Latein als Alltagssprache in der Neuzeit

Franzei

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Im Königreich Ungarn (Teil des Kaiserreichs Österreich-Ungarn) soll - jedenfalls bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts - Latein als offizielle Sprache verwendet worden sein.
(Rudolf Kiszling, Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848/49, Wien 1948, S. 16).
Nach dem Stichwort "Ungarn" im Lexikon von Krünitz (www.krünitz.uni-trier.de) soll Latein sogar weitverbreitete Alltagssprache gewesen sein, ebenso in Polen.

Wer weiß hierzu Näheres?
 
Im Königreich Ungarn (Teil des Kaiserreichs Österreich-Ungarn) soll - jedenfalls bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts - Latein als offizielle Sprache verwendet worden sein.
(Rudolf Kiszling, Die Revolution im Kaisertum Österreich 1848/49, Wien 1948, S. 16).
Nach dem Stichwort "Ungarn" im Lexikon von Krünitz (www.krünitz.uni-trier.de) soll Latein sogar weitverbreitete Alltagssprache gewesen sein, ebenso in Polen.

Wer weiß hierzu Näheres?

Leider weiß ich nichts näheres zu dem Thema, aber ich habe aus dem o. g. Lexikon die entsprechenden Passagen im folgenden zitiert:

Man will in der Erlernung von so vielen, zum Theil noch unausgebildeten Sprachen, bloß zum Verkehre des gemeinen Lebens, ein Hinderniß in der fortschreitenden Kultur der Ungarn finden. Die Lateinische Sprache ist die allgemein verbreiteste im Lande, welche von allen Ständen gesprochen wird, allein nicht das Ciceronische Latein, sondern eine selbst gemodelte Sprache, die viele Deutsche Wörter mit Lateinischen Endungen zählt; auch sind die Construktionen und Wortfügungen Deutsch; auch giebt man sich nicht viel mit dem Dekliniren und Conjugiren ab. Hier einige Beispiele, wie diese Sprache gesprochen wird: <196, 47> Quomodo stamus (wie stehen wir)? frägt der Ungar beim Billard. Unde veniunt (wohner kommen sie)? de Spazirando (vom Spazierengehen), ist die Antwort. Non amplius schenkunt, heißt es, wenn ein Weinhaus seinen Schank eingestellt hat. Ubi est Kellerus (Wo ist der Kellner)? Ubi est iste Schlingelius (Wo ist der Schlingel)? Quid est ille (Was ist der)? Est unus miles (Er ist ein Soldat). Ubi fuerunt (Wo sind sie gewesen)? Eram in redutae Sala (Ich war im Redoutensaal) et nescivi cum quali saltare debeam (und habe nicht gewußt mit welcher ich tanzen soll). Erat illa ibi (Wer, die da)? Immo, sed statim agnovi sub maskera (Ja, aber ich habe sie gleich unter der Maske erkannt). Est nulla anima in domo (Es ist keine Seele mehr im Hause). Die Walachen sprechen das Lateinische: cumai dormit? soll heißen: Quomodo dormisti (Auf welche Art hast Du geschlafen)? Bineam dormi, soll heißen: Bene dormivi (Ich habe gut geschlafen). Auf diese Weise wird das Lateinische von den Ungarn, Slaven, Deutschen etc. gesprochen. Indessen hat doch diese Landessprache, sagt ein Reisender, das Gute, daß sie leicht zu erlernen und allgemein verständlich ist; denn mit Hülfe derselben verstehen einander alle in Ungarn wohnende Völker. Man glaubt, daß die Jesuiten durch ihre Schulen Vieles zu ihrer Verbreitung beigetragen haben. Eigentliche Gelehrte und Lehrer ehren aber in Ungarn, so gut, wie in Deutschland, die reine Latinität, wenn sie sich auch im Umgange des Deutsch=Lateins bedienen.

Der von mir fett hervorgehobene Teil deutet ja an, daß Latein für die Kommunikation zwischen verschiedensprachigen Ethnien in Ungarn benutzt wurde.

(Allerdings ist das Lateinische wohl nicht nur nicht das "Ciceronische Latein", sondern stark regionalsprachig geprägt, wie die im Artikel aufgeführten Beispiele zeigen.)
 
Die Walachen sprechen das Lateinische: cumai dormit? soll heißen: Quomodo dormisti
Vielleicht zu simple Erklärung: Walachen ist eine alte Bezeichnung für Rumänen u. a., daher ist ihre Alltagsprache eine romanische, d. h. aus vulgärem Latein hervorgegangen.
 
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