Musik hat Macht?

K

Köbis17

Gast
Musik hat Macht? Kann die Aussage so stehen bleiben oder ist es nicht nur die Musik, sonderen sind es die, die Sie Hören oder die die sie verbreiten, die Medienindustire?

Interessantes Thema immernoch, hatte ich schonmal etwas dazu geschrieben, vielleicht wird hier weiter diskutiert?

Also ich finde dieses Thema hervorragend, denn es geht endlich mal wieder in der Neuzeit nicht um Krieg und Waffen.:)

Wenn es um Jugendkultur in den 60igern geht, hört man allzu gern immer nur etwas über die Studentenbewegung und ihre Auswirkungen auf das gesellschaftliche Gefüge jener Jahre.

Ich möchte noch ein paar Jahre zurückdrehen und eine Subkultur der Jugendkultur aufgreifen, aus der einer der größten Wirtschaftszweige der heutigen Zeit entwuchs, der Musikindustrie, die auch eine gesellschaftliche Rolle einnimmt, vor allem im Hinblick auf die Jugendkultur. Dabei betrifft diese Jugendkultur noch weitere Kreise der Gesellschaft, als die Studentenbewegung Ende der 60iger.

Diese Jugendkultur hat ihren Anfang in den 50igern in den USA.
Ende der 40er/Anfang der 50iger Jahre befindet sich die USA noch immer in einem Zustand von starrer „Rassen“trennung. Auch in der Musik gibt es die Aufteilung in Schwarz und Weiß.
Country für die Weißen, Rhythm & Blues für Schwarze. Die sauberen, leicht melancholischen Lieder der weißen Country-Sänger stehen im Kontrast zur wagemutigen Lebenslust der schwarzen Hipster, die den mittlerweile langweilig und clean gewordenen Swing hinwegfegten. So begann die weiße Jugend, sich für den Rhythm & Blues zu begeistern. Und viele schwarze Musiker verkauften in den späten 40igern sehr viele Platten in weiße Hände, trotz der wirtschaftlichen mageren Lage. Die kleinen Independent-Plattenlabels füllten die Lücke im „rassen“ getrennten Musikgeschäft und produzierten populäre Musiker wie Chuck Berry, Fats Domino, Little Richard usw. für ein weißes Publikum. Als schließlich zu Beginn der 50iger Jahre der große wirtschaftliche Aufschwung den USA zu ungeahntem Wohlstand verhilft, entsteht ein neues Klima des alles bestimmenden Konsums.
Ab Anfang der 50iger Jahre führte der Rock´n´Roll, der sich aus der schwarzen und weißen Musik zusammensetzte zu einer Welle von Rebellion gegen die erwachsene Öffentlichkeit, die diese Musik als Gefährdung von Anstand und Sittlichkeit betrachteten. Diese vulgäre, obszöne „Affenmusik“, als „Niggermusik“ bezeichnet, verderbe die Jugend, so die Meinung der Erwachsenen.

Aber auch im Nachkriegsdeutschland, Ost wie West, sorgte dieser Amerikakult und der Rock´n´Roll für Wirbel und ein Aufbegehren der Jugend gegen ihre Eltern, denn diese Musik war damals für die ordentliche und steife Sittlichkeit der Erwachsenenwelt ein Katastrophe und gefährdete die gerade wieder mühsam errichtete Moral und Sitte.
Das rebellische Verhalten wies einfach auf den Wunsch nach anderen gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und mehr selbstbestimmter Freiheit hin.

Ein wichtiger Zeitabschnitt für die Jugendkultur aller Schichten innerhalb der Gesellschaft und die Musik wird ihr Sprachrohr.

Quelle:
Rockabillies-Rock´n´Roll-Psychobillies/Portrait einer Subkultur; Susanne El-Nawab
 
Musik hat Macht? Kann die Aussage so stehen bleiben oder ist es nicht nur die Musik, sonderen sind es die, die Sie Hören oder die die sie verbreiten, die Medienindustire?
Epochenübergreifen würde ich sagen - ja.

Ich denke aber weniger an die 1960er, als an die Verherrlichung der Herrschaft von Louis XIV z.B. durch Charpentier oder die Hymnen auf Britannien von Arne oder Purcell.
Wer singt nicht einfach mit, wenn
"Rule, Britannia! Britannia, rule the waves:
Britons never (never never) shall be slaves..."
ertönt? (rhetorische Frage)

Wenn Musik gut gemacht ist, kann sie schon beeinflussen, z.B. Inhalte mitzusingen, hinter denen man gewöhnlich nicht steht...

