König Konrad I. (911-918)

jeanne d'arc

Gesperrt
König Konrad I. wird als "glückloser", manche nennen ihn gar einen "unfähigen"
Regenten, der den Problemen seiner Zeit nicht gewachsen war.

Zwar starb mit Ludwig d. Kind die "austrasische" Linie der Karolinger aus, nicht jedoch im "neustrasischen" Westen, wo weiterhin ein Karolinger lebte und herrschte.
Wie war es dann möglich, am erbrechtlichen Anspruch des karolingischen Hauses vorbei, einen nichtkarolingischen König für das Ost-Reich zu wählen?

Und wenn schon eine neue Dynastie - war kein "stärkerer" Bewerber da, oder einer, der vom Geblütsrecht her vielleicht den Karolingern näher kam ?

Haben Bayern und Schwaben an der Wahl überhaupt mitgewirkt oder haben sie lediglich nachträglich nicht dagegen opponiiert, oder gar zugestimmt?

Das karolingische Reich war seit Karl III. ( dem Dicken) im Niedergang begriffen. Wirklich nur das östliche ? Hatte nicht gerade Karl III. das Reich Karls d. Großen nochmals unter seiner Krone vereinigen können ? Und warum hatte dann dies keinen Bestand - warum wurde er sogar als Regent abberufen und mit Arnulf ein eigentlich illegitimer "Bastard" auf den Thron erhoben ?

Was hat überhaupt den Ausschlag gegeben, daß die Fürsten Konrad wählten ? Und warum folgte nach ihm nicht erneut ein König aus dem konradinschen Hause? Sein Bruder Eberhard wäre doch sowohl aus erbrechtlicher Sicht, wie auch aufgrund seiner Position als dux francorum
prädestiniert gewesen ?

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Nachdem der andere thraed ( Konradiner - Agilolfinger - Alaholfinger - usw.) stockt, hoffe ich hier auf "Franken" zu treffen, die sich im Haus der Konradiner auskennen.

salu, jeanne
 
Hallo Jeanne, :winke:
Das sind aber eine ganze Menge Fragen, also am besten (einigermaßen chronologisch) der Reihenfolge nach:

Am 24. September 911 starb Ludwig "das Kind" als letzter Vertreter der ostfränkischen Linie der Karolinger kinderlos im Alter von 18 Jahren.

Während Kaiser Karl III. "der Dicke" - als Enkel Kaiser Ludwigs I. "des Frommen" für die westfränkischen Großen für eine Wahl noch in Frage kam - er somit das gesamte Fankenreich nochmals in Personalunion vereingte, so schien das nach dem Tode Ludwigs "das Kind", der bereits der Nachfolger in der 4. Generation war, nicht mehr in Frage zu kommen. Im Westfrankenreich "regierte" zu dieser Zeit König Karl "der Einfältige" (898-923), der ebenfalls als "schwacher König" in die Geschichte eingegangen ist. Auch Karl III. "der Dicke" galt als schwacher Kaiser und wurde im Jahre 887 auf Grund seiner Unfähigkeit in allen Teilen des Reiches abgesetzt.

Nach dem Tod von Ludwig "das Kind" schlug der Hz. von Sachsen, Otto "der Erlauchte", Konrad, Hz. v. Ostfanken, für die Wahl zum neuen König vor.

Ich halte es für möglich, daß dies mit dem Verwandschaftsverhältnis zu den Karolingern zu tun haben könnte - die Eltern Konrads I. waren Konrad v. Lahngau und Glismut, die Tochter von Arnulf von Kärnten.
(Aber wie gesagt, ist eine Spekulation von mir.)

Andererseits soll es auch Vorschläge aus den Reihen der Sachsen und Franken gegeben haben, Otto "der Erlauchte" v. Sachsen zum neuen König zu erheben, jedoch soll dieser auf Grund seines hohen Alters abgelehnt haben. Am 30. November 912 starb er dann auch.

Konrad wurde am 10. November 911 in Forchheim zunächst von den sächsischen und ostfränkischen Großen zum neuen König gewählt, während sich die Baiern und Schwaben noch zurückhielten. Erst auf Drängen ihrer Bischöfe schlossen sie sich durch Nachwahlen der Wahl Konrads I. an, weil anderenfalls möglicherweise ein Auseinanderfallen des Ostfrankereiches gedroht hätte.

Und ja, Konrad I. erwies sich als erfoglos auf der ganzen Linie.
Drei Feldzüge zwischen 912-913 nach Lothringen, das sich nach der Wahl Konrads I. dem noch karolingischen Westfrankenreich anschloß, blieben genauso erfolglos, wie der Versuch, sich gegen die mächtigen Herzöge von Sachsen und Baiern durchzusetzen (nur bei den Schwaben gelang ihm das) und auch gegen die Raubzüge der Ungarn konnte er nichts ausrichten.

Seine - für mein dafürhalten - einzige gute, weil vorausschauende Tat, war es, daß er auf seinem Sterbebett den Herzog v. Sachsen, Heinrich, für die Wahl zum neuen König bestimmte, wonach ihm auch sogleich die Reichsinsignien zugestellt wurden.

Ich hoffe, das war einigermaßen verständlich erklärt, aber wenn du noch Fragen haben solltest, dann frag ruhig.

Für heute erstmal Tschüß!
 
Zuletzt bearbeitet:
Während Kaiser Karl III. "der Dicke" - als Enkel Kaiser Ludwigs I. "des Frommen" für die westfränkischen Großen für eine Wahl noch in Frage kam - er somit das gesamte Fankenreich nochmals in Personalunion vereingte, so schien das nach dem Tode Ludwigs "das Kind", der bereits der Nachfolger in der 4. Generation war, nicht mehr in Frage zu kommen....

