Minoer-Doku auf Arte

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Hallo zusammen
Habe mir eben die Sendung auf Arte angesehen und dabei sind beiläufig am eigentlichen Thema der Sendung vorbei ( Untergang der Minoer-Theraausbruch-Antlantis-Bla Bla...) 2 Sätze gefallen die entweder bei solchen Sendungen nicht unüblichen Nonsens sind oder aber einen einen bedeutenden Fortschritt in der Erforschung der Minoer wieder geben:
Es sei gelungen die minoische Linear A-Schrift zu Entziffern und dabei sei eine Sprache zum Vorschein gekommen die sich von Iran aus ausser auf Kreta auch Richtung Indien verbreitet habe.
Damit meinte der Wissenschaftler wohl das Elamitische da die einzigen anderen aus Iran überlieferten Sprachen zu den in diesem Zusammenhang ausscheidenden Indoarischen Sprachen gehören und der erstgennannter Sprache eine entfernte Verwandschaft zu den Drawidischen Sprachen nachgesagt wierd
Aber das schreibe ich nur der Vollständigkeit halber mich interessieren nicht linguistische Elamo-Drawidische Spekulationen es geht mir ganz konkret um die unsere (Un-)Kenntnis über die alten Minoer selber eben auch in sprachlicher Hinsicht:
Ist es denn wirklich gelungen Die L.-A zu lesen (laut meinen Büchern nur eigeschränkt möglich da keine 1:1 Uebereinstimmung zu L.-B) diese Sprache Linguistisch einzuordnen und damit wenigstens Ansatzweise zu verstehen??
Die Entzifferung der L.-B war zwar bezogen auf Ereigniss-Geschichte der Mykener nicht der erhoffte Bringer , erlaubte aber wenigstens diese sprachlich-ethnisch einzuordnen (früheste Griechen) und einige Einsichten in Gesellschaft und Wirtschaft was nicht wenig ist.
Wenn nun ähnliches im Bezug auf Minoer im Gange ist hat man angesichts der bisherigen völligen Unkenntniss ihrer Geschichte viel gewonnen
Grüsse
Zvonimir
 
Sehe gerade dass ich mit dem "elamischen" den Vogel abgeschossen habe:
Ich meinte es natürlich im Sinne einer entfernter Sprachverwandschaft nicht etwa dass Minoer Elamisch gesprochen hätten, Unterstellung meinerseits was der Glatzköpfige Wissenschaftler unter dem Begriff "Iranisch" gemeint haben könnte.
Entschuldige mich für Verwirrung und bedanke mich im Vorraus
 
2 Sätze gefallen die entweder bei solchen Sendungen nicht unüblichen Nonsens sind oder aber einen einen bedeutenden Fortschritt in der Erforschung der Minoer wieder geben:
Es sei gelungen die minoische Linear A-Schrift zu Entziffern und dabei sei eine Sprache zum Vorschein gekommen die sich von Iran aus ausser auf Kreta auch Richtung Indien verbreitet habe.

Wenn die Linear A-Schrift entziffert wurde (die Sprache der Minoer ist unbekannt!), stände dies bereits in der Fachpresse. Denn das wäre eine Sensation.
Auch ARTE bring Dokus von Leuten, die allerhand erzählen aber nichts sagen.
 
Die Linear A Schrift selbst kann man schon lesen (dem Laut nach), der Lautwert fast aller Zeichen ist bekannt (da sich aus der Linear A die Linear B und die Kypro Minoische Schrift entwickelt haben) . Daß eigentliche Problem ist einfach, das die dieser Schrift zugehörige Sprache nicht übersetzbar ist und das die vorhandenen Schriften fast durchgehend Listen von Gütern sind.

Die Sprache die hier niedergeschrieben wurde, ist höchst wahrscheinlich eine Isolierte Sprache, das heißt: sie ist mit keiner anderen Sprache die wir kennen verwandt. Noch darüber hinaus sind einfach insgesamt zu wenig Texte bekannt, und die Schriften die man als Bilinguen verwenden kann (es gibt einige Inschriften in Griechisch und Minoisch) sind ebenfalls nur knapp gehaltene Listen von Gütern oder kurze Notizen. Daher ist die Sprache nicht rekonstruierbar, es fehlt einfach das dafür notwendige Material.

