Lager der Römer in Thüringen

@ ELQ

das Grabenwerk ist definitiv älter als das Frühmittelalter, da die frühslawische Keramik in der oberen und mittleren Befüllung nur vorkommt. Und wenn du mal bei einer Grabung dabei warst, dann brauche ich dir wohl nicht erklären, dass bei einer verdichteten Zwischenschicht einer längerer Zeitraum ohne Nutzung vorgeherrscht haben muss. Bei Pömmelte ist das der Fall. Es spricht nichts gegen ein temporäres Marschlager. Zudem habe ich schon seit längerem festgestellt, dass gehäufte Konzentrationen römischer Münzfundorte auf ein mögliches Römerlager hinweisen können - siehe dazu das augusteische Marschlager in Wilkenburg.

* Gehrden (augusteischer Schatzfund von 30 Denaren)
* Ronnenberg (Denar der republik Syd. 601)
* Reden AE des Augustus RIC ? versch.
* Everloh Denar 32/31 v. Chr., Cra 544/14

Quelle: FMRD VII 4-9

Schon die Friebe-Jünger haben Anfang der 2000er Jahre dieses bei der Marienburg/Hildesheim gesucht.

Auf Grund meines Profiling bezüglich der römischen Fundmünzen im Umfeld von Hachelbich fällt das Lager in die frühe Kaiserzeit.
 
@ ELQ

das Grabenwerk ist definitiv älter als das Frühmittelalter, da die frühslawische Keramik in der oberen und mittleren Befüllung nur vorkommt. Und wenn du mal bei einer Grabung dabei warst, dann brauche ich dir wohl nicht erklären, dass bei einer verdichteten Zwischenschicht einer längerer Zeitraum ohne Nutzung vorgeherrscht haben muss. Bei Pömmelte ist das der Fall. Es spricht nichts gegen ein temporäres Marschlager. Zudem habe ich schon seit längerem festgestellt, dass gehäufte Konzentrationen römischer Münzfundorte auf ein mögliches Römerlager hinweisen können - siehe dazu das augusteische Marschlager in Wilkenburg.

* Gehrden (augusteischer Schatzfund von 30 Denaren)
* Ronnenberg (Denar der republik Syd. 601)
* Reden AE des Augustus RIC ? versch.
* Everloh Denar 32/31 v. Chr., Cra 544/14

Quelle: FMRD VII 4-9

Schon die Friebe-Jünger haben Anfang der 2000er Jahre dieses bei der Marienburg/Hildesheim gesucht.

Auf Grund meines Profiling bezüglich der römischen Fundmünzen im Umfeld von Hachelbich fällt das Lager in die frühe Kaiserzeit.
Die Torsituation von Pömmelte irritiert etwas. Im Ostgraben ist kein Tor erkennbar, jedenfalls bis zum Graben. Das südliche Tor ist unsymmetrisch weit nach Osten verschoben. Und die Zangen sind sehr flach gehalten. Eine Ähnlichkeit mit Hachelbich ist nicht erkennbar. Gibt es denn Münzfunde aus dem Gebiet?
 
@Opteryx

es gibt einige römische Marschlager, wo deren Tore stark verschoben sind. Mit Hachelbich ist das auch nicht zu vergleichen, da Hachelbich kein Zangentor hat. Die meisten Münzfunde aus näherer Umgebung passen alle in die spätantoninisch/frühseverische Zeit. Da Gommern (Fürstengrab) gleich gegenüber liegt, müsste auch daran gedacht werden. Der goldene Münzabschlag auf dem Niet der Schildfessel zeigt das Avers des Severus Alexander, welcher aus 233/35 n. Chr. stammt. Zudem wurde dem Fürsten auf seiner letzten Reise Silbermünzen aus spätantoninischer Zeit (160-180 n. Chr.) mitgegeben und ein abgenutzter Aureus des Trajan als Obolus in den Mund gelegt. Siehe Anhang dazu.

Aus der Historia Augusta wissen wir, dass Alexander an die Germanen wieder Gelder zahlte, was schließlich zu dessen Tod und dem Bellum Germanicum unter Maximinus führte.
 

Anhänge

  • Scan_20181120.jpg
    Scan_20181120.jpg
    532,9 KB · Aufrufe: 292
Also- Tor- und Karolingerspezialisten ans Werk!
Ich gehöre zwar weder zu den Tor- noch Karolingerspezialisten, aber mir fällt außer der Flachheit der "Zangen" vor allem auf, dass das Tor extrem schmal ist. In "De munitione castrorum" wird für die Hauptstraßen des Lagers eine Breite von 60 pedes, also knapp 18 Meter empfohlen. Für die Nebenstraße (quintana), falls sie durch Tore führt, eine Breite von 50 pedes, also knapp 15 Meter. In Wilkenburg haben wir sogar 20 Meter, in anderen Marschlagern um die 10 Meter.

Hier sind es zwischen den Grabenenden gerade mal zwei bis drei Meter. Wenn das ein Römerlager sein soll, dann stimmt doch irgendwas nicht?
 
