Kolonialismus in der neusten Forschung

Was nicht in Zweifel steht, ist, dass es zu außerordentlichen Gewaltaten im Zuge der Auseinandersetzungen gekommen ist.
Ob das in die Kategorie "Genozid" fällt, wäre zu diskutieren.
Da gibt es nichts zu diskutieren, denn Genozid wird wie folgt definiert – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Ein Völkermord oder Genozid[1] ist seit der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“; er unterliegt nicht der Verjährung. Die auf Raphael Lemkin zurückgehende rechtliche Definition dient auch in der Wissenschaft als Definition des Begriffs Völkermord.

Die dokumentierte Absicht des Deutschen Ordens (DO und die von ihm angeworbenen Kreuzfahrer erhielten vom Papst die gleichen Privilegien wie jene, die ins Heilige Land fuhren*) war es, die baltischen Heiden zu christianisieren und dabei Land für sich zu gewinnen.

Diese Heiden wurden dann niedergemetzelt, sofern sie sich nicht haben taufen lassen, damit ist die für einen Genozid nötige Bedingung erfüllt - ich habe das Wort extra für dich fett hervorgehoben, aber ich fürchte, das wird nichts nutzen, weil du wahrscheinlich weiter wie bisher aus hohler Hand argumentieren wirst; es ist jedenfalls nicht zu erkennen, dass du das von mir verlinkte Dokument gelesen hast. Lese es bitte und widerlege es oder schweige - ich habe keine Zeit, mich mit deinen hanebüchenen Einwänden zu beschäftigen.

* In der Tat lief es auch im Baltikum so, wie vorher im Heiligen Land: Ungläubige wurden niedergemetzelt, das Land in besitzgenommen. Nur ging das christliche Königreich Jerusalem an Moslems verloren, Baltikum aber blieb christlich.

PS:
Nein, vom altgriechischen γένος.
Das ändert nicht viel – Zitat aus Viktionary:

Das deutsche „Genozid“ wurde also aus englisch genocide → en entlehnt.[7] Der erste Bestandteil des Wortes geht auf das altgriechische γένος (genos) → grc ‚Geschlecht‘, ‚Nachkommenschaft[8] zurück.[9] Der zweite Teil -zid ist vom französischen -cide → fr übernommen worden und hat seinen Ursprung im lateinischen Verb caedere → latöten‘, ‚fällen‘.[10]

Darüberhinaus wir der Begriff mit Völkermord übersetzt. Das ist noch eindeutiger.
 
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Da gibt es nichts zu diskutieren, denn Genozid wird wie folgt definiert – Zitat (Fettschreibung durch mich):

Ein Völkermord oder Genozid[1] ist seit der Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes von 1948 ein Straftatbestand im Völkerstrafrecht, der durch die Absicht gekennzeichnet ist, auf direkte oder indirekte Weise „eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu zerstören“; er unterliegt nicht der Verjährung. Die auf Raphael Lemkin zurückgehende rechtliche Definition dient auch in der Wissenschaft als Definition des Begriffs Völkermord.

Und genau diese Definition im Rahmen der Konvention setzt für den Tatbestand des Völkermords explizit Vorsatz vorraus.

Der Grund, warum z.B. diverse Kolonialverbrechen, wie etwa die Kongogräuel nicht als "Genozid" in diesem Sinne gelten, trotz in Teilen horrender Opferzahlen und brutalster Methoden, liegt darin begründet, dass kein von vorn herein gefasster Vorsatz zur Vernichtung greifbar ist.
Wo ist der Vernichtungsvorsatz im Hinblick auf den Deutschordensstaat? Welches Dokument belegt den von Anfang an bestehenden Vorsatz eine dezidierte Vernichtungspolitik zu betreiben?

Die dokumentierte Absicht des Deutschen Ordens (DO und die von ihm angeworbenen Kreuzfahrer erhielten vom Papst die gleichen Privilegien wie jene, die ins Heilige Land fuhren*) war es, die baltischen Heiden zu christianisieren und dabei Land für sich zu gewinnen.

