Polen

M

Marla

Gast
Hab mal wieder ein paar Fragen, was Polen betrifft.
Ich muss nächste Woche eine Präsentation zur Beziehungsgeschichte zwischen Polen und Deutschen halten. Anschließend folgt noch ein Kolloquium, weswegen ich hoffe, dass ihr mich bei der Vorbereitung ein wenig unterstützen könnt.

Zum einen suche ich Fragen, die man mir evt. stellen könnte.

Zum anderen wüsste ich gerne eure Meinung zu folgenden zwei Fragen, die ich mir selbst gestellt habe:
1. Warum findet die polnische Geschichte im Vergleich zu der jüdischen so wenig Beachtung?
2. Inwieweit bestimmt die Beziehungsgeschichte mit Polen unsere Gegenwart?

Wäre echt dankbar, wenn mir jemand helfen kann. Bin schon jetzt ein Nervenbündel wegen der Prüfung.
Liebe Grüße

Marla
 
Polen von Maria

Liebe Maria
1. Gemessen an der jüdischen Geschichte, ist die polnische Geschichte ein Jungbrunnen.
2. Abgesehen von kulturhistorischen Ursachen (Sprache, Tradition) hat die Beziehungsgeschichte Deutschland - Polen eine Wurzel die im politischen Mächtestreben zu finden ist. Sie reicht von der 1. Polnischen Teilung über den Nationalismus bis zum Ende des Kalten Krieges. - Die kurze Gegenwart lässt Raum um ungeheilte Wunden zu heilen.
Alles Gute!
Martin
 
Ich würde sogar eine Ecke früher ansetzen, nämlich mit der Missionierung Polens auch von Deutschland aus oder mit der Anerkennung des ersten polnischen Königs Mieszko durch den deutschen Kaiser Otto I. 963.
 
die "Wasserschlacht"

Marla schrieb:
... zur Beziehungsgeschichte zwischen Polen und Deutschen ...
... suche ich Fragen, die man mir evt. stellen könnte.

Welches Spiel ging am 3. Juli 1974 im Frankfurter Waldstadion als „Wasserschlacht“ in die Fußballgeschichte ein?
Gegen wen wird Deutschland 2006 in der WM-Vorgruppe wieder antreten dürfen?

Polen gegen (West-)Deutschland und schon wieder Polen gegen Deutschland.
Und bei der Halbfinal-Wasserschlacht hatten die Polen gegen die (West-)Deutschen Beckenbauers auch noch Pech... :weinen:

(Für den Fall, dass Dir fussballirre Prüfer ganz locker und fies den aktuellen "Kontext" abfragen... :D )
 
Marla schrieb:
Hab mal wieder ein paar Fragen, was Polen betrifft.
Ich muss nächste Woche eine Präsentation zur Beziehungsgeschichte zwischen Polen und Deutschen halten. Anschließend folgt noch ein Kolloquium, weswegen ich hoffe, dass ihr mich bei der Vorbereitung ein wenig unterstützen könnt.

Zum einen suche ich Fragen, die man mir evt. stellen könnte.

Zum anderen wüsste ich gerne eure Meinung zu folgenden zwei Fragen, die ich mir selbst gestellt habe:
1. Warum findet die polnische Geschichte im Vergleich zu der jüdischen so wenig Beachtung?
Die polnische Geschichte findet genausowenig bzw. genausoviel Beachtung wie die ostmitteleuropäische Geschichte insgesamt, sie wird genauso ignoriert wie tschechische, ungarische, litauische oder bulgarische Geschichte.
Jüdische Geschichte wird "nur" in Zusammenhang mit der Shoa gelehrt, Wissen über die Geschichte der europäischen Juden vor dem 20. Jhdt. findet sich nur selten in den Lehrbüchern.

Marla schrieb:
2. Inwieweit bestimmt die Beziehungsgeschichte mit Polen unsere Gegenwart?

