Nur ein (paar Tausend) einkalkulierte(s) Bauernopfer?

Abgesehen davon bist du nicht gegen Ideologien, du bist vielmehr einer der dezidiertesten Vertreter hier im Forum einer solchen und du missbrauchst Geschichte regelmäßig als Vehikel, um Deines Ideologie unters Volk zu bringen, so auch hier.
Eigentlich wollte ich darauf nicht eingehen, eines jedoch sollte ich dazu schon sagen: Niemand hier ist neutral, jeder ein Kind seiner persönlichen Geschichte. Und wenn wir schon bei der Ideologie oder besser gesagt der Weltanschauung sind, dann hast du auch eine. Freilich ist sie eine andere als meine – wie anders die ist, konnte man oben sehen: Ferdinand der Heilige hatte nichts mit der Vertreibungen im Jahr 1492 und danach zu tun, dennoch erwähnst du ihn in diesem Zusammenhang. Warum? Ich vermute, weil du damit versuchst, katholische Könige als nicht so schlimm darzustellen, wie sie in den Personen Ferdinand II. und Isabella I. waren.
 
Natürlich nicht, aber wenn man sich vergegenwärtig, was das bedeutet, nämlich dass es am besten wäre*, wenn Völker in Staaten lebten, die entlang der religiösen oder konfessionellen Grenzen getrennt würden, dann weiß du, warum ich gegen Religionen/Ideologien bin: Weil diese die Menschen zwar einen, aber indem sie das tun, andere ausgrenzen
Und abermal sei dir der Blick auf die ostasiatischen Verhältnisse empfohlen, um klar zu machen, dass es durchaus ausgemachter Unsinn ist religionen per se einen Unvereinbarkeitsanspruch und einen exklusiven Wahrheitsanspruch andichten zu wollen.

Im Fall, wo dieser Unvereinbarkeitsanspruch gegeben ist, wirkt Religion nicht im wesentlichen anders, als jedes andere eine Trennung definierende Kriteriu, weswegen mir schleierhaft ist, weswegen du dieses eine in besonderem Maße verteufelst.

Weil diese die Menschen zwar einen, aber indem sie das tun, andere ausgrenzen; und nichts grenzt mehr aus als der Glaube.
Wie kann man nur dermaßen ignorant gegenüber der Geschichte des vergangenen Jahrhunderts sein?

Der Glaube ist keine unüberwindliche Schranke. Rasseideologische Kriterien hingegen sind es z.B. sehr wohl, weswegen mir schleierhaft ist, wie du zu dem unsinnigen Postulat kommst, dass nichts mehr ausgrenzen würde, als der Glaube das täte.

Das zieht sich durch die ganze Historie bis heute: Der Grund für das lange Bestehen des Römischen Reiches sehe ich in seiner Toleranz fremden Göttern gegenüber; man ließ den Unterworfenen ihren Glauben und assimilierte sie dennoch nach der Devise: Wandel durch Annäherung.
Wie lange das "Römische Reich" besteht, ist eine Definitionsfrage.

De facto wird dieses Reich ja bereits unter Caesars Nachfolgern erstmal aufgeteilt und das blieb ja in der römischen Geschichte durchaus kein Unicum. De facto führten zentrifugale Kräfte mehrfach Reichsteilungen herbei und die doch beträchtliche Zahl innerrömischer Auseinandersetzungen und Bürgerkriege spricht durchaus auch nicht unbedingt für ein dauerhaftes reibungsloses Funktionieren.

Viele Römische Institutionen und Traditionen halten sich recht lange, aber sich das römiche Reich als einen Hort unwahrscheinlich lange anhaltender Stabilität zu denken, geht an den Realitäten vorbei.
Der Grund warum dieses Reich so lange bestand, dürfte auch mit darin zu suchen sein, dass es nach Karthago kaum noch Akteure an den römischen Grenzen gab, die selbst stark genug waren Rom in Krisenzeiten ernstlich herauszufordern.

Die Gruppen nördlich des Reiches waren extrem heterogen und in der Regel nicht fähig mehr als fragile befristete Koalitionen zustande zu bringen, auf denen sich aber kein Reich aufbauen ließ, dass Rom dauerhaft Konkurrenz hätte machen können, im Westen war der Atlantik, im Süden die afrikanischen Wüsten.
Was blieb, das waren die Potentaten im Persischen Raum, aber viel mehr an wirklich bedrohlichen Gegnern war da ja lange Zeit nicht.


Zur Assimilation und wie Rom mit nicht Assimilationswilligen umsprang hat @El Quijote schon was geschrieben.

Was ist denn Reconquista samt folgender Vertreibung der Araber und Juden anderes als Schaffung eines Staates, in dem es ab da nur eine Religion gab? Dafür zeigte sich der Papst dankbar – und Spanien wiederum wurde dadurch zu einer der Stützen des Katholizismus. Oder anders gesagt: Sie unterstützten sich gegenseitig bis ins 20. Jahrhundert hinein – siehe Francos Spanien.
Zunächstmal wurde da kein "Staat" geschaffen, weil die iberischen Reiche zwar nunmehr in Personalunion regiert wurden, aber nach wie vor von einander getrennt blieben.

Und was die weitere Geschichte der spanischen Reiche angeht, war diese durchaus nicht grundsätzlich von religiöser Intoleranz geprägt.

Karl V. (immerhin spanischer König) hat einen Martin Luther nicht in Worms eingesackt und auf den Scheiterhaufen werfen lassen, so wie das zuvor mit Jan Hus geschehen war und obwohl dass dem Papst sicherlich ganz gut gefallen hätte.

Karl V. war es auch, der letztendlich dem Augsburger Religionsfrieden zustimmte und der durchaus versuchte mit den Protestanten in den spanische Niederlanden zu einem Modus Vivendi zu finden. Auch wenn er das Fernziel hatte hier die Reformation wieder rückabzuwickeln, war er durchaus kein Betonkopf, der meinte die Existenz von Protestanten im niederländischen Reichsteil unter keinen Umständen akzeptieren zu können.


Wo wir dabei sind, wen Spanien in der Geschichte so alles unterstützte:

Unter anderem wurden Spanien während der Revolutions- und Napoléonischen Kriege (und zwar noch unter den Bourbonischen Königen) ein Alliierter des revolutionären, laizistischen Frankreich, in dem katholische Geistliche zunehend gefährlich lebten.
Diese Allianz dürfte durchaus nicht nach dem Gusto des Papstes gewesen sein.

Und was Franco angeht, übersiehst du natürlich hübsch den Umstand, dass Franco gegen den Willen eines Großteils des Landes mit Hilfe deutscher und italienischer Truppen an die Macht gebombt wurde.

Beispiel: der Unterschied zwischen Serben und Kroaten liegt nur in der Religion: Die einen wurden vom Byzanz aus christianisiert, die anderen vom Rom.
Was allerdings relativ wenig Unterschied machte, weil es zu diesem Zeitpunkt noch kein großes Schisa gab.
Das kam ja erst Jahrhunderte später.
Mal davon abgesehen, dass der Umstand, von wo aus ursprünglich mal missioniert wurde nicht unbedingt auch entscheidend für die Zukunft war.

Beispielsweise scheint Mähren und zum Teil wohl auch Böhmen, was den Beginn der Christianisierung angeht, zunächst vor allem unter den Einfluss der "Slawenaposteln" und damit von Byzanz gestanden haben, orientierte sich im Laufe der folgenden Jahrhunderte aber nach Rom.
Insofern, wer von wo aus mal christianisiert wurde, muss nicht unbedingt einen besonderen Impact auf die weitere Geschichte dieser Gebiete gehabt haben.
Für weite Teile Serbiens, wird eine Orientierung an Byzanz einfach aus geographischen Gründen Sinn ergeben haben.

Ansonsten liegen Unterschiede zwischen Serben und Kroaten (und auch massive Unterschiede innerhalb dieser Gruppen) natürlich damit zusammen, welchen historischen Reichen diese Räume mal angehörten, und welche historischen Strukturen dabei geschaffen wuden.

Z.B. die Kroaten in Kroatien im engeren Sinne, in Slavonien, so wie die Serben in der Vojvodina gehörten über Jahrhunderte (die Serben mit Unterbrechhung durch die osmanische Herrschaft) beide den Länndern der Stephanskrone an, was dafür gesorgt haben dürfte, dass das historisch Ungarn und später die ungarische Reichshälfte beiden strukturell einen ähnlichen Stempel aufdrückte, der in diesen Gebieten möglicherweise gar nicht so unähnliche Lebensverhältnisse und Traditionen schuf, die die Bewohner dieser Regionen und ihre Lebensweise massiv von den Kroaten in Dalmatien und Istrien und den Serben in Serbien im engeren Sinne (von Mazedonien und dem kosovo nicht zu reden) unterscheiden dürften.



Und wenn man weiß, wie die beiden christlichen Zentren sich beim Missionieren bekämpften – indem sie z.B. die jeweils anderen Antichristen nannten
............... das taten sie vor dem Großen Schisma von 1056 ja eben nicht.

Natürlich war war sowohl der Bischof von Rom, als auch der Patriarch von Konstantinopel daran interessiert im internen Gerangel um die Vorrangestellung einen öglichst großen Raum auf sich selbst zu vereinigen und möglichst viele Unterstützer hinter sich zu bringen.
Dafür war aber zunächst das größere Gewicht bei der Kission zu haben (wie das böhmische Beispiel zeigt) nicht unbedingt eine Garantie.

So lange es die große Kirchenspaltung noch nicht gab, arbeiteten Rom und Konstantinopel noch immer am selben Projekt, auch wenn die Frage des Vorrangs im Raum stand.

Und darüber hinaus, darf man nicht übersehen (auch dir das in deinser Sichtweise schwerfallen wird), dass die christliche Mission durchaus in vielen Fällen nicht von außen aufgezwungen, sondern von den Herrschern, die das Christentum einzuführen gedachten durchaus erwünscht war.

Und für die war es natürlich zweckmäßig sich an dem religiösen Zentrum zu orientieren, dass am ehesten in der Lage war die Ressourcen (sprich der jeweiligen Sprache kundige Priester in möglichst großer Zahl zu stellen um die Religion auch zu verbreiten).
Hierfür bot es sich in der Regel an, sich an dem Zentrum auszurichten, dass geographisch näher drann war und wohin es möglicherweise schon länger Kontakte gab, so dass einige Priester von dort möglicherweise mit Land, Sprache und Gebräuchen schonmal etwas vertraut waren.


dann wundert es einen nicht, dass sich dieser jahrhundertelange Kampf auf ihre Gläubigen übertrug und zuletzt in der Vertreibung der Serben aus Kroatien im Jahr 1995 endete.
Verzeihung, die jugoslawischen Zerfallskriege und ihre Begleitumstände damit erklären zu wollen, dass die eine Gruppe anno tuck mal von Rom und die andere mal von Konstantinopel aus missioniert worden ist, ist nun wirklich der Gipfel des Unsinns.

Wenn der maßgebliche Grund für den Zerfall Jugoslawiens die Religion gewesen wären, hätte er sich völlig anders vollzogen, denn dann hätte es für die Slowenen und Kroaten (beide tedenziell katholische Gruppen) ja keinen Grund gegeben, sich für die Herausbildung separater Staatsswesen zu entscheiden.
Die Vorsstellung Jugoslawien sei an seinen inneren religiösen Grenzen zerfallen, geht in Kroatien und Slowenien nicht auf, in Bosnien-Herzegowina, dass dann selbst hätte zerfallen müssen, dreimal nicht.
 
eines jedoch sollte ich dazu schon sagen: Niemand hier ist neutral

Also, was das Frage dieses Threads betrifft, kann ich nicht anders, als mich als vollkommen neutral zu bezeichnen. Für mich ist die Fragestellung neu, mich interessiert, welche Argumente für Netanyahus bzw. Berneckers These sprechen, mich interessiert, welches die Gegenargumente sind. Ich kenne mich in diesem Thema gar nicht aus und hoffte darauf, etwas dazuzulernen.

Jetzt wird wieder mal ein Thema zerschossen, da geht es um den Bestand des Römischen Reiches, das Große Schisma, den Zerfall Jugoslawiens, Pipapo, und die Chancen auf eine ergiebige Diskussion sinken...
 
Für dich als Spanienkenner mag das unterkomplex sein, aber der aktuelle Bezug war eben Reconquista wie sie sich uns heute darstellt – samt Vertreibung der Araber und der Juden. Und wegen dieser Vertreibungen ist z.B. dein Hinweis auf den Ferdinand dem Heiligen, der ja vor dem Jahr 1492 lebte und auf dessen Grab vier Grabinschriften stehen (Spanisch, Latein, Arabisch und Hebräisch), dem Thema nicht dienlich, weil zu diesem Zeitpunkt schon lange tot.

Ferdinand der Heilige war im 13. Jhdt. einer der wichtigsten Protagonisten der „Reconquista“, unter seiner Herrschaft wurden Córdoba und Sevilla erobert. Das Problem ist, dass du einen achthubdertjährigen Prozess, der alles andere als geradlinig verlief oder - ich lehne den Begriff der „Reconquista“ ab, da er eine ideologische Linie insinuiert, die sie zwar hin und wieder hatte, aber nicht durchgängig. Bis ins 11. Jhdt. war das, was wir heute als „Reconquista“ fassen in erster Linie Konflikt zwischen Herrschaftsgebieten unabhängig ihrer Religion. Man versuchte eben, seine Herrschaft auf Kosten der Nachbarn auszudehnen, ob diese nun katholisch oder muslimisch beherrscht wurden, war egal. Erst mit den Almoraviden änderte sich das. Hinzu kam das Aufkommen des Kreuzugsgedankens. Unter den Almohaden wanderten sogar Muslime freiwillig in die christlichen Herrschaften aus. Bischof Jiménez de Rada, Promoter der Schlacht von Las Navas de Tolosa unter Alfons IX., zeigt sich entsetzt, als Franzosen, die zur Unterstützung kommen in in den christlich beherrschten Städten die morerías, die Maurenviertel angreifen. Es geht gegen die Almohaden, nicht gegen die eigenen Muslime oder Muslime per se. In den folgenden Jahrzehnten geht die Reconquista weiter, aber das ideologische Moment rückt wieder in den Hintergrund, der Wahlspruch der Nasriden wa lā ghalibu ilā Allāh, ‚Es gibt keinen Sieger außer Allah‘ geht zurück auf die Eroberung Sevillas, an der die Truppen von Granada auf Seiten Ferdinand des Heiligen teilnahmen. Mohammed V. finanzierte den Bau des Alcázar von Sevilla für Pedro I. von Kastilien, seine Handwerker, die später die wichtigsten Paläste der Alhambra bauten vermischten hier christliche und muslimische Botschaften in einem Gebäude. Neben den Wappen von Kastilien und León stehen Verse aus Koransuren.

Du interpretierst 800 Jahre „Reconquista“ von der Politik nach 1492 her.
 
Ferdinand der Heilige hatte nichts mit der Vertreibungen im Jahr 1492 und danach zu tun, dennoch erwähnst du ihn in diesem Zusammenhang. Warum? Ich vermute, weil du damit versuchst, katholische Könige als nicht so schlimm darzustellen, wie sie in den Personen Ferdinand II. und Isabella I. waren.
Logik ist nicht so deine Stärke?
 
Alfonso VIII. ließ Münzen auf arabisch prägen (freilich christlich umgedeutet), die nach seinem Tod mit dem Namen seines Sohnes weitergeprägt wurden
Nebenbei, ging es bei den arabisch beschrifteten Münzen nicht einfach nur um den guten Ruf des Dinar wegen dessen Goldgehalts?
Und wegen dieser Vertreibungen ist z.B. dein Hinweis auf den Ferdinand dem Heiligen, der ja vor dem Jahr 1492 lebte und auf dessen Grab vier Grabinschriften stehen (Spanisch, Latein, Arabisch und Hebräisch), dem Thema nicht dienlich, weil zu diesem Zeitpunkt schon lange tot.
Der Hinweis kam, weil Du eine jahrhundertelange Kontinuität der religiösen Feindschaft behauptet hattest. Eine solche hatte es in der von Dir behaupteten Form nicht gegeben.
Warum? Ich vermute, weil du damit versuchst, katholische Könige als nicht so schlimm darzustellen, wie sie in den Personen Ferdinand II. und Isabella I. waren.
Bei allem Respekt, @Dion, aber Du unterschätzt meines Erachtens eines: Wenn es um die Religion geht, wird Deine Argumentation mitunter so einseitig, dass selbst religionskritisch eingestellte Foristen anfangen, Dir Paroli zu bieten. @El Quijote gehört dazu.

