gesetzt haben, impliziert ja die Möglichkeit zu allem.

Ich sehe schon den Aufhänger bei History Channel… Ähnlichkeiten zwischen Azteken Götter Darstellungen und Darstellungen der Vikinger - die Vikinger waren in Nordamerika, wieso nicht auch in Südamerika! Könnte auch sein, dass die Vikinger daher mit nordamerikanischen Völkern zusammen gekämpft haben! Die Geschichte muss neu geschrieben werden!


Meistens kommen solche Überlegungen aus dem esoterischen oder gar national angehauchten Klientel. Je nach Volkszugehörigkeit sieht man dann das Turkvolk, die Makedonier oder hier in Mitteleuropa die Kelten oder Germanen als Volk, das schon seit Jahrtausenden überall war, die ersten und die besten waren - und auch irgendwie das Stammvolk aller möglichen Gruppen waren.

Wie schon geschrieben - manche möchten auf Biegen und Brechen das wahr sein lassen, was wahr sein soll.
Hat aber mit Wissenschaft rein gar nichts zu tun.

Bis jetzt gab es hier kein stichhaltiges wissenschaftliches Argument, dass eine Existenz keltischer Krieger im Heer Alexanders wirklich naheliegend machen würde - außer eben „es könnte aber…“ - aber dann sind wie wieder bei den Vikingern und den Azteken.
 
Im oberen Text habe ich eine sprachliche Beziehung mit heutigen "Volk" gesehen. Bin ich der Einzige ?
Aus dem englischen Wiki (habe gerade keine Zeit für mehr): "Die meisten modernen Keltologen gehen davon aus, dass der Stammesname Uolcae ( Singular: Uolcos ) von dem gallischen Substantiv uolcos , uolca („Falke“) abstammt, das mit dem walisischen gwalch („Falke, Schurke“ > „Kämpfer“) verglichen werden kann. Insbesondere hat der gallische Personenname Catu-uolcos eine genaue Entsprechung im walisischen cadwalch („Held, Champion, Krieger“), das wiederum von einem früheren altbritanischen * katu-wealkos („Kampffalke“) abstammt. Der gallische Stamm uolc- findet sich auch in den Personennamen Uolcius , Uolcenius , Uolcenia , Uolcinius , Uolcacius , Uolciani und Uolcanus . [ 6 ] [ 7 ] [ 8 ] Das altenglische wealc - (‚Falke‘), das in anderen germanischen Sprachen kein bekanntes verwandtes Wort hat, wurde höchstwahrscheinlich aus dem altbritanischen *wealkos entlehnt . [ 9 ] Die Etymologie dieser Formen ist unklar. Xavier Delamarre hat vorgeschlagen, das gallische uolcos – neben lateinischen falcō (‚Falke‘) und falx , falcis (‚Haken, Sichel‘) – von einem Stamm * ǵhwol-k - abzuleiten, der selbst auf der proto-indoeuropäischen (PIE) Wurzel * ǵʷhel- (‚Biegung, Krümmung‘) basiert. Nach dieser Ansicht könnte das Tier nach der Form seines Schnabels benannt worden sein, genau wie das altgriechische harpē sowohl eine Sichel als auch einen Raubvogel bezeichnet."
 
Für völlig abwegig halte ich es nicht, dass Kelten am Alexanderzug beteiligt waren. Ein bis zwei Generationen später spielten in den Diadochenkriegen Kelten eine Rolle. Die Galater stammten von Söldnern ab, die die Könige von Bithynien mobilisiert hatten. Die berühmte Skulptur des sterbenden Galliers war ein Weihegeschenk der Könige von Pergamon.

Andererseits gibt es in schriftlichen Quellen immer wieder Aufstellungen der beteiligten Völkerschaften. Homer beschreibt im Schiffskatalog die Herkunft und Zusammensetzung der Kontingente in epischer Breite, und auch Herodot stellt in epischer Breite die Völkerschaften vor, die Xerxes im 2. Perserkrieg begleiteten.

In Makedonien und Griechenland, in Thrakien und Illyrien gab es bereits ein Reservoir für Werbegebiete und es gab bereits Kontakte mit einheimischen Fürsten, und man konnte teilweise auf Ethnien zurückgreifen, die bereits Erfahrung mit dem hellenisch-makedonischen Exerzierreglement besaßen.

Mit Kelten hatte Alexander nur an der äußersten Peripherie zu tun, es gab in Makedonien und Griechenland ein großes Werbe-Reservoir, um geeignete Soldaten auszuheben, und es bestand da durchaus eine gewisse Tradition. Da brauchte Alexander nicht erst auf die Kelten zu warten, geeignete Rekruten, die vielleicht auch schon Vorkenntnisse besaßen und mit dem makedonischen Exerzierreglement vertraut waren- die fand er auch in Thrakien, Makedonien und Griechenland.