Wäre echt dankbar, wenn mir jemand helfen kann. Bin schon jetzt ein Nervenbündel wegen der Prüfung.
Liebe Grüße

Marla
Polen ist eines der Länder die von der Geschichte am meisten gebeutelt wurden. Die einstige Großmacht (die polnisch-litauische Union beherrschte im 16. Jhdt. ein Riesenreich, von der Ostsee bis ans Schwarze Meer, von Danzig bis vor die Tore Moskaus) sank im 17. Jhdt. zum Spielball europäischer Machtpolitik herab, wurde 3 Mal geteilt und verschwand für 100 Jahre vollständig von den Landkarten.

Der deutsch-polnische Gegensatz wurzelt in der Zeit der Teilung, der von den Preussen besetzte Teil Polens wurde von Bismarck und Wilhelm II. zu germanisieren versucht.

Nach dem ersten Weltkrieg wurde Polen wiederhergestellt, der polnische Staat schob sich zwischen die Provinz Ostpreussen und den Hauptteil des Reiches, die national gemischte Stadt Danzig wurde Freistaat.

1939 überfiel Nazideutschland Polen, der zweite Weltkrieg begann. In diesem Krieg wurde Polen fast komplett verwüstet, die Zerstörungen polnischer Städte waren fast total. Nach Kriegsende wurde quasi das gesamte Land nach Westen verschoben - Stalin besetzte die Ostprovinzen Polens und siedelte die Bewohner in die vom Reich abgetrenten und ethnisch gesäuberten Gebiete östlich der Oder, Ostrpeussen und Schlesien um.

Denn nicht nur Deutsche wurden 45 aus ihren Heimatgebieten vertrieben, die ethnisch leergeräumten Provinzen wurden von den aus Ostpolen vertriebenen Polen besiedelt.
 
zu der 1. Frage: Die Geschichte der Juden begann bereits vor Christus. Zufälligerweise habe ich vorkurzen eine Hausarbeit zum Thema Juden geschrieben. Polen war ein Land um welches sich oft gestritten wurde. Mehrmals wurde es in Kriegen und Streitigkeiten auseinander gerissen und wieder zusammengefügt, bis es wie heute ein eigenständiger Staat wurde. Heutzutage ist Polen immernoch kein relevantes Thema....jedoch der Antisemitismus und das Judenproblem ist fortwährend. Ich weis nicht ob das jetzt in irgnedeiner Art geholfen haben sollte, aber ich wollte einfach mal meinen Senf dazugeben.
 
USA als Garant

Marla schrieb:
2. Inwieweit bestimmt die Beziehungsgeschichte mit Polen unsere Gegenwart?

Hallo Marla,

http://www.1944.pl/
Der link führt zum Museum des Warschauer Aufstandes. Im Museum selbst (war letztes Jahr dort) hatten sie Betrachtungen zur Nachkriegszeit bis zur Jetztzeit mit ausgestellt. (Wobei es eine Frage sein dürfte, inwieweit eine direkte historische Linie vom Warschauer Aufstand zur Solidarnosc-Bewegung zu ziehen sei wie dort getan.) Für mich (Westdeutsch geborenen) war am erstaunlichsten die herausgehobene positive Darstellung/Bewertung Ronald Reagens und Nachfolger. Die USA gelten den Polen als Garanten ihrer Freiheit gegnüber SU/Russland und wohl intuitiv/vorsichtiger Weise auch noch gegenüber Deutschland. Das dürften sehr wohl Nachbeben der polnischen Teilungen sein. Der zweite Aspekt dürfte jedoch am abnehmen sein durch Nato und EU-Mitgliedschaft. Jedoch auch hier verläuft die Annäherung wohl weniger bilateral mit Deutschland als über genannte Gemeinschaftsorganisationen. (Zumindest erscheint es in der Rethorik ab und zu so. Und ist vielleicht manchmal auch den innenpolitischen Lagerkämpfen geschuldet.)