Der Vergleich mit dem Etruskischen hat immerhin gezeigt, daß das Etruskische und das Minoische sehr wahrscheinlich nicht miteinander verwandt sind, noch darüber hinaus gibt es auch keine Verwandschaft mit den Sprachresten die man den Pelasgern und anderen Nicht-Indogermanischen Völkern im Raum der Ägäis zuordnen kann. Wobei das auch nur eine Spekulation ist, da man das Minoische nicht ausreichend kennt um die Frage der Verwandschaft zu anderen Nicht Indogermanischen Sprachen in der Ägäis wirklich sicher beweisen zu können (und diese anderen Sprachen sind auch noch überwiegend nicht wirklich bekannt). Das wenige was man allerdings über das Minoische weiß weicht sehr weit von allen anderen Sprachen ab. Die Unterschiede sind sehr groß, und dies schon bei einfachsten Grundlagen der Sprache. Daher ist die Wahrscheinlichkeit das das Minoische wirklich eine Isolierte Sprache ist doch sehr groß.
 
Der Vergleich mit dem Etruskischen hat immerhin gezeigt, daß das Etruskische und das Minoische sehr wahrscheinlich nicht miteinander verwandt sind.

Da man die Sprache der Minoer (Linear-A) bislang nicht entschlüsseln konnte, ist eine angebliche Verwandtschaft mit dem Etruskischen pure Spekulation - zudem das Etruskische selbst noch seiner Entschlüsselung harrt!

Ebenso könnte man behaupten, es bestünde eine Verwandtschaft zum zum Elamitischen oder Hattischen.
 
Das Etruskische ist schon in einem deutlich weiteren Umfang bekannt als das Minoische. Das weniger aber was man vom Minoischen weiß zeigt klar, daß es extreme Unterschiede zwischen diesen beiden Sprachen gibt.

Auch wenn man das Minoische als Sprache nicht entschlüsseln kann gibt es dennoch einige knappe Bilinguen und es gibt einen Ägyptischen Text der einen Minoischen Spruch enthält. Aus diesen knappen Texten und den Übersetzbaren Listen von Gütern kann man zwar nicht die Sprache entschlüsseln, aber man kann ausschließen das diese Sprache mit dem Etruskischen verwandt ist.

Das Etruskische harrt also nicht der Entschlüsselung, es ist entschlüsselt. Das was uns im Etruskischen fehlt ist der größte Teil des Wortschatz. Wir wissen sehr viele Wörter nicht und aus den Texten geht nicht immer klar hervor was ein Wort bedeutet. Daher sind viele Wörter Interpretation. Mit der Grammatik und Struktur der Sprache hingegen ist man durchaus vertraut. Der Grund für den Mangel an übersetzten Wörtern ist einfach, daß nicht ausreichend viele Texte vorhanden sind und diese sich auf bestimmte Gebiete der damaligen Kultur insbesondere religiöse Themen begrenzen.

Auch wenn man das Etruskische nicht vollständig übersetzen kann, kann man es inzwischen doch sehr viel weitgehender übersetzen als das Minoische. Es sind mehr und längere Texte bekannt und man hat mehr Vergleichsmöglichkeiten. So konnte man auch feststellen, daß das Etruskische mit dem Rätischen verwandt ist. Der Etruskologe Helmut Rix konnte die Grammatikalische und Wortverwandschaft von Rätisch und Etruskisch nachweisen.
Das interessante daran ist, daß diese Verwandschaft schon in der Antike bemerkt worden ist, heute deckt sich die Überlieferung mit den Vergleichenden Studien.

Ebenso könnte man behaupten, es bestünde eine Verwandtschaft zum zum Elamitischen oder Hattischen.

Nein kann man nicht. Weil diese Sprachen sich eben fundamental von den hier genannten Unterscheiden. Die Wörter und ihre Anordnung sind völlig unterschiedlich in jedem einzelnen Punkt. Und man kennt das Etruskische als Sprache ausreichend um die Frage der Verwandschaft mit anderen Sprachen zu stellen. So konnte klar bewiesen werden durch Helmut Rix, daß das Etruskische und das Rätische verwandt sind, ebenso weiß man heute, dass das Etruskische und das Lemnische verwandt sind.