Kelten anzuwerben hätte bedeutet, neue Kontakte, Subsidien-Verträge und Vereinbarungen mit keltischen Fürsten knüpfen zu müssen. Es war durchaus sinnvoll, sich bei der Anwerbung von Kriegsvölkern auf bereits bestehende Kontakte zu konzentrieren und sich auf Werbe-Reservoirs zu beschränken, wo bereits in der Vergangenheit Fremdenlegionäre rekrutiert wurden, wo man diese Kontakte nicht erst herstellen musste, sondern wo sie schon bestanden und wo man Rekruten anwerben konnte, denen das makedonische Exerzierreglement schon vertraut war.

In den schriftlichen Quellen finden sich jedenfalls keine oder kaum Indizien dafür, dass Kelten unter den Truppen Alexanders eine bedeutende Rolle spielten.
 
Für völlig abwegig halte ich es nicht, dass Kelten am Alexanderzug beteiligt waren. Ein bis zwei Generationen später spielten in den Diadochenkriegen Kelten eine Rolle.
Das Makedonien vor Philipp und Alexander war ein relativ unbedeutender Staat.
Die Makedonen probten in Opis den Aufstand, als Alexander das Heer um weitere Völkerschaften erweitern wollte. Auch das spricht gegen ein multiethnisches Heer.
Die Diadochenstaaten waren da ganz anders aufgestellt und zum Teil auch recht reich.

Die Galater stammten von Söldnern ab, die die Könige von Bithynien mobilisiert hatten. Die berühmte Skulptur des sterbenden Galliers war ein Weihegeschenk der Könige von Pergamon.
Und erreichten die Region erst etliche Jahrzehnte später.

Was man aber sagen kann, ist dass keltische Münzen sehr wahrscheinlich Alexandriner imitierten, diese Imitate wurden dann fortschreitend abstrahiert.
 
Da muss man unterscheiden: Alexanders Heer war immer multiethnisch.

Die Makedonen fürchteten jedoch, selbst ersetzt zu werden. Sie hatten wohl kein Problem damit, gemeinsam mit fremden Truppen zu kämpfen - solange sie selbst den Kern und die Elite bildeten. Alexander hatte jedoch Pläne, gemischte Verbände aufzustellen und Einheimische aus dem Perserreich sogar zu Phalangiten auszubilden. Das war es, was den Makedonen nicht passte. Sie wollten nicht verdrängt werden, nicht in Alexanders Heer zunehmend marginalisiert werden.
Das hatte vielleicht auch eine politische Dimension: Formal war Makedonien keine Erbmonarchie, sondern die makedonische Heeresversammlung proklamierte den König. Durch die Aufnahme von Fremden hätten die Makedonen auch an politischem Gewicht verloren.

Multiethnisch war Alexanders Heer dennoch: Neben Makedonen und Griechen kämpften von Anfang an auch illyrische und thrakische Truppen, insbesondere die "Agrianen" als Leichtbewaffnete.

Insofern wären wohl auch Kelten kein Problem gewesen. Nur wozu? Mangel an Truppen hatte Alexander nicht. Ihm ging es nicht um eine möglichst große (und entsprechend schwer zu versorgende) Armee, sondern um eine ausgewogene Mischung: schwere makedonische Phalanx und flexiblere Hypaspisten, makedonische und thessalische Kavallerie, griechische Truppen, dazu noch Illyrer und Thraker vor allem als Plänkler und Leichtbewaffnete. Die Kelten hätten nichts bieten können, was Alexander nicht schon hatte.
 
Es gibt eine andere Spur keltischer Söldner, eine archäologische, ich habe sie in einer Diskussion vor einigen Jahren schon erwähnt.
Es handelt sich um Lanzenschuhe, griechisch Sauroter (Begriff wird von Homer verwendet). Der Lanzenschuh hat im hallstättischen Mitteleuropa keine Tradition, keine Vorläufer, er kann in der damaligen mitteleuropäischen Infanterietaktik keine Rolle gespielt haben. In Fundzusammenhängen zeitlich von Latène A tauchen jeodoch vereinzelt Lanzenschuhe auf. Die Sarotere der Hoplitenlanze konnte hinten in den Boden gerammt werden, der Schwerpunkt wurde nach hinten verlagert, um im Kampf der Phalanx gegen Reiter oder zweier Phalanxen zusätzlichen Halt zu geben. Sie kann zusätzlich, falls die eigentliche Lanzenspitze abgeschlagen/unbrauchbar geworden ist, als Ersatz von dieser im Kampf dienen.

Nach griechischem Vorbild geschmiedete Lanzenschuhe wurden in Sachsen (Dorna), auf der Steinsburg (Thüringen), Wien-Leopoldsau, Holubice in Mähren, aber auch Grabfunde der Stufe Latène A aus der Champagne, aus Mairy/Sogny-aux-Moulin , Suippes (beide Dép. Marne) und Bucy le Long
(Dép. Aisne) gefunden. In Südtirol liegen aus dieser Zeit noch mögliche Lanzenschuhe vor, die einer norditalienischen Tradition entsprechen, und keinem griechischen Vorbild. Erstaunt bin ich über die frühe Datierung der Funde in Latène A, und die Lage mancher Funde zum Teil am Rand der Frühlatène-Zone, zeitlich weit vor Alexanders Feldzug. Auch die Vorbilder für die Lanzenschuhe werden früher datiert, eines sehr genau,
aus einer Athener Nekropole, der Sauroter steckte noch in der Brust eines möglicherweise spartanischen Hopliten, der in einem Gefecht bei Piräus ums Leben kam (am Ende des Pelloponnesischen Kriegs). Die wenigen Funde lassen keinen Rückschluss darauf zu, dass größere Verbände in Griechenland kämpften, die Lanzenschuhe wurden auch später nicht in der keltischen Bewaffnung fortgesetzt.

