Opus caementitium - römischer Beton/Mörtel

Carolus

Aktives Mitglied
Einige Proben aus den Überresten von Hafenanlagen wurden jetzt untersucht, um die Zusammensetzung römischen Zements und seine Baueigenschaften aufzuhellen.

Nature berichtet in einem Artikel:
Seawater is the secret to long-lasting Roman concrete : Nature News & Comment

Hier geht es zur Publikation in American Mineralogist

Phillipsite and Al-tobermorite mineral cements produced through low-temperature water-rock reactions in Roman marine concrete | American Mineralogist

Jetzt gibt es einen Artikel in der Welt zu dieser Untersuchung:

https://www.welt.de/geschichte/arti...on-der-Roemer-haltbarer-war-als-moderner.html

und hier noch ein älterer Artikel: Antike Gebäude in Rom: 2000 Jahre alter Beton - Wissen - Süddeutsche.de

Die Erforschung der antiken Baustoffe hat sogar einen ganz praktischen Nutzen, denn so kann man auch heutige Betonsorten verbessern, und die antike Herstellung war auch noch energieeffizienter.

Ich hatte vor einiger Zeit eine Dokumentation über die Hagia Sophia gesehen. Falls ich mich recht entsinne, hieß es, dass der zwischen den Ziegellagen verwendete Mörtel sehr elastisch sei, und deswegen Erdbeben nur geringe Schäden anrichten würden.
 
Beton

Hallo

Ich hatte vor einiger Zeit eine Dokumentation über die Hagia Sophia gesehen. Falls ich mich recht entsinne, hieß es, dass der zwischen den Ziegellagen verwendete Mörtel sehr elastisch sei, und deswegen Erdbeben nur geringe Schäden anrichten würden.

Ja, ich auch, der bei der Hagia Sophia verwendete Beton unterschied sich aber vom normalen opus caementitium.

mfg
schwedenmann
 
Hallo



Ja, ich auch, der bei der Hagia Sophia verwendete Beton unterschied sich aber vom normalen opus caementitium.

mfg
schwedenmann

Ich meine, bei der Hagia Sophia ist kein Beton (im Gegensatz zum Pantheon) verwendet worden. Die Kuppel ist m. W. gemauert. Ich glaube, die Dokumentation lief auf arte. Vielleicht finde ich da noch in einer Mediathek o. ä. etwas dazu.
 
Ja, hier ist das auch so beschrieben worden:

Römische Architekten hatten seit Jahrhunderten große Erfahrungen mit dem Bau mächtiger Kuppeln gesammelt. Aus der Befundanalyse dieser Kuppeln wird ersichtlich, dass zumeist der Werkstoff Opus caementitium, der römische Beton, solche Tragkonstruktionen erst möglich gemacht hat. Bei der Hagia Sophia wurde jedoch auf die bewährte Unterstützung mit Beton verzichtet. Der gesamte Bau ist – typisch für Ostrom – mit Ausnahme der Hauptpfeiler in Ziegelbauweise aufgeführt.

Auch später bereiteten Erdbeben Probleme an der Kuppel. Nach dem großen Erdbeben 989, bei dem der westliche Kuppelbogen einstürzte, betraute Kaiser Basileios II. den armenischen Architekten Trdat mit der Rekonstruktion der Kirche. 1346 stürzte der östliche Kuppelbogen nach heftigen Erdstößen ein. Erst danach wurden Stützmauern aus statischen Gründen an der Außenseite der Kirche angebracht; sie veränderten den ursprünglichen optischen Eindruck deutlich.

Heute finden sich in der Kuppel der Hagia Sophia 40 Fenster, jeweils eines zwischen den tragenden Gewölbespanten aus Ziegelsteinen und Mörtel. Man geht jedoch meist davon aus, dass die Fenster einer Rissbildung in der Kuppel vorbeugen sollen, indem sie entstehende Risse ins Leere laufen lassen und so die weitere Ausbreitung der Risse mit möglicher Zerstörung der gesamten Kuppel verhindern. Man nimmt an, dass die Baumeister diese Zusammenhänge am Beispiel des Pantheons erkannten und aus diesem Grunde Fensteröffnungen an der besonders gefährdeten Basis der Kuppel einließen.