Das Minoische aber ist mit dem Etruskischen eben nicht verwandt. Selbst wenn man die Sprache Minoisch nicht versteht und nicht beherrscht, sind einfach die Wörter, ihre Aussprache und Anordnung viel zu unterschiedlich.

Man kann das Minoische zwar nicht verstehen, aber man kann es dem Laut nach übersetzen, die Linear A Schrift ist lesbar, nicht übersetzbar ist lediglich die Sprache selbst. Man weiß nicht was die Wörter bedeuten und man weiß nicht genug über die Grammatik. Alles was man aber weiß unterscheidet sich aber drastisch in jedem Punkt vom Etruskischen. Von den Lauten über die Wortlänge, ihre Anordnung, es gibt keinerlei Ähnlichkeiten.
 
Das Etruskische ist schon in einem deutlich weiteren Umfang bekannt als das Minoische.


Das kann ich nur unterstreichen. Entgegen allen Legenden über das sprichwörtlich "rätselhafte" Etruskische kann man in diesem Zusammenhang nur betonen, daß das Etruskische genügend Zeugnisse hinterlassen hat und gut genug erforscht ist, um einen Sprachvergleich auf solider Basis zu ermöglichen. Eine kleine Wortliste (sie umfaßt nur einen kleinen Teil des etruskischen Wortschatzes) findet sich auf folgendem Link:

Wortschatz (Liste)

Das Vergleichsproblem liegt tatsächlich allein bei der Linear-A-Schrift und ihrer Sprache.
Linear A Texts: Homepage


Von den Lauten über die Wortlänge, ihre Anordnung, es gibt keinerlei Ähnlichkeiten.

Solange die genauen Lautwerte des Minoischen nicht feststellbar sind, lassen sich auch in dieser Richtung keine derart kategorischen aussagen machen.


So konnte man auch feststellen, daß das Etruskische mit dem Rätischen verwandt ist. Der Etruskologe Helmut Rix konnte die Grammatikalische und Wortverwandschaft von Rätisch und Etruskisch nachweisen.

Das kann man so nicht sagen, das wäre eine viel zu optimistische Sicht. Das Rätische ist leider nicht annähernd so gut bekannt wie das Etruskische. Die bisherigen Beobachtungen lassen nur Vermutungen zu, von einem Verwandtschaftsnachweis sind wir noch weit entfernt.
 
Das Etruskische ist schon in einem deutlich weiteren Umfang bekannt als das Minoische.

Lange Rede, kurzer Sinn: Da die Sprache der Minoer bis heute völlig unbekannt ist, lassen sich auch keinerlei Verwandtschaftsverhältnisse zu anderen Sprachen feststellen.

Man kann lediglich spekulieren, dass das Minoische vielleicht zu den altkleinasiatischen Sprachen, den anatolischen Sprachen, den semitischen Sprachen oder sogar zu einer völlig isolierten Sprache zählt.

Die schriftliche Überlieferung setzt auf Kreta um 2500 v. Chr. ein und dauert bis ins 11. Jh. v. Chr. Der geheimnisvollste Text des minoischen Schrifttums ist für einige der Spiraltext in Hieroglyphenschrift auf dem Diskos von Phaistos aus der Zeit um 1700 v. Chr. Es handelt sich dabei um einen Ritualtext in Verbindung mit einer Begräbniszeremonie.

Nach dem Untergang der minoischen Kultur existierte das Eteokretische als Fortsetzung des Minoischen, das in griechischer Schrift geschrieben wurde. Eteokretische Inschriften aus der Zeit zwischen dem 8. und 3. Jh. v. Chr. sind in den Heiligtümern von Praisos und Dreros gefunden worden.
 
diskos

Leider stimmt das so nicht. Keineswegs ist der Diskos im wissenschaftlichen Sinne entziffert worden und gerade der hier angegebenen sogenannte Übersetzungsversuch ist in keinster Weise anerkannt, weil er sich auf die Evansche Abzeichung stützt, die jedoch leider falsch abgezeichnet wurde.