Bei "Ton Steine Scherben" ist das sicher übertragbar.
 
Ja, ein spannendes Thema, das man vielleicht näher definieren müßte.
Geht es dir um den Einfluß der Musikindustrie auf die Inhalte?
Oder inwieweit die Industrie die populären Moden erspürt und vermarktet hat, unabhängig vom Inhalt (Stichwort alternative Labels)?
Oder ob Musik im allgemeinen das Lebensgefühl, den Zeitgeist nur widerspiegelte oder formte?
 
Epochenübergreifen würde ich sagen - ja.

Ich denke aber weniger an die 1960er, als an die Verherrlichung der Herrschaft von Louis XIV z.B. durch Charpentier oder die Hymnen auf Britannien von Arne oder Purcell.
Wer singt nicht einfach mit, wenn

ertönt? (rhetorische Frage)

Wenn Musik gut gemacht ist, kann sie schon beeinflussen, z.B. Inhalte mitzusingen, hinter denen man gewöhnlich nicht steht...

Bei "Ton Steine Scherben" ist das sicher übertragbar.


Welche Macht übt sie denn Deiner Meinung nach aus? Davon hast Du nichts geschrieben.
 
Ganz klar hat Musik Macht. Musik transportiert Emotionen wie Wut, Trauer oder Freude. Musik schweißt zusammen. Das wissen auch Machthaber. Als z.B. nach dem Militärputsch in Chile Studenten und Linke verhaftet wurden, richtete man im Estadio de Chile ein Konzentrationslager ein, in dem sehr viele Musiker der Nueva Canción Chilena-Bewegung eingesperrt wurden, etwa Victor Jara, von dem die Legende erzählt, dass er dort seine Lieder sang, bis die Wächter ihn verstümmelten und schließlich erschossen. Oder Ángel Parra, der Sohn der Künstlerin Violeta Parra. Einer Verhöhnung gleich wurden über Lautsprecher im Estadio de Chile die Lieder rechter Musiker gespielt. Wer deren Lieder spielte, konnte verhaftet werden und musste damit rechnen, zu verschwinden. Andine Tacht und traditionelle andine Instrumente waren während der Pinochet-Dikatatur verboten. Es war daher schon eine Form politischen Widerstands, wenn Bands wie Inti Illimani oder Quilapayún in Poncho und Instrumenten wie z.B. der Panflöte auftraten. Beide Bands hatten das Glück während des Putsches in Italien bzw. in Frankreich auf Tournee zu sein.
Illapu spielte europäische Klassik (Mozart, Beethoven) mit traditionellen Instrumenten und umging so die Zensur, zeigte aber allein mit der Auswahl der Instrumente ihre Opposition zum Regime.
Die meisten Bands der Nueva Canción Chilena hatten ihren Teil zum Wahlsieg der Unidad Popular, des linken Wahlbündnisses unter Salvador Allende, beigetragen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich denke auch, dass Musik Macht hat und schon immer hatte. Wer kriegt keine Gänsehaut bei Beethovens Mindscheinsonate oder Bachs Toccata und Fuge?
Ich denke im 20. Jahrhundert muss man dann wieder unterscheiden zwischen Musik, die etwas aussagen will und Musik die nur zum Geld verdienen geschrieben wurde.

Hierzu empfiehlt es sich z.B. das Musikvideo von KoRNs Single "Y'all want a Single" anzusehen, in dem nebenbei aufgezählt wird, wie die heutige Musikindustrie arbeitet. Ich kann zum Beispiel eine Christina Stürmer nicht mit einer Girlieband wie den No Angels vergleichen.
Genausowenig wie ich eine Cher mit einer Madonna vergleichen kann/will.

Natürlich ist Musik Träger von Gefühlen, aber in der neuesten Musikgeschichte sollte man das Augenmerk vor allem auf die Liedtexte richten. Wirklich sozialkritische Lieder gibt es kaum noch, die meisten Sänger(Innen) trällern einem nur noch etwas von Herzschmerz und Liebe vor. Bands wie Ton, Steine, Scherben, die noch Liedtexte mit Aussage (z.B. "Macht kaputt, was euch kaputt macht") hatten, sind heute weitaus seltener geworden.
Was nicht bedeutet, dass Sänger(Innen), deren Liedtexte keine Aussagekraft haben, keine Daseinsberechtigung haben, immerhin bedienen sie den Wunsch der Massen nach sog. "Fahrstuhlmusik".

