Menschenrechte

Zum Thema "Menschenrechte in der Kolonialzeit" würde ich das Buch "...da und dort ein junges Deutschland gründen" von Horst Gründer als Einstieg empfehlen.

Zu den verschiedenen Kapiteln gibt es jeweils auch eine Auswahl an Quellen, an denen man z. B. das Menschenbild, das die Europäer (es geht hier zwar um die deutschen Kolonien, aber da war man sich ziemlich einig) von der jeweiligen indigenen Bevölkerung in ihren Kolonien hatten, sehen kann. Das Menschenbild ist dann natürlich nicht ganz unwichtigfür die Frage, ob man jemandem auch gewisse Menschenrechte zugesteht.

Kapitel 5 in Gründers Buch lautet: "Neger, Kanaken und Chinesen zu nützlichen Menschen erziehen" - Herrschaftsideologie und koloniale Praxis. Ich denke, die Überschrift besagt schon einiges...

Man sieht auch, dass ein Adolf Hitler mit seinen abstrusen Thesen nicht einfach so vom Himmel gefallen ist, sondern in einer Zeit und in einer Gesellschaft aufgewachsen ist, in denen Rassismus kein Thema war. Es galt quasi als "wissenschaftlich erwiesen", dass es verschiedene Rassen von unterschiedlichem "Wert" gab. Die nationalsozialistischen Gedankengebäude, so absurd sie uns auch heute erscheinen mögen, kamen nicht aus heiterem Himmel, sondern bauten auf dem auf, was vorher da war. Wahrscheinlich hätten sie sonst den Menschen auch gar nicht vermittelt werden können. Aber jetzt schweife ich ab und höre deshalb auf...

Viele Grüße,

Bernd
 
Das Recht auf Leben gehört auf jeden Fall zu den Menschenrechten nach heutiger Vorstellung. Es ist aber noch gar nicht lange her, daß dieses Recht in Form der Abschaffung der Todesstrafe in immer mehr Ländern umgesetzt wird. Die Todesstrafe steht selbst noch in der Verfassung des Landes Hessen, auch wenn dies nicht rechtswirksam ist, weil lt. Art. 31 GG Bundesrecht Landesrecht bricht.
Die USA halten sich bis heute nicht an das aus internationalen Verträgen resultierende Verbot, auch wenn immer mehr Einzelstaaten die Todesstrafe abschaffen. Auch in GB und Frankreich ist es nicht lange her, daß diese "Strafe" abgeschafft wurde. Die Niederlande müssen ebenfalls zumindest kurz nach dem II. Weltkrieg die Todesstrafe noch im Gesetzbuch ghabt haben, da man jüngst lesen konnte, daß einer er letzten NS-Kriegsverbrecherprozeße nun begönne. Der Mann sei in den Niederlanden in Abwesenheit zum Tode verurteilt, später sei die Strafe in lebenslange Haft umgewandelt worden.

Die Sklaverei wurde 1926 vom Völkerbund verboten. Bis dahin war sie mE eine Frage nationalen Rechts. 1956 wurde dieses Verbot von der UNO, der Nachfolgerin des Völkerbundes nach dem II. Weltkrieg, u.a. auf unbezahlte Kinderarbeit und die Schuldknechtschaft ausgeweitet. Diese Verschärfung des Sklavereiverbots fällt in denselben Zeitraum, in dem immer mehr afrikanische Staaten die Unabhängigkeit von ihren bisherigen Kolonialherren erlangten.

Bei amnesty international wurde Ende der 1980er Jahre über die Aufnahme des Rechts homosexuell zu sein diskutiert, was reichlich Gegenwind in der Organisation besonders aus weniger entwickelten Ländern hervorbrachte, wo dies als Luxusrecht angesehen wurde und man befürchtete, sich unbeliebt zu machen.

Insgesamt kann man also bestimmt nicht von einer statischen Vorstellung von Menschrechten ausgehen. Die Menschenrechte sind Entwicklungen unterworfen. Derzeit geht es mit ihnen bergauf.
 
Insgesamt kann man also bestimmt nicht von einer statischen Vorstellung von Menschrechten ausgehen. Die Menschenrechte sind Entwicklungen unterworfen. Derzeit geht es mit ihnen bergauf.


Deinen Schluss, dass die Vorstellung gewisser Grund- und Menschenrechte keine statische ist und gewissen Entwicklungen unterworfen ist, würde ich zustimmen, deinem Optimismus, dass es mit den Menschenrechten bergauf geht, allerdings nicht. Eher würde ich zustimmen, wenn jemand sagt, dass das Gegenteil der Fall ist.