Herzlicher Gruss, Martin
 
Gibt es denn in Polen Städte (außer Warschau) die nicht deutschen Ursprungs sind, und den Namen Stadt verdienen (auf dem Stand von 1939, nicht 2006) ?

Wie wäre es mit Lublin, Lemberg, Krakau... Die schweren baulichen Zerstörungen betrafen in der Tat allerdings neben Warschau in der Tat eher die ehemals deutschen Städte. Das lag daran, dass die schwersten Kämpfe um die Städte begannen, als die rote Armee im Herbst 1944 die deutsche Grenze überschritt. Da kam es dann zu den Zerstörungen wie in Küstrin oder Breslau. Von den alliierten Bombenangriffen war das Gebiet östlich der Oder ja nicht so stark betroffen.
 
Obwohl sich das alte Österreich ebenfalls an den polnischen Teilungen beteiligte war die Verhältnisse im österreichischen Teil Polens ungleich besser als in den preussich und russichen Gebieten. In den letzten Jahrzehnten der Donaumonarchie stiegen die Polen zu den "staatstragenden" Nationen auf, die polnischen Parteien im Reichsrat unterstützen meist die Regierungslinie, oft in scharfer Gegnerschaft zu den tschechischen Vertretern.

Ein wesentlicher Grund für die relative friktionsfreiheit des österreichisch-polnischen Verhältnis ist das Fehlen von Germanisierungs- bzw. Russifzierungsversuchen seitens der österreichischen Regierung. Die österreichischen Besatzer in Polen waren halt das geringste der 3 Übel.
Am drückendsten empfanden die Polen sicher die russiche Besetzung des Kernlands um Warschau. Mehrere Aufstände wurde bis ins 20. Jdht. blutig niedergeschlagen.
 
Jetzt hat man mich zur Anmeldung gezwungen, weil nur das Gästeforum ohne Anmeldung benutzbar ist. Hinterhältig :D:D

Also, das polnische Schicksal mit dem jüdischen zu vergleichen ist wohl wirklich übertrieben. Ich hab mich nur gefragt, warum das Deutsch-Polnische Jahr kaum Erwähnung gefunden hat.
Von Thomas Urban hab ich grad ein Buch gelesen (über die Vertreibung der Deutschen und Polen). Ein zweites Buch werd ich wohl bis Dienstag nicht mehr schaffen. :)
Fallen euch noch irgendwelche Fragen ein, die man mir im Kolloquium stellen könnte? Mein Referat bezieht sich übrigens auf das 19. und 20. Jahrhundert. Hoffe, dass keine Frage aus der Zeit davor kommen. Bis auf die Kreuzritter und den Deutschen Drang nach Osten hab ich kaum Ahnung davon.
Danke für eure Hilfe!

Marla
 
[Mod]@Marla: Nur zur Info....Wir verlegen Fragestellungen, die dann in einer Diskussion enden (was ja auch ganz nett ist) dann in aller Regel ins entsprechende Forum (v.a. dann, wenn auch etliche Gäste antworten). Der F&A-Bereich soll vorrangig F&A dienen. Ich hoffe, die Anmeldung war nicht allzu schmerzhaft und wünsche angenehmes Verbleiben im Forum. Viel Erfolg beim Kolloquium [/Mod]
 
Rovere schrieb:
Obwohl sich das alte Österreich ebenfalls an den polnischen Teilungen beteiligte war die Verhältnisse im österreichischen Teil Polens ungleich besser als in den preussich und russichen Gebieten. In den letzten Jahrzehnten der Donaumonarchie stiegen die Polen zu den "staatstragenden" Nationen auf, die polnischen Parteien im Reichsrat unterstützen meist die Regierungslinie, oft in scharfer Gegnerschaft zu den tschechischen Vertretern.