Text von Martin Schönfelder, derzeit Leibniz-Zentrum für Archäologie in Mainz, organisiert auch die AG Eisenzeit Rhein-Main.:Zurück aus Griechenland - Spuren keltischer Söldner in Mitteleuropa Zurück aus Griechenland – Spuren keltischer Söldner in Mitteleuropa.

Unten Situla von Certosa (frühes 5.Jahrhundert, die vier Krieger oben links mit den gesenkten Lanzen und Lanzenschuhen, tragen Schüsselhelme
aus dem Osthallstatt-Kreis - möglicherweise Söldner aus dem Südostalpenraum in Etrurien?
 

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Dass Kelten als Söldner verwendet wurden, ist doch unbestritten, schon früh etwa von Karthago und Syrakus.
Es gibt nur keine belastbaren Indizien, dass Alexander der Große keltische Söldner eingesetzt hätte.
 
Dass Kelten als Söldner verwendet wurden, ist doch unbestritten, schon früh etwa von Karthago und Syrakus.
Es gibt nur keine belastbaren Indizien, dass Alexander der Große keltische Söldner eingesetzt hätte.
Da gebe ich dir recht. Es ist finde ich jedoch überraschend, wie frühzeitig! (Latène A: ca. 450–380 v. Chr.) Spuren nach Griechenland und nicht nach Etrurien, Syrakus oder Karthago weisen. ich kann mich nicht erinnern, dass im Peloponnesischen Krieg Kelten gekämpft haben, nur an Kämpfe mit Illyrern (Thukydides 4,125-128) - deren Kampfweise wird allerdings als "barbarisch" beschrieben, eben nicht in Formation und als Phalanx mit Hoplitenbewaffnung.
 
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Auch Syrakus war „Griechenland“ („Magna Graecia“), und unter Dionysios I. war es etwa im ganzen Adriaraum präsent. Noch näher an den Kelten dran war die griechische Stadt Massalia.
Frühe griechische Einflüsse müssen also nicht unbedingt auf Kontakte ins Gebiet des heutigen Griechenland zurückgehen.
 
450-380 hatten die Etrusker die griechische Phalanx inkl großer Teile der typisch griechischen Bewaffnung schon übernommen. Ich weiß nicht, ob das auch für diese Lanzenschuhe gilt, aber es wäre nicht überraschend. Es kann also auch eine Übernahme von Nichtgriechen sein, zweiter Hand sozusagen.
 
Auch Syrakus war „Griechenland“ („Magna Graecia“), und unter Dionysios I. war es etwa im ganzen Adriaraum präsent. Noch näher an den Kelten dran war die griechische Stadt Massalia.
Frühe griechische Einflüsse müssen also nicht unbedingt auf Kontakte ins Gebiet des heutigen Griechenland zurückgehen.
Leider habe ich keine Zeit, mich intensiver mit dem Thema zu beschäftigen. Zur Rekrutierung keltischer Söldner von Dionysios I.:
rekrutierte er nicht in Norditalien? Tatsächlich ist es schwer eine geographische Trennung durchzuführen, soweit ich mich erinnere warb er auch griechische Söldner und war mit Sparta verbündet.
Martin Schönfelder beschreibt die Vorbilder für die mitteleuropäischen Lanzenschuhe: eine massive vierkantige Spitze, einen Zwischenwulst sowie eine runde Tülle. Die griechischen Saurotere wurden hauptsächlich in Heiligtümern gefunden: Olympia, Athener Agora, auf Lindos, und der Gegend von Patras. Möglicherweise ist die Fundmenge nicht besonders hoch, zusätzlich haben in Olympia, aus dem die meisten Stücke stammen, alle Griechen geopfert.
Schönfelder unterscheidet sie von Lanzenschuhen mit norditalienischen Vorbild, Stücke mit Zwischenwulst und Wechsel im Querschnitt von rund zu eher rechteckig. Das könnte dazu geführt haben, die latènezeitlichen Funde in Mitteleuropa nicht als Adaptionen von etruskischen Vorbildern einzuordnen.Für die Funde aus der Champagne ist eine Verbindung zu Massalia sehr wahrscheinlich. Die mitteleuropäischen Funde halten sich nicht an Maße und Gewichte der "griechischen" Vorbilder, folgen nur dem formalen Aufbau. Das erinnert ein wenig an den Leinenpanzer des "Fürsten" vom Glauberg, der wahrscheinlich durch Kontakte mit Etrurien inspiriert, aber eine Transformation der italischen Vorbilder ist.
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