"Krieg und Frieden"

... und wer den 1. Teil verpasst hat, kann ihn unter ZDF.de - Startseite noch einmal in voller Länge ansehen.

Mein Fazit: Nicht so schlecht, wie ihn manche Publikationen kritisiert haben, aber halt ein TV-Film, dem das Flair der Kinoproduktionen abgeht.

Zu den Darstellern kann ich noch nichts sagen, da spuken mir noch zu sehr Mel Ferrer, Henry Fonda und Audrey Hepburn im Kopf rum.
 
@Marcia: Die Geschichte ist zwar bis fast zur Unerträglichkeit gekürzt, wobei leider viele wichtige Feinheiten auf der Strecke geblieben sind, aber ich habe es gern gesehen und kann mich den negativen Kritiken nicht anschließen.

Genauso wie eine 1:1 Verfilmung des "Herrn der Ringe" 20 Stunden erfordert hätte, geht es auch bei diesem Vierteiler nicht ohne Toltois Meisterwerk etwas zu straffen. Sonst bräuchte man 10 Teile und es wäre letztendlich,... nun sagen wir mal anstrengend.

Ich bin jedenfalls auch angenehm überrascht.
 
Ich hab mich an den Sessel fesseln lassen und schaute mutig bis zum Schluss ohne die Augen zu schliessen.
Feldmarschall Mack reitet verwundet als Ritter mit der traurigen Gestalt allein durch Bayern um Kutusow zu warnen.
Kutusow - das minimale Produktionsbudget im Hinterkopf - schreit bereits vor Beginn der Schlacht bei Austerlitz "Rückzug!". Bei der Lage-Vorbesprechung der Austerlitz-Schlacht schläft er denn auch tief und fest. Die FAZ-Kritik hat 10 Minuten für die Austerlitz-Szene gestoppt. In Frankfurt gibt es wohl langsame Uhren.
Besuchow trägt eine Brille. Seine Frau (diese Natter) schimpft ihn ständig, er solle doch seine Brille abnehmen. Besuchow trägt sie tapfer weiter, weil das Drehbuch seine Brille ausgedacht hat. Wieso weiss das nicht seine (belesene?) Schauspielkollegin?
Bolkonski Andrej wird mit rollendem R gerufen. Alle weiteren Rs im Film nicht.

Die Liebesspiele sind derart hölzern kurz gefasst:"Wenn sie sich jetzt umdreht, heirate ich sie", oder anatomischer Unfug:"Liebe ist der stechende Schmerz unter dem Herzen" (Bauchfellentzündung?), dass von Tiefe überhaupt nichts zu spüren ist.
Auch sonst ist Tiefe über die Protagonisten des Filmes nicht zu erkennen. Stattdessen werden alle möglichen Leute oberflächlich im Vorbeiflug skizziert.
Rühmliche Ausnahme Bolkonski senior.

Ich empfehle den Film "Russian Ark" (90 Minuten in einer Sequenz, mit 3000 Schauspielern bzw.Statisten und einer Zeitreise durch die zaristische Geschichte).
Der ist gut und ich habe den nicht mitfinanziert (keine GEZ).
 
Lieber @Hurvinek, die von dir aufgezählten Punkte sind ja grösstenteils richtig und auch mir aufgefallen. Wenn es dich gestört hat, mich weniger und Millionen Fernsehzuschauer, die bestenfalls von Napoleon, aber nie von Austerlitz gehört haben, gar nicht. Ob es nun Mack persönlich ist oder eine Ordonanz ist doch unwichtig für die Handlung.

Wenn man eine Blitzumfrage machen würde, wer das Buch wirklich einmal gelesen hat, wäre das Ergebnis mit Sicherheit ohnehin eine Katastrophe.

Last not least: "Krieg und Frieden" soll und darf kein napoleonische Schlachteplatte sein. Ansonsten kann ich mir gleich "Waterloo" ansehen. Mit Borodino kommt noch genug...
 
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Last not least: "Krieg und Frieden" soll und darf kein napoleonische Schlachteplatte sein. Ansonsten kann ich mir gleich "Waterloo" ansehen. Mit Borodino kommt noch genug...

Wer verlangt das? Ich habe festgestellt, dass mir der Film zu flach ist. Ich habe nicht aufgerufen, den Film nicht zu schauen. Ich empfehle für diejenigen die Ausgleich brauchen einen schönen Film zu schauen.

Du meinst Borodino wird im Film üppiger? Mit den paar Statisten?
 
Ein wohltemperierter Film, ohne große Höhen und Tiefen, den man gern ob seiner hübschen Schlösser, Frauen und Kostüme anschaut, und schnell wieder vergisst.