Ich gehöre zwar weder zu den Tor- noch Karolingerspezialisten, aber mir fällt außer der Flachheit der "Zangen" vor allem auf, dass das Tor extrem schmal ist. In "De munitione castrorum" wird für die Hauptstraßen des Lagers eine Breite von 60 pedes, also knapp 18 Meter empfohlen. Für die Nebenstraße (quintana), falls sie durch Tore führt, eine Breite von 50 pedes, also knapp 15 Meter. In Wilkenburg haben wir sogar 20 Meter, in anderen Marschlagern um die 10 Meter.

Hier sind es zwischen den Grabenenden gerade mal zwei bis drei Meter. Wenn das ein Römerlager sein soll, dann stimmt doch irgendwas nicht?
Aus dem Magnetogramm messe ich ca. 5-6 Meter.
 
Aus der Historia Augusta wissen wir, dass Alexander an die Germanen wieder Gelder zahlte, was schließlich zu dessen Tod und dem Bellum Germanicum unter Maximinus führte.

Kannst Du mal bitte die Stelle aus der Historia Augusta zitieren?

Dass Severus Alexander versuchte, den Frieden von den Germanen zu erkaufen und das Heer aus diesem Grund meuterte, lese ich bei Herodian 6.7.9f.
 
Ich gehöre zwar weder zu den Tor- noch Karolingerspezialisten, aber mir fällt außer der Flachheit der "Zangen" vor allem auf, dass das Tor extrem schmal ist. In "De munitione castrorum" wird für die Hauptstraßen des Lagers eine Breite von 60 pedes, also knapp 18 Meter empfohlen. Für die Nebenstraße (quintana), falls sie durch Tore führt, eine Breite von 50 pedes, also knapp 15 Meter. In Wilkenburg haben wir sogar 20 Meter, in anderen Marschlagern um die 10 Meter.

Hier sind es zwischen den Grabenenden gerade mal zwei bis drei Meter. Wenn das ein Römerlager sein soll, dann stimmt doch irgendwas nicht?

Die Stelle bezieht sich nur auf den Raum der für diese oder jene Strasse innerhalb des Lagers berechnet werden soll. Die Tordurchlässe waren in jedem Fall nur etwas breiter als ein Ochsenkarren. Bei Haupttoren gab es dann auch mal zwei Torflügel dieser Größe nebeneinander.

Die Konstruktion in Pömmelte ist aber auch für ein Römerlager eher ungewöhnlich, aber trotzdem belegt. Das Vetera I genannte Lager bei Xanten weisst genau diese Torform auf.

Gruß
jchatt
 
Für den Durchlass zwischen den zwei Gräben? Der ist auf dem Foto nicht breiter als eine Fahrspur der darüber sichtbaren Landstraße. Sprechen wir von derselben Stelle?

Anhang anzeigen 17643

Wie lang und breit schätzt Du denn die gesamte Anlage?
Das Foto zeigt eine verwaschene Vegetationsmarke. Das Magnetogramm ist schärfer. Es zeigt den Ausschnitt 20x50 Meter und ist leicht nachzumessen. Aus urheberrechtlichen Gründen darf ich es nicht einstellen.
Die Hauptmaße habe ich in google-earth nachgemessen. Vom obigen Feldgraben, rechte Biegung, bis zum südlichen Lagergraben sind es zirka 290 m. Oberhalb des Feldgrabens gibt es keine Vegetationsmarke mehr.
Vom östlichen Lagergraben bis zu einer senkrechten links neben dem einzeln stehenden Haus sind es ca. 350m. Da man nach der alten Wüstungskarte einen undefinierten noch existierenden Graben für die westliche Lagergrenze hielt, kommen da noch ein paar Meter dazu.
 
Die Stelle bezieht sich nur auf den Raum der für diese oder jene Strasse innerhalb des Lagers berechnet werden soll. Die Tordurchlässe waren in jedem Fall nur etwas breiter als ein Ochsenkarren. Bei Haupttoren gab es dann auch mal zwei Torflügel dieser Größe nebeneinander.

Die Konstruktion in Pömmelte ist aber auch für ein Römerlager eher ungewöhnlich, aber trotzdem belegt. Das Vetera I genannte Lager bei Xanten weisst genau diese Torform auf.

Gruß
jchatt
Zumindest in der Konstruktionszeichnung in
Vetera / Xanten
sehen die Zangen genau so flach und die Ecken genau so scharf gerundet aus.
 
Da würde mich ein Foto oder ein Grundriss interessieren.

Ich war mal so frei und habe den Grundriss von Vetera I entsprechend herabskaliert etwa dort hingelegt, wo der Graben in Pömmelte verläuft (die Innenbebauung bitte wegdenken):

poemmelte-vetera.jpg

[Edit] Es wurde auf 0.45 verkleinert, also sind die Xantener Tore in der Realität etwas mehr als doppelt so breit.

[Edit 2] Hier noch einmal in einem ähnlichen Winkel und Ausschnitt wie in dem von @Hermundure geposteten Luftbild:

poemmelte-vetera_obl.jpg
 
Zuletzt bearbeitet:
Die mittelalterlichen Scherben liegen massenhaft an der Oberfläche im westlichen Bereich. Natürlich auch in der Verfüllung.

