Keltische Oppida in germanischer Hand

Aragorn

Mitglied
Hey Community,
ich weiß, dass schon mal über das keltische Oppidum Dünsberg diskutiert worden ist. Hätte da aber noch ein paar Fragen:
Dass der Dünsberg in den Jahrhunderten vor Chr. von Kelten erbaut und bewohnt wurde, steht außer Frage. Dann wurde diese Kelten von den vordringenden Chatten entweder assimiliert oder vernichtet. Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass man davon spricht, dass der Dünsberg von Allemannen besiedelt wurde.
Woher weiß man, dass dort Allemannen siedelten und nicht Chatten?

Gruß
Aragorn
 
Hallo Aragorn,
kurz vor Chr. haben die Römer den Dünsberg von den Kelten erobert. Die Spuren der Schlacht werden ausgegraben. Dies stand sicherlich in Zusammenhang mit der begonnenen Stadtgründung im heutigen Waldgirmes und den damit verbundenen Herschaftszielen in der Region. Daneben lag im heutigen Dorlar ein Militärlager der Römer. Ich wurde hier im Forum schon darauf aufmerksam gemacht, das es wohl nur ein provosorisches Lager, möglicherweise für die Schlacht auf dem Dünsberg war.
Die Chatten waren also die lachenden 3. die das Lahntal, auf jedenfall westlich von Gießen in Besitz nahmen. Inwieweit diese neuen Interessen von Römern u. Chatten militärische Folgen in der Region hatten, z.B. kleinere o. größere Zusammenstöße darüber habe ich noch nichts gehört. Interessant ist ja, das die Chatten dann nach wenigen Jahren in der Varus-Schlacht gegen die Römer dabei waren u. die Römische Stadtgründung aufgegeben wurde. Die Chatten waren also siegreich.
 
guten tag liebe freunde,

im april des jahres hatte ich bereits dargestellt, daß die alemannische
besiedelung des dünsberges natürlich für die spätphase gelten muß.
schon dort stellte aragorn dieses leider in frage.


nun, archäologische grabungen haben für die 2.te hälfte des 3 jh. eine vielfältige
anzahl von alemannischen artefakten erbracht.

das grabungsergebnis war so gut, daß man für den ostsporn des berges von
einer gauburg der alemannen ausgeht.
die burg hatte über 200 jahre jahre lang , bis in die frankenzeit bestand.
weitere ergebnisse sind noch nicht abschließend ausgewertet.

mit allerbestem gruß max
 
Lieber Max,
vielen Dank für Deine Auskunft. Die vorübergehende allemannische Besiedlung fällt auch damit zusammen, dass Chatten und Allemanen gemeinsam in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts den Limes durchbrochen haben, der dann auf den Rhein zurückgenommen wurde.
Die Chatten waren nachdem sie die Eroberungspolitik der Römer durchschaut hatten, immer strikte Gegner der Römer und hatten 250 Jahre lang versucht den Limes zu durchbrechen, was ihnen dann gemeinsam mit den Allemanen gelungen ist.
 
Warum lassen sich die Funde genau als alemannische Stücke deuten? Haben sie irgendwelche Spuren, die auf elbgermanischen Ursprung zurückzuführen sind?

Gruß
Aragorn
 
guten tag liebe freunde,

wenn ich eure ausführungen richtig deute, ist die alemannische besiedelung als
solche hier nicht mehr strittig?

dr. fritz-rudolf herrmann hat als seinerzeitiger landesarchäologe in unterschiedlichen veröffentlichungen immer wieder auf die alemannen hingewiesen. sein urteil sollte
maßgeblich sein.
dr.werner hat in seinen berichten "ausgrabungen in deutschland 1950 -1975" die operationen des römischen heeres in diesem "alemannischen" gebiet dargestellt.
über eine große anzahl "germanischer" töpferei, hier "alemannischen ursprunges" sind dort verzeichnet.
gerhard jakobi schreibt in "die metallfunde vom dünsberg" , seite 5o - der dünsberg in spätrömischer zeit, von der großen masse der gefundenen alemannischen waffen.es ist die rede von schwertern und streitäxten. die große masse der artefakte wurde im bereich des "sporn" gefunden.
unbekannt scheint nach den berichten die identität der angreifer geblieben zu sein.