Eine auch nur einigermaßen überzeugende Personenregie ist dem Regisseur nicht gelungen, denn die Figuren sind äußerlich angelegt und lassen jedweden psychologischen Hintergrund vermissen.

In eine kritische Distanz lässt sich der Film schon gar nicht ein, sodass das Ganze zum reinen Kostüm- und Requisitenspektakel wird. Schade!

Mit zu niedrigen Produktionskosten hat das nicht das mindeste zu tun. Es gibt Low-Budget-Filme mit grandioser schauspielerischer Präsenz, und Zweihundert-Millionen-Dollar-Filmnieten. Zum Erfolg gehören ein subtiler, intelligenter Regisseur und ein ausdrucksstarkes Schauspielerteam - an beidem mangelt es der Fernsehproduktion "Krieg und Frieden"!
 
Ich zweifle daran, dass dieser Roman überhaupt adäquat verfilmt werden kann.
Eine qualitativ hochwertige Verfilmung, die sich von der Literaturvorlage entfernt, entfernen muss und ihre eigene Sprache spricht, wird sich wahrscheinlich die Kritik gefallen lassen müssen, respektlos gegenüber dem Original zu sein bzw. es bis zur Unkenntlichkeit zu verändern.
Was diese Verfilmung angeht, sehe ich die Tendenz, Tolstoi ein bisschen adaptieren zu wollen, was allerdings auch recht kläglich anmutet, anmuten muss. Schöne Bilder und stimmungsvolle Landschaften, die durchfahren, durchritten und durchschritten werden, erinnern mit Wehmut daran, dass Tolstois Bildkraft eben viel mehr als nur schön ist.
Und all das, was Tolstoi indirekt erzählt, gerät zu Plattitüden, wenn es den Figuren als simple Botschaften in den Mund gelegt wird.
Ein Beispiel ist die berühmte Textstelle (all diejenigen, die „Krieg und Frieden“ gelesen haben, werden sie kennen), in der Fürst Andrej, als er seine Güter besuchen will, an einer alten Eiche anhält und sie betrachtet. (Im Film sagte er so ein paar simpel gestrickte Sätzchen wie „ich bin wie die Eiche da“ und krümelt ein bisschen an der Rinde herum). Bei Tolstoi spiegelt sich alles, was Andrej zu diesem Zeitpunkt ist und empfindet, in der Art und Weise, wie er die Eiche ansieht. Am selben Abend begegnet er Natascha wieder, verliebt sich in sie, und als er am nächsten Morgen wieder an der Eiche vorbei kommt , sieht er sie mit anderen Augen. Im Film hält er kurz beim Wegreiten inne und schaut mal zum Baum hinüber.
Darin zeigt sich eigentlich die ganze Problematik, und ich kann auch verstehen, wenn manche Leute sagen, so eine Verballhornung sehe ich mir nicht an. Diese Szene ist fast bis zur Unkenntlichkeit zusammengekürzt und entstellt worden, und etliche Zuschauer, die das Buch nicht kennen, werden sie kaum zur Kenntnis genommen haben. Ich allerdings hätte es den Filmemachern sehr, sehr übel genommen, wenn sie nicht wenigstens andeutungsweise übernommen worden wäre!
Etwas Positives habe ich allerdings zu berichten. Mein Kind, das nur abgewinkt hat, als ich erzählte, was ich gestern Abend zu sehen beabsichtigte, ist dann zu vorgerückter Stunde doch noch herein gekommen, sah einen Moment zu, blieb sitzen. Schaute hin, fragte nach, blieb bis zum Schluss. Ich denke ja nicht, dass nun eine Tolstoi-Leserin aus ihr wird, aber ein bisschen hoffe ich schon, dass sie den Titel und ein paar Eindrücke im Gedächtnis behält. Es sind ja oft solche frühen und eher flüchtigen Eindrücke, die einen dazu bewegen, doch eines Tages – und sei es nach Jahrzehnten - zum Buch zu greifen.
 
Ein Beispiel ist die berühmte Textstelle (all diejenigen, die „Krieg und Frieden“ gelesen haben, werden sie kennen), in der Fürst Andrej, als er seine Güter besuchen will, an einer alten Eiche anhält und sie betrachtet. (Im Film sagte er so ein paar simpel gestrickte Sätzchen wie „ich bin wie die Eiche da“ und krümelt ein bisschen an der Rinde herum).

Meines Wissens krümelte an der Baumrinde Fürst Pierre Besuchow herum als er seine Ländereien besuchte. Prinz Andrej Bolkonski (Prinz deshalb, weil sein Vater noch lebt und Fürst Bolkonski ist) verliebt sich im Film erst beim Walzerball am zaristischen Hof 1807 oder 1808 in Natascha Rostowa.
 