Wenn Du etwa die Gräuel des Kroatienkrieges 1995 mit dem morgenländischen Schisma erklärst, ist das schlicht ahistorisch und ein Versuch – ob bewusst oder nicht – möglichst viele Übel dem Christentum anzulasten. Denn Du ignorierst dabei völlig den Konflikt der nationalen Identitäten der Kroaten und Serben – die lange um die Vorherrschaft auf dem Westbalkan gestritten haben –; das österreich-ungarische Erbe; kroatische Ressentiments aufgrund der Verweigerung eines eigenen Staates; serbische Ressentiments infolge des von Ante Pavelić initiierten Genozids; und die Frage, welche Rolle die Religion nach fünfzig Jahren erzwungener kommunistischer Säkularisierung überhaupt noch spielen konnte.
Für mich ist die Fragestellung neu, mich interessiert, welche Argumente für Netanyahus bzw. Berneckers These sprechen, mich interessiert, welches die Gegenargumente sind. Ich kenne mich in diesem Thema gar nicht aus und hoffte darauf, etwas dazuzulernen.
Detto.
Jetzt wird wieder mal ein Thema zerschossen, da geht es um den Bestand des Römischen Reiches, das Große Schisma, den Zerfall Jugoslawiens, Pipapo, und die Chancen auf eine ergiebige Diskussion sinken...
Und deswegen würde ich vorschlagen, auf diesen Nebengleisen nicht weiter zu fahren, sonst verpassen wir unsere Haltestelle.

Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich.
 
Das ist natürlich ein berechtigter Einwand. Gibt es denn Studien zur sozioökonomischen Struktur der Vertriebenen? Wer verließ Spanien, wer blieb zurück?
Da kann ich leider nichts näheres zu sagen, weil ich mich damit zugegebenermaßen nicht besonders beschäftigt, sondern theoretisch von den Verhältnissen (religiös motivierte Berufsverbote für Juden in Zentraleuropa) und ihre Folgen auf die Verhältnisse auf der iberischen Halbinsel geschlossen habe, was natürlich nicht zu bestimmten zulässigen Schlüssen berechtigen, kann, sondern nur einen theoretischen Ansatz umreißen könnnte.

De facto weiß ich wie gesagt nicht, wie genau entsprechende Verbote und Restriktionen auf der iberischen Halbinsel aussahen und welche Bereiche davon betroffen waren.
Im Gegensatz zu Mitteleuropa wird die Sache auf der iberischen Halbinsel natürlich auch noch durch die Anwesenheit der Muslime deutlich verkompliziert, bei denen ebenfalls zu fragen wäre, welchen Restriktionen diese möglicherweise unterlagen und ob das in seiner Gesamtheit mit Einschränkungen für Juden ähnlich oder deckungsgleich war.

Je nachdem, wie das aussieht, könnten nämlich in diesem Fall auch Landesteile sehr unterschiedlich betroffen gewesen sein, wenn nämlich möglicherweise im Süden Berufszweige, die von Christen eher gemiden wurden, auch von Muslimen ausgeübt wurden, so dass der Impact durch die Vertreibung und Zwangskonvertierung der Juden auf die Wirtschaft hier möglicherweise kleiner gewesen sein könnte, als im Norden (oder auf Sardinien und Sizilien), wo es nur wenige Muslime gab, die alternativ zu den Juden Funktionen hätten übernehmen können, die bei den Christen eher verpöhnt waren.


Mir selbst ist nicht bekannt ob es dazu entsprechende Studien gibt, ich persönlich kenne keine, muss aber auch zugeben, dass ich nicht besonders gut spanisch spreche (daran arbeite ich noch) und dementsprechend die spanische Forschungsliteratur nicht kenne.
 
