Logikfehler in der Ilias?

elysian

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Hallo. Seit langem schon wundere ich mich über folgende Begebenheit im Trojanischen Krieg der Ilias:

Die Belagerung der Griechen trat in das 10. Jahr, als Odysseus die kriegsentscheidende List ersann. Scheinbar die Belagerung aufgebend, hinterließen die Griechen ein riesiges Holzpferd, in dessen Bauch einige Griechen unter dem Kommando des Odysseus verborgen waren. Durch allerlei Listen wurden die Trojaner bewogen, das Pferd als ein Geschenk in ihre Stadt zu ziehen, brachen eine Bresche in ihre unerstürmbare Mauer (da das Pferd zu hoch für die Stadttore war) und brachten es in ihre Stadt. Nach der Siegesfeier der Trojaner konnten die im Pferd verborgenen Griechen nachts unbemerkt das Stadttor öffnen und die zurückgekehrte Armee in die Stadt lassen. Troja wurde niedergebrannt, und nur wenige Einwohner konnten entkommen.
Trojanischer Krieg - Wikipedia

Mir stellt sich die Frage, warum Soldaten im Bauch des Pferdes sein und die Tore öffnen mußte, wenn das Pferd doch zu groß für die Tore war und deshalb eine Bresche in die Mauer geschlagen wurde, die vermutlich größer war als das Tor! Es hätte demnach doch völlig genügt, durch die Bresche zu stürmen.
Abgesehen davon, daß es sich hier nur um eine Geschichte handelt, frage ich mich, ob dieses logische Problem nicht vielleicht Gegenstand literarischer Kontroversen war. Zu meiner Verwunderung habe ich leider nichts zu dieser Frage finden können. Kennt Ihr vielleicht Bücher oder andere Medien, die sich mit dieser Frage auseinander setzen?
Liegt vielleicht ein Übersetzungsmangel vor? (kann leider kein Altgriechisch)
 
Hallo. Seit langem schon wundere ich mich über folgende Begebenheit im Trojanischen Krieg der Ilias:


Trojanischer Krieg - Wikipedia

Mir stellt sich die Frage, warum Soldaten im Bauch des Pferdes sein und die Tore öffnen mußte, wenn das Pferd doch zu groß für die Tore war und deshalb eine Bresche in die Mauer geschlagen wurde, die vermutlich größer war als das Tor! Es hätte demnach doch völlig genügt, durch die Bresche zu stürmen.
Abgesehen davon, daß es sich hier nur um eine Geschichte handelt, frage ich mich, ob dieses logische Problem nicht vielleicht Gegenstand literarischer Kontroversen war. Zu meiner Verwunderung habe ich leider nichts zu dieser Frage finden können. Kennt Ihr vielleicht Bücher oder andere Medien, die sich mit dieser Frage auseinander setzen?
Liegt vielleicht ein Übersetzungsmangel vor? (kann leider kein Altgriechisch)

Es soll sich immer um den Torsturz handeln.
In Wolfgang Hohlbeins lustigem phantastischen Buch "Die Kinder von Troja" hat Pallas Athene Odysseus und Epeos die Konstruktionsdaten übermittelt. Dabei hatte sie vergessen zu berechnen, dass die Troer das Pferd nur mit Rädern in die Stadt ziehen können. Diesen ca. halben Meter hatte sie vergessen mit einzukalkulieren.
Bei der Zerrerei stieß der Kopf des Pferdes in den Torsturz. Danach wurde von Pallas Athene (sie war als troerscher Soldat verkleidet) der Torsturz durch einen Erdstoß zum Einsturz gebracht, nachdem sie Priamos überzeugt hatte, dass man nach Abzug der Griechen nun keine wehrhafte Mauer bräuche.
 
Den Mauerbereich über dem Tor zu entfernen, wäre eine logische Antwort, warum die Tore geöffnet werden müßten.
Allerdings wäre dies nicht dasselbe wie eine Bresche. Diese ist explizit eine Lücke im Wall selbst.

@Themistokles
Gute Beispiele. Den Punkt mit der Rüstung habe ich noch nicht bemerkt. In der Tat wenig sinnig für einen Krieger, der ohnehin nahezu unverwundbar ist. Die Rüstung bringt ihm nichts, dafür ist die Ferse ungepanzert, obwohl er nur dort Schutz bräuchte.
Letzteren Punkt könnte man aber noch damit erklären, daß die Griechen die Stadt auszuhungern hofften. Diese Methode führte in der Geschichte des Belagerungskrieges recht häufig zum Erfolg.
 