Dann könnte es sein, dass der Graben erst in neuerer Zeit zugeschaufelt wurde. Mit Material von der Oberfläche, in der massenhaft mittelalterliche Scherben herumliegen.

Da man nach der alten Wüstungskarte einen undefinierten noch existierenden Graben für die westliche Lagergrenze hielt...

Falls die Wüstungskarte aus dem 19. Jahrhundert stammt und im 19. Jahrhundert der Graben noch existierte, würde das doch auch dafür sprechen, dass die oberen Schichten der Verfüllung nicht sehr alt sein können.
 
Der Bach hat sicherlich erst nach 1945 seine heutige Form erhalten, er wird vorher durch das Gelände mäandert sein. Es scheint mir aber nicht so zu sein, dass er durch das Lager floß, wie in deiner Darstellung. Oderist das gar nicht so gedacht?
 
Dann könnte es sein, dass der Graben erst in neuerer Zeit zugeschaufelt wurde. Mit Material von der Oberfläche, in der massenhaft mittelalterliche Scherben herumliegen.



Falls die Wüstungskarte aus dem 19. Jahrhundert stammt und im 19. Jahrhundert der Graben noch existierte, würde das doch auch dafür sprechen, dass die oberen Schichten der Verfüllung nicht sehr alt sein können.
Das ist sicherlich möglich. Aber dann wäre auch neueres Material in die Verfüllung geraten. Bei intensivem Ackerbau bleibt so einiges liegen. In der Wüstungskarte sind die Lagergrenzen teilweise als Ackerraine dargestellt.
 
Der Bach hat sicherlich erst nach 1945 seine heutige Form erhalten, er wird vorher durch das Gelände mäandert sein. Es scheint mir aber nicht so zu sein, dass er durch das Lager floß, wie in deiner Darstellung. Oderist das gar nicht so gedacht?
Der Bach ist das eigentliche Problem. Er fließt von West nach Ost, also der Elbe entgegengesetzt. Auf keinem einzigen Luftbild sind nördlich davon irgendwelche Vegetationsmarken erkennbar. Er liegt auch nicht im Überschwemmungsgebiet der Elbe. Schwarz schreibt, dass in der Karte der Ackerrain beim Erreichen des Grabens/Bachs (vom Süden) nach Südwest abknickt. Zudem ist das ganze Gebiet von vorgeschichtlichen Gräben durchzogen. Einer davon umgeht das ganze Lager östlich leicht gekrümmt. Auch von der westlichen Begrenzung ist nichts mehr zu sehen. Nur der Südgraben zeigt, dass es noch ein Stück weiter ging. Es bleibt rätselhaft.
Interessant ist die Ähnlichkeit des Tores mit denen von Vetera. Im Magnetogramm gibt es aber, nicht am inneren Ende, sondern innen im Zentrum der rechten und linken Krümmung, je eine runde Anomalie, die auf irgendeine Konstruktion, Turm o.ä. hindeuten könnte.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich war mal so frei und habe den Grundriss von Vetera I entsprechend herabskaliert etwa dort hingelegt, wo der Graben in Pömmelte verläuft (die Innenbebauung bitte wegdenken):

Anhang anzeigen 17648

[Edit] Es wurde auf 0.45 verkleinert, also sind die Xantener Tore in der Realität etwas mehr als doppelt so breit.

[Edit 2] Hier noch einmal in einem ähnlichen Winkel und Ausschnitt wie in dem von @Hermundure geposteten Luftbild:

Anhang anzeigen 17649
Das ist wirklich verblüffend. Der höchste Punkt im Gelände, angeblich ein Grabhügel, auf dem die Windmühle stand, wäre im Bereich des Prätoriums.
Leider lässt sich die ursprüngliche Größe des Lagers auch nicht ansatzweise rekonstruieren. So groß, dass das Osttor in den Bach fiele, kann es aber kaum gewesen sein.
 
Das ist sicherlich möglich. Aber dann wäre auch neueres Material in die Verfüllung geraten. Bei intensivem Ackerbau bleibt so einiges liegen. In der Wüstungskarte sind die Lagergrenzen teilweise als Ackerraine dargestellt.

Auch die Ackerraine des 19. Jahrhunderts werden kaum auf die Römerzeit zurückgehen.
 
Das ist wirklich verblüffend. Der höchste Punkt im Gelände, angeblich ein Grabhügel, auf dem die Windmühle stand, wäre im Bereich des Prätoriums.
Leider lässt sich die ursprüngliche Größe des Lagers auch nicht ansatzweise rekonstruieren. So groß, dass das Osttor in den Bach fiele, kann es aber kaum gewesen sein.

Der Bach kann doch vor ~2000 Jahren sonst wo entlang geflossen sein. Das sieht man sehr schön ein paar Meter weiter östlich, wo die humosen alten Bachbetten sich durch kräftig grünes Wachstum hervorheben.

bachbetten.jpg

Es sieht sogar so aus, als hätte der Bach irgendwann einen Teil des alten Grabens für sich als Bett erschlossen, was ja gemäß dem Prinzip des geringsten Widerstands nahe liegt.
 
Zurück
Oben