Am einfachsten war der Vorwurf, nicht dem Kaiser geopfert zu haben. Holte der Christ das aber nach, war er frei und konnte ohne Einschränkung sein christliches Leben weiter führen. Denn das war wohl nicht verboten.
Genau das war ja die (aus christlicher Sicht) gravierende (und aus christlicher Sicht inakzeptable) Einschränkung, dass man opfern musste, um sein Leben weiter führen zu können.
Es gab sogar Bischöfe, die regelmäßig opferten, um in Ruhe ihrer Tätigkeit nachzugehen.
Ruhe vielleicht vom Staat, nicht aber von etlichen ihrer Glaubensbrüder.
Es gab mal eine sehenswerte Doku auf Arte über die Christenverfolgung. Die dort diskutierenden Theologen erklärten, dass die Christen jener Zeit sehr auf die Apokalypse und den Märtyrertod fixiert waren.
So sei anzunehmen, dass mancher römischer Richter einem Christen (die wohl selber durchaus häufig zu den oberen Gesellschaftsschichten gehört hätten) gesagt hat "komm, opfere jetzt dem Kaiser, der Fall ist erledigt, und nachher gehen wir zusammen was essen".
Was dann aber verweigert wurde, weil man den Märtyrertod vorzog.
Dass so mancher Richter einem Angeklagten eine goldene Brücke zu bauen versuchte, kann ich mir schon vorstellen. Aber auch hier tritt das Problem auf, das sich auch bei Diskussionen darüber (auch in diesem Forum) häufig stellt: Vielen heutigen Menschen, die vermutlich selbst entweder überhaupt keiner Religion anhängen oder für die ihre Religion zumindest keine große Rolle spielt, ist das Verhalten vieler Christen in den Christenverfolgungen einfach nicht mehr verständlich: "Was ist denn schon dabei, wenn man ein kleines Opfer bringt? Das ist doch eine reine Formalität, das tut doch nicht weh, und nachher hat man seine Ruhe und wird "toleriert". Wer so halsstarrig ist, das zu verweigern, ist eh selber schuld." So mag auch mancher Römer gedacht und über die Verweigerer den Kopf geschüttelt haben. Für einen überzeugten Christen war das aber kein kleines Opfer und keine kleine banale Formalität, mit der man sich problemlos Übleres ersparen konnte, sondern nichts weniger als eine Entscheidung für oder gegen seinen Glauben, mit dem ein Opfer eben nicht vereinbar war.
Natürlich gab es trotzdem Christen, die das Opfern dem Märtyrertod vorzogen. Das führte allerdings zu schweren innerchristlichen Auseinandersetzungen über die Frage, wie man mit solchen (vom Glauben) "Abgefallenen" ("lapsi", denn als genau das wurden sie betrachtet und nicht bloß als Personen, die eine kleine Formalität erledigt hatten) umgehen sollte.
Somit könnte aber auch für manchen Verweigerer, der den Märtyrertod vorzog, weniger Glaubensstärke an sich ausschlaggebend gewesen sein als vielmehr der Gruppendruck und die Furcht vor der kompletten sozialen Ausgrenzung durch seine Angehörigen und sonstigen Glaubensbrüder und -schwestern.