Land zu Erobern und den Bewohnern eine Religion zu oktroyieren entspricht allerdings offensichtlich nicht der Bekundung der Absicht ihrer physischen Vernichtung.
Auch Missionsarbeit an und für sich ist kein Völkermord.

Diese Heiden wurden dann niedergemetzelt, sofern sie sich nicht haben taufen lassen, damit ist die für einen Genozid nötige Bedingung erfüllt

Nein, ist sie nicht.

Was de facto im Prussenland passierte ist für die Frage ob das als Genozid verhandelbar ist oder nicht völlig uninteressant, so lange nicht belegbar ist, dass von Anfang an die Intention einer dezidierten Vernichtungsabsicht bestand.
Insofern das Ziel des Ordens aber die Missionierung (und das funktioniert nur mit Lebenden), nicht die physische Vernichtung oder Vertreibung oder Deportation der Bevölkerung war, müsste die Kategorie "Genozid" definitionsgemäß hiermit erledigt sein.


weil du wahrscheinlich weiter wie bisher aus hohler Hand argumentieren wirst; es ist jedenfalls nicht zu erkennen, dass du das von mir verlinkte Dokument gelesen hast.

Das gerade du anderen vorwirfst, sie würden aus hohler Hand argumentieren, ist für sich genommen schon ein Witz.

Bei dir ist regelmäßig erkennbar, dass du nicht einmal selbst vollumfänglich liest, was du so verlinkst, in der Regel ließt du allenfalls die Überschriften, oder copy-pastest irgendwelche Wiki-Passagen, herausgerissen aus ihrem Gesamtzusammenhang, in Teilen behauptest du Inhalte, die dort nicht drinnstehen.

Die benannte Passage der Überlieferung von Peter v. Dusburg belegt keinen Genozid im Sinne der "Völkermordkonvention" im Bezug auf das Prussenland.


Nehmen wir also die verlinkte Passage:

"Im Jahre 1283, als seit Beginn des Krieges gegen das Volk der Prussen schon 53 Jahre vergangen waren und alle Stämme im erwähnten Land bezwungen und ausgerottet waren, so daß auch nicht einer übrig geblieben war, der dem Joch der heiligen römischen Kirche nicht demütig den Nacken beugte, da begannen die Brüder vom Deutschen Haus den Krieg gegen jenes mächtige und überaus halsstarrige Volk, das nächst dem Preußenlande jenseits der Memel im Lande Litauen wohnt"


Mal davon abgesehen, dass das offensichtlich nicht der lateinische Orriginaltext ist, so dass die alternativlose Bedeutung einzelner Begriffe, wie "Stämme" , "ausgerottet" etc. und die Unmöglichkeit anderer Übersetzungen von dir plausibel zu belegen wäre, sofern du das als Basis deiner Argumentation bemühen möchtest:

Wo ist bei dir zum einen die Quellenkritik, die hinterfragt, inwiefern dies denn tatsächlich auch den Tatsachen entspricht (Referenzquellen, stand der archäologischen Forschungen ("Ausrotten" ganzer "Stämme" müsste ja archäologisch beweisbar sein, z.B. durch das abruppte Ende der Laufzeit von Siedlungsplätzen in diesem Zeitraum)?

Und wo wird hier nun eine Politik behauptet, die von Beginn an auf einen Genozid hinausgelaufen wäre?

Selbst wenn man das "ausgerottet" wörtlich nimmt, was (Übersetzungsproblematik) wahrscheinlich so eindeutig nicht ist, wo steht geschrieben dass die faktische "Ausrottung" tatsächlich im Zuge einer systematischen Politik betrieben (nicht etwa unbeabsichtigtes Nebenprodukt der Auseinandersetzungen war) und wo steht geschrieben, dass es der Ordensstaat gewesen wäre, der sie betrieben hatte (und nicht etwa z.B. andere prussische Gruppen, die sich möglicherweise mit dem Christentum und dem Orden arrangiert hatten und die neuen Strukturen zur Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber rivalisierenden prussischen Gruppen nutzten oder einfach alte Rechnungen beglichen)?