"aragorn" als absolvent der geschichtwissenschaft hat selbstverständlich einen mehr der ereignisgeschichte zugewendeten ansatzpunkt. aber ganz bestimmt sind ihm die grundlegenden arbeiten zur typologie und der zuordnung in gestörter stratigraphi,
wie sie gerade am dünsberg vorliegt, durchaus nicht unbekannt.

daher möchte ich ohne einsicht genommen zu haben in die entsprechenden fachpublikationen, im moment keine weitergehende aussage zu den gefundenen waffen vornehmen.

mit allerbestem gruß max
 
Hallo Leute, hallo maxherbert,
vielen dank für deine Ausführungen. Ich zweifle auch nicht daran, dass die Alemannen den Dünsberg besiedelt haben, frage mich nur ob die Alemannen das Gebiet um den Dünsberg dauerhaft besiedelt haben oder ob sie nach wenigen Jahren diese Gebiet wieder verlassen haben, um in Süddeutschland einzuwandern. Ich frage mich auch, in wie weit die Alemannen zur "Hessenwerdung" der Chatten beigetragen haben.


Gruß Aragorn
 
Hallo Maxherbert,
wie kann man denn konkret germanische Stämme archäologisch voneinander unterscheiden. Das stelle ich mir schwer vor. Wenn aus dieser Zeit nach Chr. schriftliche Quellen über Siedlungen u. Wanderungen von Stämmen vorliegen, dann ist das sicher eine Hilfe. Sicherlich, wenn man eine Mumifizierte Leiche mit Suebenlocke findet, dann ist das ein Indiz, aber andere benachbarte Stämme könnten auch diese Mode gehabt haben? Allemannen ist ja ein Sammelbegriff - nur für elbgermanische Stämme? Wahrscheinlich nicht, denn die Reste der ("jütländischen") Teutonen sollen sich ja auch im Schwarzwald angesiedelt haben - für diese Region links u. rechts des Rheins wurde ja dann der Begriff der Allemannen geprägt.
Gerade die Wanderungen nach Chr. werden sicherlich zu einer kulturellen Vereinheitlichung der "südlichen" Germanen geführt haben sofern es überhaupt kleine Unterschiede gab, weil sich oft Teilstämme bzw. "Stammesüberschüsse" von Stämmen anderen Stämmen angeschlossen haben.
Die unterschiedlichen Kontakte u. Mischungen mit den Römern u. Kelten könnten dann aber zu neuen Unterschieden geführt haben.
Könnten Mischungen mit Kelten zu dem archäologischen Befund/Einordnung von Allemannen geführt haben?
 
Lieber Max,
vielen Dank für Deine Ausführungen. Entscheidend ist tatsächlich die Frage, wie lange waren die Alemannen im oberen Lahntal und wie haben sie zur Entstehung der heutigen Hessen beigetragen? :confused: Von den Chatten wissen wir, dasssie der Vorgänger oder die Weiterentwicklung der Chatten waren. :rolleyes:
 
Ich hätte die Chatten jetzt gefühlsmäßig eher in der Mitte zwischen den Vorgängern der Chatten und der Weiterentwicklung der Chatten eingeordnet.
Wobei man sich allenfalls über die "Weiterentwicklung" streiten kann...
 
heinz schrieb:
Lieber Max,
Von den Chatten wissen wir, dasssie der Vorgänger oder die Weiterentwicklung der Chatten waren. :rolleyes:

Heinz meint wahrsceinlich, dass die Chatten die Vorgänger der Hessen waren bzw., dass die Hessen die Weiterentwicklung der Chatten waren. :king:
 
Cherusker schrieb:
:idee:
..... und die Chatten sollen die Vorgänger der Alemannen sein? :confused:

Wie schon gesagt, waren natürlich die Hessen die Nachfolger der Chatten. Aber auch die Alemannen könnten Vorgänger der Chatten sein, nämlich auf dem Siedlungsgebiet. Wenn der Dünsberg in Zeiten allemanischer Besiedlung Oberhessens war, als so etwas wie eine Fürstenburg, dann könnte diese Fürstenburg Zentrum eines Gaues oder gar des gesamten allemannischen Siedlungsgebietes in Oberhessen gewesen sein, man könnte auch eine Grenzburg vermuten, denn der Dünsberg liegt ziemlich nahe an zu der Zeit noch chattischem, später an hessisches Gebiet.
 