Ich habe leider kein Fernsehen, werde aber zwangsläufig wohl irgendwann das Ganze auf DVD zu sehen bekommen. Die Bilder erinnerten mich ein bisschen an den Napoleon-Vierteiler, na kommt ja auch aus der ähnlichen Ecke.
Jacobum kann ich mich nur anschließen, für mich ist, trotz der unendlichen Fehler im Film, eben Henry Fonda der Pierre aus "Krieg und Frieden" geblieben, was auch daher kommen mag, dass ich ihn für einen der besten Schauspieler aller Zeiten halte.

Aber versprochen, wenn ich ihn mal sehe, dann gibt es wahrscheinlich eine Kritik von meiner Seite.

PS: So unbekannt ist nun Austerlitz auch nicht. Im 19.Jh. zählte es sicherlich noch zu den berühmtesten Schlachten der Militärgeschichte und dürfte auch heute noch nach Waterloo eine der bekanntesten Napoleon I. sein.
 
Der erste Teil kam mir sehr entgegen. Eigentlich hab ich keine Zeit für so viel Fernsehn, und der erste Teil bestätigte mir, dass es auch nicht notwendig sei.

Allerdings muß ich zugeben, dass mich auch das Buch nie zu fesseln vermochte, bis auf einige wenige Stellen.

Die meisten Schauspieler erschienen mir hölzern oder einfach unfähig bzw. unglaubwürdig. Clémence Poésy wirkte teilweise geisteskrank, nicht lebenslustig. Im Gegenteil zu ihrer übertriebenen Mimik schaffte es Ana Caterina Morariu nicht im mindesten die vorgegebenen Emotionen mitzuteilen.
Und wenn denn mal die Schauspieler ihr Bestes geben (oder versuchen), dann reißt die Synchro es wieder runter, wie bei Hary Prinz, alias Denissow.
Kurzum, da wo Minimalismus angesagt gewesen wäre, wird geklotzt (nicht mal ein Blinder wäre auf DIESE Hélène und ihren Vater reingefallen), und mitunter da wo einmal Emotion gefragt war...
Ausnahmen gab es auch (m.E. nicht in bester Form aber gut McDowell), also darf man wohl von TV Niveau sprechen.

Die Schlacht schließlich, so man dieses Wettrennen mit Musketen so nennen will, war unglaubwürdig bis zur Niederlage, der meiner Aufmerksamkeit. Alles, was eine Schlacht dieser Zeit ausmacht, kam nicht herüber, und der Ablauf wurde weder klar noch Ansatzweise versucht.
Da hätten die Macher wenigstens ein wenig Anleihen bei Kinofilmen der letzten Zeit machen können. Immerhin leben wir ja in Zeiten der computergenierten Heere, und wie man einen Kampf mit dieser Waffentechnik darstellt vermittelten Filme wie Cromwell, Waterloo, Glory oder auch Gettyburg und sein "Nachfolger".

Also ich spars mir.

Nachtrag: ich erinnere mich an mein entsetzen, als in einer Beilage zu der von mir seinerzeit gelesenen Version französische Textstellen entgegensprangen, und mir eindringlich klargemacht wurde, in welcher Sprache man sich "kultiviert" unterhielt.
Dementsprechend verwirrte mich die Sprachenhopplerei. Egal mit wem sich die Akteure unterhielten, es gab keine Verständigungsprobleme (weder unter den Figuren noch mit dem Publikum). Aber der Tanzlehrer gab seine Anweisungen auf eben nicht übersetztem Französisch, während die Priester auf russisch murmeln (und auch sonst eigentlich nicht und manchmal doch russische Sprachfetzen geistern).
 
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Das ist doch nicht dein Ernst, Briso!

Trommelst du auch bei der Weitergabe von Nachrichten, gibst du Lichtzeichen oder hast du gar ein Telefon?
Doch das ist mein Ernst, von E-Mails bin ich schon wieder weg, fast alles wird mit Gänsekiel zu Papier gebracht ... was denkst Du denn.:fs:=)

Dafür gehe ich aber ins Kino immer mal wieder und dann gibt es von mir Rezensionen oder wahlweise wenn ich einen Film bei Bekannten gesehen habe oder auf DVD erworben.

Von daher kann ich Tib.Gabinius beipflichten. Nach den TV-Verfilmungen wie die zu Trenck, Napoleon usw. würde ich doch keine gescheiten Schlachtszenen mehr erwarten. Ich kann aber auch ein bisschen beruhigen, in Filmen wie der großen französischen Produktion von Sacha Guitry (1954) "Napoleon" hoppelten auch unmotiviert irgendwelche Reiter über die Leinwand, ohne das Konzept einer Schlacht ernsthaft erkennen zu lassen.
 