Das steht da nirgendwo.
Das ist wie so gut wie alles was von dir zu irgendeinem Thema kommt, dass Religion in irgendeiner Weise berührt reine Phantasie deinerseits.

Streng genommen steht dort nichtmal eindeutig, dass man erfolgreich zwangsmissioniert hätte. Da steht nur dass niemand übrig geblieben sei, "der dem Joch der heiligen römischen Kirche nicht demütig den Nacken beugte".

Ob mit dem "Joch der heiligen römischen Kirche" allerdings die geistliche Sphäre und damit das Christentum gemeint ist oder lediglich die weltliche Herrschaft der Kirche (als geistlicher Orden unterstand der Deutsche Orden und damit der gesamte Ordensstaat, mindestens in der Theorie direkt dem Papst und Rom, kann also durchaus im theoretischen Sinne als Repräsentant der Kirche aufgefasst werden), ist in der Passage nicht klar ausdefiniert.



Da gibt es eine ganze Menge Interpreatitionsspielraum, den du natürlich nicht berücksichtigst, weil er dir nicht in den Kram passt, aber damit kommt er nicht aus der Welt.

Einen Beleg, für einen Genozid gemäß Völkermordkonvention hast du nicht geliefert.
Du hast wie immer lediglich mit reichlich Schaum vor dem Mund mit Anschuldigungen bezüglich Verbrechen um dich geworfen, für die du in diesem Sinne keine Basis hast.
 
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Nehmen wir also die verlinkte Passage:

"Im Jahre 1283, als seit Beginn des Krieges gegen das Volk der Prussen schon 53 Jahre vergangen waren und alle Stämme im erwähnten Land bezwungen und ausgerottet waren, so daß auch nicht einer übrig geblieben war, der dem Joch der heiligen römischen Kirche nicht demütig den Nacken beugte, da begannen die Brüder vom Deutschen Haus den Krieg gegen jenes mächtige und überaus halsstarrige Volk, das nächst dem Preußenlande jenseits der Memel im Lande Litauen wohnt"


Mal davon abgesehen, dass das offensichtlich nicht der lateinische Originaltext ist, so dass die alternativlose Bedeutung einzelner Begriffe, wie "Stämme" , "ausgerottet" etc.
Bei Peter von Dusberg findet sich an dieser Stelle tatsächlich das Wort exterminate.
 
Bei Peter von Dusberg findet sich an dieser Stelle tatsächlich das Wort exterminate.

Der Stowasser gibt unter "ex-termino" die möglichen Bedeutungen: 1. vertreiben, aus den Grenzen jagen, 2. verbannen, entfernen 3. zugrunde richten, vernichten an.


Insofern wäre "ausrotten" sicherlich eine mögliche Übersetzung, die Frage ist, wäre es die einzige Denkbare?

Die Formulierung:

"Im Jahre 1283, als seit Beginn des Krieges gegen das Volk der Prussen schon 53 Jahre vergangen waren und alle Stämme im erwähnten Land bezwungen und ausgerottet waren [...]"

erscheint mir etwas fragwürdig, insofern das im Grunde suggerieren würde, das von der Bevölkerung insgesamt nichts übrig geblieben wäre.
Das kann aber so nicht gemeint sein oder wäre faktenwidrig (Überlieferung die vom Fortbestand christiansierten Prussen berichtet, Erhalt der altprussischen Sprache bis ins 17. Jahrhundert, archäologische Belege in Sachen Siedlungskontinuität) etc.

Vertreiben/Verbannen scheint zur Formulierung "im Land" nicht zu passen.