Was aber immernoch recht bemerkenswert ist. Die Wahl Karl's des Dicken zum König Westfrankens fand nur 26 Jahre vor der Wahl Konrad's I. in Ostfranken statt.
Man könnte also meinen das die ostfränischen Großen aus dem Fehler der westfränischen Adligen etwas gelernt haben und lieber einen aus ihrer Mitte zum König zu machen als einen schwachen Karolinger (in diesem Fall Karl dem Einfältigen).
Und die Ostfranken waren auch nicht die ersten die diese Option warnahmen. 879 machte sich Boso von Vienne zum König in der Provence (Niederburgnund). 888 wählten die Westfranken, nach der traurigen Episode Karl's des Dicken, den Robertiner Odo von Paris zu ihrem König.

Barbarossa schrieb:
Ich halte es für möglich, daß dies mit dem Verwandschaftsverhältnis zu den Karolingern zu tun haben könnte - die Eltern Konrads I. waren Konrad v. Lahngau und Glismut, die Tochter von Arnulf von Kärnten.
(Aber wie gesagt, ist eine Spekulation von mir.)

Zumindest waren Konrad und sein Bruder Eberhard damit die Einzigen Ostfranken überhaupt in deren Adern Karolingerblut floss.
Doch das Herzog Otto von Sachsen ebenso als möglicher Kandidat für die Großen galt, macht deutlich das es diesen nicht primär darauf ankam das der Kandidat von den Karolingern abstammte.

Barbarossa schrieb:
Und ja, Konrad I. erwies sich als erfoglos auf der ganzen Linie.

Allerdings hatte Konrad auch das nicht leichte Erbe seines schwachen Vorgängers übernommen, was sicherlich keine leichte Bürde war.
Zudem musste sich Konrad seiner Zeit mit zwei mächtigen Gegenspielern auseinander setzen. Heinrich von Sachsen und Arnulf dem Bösen von Bayern.

Barbarossa schrieb:
Seine - für mein dafürhalten - einzige gute, weil vorausschauende Tat, war es, daß er auf seinem Sterbebett den Herzog v. Sachsen, Heinrich, für die Wahl zum neuen König bestimmte, wonach ihm auch sogleich die Reichsinsignien zugestellt wurden.

Und bewies damit immerhin vorrausschauende Weitsicht, nicht zuzulassen was nach dem Tod König Ludwig's dem Kind geschah. Einen schwachen Nachfolger nach einen schwachen Vorgänger zu wählen.:)

jeanne d'arc schrieb:
Das karolingische Reich war seit Karl III. ( dem Dicken) im Niedergang begriffen. Wirklich nur das östliche ? Hatte nicht gerade Karl III. das Reich Karld d. Großen nochmals unter seiner Krone vereinigen können ? Und warum hatte dann dies keinen Bestand - warum wurde er sogar als Regent ebberufen und mit Arnulf ein eigentlich illegitimer "Bastard" auf den Thron erhoben?

Ja das gesamte karolingische Königtum war seit dem Vertrag von Verdun im Niedergang. Sowohl im Osten wie im Westen als auch in Italien und Burgund.
Das Karl der Dicke sowohl im Osten und Westen regierte bedeutet nicht das er auch ein starker und fähiger Herrscher gewesen wäre. Im Westen regierte er nur aufgrund der Einladung des westfränkischen Adels, gegen den er sich dann nicht behaupten konnte.
Zudem versagte Karl der Dicke in der wohl wichtigsten Frage seiner Zeit, der Abwehr der Wikingereinfälle.
Das der Dicke dann sowohl in West wie auch Ostfranken abgesetzt werden konnte verdeutlich seine Schwäche als Herrscher. In Westfranken gab es nun nur noch Karl den Einfältigen der vom Adel aber noch für zu jung für dieses Amt befunden wurde, so das man sich darauf einigte Odo von Paris zum König zu wählen. In Ostfranken gab es nur noch Arnulf von Kärnten der sich als tatkräftiger und erfolgreicherer Herrscher erwiesen hat. Seine "Illegitimität" spielte für die ostfränkischen Großen allen Anschein nach keinerlei Rolle als sie zu ihm überliefen und ihn auf den Thron hoben.
 
Joinville hat m.E. das Richtige erkannt;
die Folge des "Zerfalls der karolingischen Macht" war die des Erstarkens des "Stammesadels" zum Einen, aber zugleich auch deren Erkenntnisse, dass die Gefahren "von Aussen" ( nicht wie dies bei den letzten Karolingern der Fall war) nicht allein von den "Stämmen" bewältigt werden könne.

Ohne Zweifel war Hzg. Otto der Erlauchte ( er bezog übrigens seinen dux-Titel nicht etwa durch Verleihung vom König, vielmehr konnte er ihn allein auf seine Hausmacht stützen, was zeigt, dass das "Stammesherzogtum" bereits entstanden war, ohne dass es die letzten 3 Karolingerkönige hätten vollständig verhindern können) der bei Tode Ludwigs d. Kind mächtigste und zugleich auch geachtetse aller Fürsten Ostfranziens, der zweifelsohne von allen zum König erhoben worden wäre, würde er nicht aus Vernunftgründen (er starb schon 1 Jahr später ) verzichtet haben.
Allein - nicht nur sein Verzicht, sondern zugleich die Realisierung seines
Vorschlags, den Konradiner Konrad zu wählen, verdient Beachtung!

Unmittelbar nach seinem ( Ottos) Tod, drang sein Sohn Heinrich ( der wiederum ohne "Mitwirkung des Königs" des väterlichen Herzogstitel übernahm, somit kein Amts- sondern erneut Stammesherzog (Vizekönig) war) drang Heinrich in die "Hausmachtregionen" der Konradiner ein, brachte die Mainzer Güter im Leinegebiet und in Thüringen gewaltsam an sich und eroberte gar die Weserfestung Eresburg wie auch die Abtei Corvey; dies war ein gewaltiger Eingriff in die Machtstellung der Konradiner, der sich Konrad als auch König nicht zu erwehren wußte.