Was bei Musik allerdings auch eine große Rolle spielt und nicht zu unterschätzen ist, ist die Idolbildung. Sänger, die für viele Menschen Idole sind oder fast gottgleich verehrt werden, haben großen Einfluss auf die Gesellschaft. Man denke nur an die Trennungen von Boygroups wie Take That und Caught in the Act in den Neunzigern des letzten Jahrhunderts, oder die Auflösung der Band Nirvana nach dem Selbstmord von Kurt Cobain. Reihenweise haben sich Teenager umgebracht, weil sie glaubten, ohne diese Menschen nicht mehr leben zu wollen. Auch dies ist in meinen Augen eine Art Macht.

Oder die weltweite Trauer um Freddie Mercury, der 1990 an Aids starb und so zwei wichtige Dinge erreichte - zum einen die Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass es Aids gibt und dass man verantwortungsvoll mit Geschlechtsverkehr umgehen sollte und zum Anderen den Homosexuellen eine goldene Brücke baute, sodass sich in den folgenden Jahren immer mehr Menschen "outeten" - man denke hier z.B. an George Michael und Sir Elton John.

Es gibt so viele Musikalische Legenden im 20. Jahrhundert, dass man gar nicht weiß, wo man anfangen soll, aufzuzählen, was dieser oder jener Musiker durch sein Werk oder (leider) seinen Tod erreicht hat. Hier denke ich zum Beispiel an die Beatles und speziell John Lennon.
 
Wirklich sozialkritische Lieder gibt es kaum noch, die meisten Sänger(Innen) trällern einem nur noch etwas von Herzschmerz und Liebe vor. Bands wie Ton, Steine, Scherben, die noch Liedtexte mit Aussage (z.B. "Macht kaputt, was euch kaputt macht") hatten, sind heute weitaus seltener geworden.

Dem möchte ich widersprechen. Diese Musik kommt nur nicht unbedingt in die Charts. Ich kann hier nur die Sendung Tracks vom Sender arte empfehlen. Das beste Musikmagazin im deutschsprachigen Fernsehen (wie das mit dem französischsprachigen Fernsehen aussieht, kann ich nicht sagen).
Es gibt aber auch Künstler, deren Stil ich nicht mag bzw. nicht mögen würde, wenn nicht die Texte so saugut wären, etwa Manu Chao. Wobei bei Manu Chao Konserve und live absolut zu trennen sind. Während er in der Konserve viele elektronische Elemente verwendet, ist er live eher instrumental unterwegs (wie in den alten Zeiten als Kopf von Mano Negra) und da könnte ich mir die Musik auch wieder mit weniger guten Texten gut anhören. Gerade Manu Chao ist ein Beispiel, wie international beliebt sozialkritische Texte sein können.

Oder die weltweite Trauer um Freddie Mercury, der 1990 an Aids starb und so zwei wichtige Dinge erreichte - zum einen die Gesellschaft darauf hinzuweisen, dass es Aids gibt und dass man verantwortungsvoll mit Geschlechtsverkehr umgehen sollte und zum Anderen den Homosexuellen eine goldene Brücke baute, sodass sich in den folgenden Jahren immer mehr Menschen "outeten" - man denke hier z.B. an George Michael und Sir Elton John.

Bis zwei Wochen vor seinem Tod ist Herr Bulsara mit seiner Homosexualität allerdings auch nicht hausieren gegangen. Klar, im Nachhinein sind seine Kostüme aus den siebziger Jahren (wenn ich mal von I want to break free absehe) als vorheriges Outing interpretabel, aber das hat damals niemand gemacht.
 
Dem möchte ich widersprechen. Diese Musik kommt nur nicht unbedingt in die Charts.

Womit wir bei meinem Statement der Massenproduktion von Fahrstuhlmusik angekommen wären :devil:

Bis zwei Wochen vor seinem Tod ist Herr Bulsara mit seiner Homosexualität allerdings auch nicht hausieren gegangen. Klar, im Nachhinein sind seine Kostüme aus den siebziger Jahren (wenn ich mal von I want to break free absehe) als vorheriges Outing interpretabel, aber das hat damals niemand gemacht.

Ich sprach ja auch vom "im Nachhinein". Eben durch seinen Tod fingen viele Menschen zu denken an... Das er sich nicht freiwillig outete ist mir auch bekannt, immerhin war der gute Mann ziemlich lange mit einer FRAU verheiratet *g (wie Sir John übrigens auch :D )
 
Das ist wohl die Frage von Huhn und Ei.
Ganz klar hat Musik Macht. Musik transportiert Emotionen wie Wut, Trauer oder Freude. Musik schweißt zusammen.

Bewirkt hier die Musik etwas eigenständiges - in die Richtung geht doch der Hinweis von Vercingetorix? Oder finden sich mit der Musik Menschen zusammen? Einfluß können doch in dem Sinn nur die Menschen gewinnen, für die auch Musik der gemeinsame Ausdruck ist.

Als Beispiel denke ich an die Verknüpfungen Musik/Vietnamkrieg/68er etc.

Sind aber nur so Gedanken dazu.
 
Zuletzt bearbeitet:
Welche Macht übt sie denn Deiner Meinung nach aus? Davon hast Du nichts geschrieben.

Gänsehaut ist möglicherweise der erste Schritt zur Bewusstseinsveränderung.

Musik gewinnt immerhin über Dich die Macht, wenn Du so willst, auch mal Aussagen zu "vertreten", hinter denen Du sonst nicht stehen würdest. Wie soll man das anders nennen?

Man kann natürlich dann auch die Macht über Dein Handeln Deinen Emotionen zuschreiben, welche durch die Musik erweckt wurden. Aber kann man dann diese Schlussfolgerung
Musik hat einen Einfluss (Macht) -> Emotionen -> Lenkung des eigenen Handelns
nicht auch verkürzen auf die Macht der Musik?

Und damit meine ich nicht mal "Die Macht der Musik" als etwas rührseliges. Man denke an Streichern in Filmmusiken, die unser Empfinden beeinflussen können und sollen, dass wir Mitleid oder Trauer mit den Schauspielern empfinden...
 
Musik kann auch Informieren und ist leichter zu verstehen, als z.B. politische Vorlesungen oder Diskusionen. Durch die Melodie wird es erleichtert, diverse Textelemente besser zu merken. Diese sitzen dann meist Tief im Bewußtsein.

Musik hat zudem die Kraft zu verbinden, entweder durch die Melodie, weil sie Wohlklingend ist oder aber auch durch das, was die Musik transportieren soll, indem Textinformation durch Melodie empfänglicher gestaltet wird.

Die volle Macht der Musik entfalltet sich aber erst, mit der Möglichkeit ein großes Publikum zu erreichen, der Medienindustrie, die durch das Speichern von Tönen und das Verbreiten über Radio begann.

Ein wichtiger Gesellschaftlicher Schritt, denn nun war Musik nicht länger auf die unterschiedlichen Stände verteilt, sondern konnte jedes Ohr erreichen.
 
Ich finde, dass Musik, wie Malerei oder Chemie oder auch Schokolade, einzigartig und mit Nichts zu vergleichen ist.
Einzigartigkeit weckt Interesse und wenn man sich für etwas interessiert, ganz gleich für was, dann wird ein Leben zum Teil durch dieses Etwas mitbestimmt.
Ich bin der Meinung, dass Musik keine direkte Macht auf einen Menschen hat.
Sie bekommt soviel Macht, wie der betreffende Mensch ihr beimisst.
Der Mensch macht die Musik zu dem, was sie für ihn ist und er bestimmt, welche ihn anspricht - also welchem Genre der Musik er Macht über sich verleiht.
Und wenn den Leuten halt am Besten Musik gefällt, wo nur alle 15 Minuten ein Paukenschlag zu hören ist, na dann bitte. Diese Musik wird dann die Radios beherrschen und die meiste "Macht" im Vergleich zu den restlichen Musikrichtungen haben.
Dann kann man sich auch kurz darauf auf Interpretationen freuen: :ironie:
Die Musik lässt Raum für eigene Gedanken und freie, persönliche Entfaltung und alle 15 Minuten eröffnet der Paukenschlag eine ganz neue Denkweise.

Wenn man dann von einer Musikrichtung so "eingenommen" ist, steht man natürlich auch zu ihr und "kämpft" für sie. Was bedeutet, dass die Musik Macht über einen Menschen hat.
Für mich ist es die Musik des Spätbarocks.
 
Ich spreche jetzt einmal bewusst nur von Europa (West- und Teilen Mitteleuropas.)