Könnten sich manche dieser Logikfehler mit dem Zwang der Hexameter-Dichtung erklären, dass man, um einen ordentlichen Vers zustande zu bringen, eben manche Logikfehler in Kauf nehmen musste???
 
Ohne jetzt den Originaltext gelesen zu haben (das Altgriechisch würde ich eh nicht verstehen...), kann ich mich an die Geschichte noch soweit erinnern, als die Griechen das Pferd absichtlich so hoch gebaut hatten, dass es gerade nicht mehr durchs Tor der Stadt Troja passte; die Trojaner sollten also gezwungen werden, über dem Tor noch ein paar Reihen Mauerwerk zu entfernen, um ihre "Beute" reinrollen zu können.

Damit war an dieser Stelle ein Schwachpunkt geschaffen, der verhinderte, dass man wieder dicht abschließen konnte. Die Griechen hatten somit eine Möglichkeit gschaffen, von außen in die Stadt zu gelangen, auch ohne dass die im Pferdeinneren sitzenden Helden ihnen die Tore öffneten.
 
Ich sag das jetzt mal ohne Kenntnis der Textgeschichte (das Epos ist mir natürlich bekannt): Es ist nicht auszuschließen, das hier zwei verschiedene Erzähltraditionen aneinandergefügt wurden und der Kompilator sich die Mühe der Anpassung nicht gemacht hat...
 
In der Odyssee heißt es in Vers 504 lapidar:
αὐτοὶ γάρ μιν Τρῶες ἐς ἀκρόπολιν ἐρύσαντο.

Denn die Troer selbst zogen es [das Pferd] in ihre Burg.

 
Könnten sich manche dieser Logikfehler mit dem Zwang der Hexameter-Dichtung erklären, dass man, um einen ordentlichen Vers zustande zu bringen, eben manche Logikfehler in Kauf nehmen musste???
Für meine Punkte nicht. Die Beschreibung von Achilles' neuer Rüstund ist seh rumfangreich, mein anderer Kritikansatz richtet sich nicht gegen etwas unnötig gerwähntes, sondern eine übergangene Notwendigkeit.
Aushungern wäre möglich, aber dann erscheinen die regelmäßigen Angriffe der Griechen gegen Troja sinnlos.
Vielleicht setzte man auf einen Ehrenkodex, der bei Einsicht der Niederlage das Öffnen der Tore verlangte.
 
Zu Achilles Rüstung: Rüstung als Statussymbol? Der größte Held der Griechen mit der besten Rüstung, die zu bekommen ist.


Und die umfangreiche Beschreibung hat dann ja klar damit was zu tun, dass uns der Ilias-Dichter hier was mitteilen wollte, was nicht unbedingt im Zusammenhang mit dem Krieg zu sehen ist.
 
Von zehn Jahre rumhockenden Kriegern zu lesen, fände ich auch ein bisschen öde.:still:;)

Du bringst mich auf einen Gedanken: die Schlacht um Troja fand nie irgendwie so statt, außer bei Homer im Kopf.
Wenn man sich die archäologischen Ausgrabungen zu Troja anschaut und die verschiedenen Schichten der wechselnden Bebauung und Zerstörung kann man Homer vielleicht eine Zusammenfassung von mehreren Kriegs-Ereignissen (vielleicht sogar alle um Troja) vorwerfen.
 
Von zehn Jahre rumhockenden Kriegern zu lesen, fände ich auch ein bisschen öde.:still:;)

Deswegen beschreibt der Ilias-Dichter ja auch keine 10 Jahre Krieg, sondern nur ca. 50 Tage innerhalb dieses Krieges und davon vielleicht max. 10 in höchsten Details (Die genauen Zahlenangaben lassen sich ohne Probleme in der Literatur zu Homer finden, die ich gerade nicht zur Hand habe).

@Hurvinek: Dass es wohl nie einen Krieg um Troaj a la Ilias gegeben hat, ist relativ klar (Eingreifen von Göttern z.B. :still:). Aber dass da schon ein reales Ereignis dahinter stehen könnte, ist auch wahrscheinlich. Und die Dauer von 10 Jahren kann man vielleicht einfach mit der Bedeutung 'sehr lange' erklären. Obs jetzt ein Krieg oder mehrere Kriege waren, die vom Ilias-Dichter zur Vorlage genommen wurden, wird sich wohl nie klären lassen.

Und da die Erzählintention des Werkes nicht die eines genauen Kriegsberichtes ist, sind so vielleicht auch die vielen großen und kleinen Logikfehler zu erklären.
 