"Die schriftliche Überlieferung setzt auf Kreta um 2500 v. Chr. ein und dauert bis ins 11. Jh. v. Chr. Der geheimnisvollste Text des minoischen Schrifttums ist für einige der Spiraltext in Hieroglyphenschrift auf dem Diskos von Phaistos aus der Zeit um 1700 v. Chr. Es handelt sich dabei um einen Ritualtext in Verbindung mit einer Begräbniszeremonie."
 
Hallo zusammen
Habe mir eben die Sendung auf Arte angesehen und dabei sind beiläufig am eigentlichen Thema der Sendung vorbei ( Untergang der Minoer-Theraausbruch-Antlantis-Bla Bla...) 2 Sätze gefallen die entweder bei solchen Sendungen nicht unüblichen Nonsens sind oder aber einen einen bedeutenden Fortschritt in der Erforschung der Minoer wieder geben:
Es sei gelungen die minoische Linear A-Schrift zu Entziffern und dabei sei eine Sprache zum Vorschein gekommen die sich von Iran aus ausser auf Kreta auch Richtung Indien verbreitet habe.
Damit meinte der Wissenschaftler wohl das Elamitische da die einzigen anderen aus Iran überlieferten Sprachen zu den in diesem Zusammenhang ausscheidenden Indoarischen Sprachen gehören und der erstgennannter Sprache eine entfernte Verwandschaft zu den Drawidischen Sprachen nachgesagt wierd
Aber das schreibe ich nur der Vollständigkeit halber mich interessieren nicht linguistische Elamo-Drawidische Spekulationen es geht mir ganz konkret um die unsere (Un-)Kenntnis über die alten Minoer selber eben auch in sprachlicher Hinsicht:
Ist es denn wirklich gelungen Die L.-A zu lesen (laut meinen Büchern nur eigeschränkt möglich da keine 1:1 Uebereinstimmung zu L.-B) diese Sprache Linguistisch einzuordnen und damit wenigstens Ansatzweise zu verstehen??
Die Entzifferung der L.-B war zwar bezogen auf Ereigniss-Geschichte der Mykener nicht der erhoffte Bringer , erlaubte aber wenigstens diese sprachlich-ethnisch einzuordnen (früheste Griechen) und einige Einsichten in Gesellschaft und Wirtschaft was nicht wenig ist.
Wenn nun ähnliches im Bezug auf Minoer im Gange ist hat man angesichts der bisherigen völligen Unkenntniss ihrer Geschichte viel gewonnen
Grüsse
Zvonimir

Hallo Zvonimir, mit dem Hinweis auf die "altiranischen Sprachen" meinen die Autoren die Studie von Gareth Owens, dem offenbar doch ein bescheidener Durchbruch bei der Entschlüsselung des Minoischen gelungen ist. Er hat es mit der Methode probiert, die minoischen Texte anhand ihres archäologischen Kontextes zu erschließen und ist dabei wohl auf Strukturen gestoßen, die charakteristisch sind für eine indoeuropäische Sprache des 2. Jahrtausends vor Christus. Seine These stützt sich auf Wörter wie z.B. "idamate" oder "damate", die auf Siegeln zu finden sind, auf denen als bildliches Element eine weibliche Göttin auf einem Berg abgebildet ist. Der prominenteste Berg auf Kreta heißt auch heute noch Ida, und "mate" ist ein altes indoeuropäisches Wort für "Mutter". Interessanterweise scheint "idamate/damate" auch das Urwort für die griechische Göttin Demeter zu sein. Näheres dazu kannst Du hier finden:

http://www.teicrete.gr/daidalika/thesis.pdf
http://www.teicrete.gr/daidalika/The%20Language%20of%20the%20Minoans.pdf

Die Studie ist immerhin als Doktorarbeit angenommen und anscheinend sehr hoch bewertet worden.

Was die sprachlichen Verwandtschaften betrifft, so ordnet Owens das Minoische zum Hethitisch-Luwisch-Armenischen Zweig der indoeuropäischen Sprachen. Dies ist insofern plausibel, als dass man für Kreta eine größere Einwanderungswelle aus Kleinasien ca. um 2500 v. Chr. nachweisen kann. Danach bildete sich auf Kreta die minoische Kultur heraus.

Ich finde seine Argumentation jedenfalls sehr packend und plausibel.

Viele Grüße,

Minos
 
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