Ich bin tiefer Kulturpessimist, dennoch hätte ich nicht gedacht, dass demokratische Staaten zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder Folter und Zwangsarbeit einführen, und dass nicht nur allen Ernstes darüber diskutiert wird, die Folter in Extremfällen als Mittel der Wahrheitsfindung zuzulassen, sondern auch gewisse Apologeten des "starken Staates" nicht nur den Zweck,.sondern auch die Mittel heilig zu sprechen versuchen.


Sagt der Pressimist: "Es kann nicht mehr schlimmer werden!"

Sagt der Optimist: "Doch, es kann!"
 
Da ist sicher eine hochinteressante Diskussion, aber ich darf an der Stelle dennoch darum bitten, die Debatte über aktuelle Menschenrechtsproblematiken nicht weiter zu vertiefen.
Dies ist ein allgemeiner Hinweis zur Diskussion und an niemanden persönlich gerichtet.

Vielen Dank für Euer Verständnis :winke:
 
aber ich darf an der Stelle dennoch darum bitten, die Debatte über aktuelle Menschenrechtsproblematiken nicht weiter zu vertiefen.

Sicher: Tagespolitische Fragen sollten hier nicht diskutiert werden. Aber - die steile These sei mir erlaubt - resultiert unser Interesse an der Geschichte dennoch nur aus den Erfahrungen, die wir in der Gegenwart machen.

Wir stellen, anders ausgedrückt, Fragen an die Geschichte immer nur aus aktuellen Interessen.

Und da muss es erlaubt sein, die Entwicklung der Menschenrechte auch mit der aktuellen Situation zu vergleichen.

Ich plädiere daher dafür, eine tagesaktuelle Diskussion des Stands der Menschenrechte zuzulassen, so sie denn einen erkennbaren Bezug zur historischen Entwicklung bietet.

Keine leichte Aufgabe für die Mods und auch keine dankbare, da so etwas schnell aus dem Ruder läuft, aber trotzdem eine notwendige, wie ich finde.
 
... da muss es erlaubt sein, die Entwicklung der Menschenrechte auch mit der aktuellen Situation zu vergleichen.

Ich plädiere daher dafür, eine tagesaktuelle Diskussion des Stands der Menschenrechte zuzulassen, so sie denn einen erkennbaren Bezug zur historischen Entwicklung bietet.

Dagegen habe ich auch nichts, weshalb auch kein Beitrag explizit beanstandet wurde o. dgl. und auch - wie ich schrieb - kein Teilnehmer direkt zurechtgewiesen wurde o.ä.

Es geht schichtweg darum, daß die Diskussion gern vergleichend geführt werden darf, jedoch nicht in eine aktuellpolitische Debatte umfunktioniert wird. Aus diesem Grund hatte ich darum gebeten, zumal - wie Du auch selbst schreibst -
... so etwas schnell aus dem Ruder läuft...



Das war jetzt aber genug Metadiskussion hier; bitte weiter im Thema ;)
 
Ich bin tiefer Kulturpessimist, dennoch hätte ich nicht gedacht, dass demokratische Staaten zu Beginn des 21. Jahrhunderts wieder Folter und Zwangsarbeit einführen, und dass nicht nur allen Ernstes darüber diskutiert wird, die Folter in Extremfällen als Mittel der Wahrheitsfindung zuzulassen, sondern auch gewisse Apologeten des "starken Staates" nicht nur den Zweck,.sondern auch die Mittel heilig zu sprechen versuchen.

Ich teile - wenn Timo erlaubt - deinen Pessimismus nicht, aber vielleicht bin ich zu systemgläubig ;)
Gerade die Berichterstattung über die Folterungen zeigen, dass der Rechtsstaat eben doch funktioniert, auch wenn er von innen heraus angegriffen wird. Dass vielleicht die Bestrafung - etwa aus Gründen der Staatsraison - für viele unbefriedigend ausfällt, ist natürlich durchaus eine Crux. Demokratische Rechte werden nicht einmal erkämpft und bleiben in Ewigkeit bestehen. Demokratische Rechte müssen immer wieder neu erkämpft werden.
 
So laßet uns kämpfen!

Im Übrigen: Was heißt hier Kulturpessimismus. Wozu befassen wir uns hier mit Geschichte, wenn wir nicht die grundlegendsten Lehren daraus ziehen: Nichts ist von Dauer, alle Struktur, die entsteht, vergeht auch wieder. Derzeit und in diesem kleinen Teil der Welt haben wir es ziemlich gut. Das wird bestimmt nicht so bleiben, es lohnt sich aber immer dafür zu kämpfen - mit Worten, nicht mit Waffen.
 
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