Ich finde, dass Musik, wie Malerei oder Chemie oder auch Schokolade, einzigartig und mit Nichts zu vergleichen ist.
Einzigartigkeit weckt Interesse und wenn man sich für etwas interessiert, ganz gleich für was, dann wird ein Leben zum Teil durch dieses Etwas mitbestimmt.
Ich bin der Meinung, dass Musik keine direkte Macht auf einen Menschen hat.
Sie bekommt soviel Macht, wie der betreffende Mensch ihr beimisst.
Der Mensch macht die Musik zu dem, was sie für ihn ist und er bestimmt, welche ihn anspricht - also welchem Genre der Musik er Macht über sich verleiht.
Und wenn den Leuten halt am Besten Musik gefällt, wo nur alle 15 Minuten ein Paukenschlag zu hören ist, na dann bitte. Diese Musik wird dann die Radios beherrschen und die meiste "Macht" im Vergleich zu den restlichen Musikrichtungen haben.
Ich glaube aber, dass Musik als Medium früher einen anderen Stellenwert hatte. Manche sprechen von abgestumpfteren Sinnen der modernen Menschen durch die und in der Medienwelt von heute.

Ich denke zum Beispiel, dass man sich heute nicht in den Eindruck von Musik im Allgemeinen auf die Menschen des Barocks hineinversetzen kann oder das zumindest sehr schwierig ist. Zwar konnten viele Menschen garnicht von der "großen" Musik ihrer Zeit beeinflusst werden, da sie den Weg in die Opernhäuser bsw. nicht fanden - ich denke hier an Landbevölkerung bsw., die keinen Zugang zu den Städten und deren Einrichtungen hatten - aber zum einen fand selbst die "große" Musik ihren Niederschlag in der Volksmusik (im Sinne von Floklore), zum anderen war dafür die Wirkung in den Städten mit Theatern, Opernhäusern etc. selbst um so gravierender. Denn in den großen Städten ist sicherlich die Haltung der Bevölkerung keineswegs mit der heutigen zur Oper zu vergleichen (im Sinne von gleichsetzen). Die Opern wurden in aller Regel auf den Massengeschmack komponiert. Man kämpfte sozusagen um das Publikum mit Spezialeffekten, musikalischen Höhepunkten, einprägsamen Arien, Liedern usw. ... Heute mag das Opernfach den Conaisseurs oder dem Establishment (wo es gesellschaftlich dazu gehört) vorbehalten sein - damals war es ein Massenmedium. Das zeigt sich allein schon in der Verarbeitung der Melodien aus Opern des 18.Jh. dann in den Chansons der Straße. Eine Beschränkung der Opern auf ein elitäres Publikum konnten sich doch viele Komponisten garnicht leisten, wenn sie ihren Erfolg nicht zunichte machen wollten. Sicher gab es aber auch die protegierten und etwas unabhängigeren Komponisten.

Von daher war der Eindruck der Musik auf die Massen ein anderer als heute. Wenn man bedenkt welchen Rang (im Sinne von Stellenwert) Opern, aber auch Konzerte in der Unterhaltung vieler Städter einnahm begreift man auch die hitzigen Debatten und geradezu wilden Konflikte wie in der Mitte des 18. Jh. die "Querelle des Buffons" in Paris.
 
Die Opern wurden in aller Regel auf den Massengeschmack komponiert. Man kämpfte sozusagen um das Publikum mit Spezialeffekten, musikalischen Höhepunkten, einprägsamen Arien, Liedern usw. ... Heute mag das Opernfach den Conaisseurs oder dem Establishment (wo es gesellschaftlich dazu gehört) vorbehalten sein - damals war es ein Massenmedium.

Zur Illustration von @brissos Beitrag nur dies noch:
Der Jungfernkranz
 
ich denke, Musik kann durchaus Macht haben.

- etwa, indem sie (die Musik) auf Missstände aufmerksam macht
(Beispiele: Nena mit ihren 99 Luftballons auf das Wettrüsten in den 80ern; Dylan, Beaz und andere auf die Situation in Vietnam; Wecker/Mey/Wader auf soziale Diskrepanzen)

- oder Themen geraten durch Lieder nicht in Vergessenheit
(Beispiele: Traditionals, Gospels, Volkslieder)

und: wenn jemand berühmt ist, hat er es leichter, sich Gehör zu verschaffen. Es macht halt einen Unterschied, ob ich mich über Asylantenverfolgung ärgere, oder ob Konstantin Wecker das Lied von Willy singt

Konstantin Wecker


kleiner Nachsatz: @ Foxy: Mercury starb nicht '90, sondern '91
auch wenn ich Dir Recht gebe: durch seinen Tod gewann der Umgang mit AIDS eine neuere Form.
 
Interessanter thread für mich (da ich selber Musiker bin), leider zu spät gesehen.
Ich würde sagen, daß Musik keine Macht hat, sonder nur Interessen bündelt. Sicherlich kann man Musik als stilistisches Mittel zur eigenen Machtdemonstration einsetzen. Ob es aber dann allerdings die Macht der Musik, oder die Macht der Worte oder die Macht der Persönlichkeit ist, wäre eine unendliche Diskussion. Dazu muß ich sagen, daß ich nun Musik als Instrumentalmusik definiere. Das, was bisher hier im thread diskutiert wurde, war eher die Meinungsfreiheit, geäußert über Texte. Diese haben die "Macht" (wenn man das so schreiben kann) und werden durch die Untermalung mit Musik nur verstärkt.

Gruß Silli
 
Dazu muß ich sagen, daß ich nun Musik als Instrumentalmusik definiere. Das, was bisher hier im thread diskutiert wurde, war eher die Meinungsfreiheit, geäußert über Texte. Diese haben die "Macht" (wenn man das so schreiben kann) und werden durch die Untermalung mit Musik nur verstärkt.

Es scheint mir ein guter Ansatz zu sein, bei der Musik die Worte von Melodie und Instrumenten zu trennen. Die Worte, Texte sprechen die Menschen eher auf der Vernunftebene an, ähnlich wie politische Reden oder doch nicht so ganz, denn der Stil eines Gedichtes, Liedtextes paßt sich der Musik an und Musik spricht immer die emotionale Ebene an.

Da Emotionen Macht über Menschen haben, könnte vielleicht doch mit Musik versucht worden sein, Macht über Menschen zu gewinnen oder auch nur die Worte wirkmächtiger, einprägsamer zu machen?

Interessant wäre es weitere Beispiele zu finden, außer den bereits erwähnten in Chile und der jüngsten Vergangenheit.

Leider ist Musik ähnlich flüchtig wie nur gesprochene Worte, so daß wir niemals wissen werden, ob vielleicht letzlich germanische Kriegstrommeln und Luren Arminius Kampagne gegen die Römer zum Erfolg werden ließ. :winke:
 
so ganz, denn der Stil eines Gedichtes, Liedtextes paßt sich der Musik an und Musik spricht immer die emotionale Ebene an.

Da Emotionen Macht über Menschen haben, könnte vielleicht doch mit Musik versucht worden sein, Macht über Menschen zu gewinnen oder auch nur die Worte wirkmächtiger, einprägsamer zu machen?
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Hey rena8 !

Völlig richtig ausgedrückt; umsonst würde man heute nicht von "fesseldern" Musik bzw. von stimmungsvollen und mitreißenden, einprägsamen Rythmen der Musik sprechen. Musik gibt uns nicht nur viel, sondern will uns z. B. Eindrücke und Empfindungen des jeweiligen Komponisten über seine Zeit wiedergeben. Man muß nur sensibel genug hineinhören. Dies trifft insbesondere auf Friedrich Smetana und Jean Sibelius u. v. a. mit ihren sinfonischen Dichtungen zu.

Mit meinen besten Grüßen

Simplex Simplicissimus
 
Vergeßt bitte nicht, daß heute viel Suggestion dabei ist. Damit meine ich, daß man schon bei Beginn eines Liedes irgendwelche Dinge oder Erfahrungen assoziiert, weil man ja weiß, was kommt. Instrumentalmusik funktioniert in der Regel auch nur, wenn man den Titel gelesen hat und kennt. Natürlich ist auch eine eigene freie Interpretation möglich, aber ob diese wirklich so frei ist wie gedacht scheint fraglich, da vorher irgendwann schon einmal eine musikalische Beeinflussung stattgefunden hat. Also ein Lernprozeß.
Gutes Beispiel dafür sind alte Kampflieder oder Marschmusik, mit der man schon allein an der Spielart einen militärischen Aspekt erkennt. Bei Klassik ist das ungleich schwerer, aber diese wurde auch fast immer auf eine Geschichte oder ein Thema komponiert, welches als Grundlage dient. Ganz einfach weil schon der Komponist damit etwas assoziiert.
Klang jetzt sicher alles ein wenig geschwollen. Hoffe, daß es doch verstanden wird, was ich damit sagen wollte.

Übrigens danke für die Bewertung !
 
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