Da die Region um das Marmarameer weiterhin erdbebengefährdet ist, bestehen heute ernsthafte Befürchtungen für die Kuppel. Die türkische Regierung hat in Zusammenarbeit mit der UNESCO eine Expertenkommission ernannt, die sich diesem Thema widmet.


https://www.deluxegoldenhornhotel.com/de/attraction/hagia-sophia/
 
Die Kuppel der Hagia Sophia ist aus Leichtbau-Backsteinen gemauert und man verwentete mit Ziegelsplitt gemagerten Kalkmörtel. Statisch zwar schlechter, aber deutlich leichter – und das war bei der Kuppe sehr wichtig.

Gruss Pelzer
 

Heute finden sich in der Kuppel der Hagia Sophia 40 Fenster, jeweils eines zwischen den tragenden Gewölbespanten aus Ziegelsteinen und Mörtel. Man geht jedoch meist davon aus, dass die Fenster einer Rissbildung in der Kuppel vorbeugen sollen, indem sie entstehende Risse ins Leere laufen lassen und so die weitere Ausbreitung der Risse mit möglicher Zerstörung der gesamten Kuppel verhindern. Man nimmt an, dass die Baumeister diese Zusammenhänge am Beispiel des Pantheons erkannten und aus diesem Grunde Fensteröffnungen an der besonders gefährdeten Basis der Kuppel einließen.

...
/

Das ist das os genannte "Klopapierprinzip": Das Papier reisst irgendwo, nur nicht an den Bohrungen. War schon Subjekt von Witzen zu Sowjetzeiten. Ich wuste nicht, dass auch die Griechen es kannten.
 
Ich nehme an es war bei Arte: In einer Dokumentation wurde dieses Thema behandelt und gezeigt wie türkische Ingenieure ein Ziegelmodell der Hagia Sophia auf einem Rütteltisch errichtet wurde. Es war erstaunlich zu sehen, wie stark sich dieses Gebilde verformen konnte bevor es Schäden erlitt.

Vor (sehr) vielen Jahren hörte ich von einem Führer in der Moschee von Cordoba, dass die rot-weissen Bögensegmente auch eine statische Funktion hatten. Ursprünglich waren die roten Segmente aus Ziegel, die Weissen aus Kalkstein. Später hat man aus Kostengründen alle nur noch aus einem Material gemacht. Beim großen Erdbeben von Lissabon erreichten die Schockwellen auch Cordoba: Die alten Bögen aus zwei Materialien erlitten keine Schäden, die nur aus Stein errichteten, wurden beschädigt.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich nehme an es war bei Arte: In einer Dokumentation wurde dieses Thema behandelt und gezeigt wie türkische Ingenieure ein Ziegelmodell der Hagia Sophia auf einem Rütteltisch errichtet wurde. Es war erstaunlich zu sehen, wie stark sich dieses Gebilde verformen konnte bevor es Schäden erlitt.

Vor (sehr) vielen Jahren hörte ich von einem Führer in der Moschee von Cordoba, dass die rot-weissen Bögensegmente auch eine statische Funktion hatten. Ursprünglich waren die roten Segmente aus Ziegel, die Weissen aus Kalkstein. Später hat man aus Kostengründen alle nur noch aus einem Material gemacht. Beim großen Erdbeben von Lissabon erreichten die Schockwellen auch Cordoba: Die alten Bögen aus zwei Materialien erlitten keine Schäden, die nur aus Stein errichteten, wurden beschädigt.