Wenn joinville sagt " allerdings hatte Konrad auch das nicht leichte Erbe seines schwachen Vorgängers übernommen ...", so denke ich, sollten wir durchaus mal bei dieser Aussage bleiben:

Sollte man nicht vielleicht einen Schwenk machen, den die Geschichte ja bereits vollzogen - Konrad I. aber offenbar nicht erkannt hatte ?

Die Wiederherstellung des "Reichs Karl des Großen" spukte manchem König durch's Hirn - aber sie passte nicht mehr in die Zeit! Konrad hätt erkennen müssen, dass der Stammesadel ( aus dem heraus ja letztlich auch er sein königl. Amt erlangte ) so sehr erstarkt war, dass die Stammesherzöge sehr wohl bereits an ein Teilhaben an der Regierung des Reiches dachten und Konrad "lediglich" der Erste und Gleichen sein sollte.

War er es selbst, der sich mit dem "Traum der Wiederherstellung der karolingischen Macht" verstieg, oder, war nicht bereits erkennbar, dass seine Berater aus den Reihen der Kirche ihn benutzten, um den Niedergang ihrer Machtpositionen zu verhindern ?

Ich denke, um hier erneut die Diskussion einsetzen zu lassen, ende ich mal mit dieser Fragestellung.
salu, jeanne
 
jeanne schrieb:
Die Wiederherstellung des "Reichs Karl des Großen" spukte manchem König durch's Hirn - aber sie passte nicht mehr in die Zeit! Konrad hätt erkennen müssen, dass der Stammesadel ( aus dem heraus ja letztlich auch er sein königl. Amt erlangte ) so sehr erstarkt war, dass die Stammesherzöge sehr wohl bereits an ein Teilhaben an der Regierung des Reiches dachten und Konrad "lediglich" der Erste und Gleichen sein sollte.
Das hätten die Herzöge gern so gehabt, daß sie wie "kleine Könige" in ihrem Herzogtum herrschten ohne, daß sich jemand einmischte - auch kein König. Die Aufgaben, die ein König in der damaligen Zeit zu erfüllen hatte - Ungarneinfälle von Osten, Wikingerraubzüge von Norden und eine latente Gefahr durch die Araber aus dem Süden - erforderten jedoch einen König/Kaiser, der zu jeder Zeit in der Lage war, schnell alle Kräfte des Reiches zu bündeln um sich entschlossen einem Eindringling entgegen stellen zu können. Das ging nur mit einem sehr starken König/Kaiser und somit war Heinrich I. dann die richtige Wahl.

jeanne schrieb:
War er es selbst, der sich mit dem "Traum der Wiederherstellung der karolingischen Macht" verstieg, oder, war nicht bereits erkennbar, dass seine Berater aus den Reihen der Kirche ihn benutzten, um den Niedergang ihrer Machtpositionen zu verhindern ?
Auch Konrad versuchte, das Reich zusammenzuhalten und unternahm als erstes drei Feldzüge nach Lothringen, um dieses abtrünnige Herzogtum dem Reich wieder fest anzugliedern. Da sich Lothringen dem Westfrankenreich anschloß, bedeuteten diese Feldzüge gleichzeitig Krieg mit diesem Reich. In meinem Buch "Die Sachsen" steht:
>Zunächst versuchte Konrad I. die "lothringische Frage" zu lösen und damit auch das Westfränkische Reich unter seine Herrschaft zu bringen. Die drei zu diesem Zweck zwischen 912 und 913 geführten Feldzüge blieben jedoch erfolglos.<
Lothringen zurückholen zu wollen ist zwar für mich nachvollziehbar, aber wohl die falsche Reihenfolge. Er überschätzte damit seine Möglichkeiten, da er sich ja wohl nur auf die Kräfte seines eigenen Herzogtums stützen konnte. Richtig wäre es gewesen, wie es Heinrich I. dann auch machte, erst das gesamte Ostfrankenreich unter seine königliche Kontrolle zu bringen. Weiter heißt es in dem Buch: >In den Bestrebungen, die Herzöge kurzzuhalten, wurde Konrad I. von den Bischöfen der fränkischen< (hier war er ja selbst Herzog)>, schwäbischen und bairischen Kirche unterstützt. In Sachsen hingegen schlugen sich die Bischöfe auf die Seite des Herzogs.<
Das bedeutete, mit etwas mehr Geschick konnte er die Macht der meisten Herzöge relativ leicht aufweichen, da die Kirche neben den Herzögen ein recht großer Machtfaktor war. In diesem Fall waren beide - König und Kirche - gegenseitig aufeinander angewiesen.
 
Was hat überhaupt den Ausschlag gegeben, daß die Fürsten Konrad wählten ?



Hier mögen die Nachwirkungen der „Babenberger Fehde „902-906 eine Rolle gespielt haben.:
babenberger_fehde
Die Konradiner danach als nun dominierendes Geschlecht des ostfränk. Raumes profitierten von der Unterstützung zahlreicher Großen des Reiches, die sich die Unterstützung für die Konradiner teilweise aus konfiszierten babenberg. Gütern entlohnen ließen.
Das Gewicht auch in der Regentschaftsregierung (für Ludwig d. Kind) wurde nach Ausschaltung der Babenberger deutlich verstärkt.
 
Zuletzt bearbeitet:
@ arcimboldo: könnte es sich bei diesen "Nachwirkungen der Babenberger Fehde" ( was Du m.E. richtig siehst ) nicht um die konsequente Fortsetzung der Politik des spiritus rectus Ebf. Hatto von Mainz gehandelt haben ?