Den trojanischen Krieg stelle ich mir so vor wie den Anfang des peloponnesischen Krieges.
Da zogen die Spartaner jährlich, oder auch nur zweijährlich, nach Attika, verheerten das Land und zogen wieder ab. Das längste dieser Unternehmen dauerte 40 Tage.

Der bronzezzeitliche Krieg um Troja kann ja ähnlich abgelaufen sein, die Angreifer versuchen die Stadt im Sturm zu nehmen, wenn das nicht gelingt zieht man halt wieder ab.
Da man die eigene Versorgung in Übersee für längere Belagerungen nicht garantieren kann, bzw. auch nicht zahlreich genug ist um die Stadt komplett einzuschließen, kommt man dann im nächsten Jahr wieder.

Nach vielhundertjähriger Überlieferung ist daraus ein zehnjähriger ununterbrochener Krieg geworden.
 
In der Odyssee heißt es in Vers 504 lapidar:
αὐτοὶ γάρ μιν Τρῶες ἐς ἀκρόπολιν ἐρύσαντο.

Denn die Troer selbst zogen es [das Pferd] in ihre Burg.



Danke.
Also wenn mehr in der Originalfassung nicht steht, sollte man die Bresche aus den Übersetzungen streichen. Dann ergibt alles einen Sinn.

@secundus

Bezüglich der tatsächlichen Umstände könntest Du Recht haben. Ich glaube nicht, daß man damals Vorräte zehn Jahre lang vorhalten konnte. Weder als Belagerer noch als Belagerter.
Lediglich die Römer waren später in der Lage, eine Logistik aufzubauen, die wenigstens langwierige Belagerungen gestattete.
Vor ihnen und lange Zeit nach ihnen vermochte dies, soweit belegt, keiner zu leisten.

@Themistokles

Fanden die meisten Kämpfe nicht ohnehin außerhalb der Mauern statt.
Die meisten Texte, die ich kenne, lassen die Trojaner vor der Stadt aufmarschieren und beide Heere begegnen sich auf dem Schlachtfeld.

Vielleicht kann uns aber aquilifer hier nochmal mit dem Original weiterhelfen? ;)
 
Zuletzt bearbeitet:
Doch, die Kämpfe fanden vor der Mauer statt. Aber ich kenne die Zielsetzung eines Belagerers so, dass er irgendwann in die Stadt hinein will.
 
In der Ilias wird die List des Trojanischen Pferdes gar nicht erwähnt, denn das Epos endet mit den Leichenspielen zu Hektors Ehren.

Die Geschichte vom Trojanischen Pferd kommt erst in der Odyssee vor, wo ein Sänger bei den Phäaken die Helden des Trojanischen Krieges besingt, was Odysseus sehr bewegt, der den Sänger auffordert, auch vom Untergang Trojas zu berichten worauf er sich den Phäaken zu erkennen gibt, die ihn schließlich zurück nach Ithaka bringen.

Wenn man sich mal die Militärtechnologie der bronzezeitlichen Krieger ansieht, und Homer zwischen den Zeilen liest, wie da auch die homerischen Helden mit Steinen kämpften, dann wird die Erfindung des Pferdes schon schlüssig, denn eine nennenswerte Belagerungstechnologie existierte noch nicht, Festungen und Städte wurden bezwungen, indem man sie aushungerte oder durch eine Kriegslist. Inzwischen sucht man die Entscheidung des Krieges, sozusagen als Gentlemen vor den Mauern Trojas auszutragen, so wie es ja auch immer wieder Bestrebungen gibt, den Krieg durch einen Zweikampf ( Menelaos vs Paris, Hektor vs Ajax den Telamonier) zu entscheiden.
 
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In der Ilias wird die List des Trojanischen Pferdes gar nicht erwähnt, denn das Epos endet mit den Leichenspielen zu Hektors Ehren.

Die Geschichte vom Trojanischen Pferd kommt erst in der Odyssee vor, wo ein Sänger bei den Phäaken die Helden des Trojanischen Krieges besingt, was Odysseus sehr bewegt, der den Sänger auffordert, auch vom Untergang Trojas zu berichten worauf er sich den Phäaken zu erkennen gibt, die ihn schließlich zurück nach Ithaka bringen.

Stimmt. Die Idee des Trojanischen Pferdes ist angeblich dem Brain von Odysseus entsprungen. Und seine Geschichte beginnt in der Odyssee. Die Odyssee wurde später als der Ilias geschrieben. Und die Odyssee ist von vorn bis hinten ein Lobgesang auf eine Person.
 
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