Meines Wissens krümelte an der Baumrinde Fürst Pierre Besuchow herum als er seine Ländereien besuchte. Prinz Andrej Bolkonski (Prinz deshalb, weil sein Vater noch lebt und Fürst Bolkonski ist) verliebt sich im Film erst beim Walzerball am zaristischen Hof 1807 oder 1808 in Natascha Rostowa.

Es ist gut möglich, dass ich mit den Titeln was verwechselt habe - dann Danke für die Richtigstellung. Ebenso mit der Baumrinde, obwohl es meiner Meinung nach wenig Unterschied macht, ob nun dieser oder jener gekrümelt hat. Und was das andere angeht, ich ging vom Buch aus, habe es jedenfalls so in Erinnerung, werde mir aber nun den Roman kaufen (ich hatte ihn mir zum Lesen ausgeliehen) und das eine oder andere nachlesen, komplett nochmal lesen kann ich ihn derzeit leider nicht.

Ich freue mich über die vielen unterschiedlichen Meinungen hier und die lebhafte Diskussion, wenn's für den einen oder anderen nicht das Richtige war, tut es mir leid ... es ist halt immer eine Frage des Geschmacks, der Erwartungen, die man mitbringt, der Tagesform, der Frustrationstoleranz...;)

Morgen wird mir die Wahl schwer fallen, weil parallel "Bloch" auf der ARD läuft, da weiß ich noch nicht, was ich ansehe und was ich aufnehmen lasse (lasse, da technisch unbegabt:rotwerd:).
 
Zum Trost: der "Tatort" im Ersten war auch nicht so toll. Danach habe ich ca. 3 Minuten K&F gesehen, ein Ball, viele Schauspieler, die ganz offensichtlich weniger selber eine Rolle spielten als ihre berühmten Vorbilder der ersten (US-) Verfilmung reenacteten. Hmmm.

Ausgeschaltet und:betthupferl:
 
Morgen wird mir die Wahl schwer fallen, weil parallel "Bloch" auf der ARD läuft, da weiß ich noch nicht, was ich ansehe und was ich aufnehmen lasse (lasse, da technisch unbegabt:rotwerd:).

"Bloch"? Dieser gutmenschelnde Film-Psychotherapeut, der jederzeit bereit ist die ganze Menschheit psychotherapeutisch zu retten?
 
Krieg und Frieden

Hallo!

Ich möchte gern auch ein paar Eindrücke loswerden.

Korrigiert mich, wenn ich falsch liege, aber Zar Alexander I war im Jahr von Austerliz 28 Jahre alt. Im Buch hegt Nikolai eine regelrechte jugendliche Verliebtheit in den jungen Zaren. Im Film (in der Austerlitzszene) ist er ein Mann mittleren Alters ohne Charisma und Nikolais Bewunderung wird in einem Satz abgehakt.

Zur Austerlitzszene: Hier hätte man den Zuschauer etwas mehr an die Hand nehmen müssen. Dem Zuschauer hätte erklärt werden müssen, warum Kutosov die Schlacht für verloren hält, als die Franzosen im Nebel auftauchen. So ist alles etwas sehr plötzlich.

Einige Schauspieler halte ich für echte Glücksgriffe: Pierre, Natascha und Nikolai vor allem. Aber Malcom McDowell? Außerdem ist die Synchronisation nicht immer gelungen.

Ach, nochwas:
Jede Wette, dass Nataschas Ausruf bei der Räumung Moskaus: "Sind wir etwa Deutsche?" unerwähnt bleibt. Oder Tostojs eigentümliche Theorie zum Brand der Stadt...
 
So, der 4. Teil ist gelaufen.

Mein persönliches Fazit: Unter den mir bekannten "Krieg und Frieden"-Verfilmungen hat die Reihe den 3. Platz belegt (von 3).

Platz 1 bleibt die sowjetische Verfilmung von Bondartschuk, Platz 2 geht an Hollywood.

Ich finde, dass sich das TV an Tolstoi etwas verhoben hat. Die unheimlich komplexe Handlung massenpublikumstauglich zu verarbeiten ist nicht gelungen. Die Schauspieler waren zum Großteil hölzern und oberflächlich (am besten haben mir noch die Darsteller von Anatol Kuragin und Fürst Kutusow gefallen).

Ansonsten wirkte alles sehr bemüht aber unzureichend. Das ist, wie wenn der Gesangsverein Pforzheim den Ring des Nibelungen aufführt...
 
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