Konrads erste und wichtigste Aufgabe hätte sein müssen, sich mit den übrigen Stammesherzögen zu verständigen, denn, es waren so viele andere Bedrohungen von Aussen vernachlässigt, dass eine Stärkung des Reiches nach Innen geboten gewesen wäre. Nur gemeinsam mit den anderen Stämmen, hätte das Reich wieder "erneuert" werden können. Zu glauben, daß er eine Position wie Karl d.Gr. beanspruchen und erlangen könne, war ein großer Irrtum Konrads.

Hatto war ja schon der einflussreiche Ratgeber unter Arnulf und Ludwig d. K. und, dass er gerne auch die Umgebung von Mainz (seinem Bistum ) unter dem Schutz der dem König ergebenen und von ihm beeinflussbaren Konradiner gewußt hätte, ist zwar verständlich, aber war für das Reich nicht dienlich.

Und, hat nicht auch im Süden Konrad nicht erkannt, daß er auch von Bischof Salomon III in Konstanz "benutzt" wurde, um die Macht des Bischofs und dessen "Besitz" auszuweiten und zu stärken, anstelle den Gegebenheiten des Reichs gerecht zu werden ?

Wäre es denn arg an den "Haaren herbeigezogen", wenn ich gar sagte, die Synode von Hohenaltheim ist gleichermaßen als Niederlage des Königs zu sehen, wie es später der "Gang nach canossa" sein sollte ?

jeanne
 
Zuletzt bearbeitet:
Konrads erste und wichtigste Aufgabe hätte sein müssen, sich mit den übrigen Stammesherzögen zu verständigen, ......

Für solche Fragen fühle ich mich überfordert, finde aber im folgenden Link viel Erhellendes zum ganzen Komplex......:rolleyes:
Die Frage, ob in der Wahl Konrads I. die Anfänge des Deutschen Reiches gesehen werden könnten, sei negativ zu bescheiden, da ein solcher Staat vom König kaum intendiert gewesen sein könne. Aktuelle Tendenzen der Forschung schließlich bewegten sich in Richtung eines gewissen Konturverlustes der Person Konrads I., da man sich immer stärker von den Aussagen der erzählenden Quellen distanziere.


H-Soz-u-Kult / Tagungsberichte / König Konrad I. - Auf dem Weg zum "Deutschen Reich"?
 
Zuletzt bearbeitet:
Konrads erste und wichtigste Aufgabe hätte sein müssen, sich mit den übrigen Stammesherzögen zu verständigen, denn, es waren so viele andere Bedrohungen von Aussen vernachlässigt, dass eine Stärkung des Reiches nach Innen geboten gewesen wäre. Nur gemeinsam mit den anderen Stämmen, hätte das Reich wieder "erneuert" werden können. Zu glauben, daß er eine Position wie Karl d.Gr. beanspruchen und erlangen könne, war ein großer Irrtum Konrads.

Beim letzten Satz stimme ich dir zu.
Zum dick markierten "verständigen" will ich noch mal sagen, er mußte die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen - egal wie. Dazu waren sie offensichtlich nicht freiwillig bereit.

Wäre es denn arg an den "Haaren herbeigezogen", wenn ich gar sagte, die Synode von Hohenaltheim ist gleichermaßen als Niederlage des Königs zu sehen, wie es später der "Gang nach canossa" sein sollte ?

jeanne
Der Gang nach Canossa, den Heirich IV. unternahm, diente dazu, sich vom Bann des Papstes zu lösen. Da ihm dies gelang, war es eher ein politischer Erfolg für den König, auch, wenn er sich dafür demütigte - hinterher war er so mächtig wie nie.
Über die Synode müßte ich erst nachlesen.

jeanne d'arc schrieb:
hallo Barbarossa, da mir immer wieder Passagen sehr bekannt vorkommen wäre es hilfreich, wenn Du z.B. das zitierte Buch benennen könntest. Danke, jeanne
"Die Sachsen"
"Schwertgenossen"
"Sahsnôtas"
von Franz Kurowski
 
salu Barbarossa

Zitat.: "Zum dick markierten "verständigen" will ich noch mal sagen, er mußte die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen - egal wie. "

Warum m u s s t e er die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen ???

Und wenn - wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Achtung der Fürsten zu gewinnen, als Macht über sie militärtisch erringen zu wollen ?

Solange das "Reichsgebiet" von Osten her permanent bedroht wurde - warum mußte er gerade mit Lothringen beginnen ?

Na - was Deine Wertung zu Canossa anlangt "hinterher war er so mächtig wie nie" meine ich doch,solltes Du nochmals nachlesen!
Die mit Canossa verbundene Erniedrigung des Königtums als solchem, haben ihm die Fürsten nicht nachgesehen und nur wenig später seinen Sohn in Opposition gegen ihn gehetzt.

Und genau in diesem Kontext habe ich Hohenaltheim erwähnt.

salu, jeanne
 
Es hat mit dem Kontext um Konrad I. tatsächlich wenig zu tun, aber da es zur Sprache kam...

... was Deine Wertung zu Canossa anlangt "hinterher war er so mächtig wie nie" meine ich doch,solltes Du nochmals nachlesen!
Die mit Canossa verbundene Erniedrigung des Königtums als solchem, haben ihm die Fürsten nicht nachgesehen und nur wenig später seinen Sohn in Opposition gegen ihn gehetzt.

Ähm, da rezipierst Du aber eine mittlerweile veraltete Wertung jener Ereignisse um Heinrich IV. - zum Grobüberblick bzgl. historischer Bewertung des Ganges nach Canossa:
Gang nach Canossa - Wikipedia
Gang nach Canossa - Wikipedia
Kurz: der König erlangte seine Lösung vom Kirchenbann und konnte daraufhin wieder die Fürsten bzgl. ihrer Lehnstreue ermahnen; von einer "Erniedrigung" - wie im 19. Jh. herausgelesen - kann keine Rede sein...
 