Genau, da kam auch ein Rütteltisch vor. Das müßte diese Sendung gewesen sein: Denkmäler der Ewigkeit - arte | programm.ARD.de
 
"opus caementitium", der römische Beton ist bekanntlich dem heutigen Beton überlegen. Jetzt ist man dem Geheimnis seiner Haltbarkeit nähergekommen – Zitat aus der Süddeutschen von heute:

Nun melden Wissenschaftler aus den USA, sie hätten das Geheimnis gelüftet: Kleine Kalkklumpen könnten dem Beton und Mörtel stabilisierende Eigenschaften verliehen haben, schreibt die Gruppe um Admir Masic vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) in der Fachzeitschrift Science Advances. Versuche mit einer solchen Baustoffmischung enthüllten eine Art Selbstheilungskräfte. Bilden sich in dem Beton Risse, durch die Wasser rinnt, so entstehen kalkhaltige Mineralien, die die Hohlräume wieder ausfüllen können.

Also nicht die vulkanische Asche war der Grund für die Haltbarkeit des römischen Betons, sondern die beigemischten millimeterkleinen Kalkklumpen, die man bisher für Unreinheiten gehalten hatte.

PS: Die betreffenden Artikel in der Zeitschrift Science Advances.
 
Also nicht die vulkanische Asche war der Grund für die Haltbarkeit des römischen Betons, sondern die beigemischten millimeterkleinen Kalkklumpen, die man bisher für Unreinheiten gehalten hatte.

Das irritiert mich jetzt ein wenig, denn Kalk ist doch im Prinzip auch heute Grundbestandteil von Zement und somit von Beton, nämlich in Form von Branntkalk und Gips. Wieso soll nun das anstelle des Puozzelans das unterscheidende Element gewesen sein, welches den antiken Beton besser als den modernen macht? (Die Chemiker unter euch können mich natürlich gerne auslachen, aber erklärt hätt' ichs trotzdem gerne.)
 
Bin zwar weder Chemiker noch Bau-Ingenieur, nur unterdurchschnittlich begabter Hobbyheimwerker, aber vielleicht hilft dieses weiter:

Ursprünglich waren sie davon ausgegangen, dass sich Kalk im Beton zunächst mit Wasser zu einem hochreaktiven, pastenartigen Material verbunden hat, einem Prozess, der als Löschen bekannt ist. Doch dieser Vorgang allein konnte das Vorhandensein der Kalkklumpen nicht erklären. Bei der Untersuchung von Proben des antiken Betons stellten die Forschenden fest, dass die weißen Einschlüsse in der Tat aus verschiedenen Formen von Calciumcarbonat bestehen. Und die spektroskopische Untersuchung lieferte Hinweise darauf, dass diese Substanz bei hohen Temperaturen entstanden ist, wie es bei der exothermen Reaktion zu erwarten wäre, falls gebrannter Kalk anstelle von Löschkalk zum Einsatz kommt.

Im Heißmischen sehen die Forschenden zwei Vorteile. Höhere Temperaturen ermöglichen chemische Reaktionen, die bei der Verwendung von gelöschtem Kalk nicht möglich gewesen wären. Außerdem verkürzen sich die Aushärtungs- und Abbindezeiten erheblich, da chemische Reaktionen schneller ablaufen.​



Rätsel gelöst: Warum ist römischer Beton aus früheren Zeiten so stabil? - ingenieur.de

Falls ich das richtig verstehe, ist der Einsatz von gebrannten Kalk anstelle von Löschkalk der entscheidende Unterschied.


Nachtrag:


Um zu beweisen, dass dies tatsächlich der Mechanismus ist, der für die Haltbarkeit des römischen Betons verantwortlich ist, stellte das Team Proben von heiß gemischtem Beton her, der sowohl antike als auch moderne Rezepturen enthielt, riss sie absichtlich und ließ dann Wasser durch die Risse laufen. Das Ergebnis war eindeutig: Innerhalb von zwei Wochen waren die Risse vollständig verheilt und das Wasser konnte nicht mehr abfließen. Ein identischer Betonbrocken, der ohne Branntkalk hergestellt wurde, heilte nicht, und das Wasser floss weiterhin durch die Probe. Nach diesen erfolgreichen Tests arbeitet das Team daran, dieses modifizierte Zementmaterial auf den Markt zu bringen.​

Warum war römischer Beton so haltbar? - ANTIKE WELT
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben