Kressman Taylor - Adressat unbekannt

Lukrezia Borgia

Moderatorin
Mir ist in den letzten Wochen ein kleines Bändchen untergekommen, das ich unheimlich bewegend fand. Es handelt sich um den Briefroman "Adressat unbekannt" der amerikanischen Journalistin Kressman Taylor.

Erzählt wird die Geschichte des deutschen Geschäftsmannes Martin Schulse, der in den Vereinigten Staaten zusammen mit einem jüdischen Partner Max Eisenstein eine Galerie betreibt. Die beiden verbindet nicht nur eine geschäftliche Verbindung, sondern es sind auch enge familiäre Bande geknüpft. Anfang der 30er Jahre kommt Martin Schulse nach Deutschland zurück und zeigt sich sehr empfänglich für das Gedankengut, das von den Nationalsozialisten verbreitet wird.

Erschütternd ist der Prozess, wie er sich immer mehr von seinem jüdischen Freund entfernt, ihm Stereotypen unterstellt und damit beginnt, sich von ihm zu distanzieren. Eine tragische Wendung nimmt die Geschichte, als die Schwester von Eistenstein, wohl eine verflossene Liebe von Schulse, nach Deutschland kommt und erschossen wird, während dieser tatenlos dabei zusieht.

Es ist ein fiktiver Briefwechsel und so könnte man es trotz der bewegenden Story in die Reihe der literarischen Ergüsse zur NS-Zeit einreihen, von denen einige weniger gelungen sind, andere jedoch um so mehr. Bemerkenswert bei diesem Werk ist jedoch, dass Kressman Taylor diesen Briefwechsel bereits 1938 veröffentlichte.
 
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