Insofern erscheint eine Übersetzug im Sinne von "vernichten" die einzige grammatisch plausible Möglichkeit zu sein, die Frage ist aber, angesichts des Umstands, dass eindeutig nachvollziehbar ist, dass es Kontinuität der prussischen Bevölkerung im größeren Maße gab, ob hier tatsächlich "ausrotten" im Sinne der physischen Vernichtung der Angehörigen der erwähnten "Stämme" gemeint ist oder aber das "Vernichten" der "Stämme" als eigenständiger selbstbestimmter Sozialstrukturen, die sich dem Machtanspruch des Ordens entzogen, was aber natürlich nicht notwendigerweise die tatsächliche "Ausrottung" der Mitglieder eines Stammes vorausgesetzt hätte, sondern nur dessen erzwungene Dekonstruktion als soziale Gemeinschaft und die Einbindung der Mitglieder in andere Strukturen.
 
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Klärt bitte die gegenseitigen Animositäten per PN und nicht coram publico. Danke sehr.
Und dann sei mir noch die Bitte erlaubt, dass ihr die Kurve zum Thema wieder bekommt:

Ist der Kolonialismus daran schuld, dass die Normalität nonbinärer Identitäten in kolonialisierten Ländern verschwunden ist?
Ich denke, dass sowohl Argumente für als auch wider dieser These bzw. Fragestellung vorgebracht worden sind.

Kontroverse ist gut, aber ideologische Grabenkämpfe brauchen wir hier wirklich nicht!
 
Und dann sei mir noch die Bitte erlaubt, dass ihr die Kurve zum Thema wieder bekommt:

Ist der Kolonialismus daran schuld, dass die Normalität nonbinärer Identitäten in kolonialisierten Ländern verschwunden ist?
(diese Frage sehe ich nicht in der Überschrift des Fadens, aber ich bin auch nur Laie in historischen Forschungsangelegenheiten)

...wenn man auf die zitierte Frage mit ja oder nein antwortet, setzt man voraus, dass es eine "Normalität nonbinärer Identitäten" in den Gegenden, welche später zwangsweise kolonisiert wurden, gegeben habe (und man impliziert insgesamt ein "Normalität binärer Identitäten") Wie schon von dir @El Quijote festgestellt, ist es um den Nachweis dieser Voraussetzung (von ihren implizierten Wertungen mal ganz abgesehen) quellenmäßig nicht so ergiebig bestellt...
 
diese Frage sehe ich nicht in der Überschrift des Fadens

Mitunter besteht ein Beitrag nicht nur aus seiner Überschrift. Im Eingangsbeitrag wurde die Frage explizit formuliert.

Es geht um die Behauptung

"Dass wir heute in diesem festgefahrenen, binären Geschlechtersystem leben, das haben wir dem Kolonialismus zu verdanken. Denn als die europäischen Kolonialisten in die Welt gegangen sind, haben sie all diese jahrtausendealten Kulturen ausgelöscht und damit auch das damit einhergehende Geschlechterbild. Plötzlich wurde Mehrgeschlechtlichkeit oder auch gleichgeschlechtliche Liebe kriminalisiert und als Perversion abgestempelt."
Und gefragt wurde dann:
Ich bin leider kein Historiker und wüsste nur zu gern, wie valide das ist.

Hintergründe meiner Frage:

[...]

Wer mag mir helfen, das alles richtig einzuordnen?​



 
Es geht um die Behauptung
mit dieser Formulierung bin ich einverstanden.

Das, was @Adred zitiert hatte:
(...) "Dass wir heute in diesem festgefahrenen, binären Geschlechtersystem leben, das haben wir dem Kolonialismus zu verdanken. Denn als die europäischen Kolonialisten in die Welt gegangen sind, haben sie all diese jahrtausendealten Kulturen ausgelöscht und damit auch das damit einhergehende Geschlechterbild. Plötzlich wurde Mehrgeschlechtlichkeit oder auch gleichgeschlechtliche Liebe kriminalisiert und als Perversion abgestempelt." (...)
ist nichts anderes als ein Behauptung.
 
Jau, und die Frage war, was an dieser Behauptung dran ist. Formuliert man die Frage in einem Satz, lautet sie:

Ist der Kolonialismus daran schuld, dass die Normalität nonbinärer Identitäten in kolonialisierten Ländern verschwunden ist?

Nein, die Fragestellung ist eben nicht dieselbe wie in dem von @dekumatland aus dem OP zitierten Text, weil die Frage in der Formulierung von @El Quijote bereits als Tatsache impliziert, dass es irgendwann vor der Kolonialisierung eine "Normalität nonbinärer Identitäten" gab, die dann später verschwunden ist und die Frage wird darauf reduziert, ob der Kolonialismus daran schuld sei.
 
Fände dann die Formulierung "Ist die Normalität nonbinärer Identitäten in kolonialisierten Ländern verschwunden, und falls ja, ist der Kolonialismus daran schuld?" Gnade vor Deinen Augen?
 
Nein, die Fragestellung ist eben nicht dieselbe wie in dem von @dekumatland aus dem OP zitierten Text, weil die Frage in der Formulierung von @El Quijote bereits als Tatsache impliziert, dass es irgendwann vor der Kolonialisierung eine "Normalität nonbinärer Identitäten" gab, die dann später verschwunden ist und die Frage wird darauf reduziert, ob der Kolonialismus daran schuld sei.
Das ist im Prinzip das, was die zitierte Historikerin* unterstellt. Wir haben im Verlaufe der Diskussion bereits Argumente dafür und dagegen gelesen.


*Sie ist tatsächlich Historikerin (aber eben auch Aktivistin und trennt beide Rollen m.E. nicht hinreichend). Warum ich ihren Namen nicht nenne: Sie tritt auf ihrer Website, auf der sie auch ihre Beraterdienste anbietet, nicht mit ihrem bürgerlichen Namen, sondern mit einem Online- bzw. Aktivistennamen auf. Beide Namen werden in einigen Presseveröffentlichungen, vor allem aber auf rechtspopulistischen Plattformen genannt, was ein gewisses Bedrohungspotential darstellt, da sie sich nun mal mit ihren Thesen exponiert.
 
Fände dann die Formulierung "Ist die Normalität nonbinärer Identitäten in kolonialisierten Ländern verschwunden, und falls ja, ist der Kolonialismus daran schuld?" Gnade vor Deinen Augen?

Das ist etwas besser, impliziert aber immer noch als Tatsache, dass es die "Normalität nonbinärer Identitäten" gab und die Fragestellung ist dann, ob es diese verschwunden ist und wenn ja, ob der Kolonialismus schuld daran ist.

Besser wäre folgendes:

"Gab es in den von westlichen Ländern kolonisierten Gebieten vor der Kolonialisierung eine Normalität nonbinärer Identitäten und wenn ja, ist diese später verschwunden und wenn wiederum ja, war das die Schuld des Kolonialismus."
 
Das ist etwas besser, impliziert aber immer noch als Tatsache, dass es die "Normalität nonbinärer Identitäten" gab und die Fragestellung ist dann, ob es diese verschwunden ist und wenn ja, ob der Kolonialismus schuld daran ist.

Besser wäre folgendes:

"Gab es in den von westlichen Ländern kolonisierten Gebieten vor der Kolonialisierung eine Normalität nonbinärer Identitäten und wenn ja, ist diese später verschwunden und wenn wiederum ja, war das die Schuld des Kolonialismus."

Das heißt, die Frage "War das die Schuld des Kolonialismus?" ist auch Deiner Ansicht nach im Eingangsbeitrag enthalten.
 
Das heißt, die Frage "War das die Schuld des Kolonialismus?" ist auch Deiner Ansicht nach im Eingangsbeitrag enthalten.
wenn man das ganz genau wissen will, kann man #1 nachlesen, wo Zweifel an der von einer Historikerin/Aktivistin praesupponierten, aber als Faktum dargestellten "Normalität nonbinärer Identitäten" formuliert sind.
Stellt sich also die Frage: will man hier Fragestellungen aus #1 diskutieren (beantworten traue ich mir nicht zu) oder ist das schon abgehakt und wichtigeres ist in den Vordergrund gerückt?
 
Das heißt, die Frage "War das die Schuld des Kolonialismus?" ist auch Deiner Ansicht nach im Eingangsbeitrag enthalten.

Als konditionale Frage, ja. Nur muss man eben bevor man diese Frage sinnvoll beantworten kann, erst einmal klären, ob die Prämisse, dass es die postulierte "Normalität nonbinärer Identitäten" überhaupt gab, zutrifft.

Um diese Frage wiederum zu beantworten, müsste man imho erst mal definieren, was man damit genau meint. Und da habe ich teilweise den Eindruck, dass versucht wird, uns jede Abweichung von traditionellen West- oder Mitteleuropäischen Verhältnissen als eine solche "Normalität nonbinärer Identitäten" zu verkaufen, z. B. wenn die Existenz von Eunuchen in manchen solchen Gesellschaften als Argument ins Feld geführt werden. Diese haben doch mit einer freien Wahl der Geschlechtsidentität im postmodernen Sinne nichts zu tun, sondern die Erzeugung von Eunuchen war Unterdrückungs- und Missbrauchsinstrument.
 
z. B. wenn die Existenz von Eunuchen in manchen solchen Gesellschaften als Argument ins Feld geführt werden. Diese haben doch mit einer freien Wahl der Geschlechtsidentität im postmodernen Sinne nichts zu tun, sondern die Erzeugung von Eunuchen war Unterdrückungs- und Missbrauchsinstrument.
Kann man das so verallgemeinern? Laut wiki gab es beispielsweise im Kybelekult oder im kaiserlichen China Menschen, die freiwillig Eunuchen wurden: "Die Selbstkastration war besonders in der Qingzeit (1644–1911) verbreitet. Erhielten diese Kastraten einen Posten im Palast, egal ob beabsichtigt oder nicht, bedeutete das für die ganze Familie Lebensunterhalt und Sozialprestige."
Ob dieser Schritt vollzogen wurde, um seine Geschlechtsidentität wahrzunehmen oder aber eher aus religiösen Gründen oder um Karriere am kaiserlichen Hof zu machen, steht auf einem anderen Blatt.
Erwähnenswert finde ich auch die Praxis, dass in Italien vor allem zur Barockzeit (aber wohl auch noch bis ins 19. und frühe 20. Jahrhundert) Knaben kastriert wurden, damit sie die hohen Stimmen im Kirchenchor und der Oper singen konnten. Italien war eine europäische Kolonialmacht.
 
Stellt sich also die Frage: will man hier Fragestellungen aus #1 diskutieren (beantworten traue ich mir nicht zu)

Ich zumindest schon, und @El Quijote offensichtlich auch. Nachdem nun geklärt ist, dass die von ihm in einem kurzen Satz formulierte Frage (und ich bin mir sicher, er wollte nicht das Thema auf diese eine Frage reduzieren) tatsächlich im Eingangsbeitrag gestellt wurde, würde ich gern nochmal einen Punkt aufspießen, der auch mein Interesse geweckt hat:

Im Judentum gibt es ein ganz anderes Verständnis von Geschlecht, das [wir] in diesem binären System kennen.
Das ist eigentlich die mich am stärksten irritierende Stelle. Die Feindschaft, die im Christentum, im Viktorianismus gegenüber nonbinären, nicht heteronormativen Identitäten vertreten wurde und z.T. bis heute wird, speist sich nicht aus dem NT, sondern in erster Linie aus dem AT. Da hätte ich gern mehr Futter quellenmäßig.

Der Frage nach quellenmäßigem Futter schließe ich mich an. Dass im AT Eunuchen erwähnt werden, ist ja keineswegs ein Hinweis auf ein "ganz anderes Verständnis von Geschlecht".
 
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