Du interpretierst 800 Jahre „Reconquista“ von der Politik nach 1492 her.
Nicht Reconquista betrachte ich von der Politik nach 1492 her, sondern was nach Reconquista geschah, d.h. was Ferdinand und Isabella danach taten – du selbst hast im Eröffnungsbeitrag geschrieben:
1492 wurden die Juden per königlichem Dekret aus Spanien vertrieben, bleiben durften solche, die sich taufen ließen, gleichzeitig aber hegte man gegenüber diesen Konvertiten ein gewisses Misstrauen, da man annahm, dass sie im Verborgenen ihre alten religiösen Praktiken weiter vollführten (Kryptojuden), ihre Konversion nur vorgetäuscht sei. In der Tat waren im 15., 16. und 17. Jhdt. conversos wohl die am Stärksten von der Spanischen Inquisition verfolgte Gruppe (aber nicht die einzige).

Und auch @muck hat bezog sich auf 1492 als er u.a. schrieb:
Gab es denn 1492 überhaupt eine nennenswerte Zahl politisch und finanziell potenter Juden in den christlich kontrollierten Territorien?
(…)
Insgesamt scheint mir die Annahme plausibler, dass ein religiös homogenes Spanien geschaffen werden sollte.
(…)
Ich würde wirklich nicht ausschließen, dass Isabella und Ferdinand ganz einfach keine Juden und Muslime mehr im Land haben wollten. Aus damaliger Sicht war dies auch machtpolitisch verständlich.
Da ist, mein lieber @El Quijote, nichts von früher, also vor 1492 die Rede, aber wenn ich dazu meine Ansicht äußere, die so ziemlich die gleiche ist wie die von @muck eben zitierte, und anschließend deine Erwähnung von Ferdinand dem Heiligen kritisiere, weil der mit der Vertreibung der Araber und Juden 1492 ff und der spanischen Inquisition nichts zu tun hatte, ist das plötzlich nicht mehr okay?

Gut, ich hätte besser nicht von Römern, Kroaten und Serben geschrieben, die erkennbar nur als Beispiele gemeint waren, aber wie so oft, sind sie wieder zum Streitgegenstand geworden in einem Faden, der damit nichts zu tun hat. Das initiiert zu haben, bekenne ich mich schuldig.
 
Nebenbei, ging es bei den arabisch beschrifteten Münzen nicht einfach nur um den guten Ruf des Dinar wegen dessen Goldgehalts?
Das sicher auch, aber es handelt sich um keine Imitate (wie etwa der Mancus von Offa von Mercien), sondern um Münzen mit arabischen Inschriften christlichen Inhalts; ein Bsp.:

امام البيعة المسيحية بابة
Imāmu 'l-baīʿati 'l-masīḥīati bābatu
der Vorbeter des christlichen Rituals ist der Papst
ALF

بسم الاب و الابن والروح القدوس الاله الواحد من امن و تعمد يكون سا لما
bismi 'l-ābi wa 'l-ibni wa 'r-rūḥi l-qadūsi - al-ilāhu 'l-wāḥid - man āmana wa taʿamada yakūnu sālmā
im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes - der eine Gott - wer glaubt/darauf vertraut und getauft wird, ist gerettet.

أمير القتولقين الفونش بن شنجة ايده الله و نصره ضرب هذا لديناربمدينة طليطلة سنة اثنين و عشرين و مائتين و الف الصفر
Amīr qatūliqīn Alfūnš bn Šanǧat - ayadahu Allāh wa-nasarahu - duriba hādā 'd-dīnār bi-madīnati Ṭulayṭulah sanati itnīn wa ʿašrayn wa mi'atayn wa alf 'ṣ-ṣafar
Der Herrscher der Katholiken Alfonso Sánchez (= Alfonso VIII.) - Allāh unterstütze ihn und verleihe ihm den Sieg - dieser Dinar wurde in der Stadt Toledo im Jahr der Spanischen Ära (ṣafar) 1222 geprägt (Spanische Ära 1222 = AD 1184)​

Beachte, dass Gott einmal in der Formel als al-ilāhu 'l-wāḥid, ein anderes mal als Allāh bezeichnet wird.



Sie sollten also in den muslimischen Raum hineinwirken.
 
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