Eine Provinz Kaliningrad hätte wohl nicht beitreten können.
Aber umbenannt in "Land Ostpreußen" o. ä. hätte man den Beitrittswunsch nach §23 GG (alte Fassung) kaum verweigern können.
Das Wiedervereinigungsgebot des Grundgesetzes ergab sich u.a. aus der Präambel und war kein Selbstzweck. Die Präambel des GG lautete 1949 bis 1990 wie folgt:
Präambel des GG a.F. schrieb:
Im Bewußtsein seiner Verantwortung vor Gott und den Menschen,
von dem Willen beseelt, seine nationale und staatliche Einheit zu wahren und als gleichberechtigtes Glied in einem vereinten Europa dem Frieden der Welt zu dienen, hat das Deutsche Volk
in den Ländern Baden, Bayern, Bremen, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern,
um dem staatlichen Leben für eine Übergangszeit eine neue Ordnung zu geben,
kraft seiner verfassungsgebenden Gewalt dieses Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beschlossen.
Es hat auch für jene Deutschen gehandelt, denen mitzuwirken versagt war.
Das gesamte Deutsche Volk bleibt aufgefordert, in freier Selbstbestimmung die Einheit und Freiheit Deutschlands zu vollenden.
(Den entscheidenden Passus habe ich fett hervorgehoben).
Wer hätte den "ostpreußischen" Beitrittswunsch 1990 äußern sollen? Doch die Russen, die 1990 in Ostpreußen wohnten. Das wäre aber keine Einheit in freier SELBST-Bestimmung des deutschen Volkes gewesen sondern eine Einheit durch FREMD-Bestimmung (hier der Russen in Ostpreußen). Einen solchen Beitrittswunsch hätte man ablehnen dürfen.
Aber das Besondere am alten Paragraph 23 war ja, daß er deutschen Gebieten einseitig ein Beitrittsrecht einräumte (so jedenfalls die gängige Interpretation). Die BRD hätte den Beitrittswunsch der fünf neuen Länder überhaupt nicht ablehnen können.
Das ist so nicht richtig. Stell Dir mal vor, die Volkskammer der DDR hätte 1983 ohne Rücksprache mit der Sowjetunion beschlossen, dass die DDR der BRD beitritt. Den Beitritt hätte die Bundesregierung unter Hinweis auf die undemokratischen Verhältnisse in der DDR und auf die gravierenden aussenpolitischen Probleme (sowjetische Truppen in der DDR, fehlende Zustimmung der Sowjetunion, drohender Krieg bei Realisierung) ohne weiteres ablehnen dürfen. 1990 war die Situation freilich ganz anders.
Und wenn Österreich dann auch noch Lust bekommen hätte, hätte die Bundesregierung diesen Beitritt auch akzeptieren müssen (wobei die Österreich damit allerdings gegen ihren Staatsvertrag verstoßen hätten, aber das ist ja eine andere Baustelle).
Zunächst einmal den Art. 23 GG a.F. im Wortlaut:
Art. 23 GG a.F. schrieb:
Dieses Grundgesetz gilt zunächst im Gebiete der Länder Baden, Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und Württemberg-Hohenzollern. In anderen Teilen Deutschlands ist es nach deren Beitritt in Kraft zu setzen.
Schlussfolgerung: Österreicht hätte nicht nach Art. 23 GG beitreten können, da es sich um kein "Teil Deutschlands" handelte. Unter Deutschland verstand man das Deutsche Reich in den Grenzen des 31.12.1937.
Es hatte ja schon seinen Grund, daß man den Paragraph 23 dann abgeschafft hat. Das stellte klar, daß Deutschland "komplett" ist und keine weiteren Gebiete mehr erwartet werden.
Hier ist Dein Grundgedanke zutreffend. In den 2+4-Verhandlungen wollten die "4" Gewissheit haben, dass das Thema Wiedervereinigung mit der Vereinigung der BRD, DDR und Berlin erledigt ist. Deshalb verpflichtete sich die BRD auch diverse Verfassungsbestimmungen, insb. Art. 23 S. 2 GG, zu ändern (vgl. Art. 1 Abs. 4 des "2+4"-Vertrages).
Und zum Thema, die Oder-Neiße-Grenze wurde doch von allen anerkannt...da zu spekulieren ist mit Verlaub, nicht viel Geistreicher wie der Glaube an Hitlertagebücher.
Hierzu folgendes:
Die Grenzen Deutschlands und Polens waren nach westdeutschem Verständnis durch die Ostverträge nur vorläufig geregelt, nicht aber endgültig. Die endgültige Regelung stand unter dem Vorbehalt eines Friedensvertrages mit den Siegermächten.
Die Polen erwarteten von einer solchen endgültigen Regelung nichts Gutes. Die polnische Regierung stand in dieser Frage voll unter Beschuss der polnischen Medien und Parteien, die entsprechende Ängste davor schürten, dass Deutschland die Ostgebiete (endgültig) wieder haben will. Polens Regierung forderte deshalb, dass die Grenzfrage
vor der Wiedervereinigung endgültig geregelt werden soll.
Das war aber aus westdeutscher Sicht nicht machbar, da das Bundesverfassungsgericht entschieden hatte, dass eine solche Regelung der endgültigen Regelung mit den Siegermächten vorbehalten war, frühestens also
zeitgleich mit dieser erfolgen konnte. Auch agierte Kohl in dieser Frage anfänglich sehr unglücklich (Kohl wollte die Grenzfrage nicht als Preis der Wiedervereinigung sondern
nach der Wiedervereinigung als eine Selbstverständlichkeit geregelt wisen). Das hat bei den Polen freilich noch mehr Zweifel hervorgerufen und führte zu einer gewissen Hysterie in der Grenzfrage mit folgendem Ergebnis:
Die Grenzfrage wurde nicht nur im "2+4"-Vertrag verbindlich geregelt, sondern Bundestag und Volkskammer haben noch vor der Wiedervereinigung erklärt, dass das vereinigte Deutschland unmittelbar nach seiner Wiedervereinigung den bereits ausgehandelten deutsch-polnischen Grenzvertrag annehmen soll und der Bundestag des vereinigten Deutschlands hat dann gleich nach seinem Zusammentritt im November 1990 den Grenzvertrag ratifiziert.
@repo:
Es lässt sich nur darüber spekulieren, wer hinter dem Angebot des sowjetischen Generalmajors steckte. Solwacs Hinweis auf die eigene Interessenlage der Militärs in Kaliningrad sollte man durchaus als eine Möglichkeit in Betracht ziehen. Eine andere ergibt sich freilich, dass der Mann dem Spiegelbericht zufolge wohl auch Geheimdienstler war.