Zuletzt bearbeitet:
salu Barbarossa

Zitat.: "Zum dick markierten "verständigen" will ich noch mal sagen, er mußte die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen - egal wie. "

Warum m u s s t e er die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen ???
Im Beitrag um 16.23 schrieb ich ja bereits:
Das hätten die Herzöge gern so gehabt, daß sie wie "kleine Könige" in ihrem Herzogtum herrschten ohne, daß sich jemand einmischte - auch kein König. Die Aufgaben, die ein König in der damaligen Zeit zu erfüllen hatte - Ungarneinfälle von Osten, Wikingerraubzüge von Norden und eine latente Gefahr durch die Araber aus dem Süden - erforderten jedoch einen König/Kaiser, der zu jeder Zeit in der Lage war, schnell alle Kräfte des Reiches zu bündeln um sich entschlossen einem Eindringling entgegen stellen zu können. Das ging nur mit einem sehr starken König/Kaiser und somit war Heinrich I. dann die richtige Wahl.


Und wenn - wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Achtung der Fürsten zu gewinnen, als Macht über sie militärtisch erringen zu wollen ?
Wie hätte er das anstellen sollen bei Herzögen, die nichts von ihrer Macht abgeben wollten. Auch Heinrich I. hatte anfangs heftige Auseinandersetzungen mit ihnen und hatte es sogar mit einem Gegenkönig zu tun. Mit einem gemütlichen Plausch bei einem Bier war das nicht zu machen.

Solange das "Reichsgebiet" von Osten her permanent bedroht wurde - warum mußte er gerade mit Lothringen beginnen ?
Stimmt, hatte ich davor ja auch als Fehleischätzung bezeichnet.

Na - was Deine Wertung zu Canossa anlangt "hinterher war er so mächtig wie nie" meine ich doch,solltes Du nochmals nachlesen!
Die mit Canossa verbundene Erniedrigung des Königtums als solchem, haben ihm die Fürsten nicht nachgesehen und nur wenig später seinen Sohn in Opposition gegen ihn gehetzt...
Dazu Morgen mehr.
:bye:
 
salu @ timotheus.
nein, sei unbesorgt, die Bücher des 19. JHs zieren die Bibliothek meist nur noch ihrer hübsch anzuschauenden Rücken wegen.

Ich zitiere mal nur einen Satz: " Wenngleich der persönliche Charakter Heinrichs IV. in den Quellen deutlicher hervortritt als der seiner Vorgänger, wird seine Individualität doch nicht erkennbar, wo er als König erfolgreich wirkte, sondern dort, wo er sich nach dem Urteil der Chronisten unköniglich benahme oder wo er als Herrscher kurz vor dem Scheitern stand".

aus Hagen Keller "Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont" (1024-1250) geschrieben in seiner Zeit als Professor in Münster, erschienen im Propyläen-Verlag 1990.

Auch Wilfried Hartmann (Der Investiturstreit) oder Michael Borgolte (Europa entdeckt seine Vielfalt 1050-1250) verstehe ich nicht als grundsätzliche Umkehr der Ansichten über Canossa (z.B. v. Rankes) - lediglich hat die neuere Interpretation des Investiturstreites diesen nicht mehr als quasi ein Ereignis ( und Canossa als einen Teil dessen) verstanden, sondern als einen größer angelegten Zeitraum einer grundsätzlichen Wende des Hochmittelalters. Karl JORDAN (1971) relativierte Canossa als ein besonders markantes Ereignis (die Diskussion darüber scheint aber noch nicht abgeschlossen); er bezeichnete statt dessen den Gesamtzeitraum 1050-1125 als "eine der großen Umbruchperioden der mittelalterlichen Geschichte."

Wenn man nun all die auf diesen Zeitraum folgenden Ereignisse - z.B.:
die normannische Staatenbildung in England und Unteritalien, die Entstehung des Rittertums und des Bürgertums mit der Eidgenossenschaft der städtischen Gemeinde, die Kreuzzugsbewegung, den Landesausbau, das Bevölkerungswachstum ...etc. beobachtet, so wird daraus durchaus ein "Machtverlust der Zentralgewalt", eine Stärkung des Papsttums, eine Stärkung des Partikularismus, erkennbar. Sicher - auch ohne die Schwächung der kaiserlichen Zentralgewalt "Canossa" wären diese Ereignisse irgendwann einmal eingetreten, so daß es wohl müßig ist, darüber "zu streiten" ob nun Canossa ein die Wende entscheidend herbeiführendes (und das Kaisertung schwächendes) Ereignis war, oder ob der gesamte Zeitabschnitt des Investiturstreites mit in die "große Umbruchsperiode" miteinzubeziehen wäre.

Gerade die Literatur der letzten z.B. 20 - 30 Jahre macht m.E. die Diskussion über die Ereignisse erst und wieder interessant bis spannend.

Daher bin ich fast etwas verwundert, zu diesen (aktualisierten) Themen erst auf recht wenige Studenten der Mediävistik getroffen zu sein; ob das an der Vacances-Zeit liegt ?

salu, jeanne
 
Wie ich bereits schrieb, hat dies mir Konrad I. nicht mehr direkt zu tun, aber sei's drum...

Ich zitiere mal nur einen Satz: " Wenngleich der persönliche Charakter Heinrichs IV. in den Quellen deutlicher hervortritt als der seiner Vorgänger, wird seine Individualität doch nicht erkennbar, wo er als König erfolgreich wirkte, sondern dort, wo er sich nach dem Urteil der Chronisten unköniglich benahme oder wo er als Herrscher kurz vor dem Scheitern stand".

aus Hagen Keller "Zwischen regionaler Begrenzung und universalem Horizont" (1024-1250) geschrieben in seiner Zeit als Professor in Münster, erschienen im Propyläen-Verlag 1990.

Auch Wilfried Hartmann (Der Investiturstreit) oder Michael Borgolte (Europa entdeckt seine Vielfalt 1050-1250) verstehe ich nicht als grundsätzliche Umkehr der Ansichten über Canossa (z.B. v. Rankes) - lediglich hat die neuere Interpretation des Investiturstreites diesen nicht mehr als quasi ein Ereignis ( und Canossa als einen Teil dessen) verstanden, sondern als einen größer angelegten Zeitraum einer grundsätzlichen Wende des Hochmittelalters. Karl JORDAN (1971) relativierte Canossa als ein besonders markantes Ereignis (die Diskussion darüber scheint aber noch nicht abgeschlossen); er bezeichnete statt dessen den Gesamtzeitraum 1050-1125 als "eine der großen Umbruchperioden der mittelalterlichen Geschichte."

Wenn man nun all die auf diesen Zeitraum folgenden Ereignisse - z.B.:
die normannische Staatenbildung in England und Unteritalien, die Entstehung des Rittertums und des Bürgertums mit der Eidgenossenschaft der städtischen Gemeinde, die Kreuzzugsbewegung, den Landesausbau, das Bevölkerungswachstum ...etc. beobachtet, so wird daraus durchaus ein "Machtverlust der Zentralgewalt", eine Stärkung des Papsttums, eine Stärkung des Partikularismus, erkennbar. Sicher - auch ohne die Schwächung der kaiserlichen Zentralgewalt "Canossa" wären diese Ereignisse irgendwann einmal eingetreten, so daß es wohl müßig ist, darüber "zu streiten" ob nun Canossa ein die Wende entscheidend herbeiführendes (und das Kaisertung schwächendes) Ereignis war, oder ob der gesamte Zeitabschnitt des Investiturstreites mit in die "große Umbruchsperiode" miteinzubeziehen wäre.

Gerade die Literatur der letzten z.B. 20 - 30 Jahre macht m.E. die Diskussion über die Ereignisse erst und wieder interessant bis spannend.

Dem stimme ich bzgl. der Charakterisierung des Investiturstreits und der damit verbundenen Entwicklung auch durchaus zu - einmal abgesehen davon, daß Du Ereignisse des Hochmittelalters (z.B. normannische Staatenbildung, Orientkreuzzüge) und des Spätmittelalters (z.B. Eidgenossenschaft) zusammenwirfst -; nur liest sich Deine vorherige Wertung des einzelnen Ereignisses durchaus anders:
Die mit Canossa verbundene Erniedrigung des Königtums als solchem, haben ihm die Fürsten nicht nachgesehen und nur wenig später seinen Sohn in Opposition gegen ihn gehetzt.

Canossa an sich ist jedoch differenzierter zu betrachten, so daß sich damit eben noch nicht eine Erniedrigung des Königtums ergibt - am ehesten könnte man sagen, daß das Königtum so etwas wie einen Nasenstüber erhalten hatte:
http://www.geschichtsforum.de/f49/der-gang-nach-canossa-wie-ist-er-zu-bewerten-3652/
http://www.geschichtsforum.de/f44/canossa-11494/
Und die Machtfrage zwischen König/Kaiser und Papst war auch mit dem Ende der Herrschaft der Salier noch längst nicht entschieden:
http://www.geschichtsforum.de/f44/frage-zu-ritual-zwischen-kaiser-und-papst-15503/
 
...
Warum m u s s t e er die Herzöge dazu bringen, sich seiner königlichen Macht zu unterstellen ???
...

Vielleicht lag es an der Art des Herrschaftsverständnises Konrad's I.?
Ich meine die Herzöge und ihre Macht etablierten sich zur Zeit seines unmündigen Vorgängers Ludwig d. Kind. Sie nahmen für den jungen König die Verteidigung des Königreiches in die Hand. In Sachsen Otto "der Erlauchte" und Heinrich, in Bayern Luitpold und Arnulf "der Böse".
Nun aber regierte mit Konrad wieder ein mündiger König der das Erbe des karolingischen Königtums antrat und fest in der Tradition jenes stand, der von seinem Standpunkt aus gesehen keiner autonom agierenden Herzöge bedurfte um seine Herrschaft ausführen zu können. Damit verkannte er freilich die neuen Machtverhältnisse die sich in der Zeit Ludwig's d. Kind entwickelt hatten und dementsprechend wird Konrad in seiner kurzen Herrschaft auch mit allen Herzögen in Konflikt geraten. Wärend er in Schwaben sich mit Hilfe des Klerus halbwegs durchsetzen konnte scheiterte er jedoch in Sachsen und Bayern wo die herzögliche Gewalt mittlerweile etabliert und gefestigt war.

Erst Heinrich I., der als Sachsenherzog selber einst im Gegensatz zum karolingischen Königtum Konrad's stand, war sich der neuen Machtordung in Ostfranken bewusst und brachte sein Königtum in ein neues Verhältniss zu den Herzogtümern (primus inter pares).
 
guten morgen joinville,
ich glaube, besser konnte man das nicht erklären !

Wenn ich mal "penetrant" an einem Punkt nachhake, dann, wie z.B. hier, wo ich den Eindruck hatte, @ barbarossa schildert zwar aus sein Buch, aber allein mit der Wiedergabe der Ereignisse ist es halt nicht getan. Ich
denke, daß gerade dies der Sinn eines Diskussionsforums ist, dass man
auch Hintergründe und Motive herausarbeitet, was oftmals in allzu kurz gefassten "Geschichtsbüchern" fehlt.

Das Mittelalter ist kein "statischer Zeitabschnitt". Und gerade in dem Zeitraum ab dem karolingischen Königstum bis zu Heinrich I. bzw. Otto I.
finden Entwicklungen statt, die notwenig waren, um ein "Reich" ( als Vorläufer eines Gesamtstaats) entstehen zu lassen.

Was im Regnum Konrad's I. deutlich wird:
a) das Treueverhältnis zu den Vasallen war noch nicht so fundiert, daß er
es als König einfach "einfordern" konnte,
b) Verfassungsrechtlich bedurfte es einer Verfestigung der "Positionen",
was im Lehensrecht, Nachfolge- (Erbrecht), Wahlrecht usw. voranzu-
bringen war.
c) Jeder der Stämme hatte Anspruch auf Beibehalt seiner eigenen
Verfassung (z.B. Lex alemanorum ) und dennoch soll eine Zentralgewalt
im Köngis-/Kaisertum entstehen.

In diesem Zusammenhang möchte ich z.B. den Begriff des "Umrittes"
erwähnen! Der neu Gewählte ( ob es nun der König für das Gesamtreich, oder der Herzog für sein Herzogtum waren) musste durch sein Land reisen
um dort die "Huldigung" entgegenzunehmen.

Dies war ein Verfassungsrechtlich wichtiger Akt, also kein Ausflung des Herrschers, so sie auch die Huldigung nicht etwa ein öffentliches Bejubeln des Herrschers war (was natürlich das Jubeln des Volks nicht ausschloss)
sondern ein Ritual der eidlichen Unterwerfung und Anerkennung der (Ober-) Macht.

Nicht ganz einverstanden @ joinville, bin ich mir Dir, wo Du meinst, das es
Konrad mit Hilfe des Klerus "halbwegs" gelungen war, sich in Schwaben "durchzusetzen".
Die vom Volk als "Ermordung" empfundene Beseitigung des Stammes-Herzogs Erchangers, seines Bruders und Neffen hatte keineswegs etwa Ruhe "zu Gunsten" des Königs geschaffen - und auch Bischof Salomon III.
sollte nicht glücklich werden!
Bewirkt wurde dadurch die Rückkehr des Sohnes Burchards I. ( aus der Sippe der Hunfridinger ) und damit enstand im gesamten Süden des Reichs eine verwandtschaftlich verbundene Opposition aus Bayern-Schwaben und dem welfischen Burgund.
Aufgrund seines alsbaldigen Todes musste sich Konrad mit diesem Handycap nicht mehr lange auseinandersetzen!
Schnell aber wird bei Heinrich I. sichtbar, wie offenbar b e i d e "Großen"
sowohl König Heinrich, wie auch Burchard II. erkannten, daß eine "amicia" (vertraglicher Freundschaftsschluss mit gegenseitiger Anerken-nung) für alle Beteiligten das Beste sein würde !

Genau das, was Konrad I. noch verwehren wollte, daß eben die Stam-mesherzöge für ihr Herzogtum eine Quasi-Königliche Macht beibehalten konnten, war m.E. der entscheidende Schritt zur Gründung des Hl. Röm. Reichs, was dann seinem (Heinrichs ) Sohn Otto vorbehalten blieb.

Jetzt würden mich noch Meinungen zur S y n o d e von Hohenaltheim interessieren.

Bis dann also und salu, jeanne
 
Hallo Jeanne!
Jeanne schrieb:
Wenn ich mal "penetrant" an einem Punkt nachhake, dann, wie z.B. hier, wo ich den Eindruck hatte, @ barbarossa schildert zwar aus sein Buch, aber allein mit der Wiedergabe der Ereignisse ist es halt nicht getan. Ich denke, daß gerade dies der Sinn eines Diskussionsforums ist, dass man auch Hintergründe und Motive herausarbeitet, was oftmals in allzu kurz gefassten "Geschichtsbüchern" fehlt.
Da gebe ich dir absolut recht und ich mache mir auch meine Gedanken darüber.

Jeanne schrieb:
Was im Regnum Konrad's I. deutlich wird:
a) das Treueverhältnis zu den Vasallen war noch nicht so fundiert, daß er es als König einfach "einfordern" konnte,
Nicht so ganz richtig. Ich denke, richtig muß es heißen: Das Treueverhältnis der Vasallen zum König war zur Zeit Konrads I. durch die Schwäche der Vorgänger mehr so fundiert, daß er es als König einfach "einfordern" konnte.
Denn bereits zur Zeit der Frankenkönige/Kaiser gab es bereits ein festes Gefüge - vor allem unter Karl dem Großen, der ein System von Grafschaften einführte, deren Grafen er beliebig ein- und auch wieder absetzen konnte und deren Titel auch nicht erblich war. Schaut man sich das Lehenswesen genauer an , so erkennt man, daß es einen Lehnsherren (der König/Kaiser) gab und eine Reihe von Vasallen (die Fürsten), wobei alles Land im Reich dem Lehnsherren gehörte (als persönlicher Besitz) und er vergab die Lehen an seine Vasallen als seine Verwalter. Dieses Lehenssystem funktionierte aber nur so lange, wie es einen König/Kaiser gab, der den Besitz auch verwalten und seine Verwalter unter Kontrolle halten konnte. Unter den schwächeren Karolingern - wie Ludwig "das Kind" - verselbständigten sich jedoch die Grafen und irgendwann nannten sich die Vasallen "Herzog", obwohl sie niemand dazu ernannt hatte und sie wollten herrschen, wie Könige und betrachteten ihr Herzogtum bereits als persönlichen Besitz, als Konrad I. König wurde. Er wollte nun, daß die Herzöge wieder Vasallen des Königs werden. Daß hier die Herzöge auf die Barrikaden gingen, ist klar, da dieses Vasallentum einerseits Machteinbußen bringen würde, aber auch, weil sie ihren perönlichen Besitz bedroht sahen.
Ich denke, unter diesem Hintergrund muß man die Schwierigkeiten sehen, die der König, bei seiner Amtsübernahme zu bewältigen hatte.
 
@ Barbarossa - ich will Deine Mühe herzlich gerne unterstützen, wenn und wo ich kann:
Zum Verständnis - die Machtübernahme durch die Karlinge (Arnulfinger/ Pippiniden) erfolgte im Grunde durch einen Staatsstreich. Dazu waren sie in der Lage, weil sie den entscheidend mächtigen Adel hinter sich hatten, und aus diesem Adel (viel Verwandt/Versippte) rekrutierten sie auch ihre Amtspersonen.
Alemanien, Bayern, Sachsen mußten sie aber mit erheblichen kriegerischen Mittel erst unterwerfen ( Massaker von Cannstatt, Werden an der Aller) wobei sie nicht zimperlich waren, mit der Ermordung des Adels der zu Unterdrückenden. Schnell aber erkannten sie, dass allein mit der Einführung ihrer fränkischen Grafschaftsverfassung und Einsetzung ihnen gehorsamer, fränkischer Grafen - als "Amtspersonen" ( Beamte, die sie jederzeit wieder abrufen konnten) die Macht in diesen Regionen nicht würden halten können, denn, die Stämme hatten (auch ohne die Merowinger und Karolinger ) eigene Verfassungen und zuvor eigene Könige (Kleinkönige). Die Bezeichnung "dux" wurde in der Merowingerzeit aus dem römischen Sprachgebrauch eingeführt, wurde aber von den Stammesfürsten durchaus als "regnum" verstanden ( d.h. Herrscher).
Um die unabdingbare Nähe zu den Fürsten wiederzugewinnen, versuchten sie Karolinger Verwandschaftsbande zu knüpfen. So nahm Karl Martell die bayr. Herzogsschwester Swanahild zur Frau (deren Tante nahm er auch gleich mit un verheiratete sie einem Verwandten) und vor allem Karl der Große "nahm sich" die erst 14-jährige Hildegard, die mütterlicherseits vom Alemannenherzog Godfried abstammte und setzte sodann viele ihrer Verwandten im Amtspositionen ein; die diesbezügl. Grafschaften wurden in Alemannien in der Regel unter Beibehaltung der alten alem. Gaue (Baaren)
vergeben.
Es geht also "Hand in Hand" das Wiedererstarken des alten Adels der Stämme und der Niedergang der Machtposition des karolingischen Königtums.
Daß dieser Stammesadel nicht mehr bereit war ( auch wohl wissend, dass Konrad I. gar nicht stark genug war, es ihnen zu wehren) die ihm zugewachsenen Machtpositionen aufzugeben, das hatte Konrad offensichtlich falsch eingeschätzt - aber wohl auch seine geistlichen Berater, die offenbar mehr darauf setzten, dass "die Gottgegebenheit der Königswürde" die bei den Konradinern noch gegebene Hausmachtschwäche wett machen würde.

Ich erinnere, der nachfolgende König Heinrich "verzichtete" auf die Salbung und bischöfliche Krönung mit wohlgewählten Worten! Sicherlich hat ihm die Erfahrung die Konrad machen mußte genützt und so war es ihm dann möglich, die Voraussetzungen zu schaffen, die sein Sohn Otto mit der Reichsgründung vollenden konnte.

Soweit hierzu, ok? und was bedeutet "Hohenaltheim" ?
salu, jeanne
 
Über die konfliktreiche Genese des Herzogtums Schwaben an der Wende vom 9. zum 10. Jahrhundert berichtete THOMAS ZOTZ (Freiburg i.B.). Anders als in Bayern oder Sachsen, wo sich früh einzelne führende Geschlechter als duces etablieren konnten, habe in Alemannien länger eine Konkurrenzsituation bestanden. Bereits unter den letzten Karolingern habe Bischof Salomo III. von Konstanz seine Position stetig ausbauen können und Einfluß auf die inneralemannischen Machtkämpfe genommen. Spätestens 913 sei dann auch der mit dem Bischof verbündete Konrad I. mit dem lokalen Adel in Streit geraten. Dieser Konflikt habe schließlich zum Todesurteil für den Grafen Erchanger und seinen Verbündeten Berthold auf der Synode von Hohenaltheim geführt. Erst nach dieser Wendung, bei der der König durch das Ablehnen einer angebotenen deditio Erchangers die ‚Spielregeln' der Konfliktlösung gebrochen habe, sei es dem zuvor ebenfalls gegen Konrad I. opponierenden Burchard gelungen, sich als dux in Alemannien zu etablieren.
H-Soz-u-Kult / Tagungsberichte / König Konrad I. - Auf dem Weg zum "Deutschen Reich"?

916 bekämpfte KONRAD I. Herzog Arnulf von Bayern, der sich 914 gegen ihn erhoben hatte; Regensburg wurde erobert und der Herzog ins Exil nach Ungarn getrieben. Dieser Erfolg war möglich, weil hier wie in Schwaben der Episkopat auf der Seite des Königs stand. Die Synode von Hohenaltheim bei Nördlingen, auf der bezeichnenderweise die sächsischen Bischöfe fehlten, festigte das Bündnis zwischen KONRAD I. und der Kirche und legte den gegen König opponierenden Herzog Erchanger und seinen Bruder Berchthold eine Buße auf; Arnulf wurde auf eine Synode nach Regensburg vorgeladen. Im Januar 917 ließ KONRAD I. Herzog Erchanger und seinen Bruder Berchthold hinrichten. Die königliche Macht wurde dadurch nicht gestärkt, denn Burchard der Jüngere ließ sich nun zum Herzog ausrufen. In Bayern errang Arnulf wieder die Macht.
KONRAD-1-Deutscher König + 918

Offensichtlich führte er diese Synode auf Betreiben von Salomo III. durch und obwohl die Synode seine Position als König stärken sollte, konnte er den Beschluß, der auf der Synode gefaßt wurde nicht durchsetzen. Im Ergebnis wurde dadurch seine Position noch weiter geschwächt.
 
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