Nachdem ich letzte Woche mit einem Marburger Archäologie-Studenten gesprochen habe, der an den Ausgrabungen am Dünsberg beteiligt war, hat man neuere Forschungskenntnisse. So war z.Bsp: der Dünsberg, wenn überhaupt nur für eine sehr kurze Zeit in alamannischer Hand, auch lässt sich eine alamannische Besiedlung der Region rund um den Dünsberg ausschließen, dass Siedlungsgebiet der Alamannen wird eher im Rhein-Main-Gebiet zu suchen sein.Sicher lässt sich sagen, dass nach den Kelten die Chatten auf dem Dünsberg siedelten. Auch an der Verbindung zwischen dem Lager von Waldgirmes und dem Dünsberg kommen Zweifel auf, denn Waldgirmes wurde planmäßig geschliffen und das wohl vor dem Jahre 9 n.Chr. .

Gruß
Aragorn
 
Lieber Aragorn, das war mir klar, da die Alemannen in der Spätphase gemeinsam mit den Chatten den Limes stürmten und während dieser kriegerischen Ereignisse keine Zeit hatten, auch in diesen Teil von Hessen noch zu siedeln. :thx:
 
Die ALEMANNEN hatten vielleicht mal ein kurzes Intermezzo in Form von Güteraustausch,am Dünsberg.Die keltische Kultur und Ökonomie hat aber dadurch keinen Schaden genommen,sonst hätte man keine Münzen mehr geprägt.Ein assimilierter Stamm geht zuerst ökonomisch danieder.Die Ubier,die Dünsbergkelten,sind unter Drusus nach Köln umgesiedelt worden:Die Chatten sind Stammesmäßig gar nicht faßbar.Man stellt jetzt Überlegungen an ,ob nicht die Chatten nicht vielleicht Sammelbegriff für Sugamber und anderer nicht erwähnder german. Stämme und zurückflutender Ubier waren(Funde von Tanzmännchen in der Soester Börde)
 
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Was ich aber nicht verstehen kann, ist, dass man davon spricht, dass der Dünsberg von Allemannen besiedelt wurde.
Woher weiß man, dass dort Allemannen siedelten und nicht Chatten?
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Ich möchte gerne nochmal diese alte Fragestellung aufgreifen, da die gleiche Frage bei der Ausgrabung der frühgermanischen Siedlungen rund um das Römerkastell Echzell auftaucht. Auch diese stuft man als alamannisch ein.

Wie unterscheidet sich eine alamanische Siedlung von einer chattischen? Was machen Alamannen an der Lahn und in der Wetterau? Weiß da jemand mehr, warum die Funde so klassifiziert wurden und nicht anders?
 
IWie unterscheidet sich eine alamanische Siedlung von einer chattischen? Was machen Alamannen an der Lahn nd in der Wetterau? Weiß da jemand mehr, warum die Funde so klassifiziert wurden und nicht anders?
Ganz allgemein:
Es gibt alamannische Leitformen, dass heißt bestimme Funde gelten als typisch alamannisch gelten bzw.. von Archäologen mit den Alamannen in Verbinderung gebracht wurden. So gibt es auch ganz typisch alamannische Höhensiedlung - außerhalb der Alamannia???

Es gibt jedoch keine Leitformen der Chatten (schon gar nicht für die Spätantike), weil so was nie von Archäologen konstruiert wurde. Daher kann man auch keine chattischen Funde finden.

Die Ubier,die Dünsbergkelten
Tacitus u.a. ordnen die Ubier eindeutig den Germanen zu. Das gleiche gilt für Bataver und Mattiaker, von denen auch vermutet wird, dass sie hinter der Dünsberg-Gruppe (regionale archäologische Teilgruppe der späten La-Téne-Kultur) stecken.
 
Zuletzt bearbeitet:
Daher kann man auch keine chattischen Funde finden.

Das hätte mich auch gewundert.

...gelten als typisch alamannisch...

Es ist verständlich, dass man mangels eines feineren Rasters sich einen Namen rauspickt, im Wissen, dass 100 andere genauso gut passen würde (ein mattiakischer oder ein burgundischer Fundplatz sähe wohl nicht anders aus).
Auf einer Tafel im Wetteraumuseum wundert man sich, dass die wetterauer Bestattungen gar nicht zu denen in Süddeutschland passen.

Ein wenig fatal wird das ganze, wenn dann in völlig anderem Zusammenhang darauf Bezug genommen wird und eine Ansiedlung von etwa Alamannen in Regionen postuliert wird, wo sie vom historischen Kontext kaum hingehören.
 
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