Ein wesentlicher Grund für die relative friktionsfreiheit des österreichisch-polnischen Verhältnis ist das Fehlen von Germanisierungs- bzw. Russifzierungsversuchen seitens der österreichischen Regierung. Die österreichischen Besatzer in Polen waren halt das geringste der 3 Übel.
Am drückendsten empfanden die Polen sicher die russiche Besetzung des Kernlands um Warschau. Mehrere Aufstände wurde bis ins 20. Jdht. blutig niedergeschlagen.

Meyers Lexikon ausg. 1888 sieht es so:

Man schreibt dem Polen leichte Beweglichkeit, schnelle Fassungsgabe, Sinn für schöne Formen, anderseits aber auch Zügellosigkeit, Leichtsinn, Jähzorn, Unzuverlässigkeit zu. Für frühere Jahrhunderte mag dies im ganzen zutreffend sein, dem genauern Beobachter aber zeigt sich ein großer Unterschied in den von den drei großen Nachbarstaaten erzielten Erziehungsresultaten des polnischen Volkes. Die beste Bildung haben unzweifelhaft die Posener Polen bekommen, denn ohne gute polnische Eigenschaften aufzugeben, haben sie von den Deutschen Ausdauer und Sparsamkeit angenommen und deutsche Schulen durchgemacht, wodurch sie vorteilhaft von ihren unter russischem Zepter lebenden Brüdern abstechen. Die österreichischen Polen haben mit der Erhaltung größerer nationaler Eigenart auch ihre nationalen Fehler reiner erhalten: in unfruchtbarem Parteihader und kläglicher Pfaffenwirtschaft zersplittern sie ihre besten Kräfte. Vgl. Andree, P. in geographischer geschichtlicher etc. Hinsicht (Leipz. 1831); Possart, Lukaszewicz und Mulkowski, Das Königreich P. und der Freistaat Krakau (Stuttg. 1840); Hervet, Ethnographie Polens (Wien 1871); Leublfing, Wanderungen im westlichen Rußland (Leipz. 1875); Janke, Skizzen aus dem europäischen Rußland (Berl. 1877); Siwonenko, Vergleichende Statistik Polens (russ., Warsch. 1879); Kolberg, Das polnische Volk (poln., Krak. 1871 ff.); Szuiski, Die Polen und Ruthenen in Galizien (Teschen 1882).

OT:
Apropos "Nazideutschland"
Liebe österreichischen Freunde, bitte bitte seid mir nicht böse, ich kann ja auch nichts dafür,

Aber:

Obwohl sie 5 Jahre kürzer dabeisein durften, waren prozentual auf die Bevölkerungszahl wesentlich mehr "Schnürstiefel" als "Piefkes" führende Nazis, mit allem Drum und Dran!


Grüße Repo
 
Bitte lass es mal stehen, Hyo ;-)

Was "gast" oben von den polnischen Teilungen sagt ist schlichtweg Unsinn.
Proportional schnitt Österreich vielleicht bei der ersten noch gut mit ab, bei der 2. und 3. Teilung zeichnet sich allerdings das typ. und künftige Schicksal des Habsburgerstaates ab, dass immer wieder in Zugzwang gebracht wurde. Jospeh II verweigerte!! sich ziemlich lange beim Mitziehen (2. Teilung)*. Der gierige Drängler war Preussen (hier zeichnet sich das deutsche Trauerspiel "Wohin? Na denn: Land im Osten" ab), der russische Bär unter deutscher Zarenkrone (Katharina) erhielt sein fettes Schweigegeld und ÖU konnte gar nicht anders, als das Gleichgewicht zu halten indem es sich am Landraub am ehem. poln. Königreich beteiligte.

Was für mich allerdings viel wichtiger ist, ist die polnische Situation von innen heraus gesehen: alles Land war im Besitz einer bestechlichen Aristokratie (nicht alleine das Spiel der Großmächte war ausschlaggebend, die Adelsversammlung hat Polen eigentlich damals verkauft) und die poln. Geschichtsschreibung war sich dessen bereits in der nationalist. Erwachenszeit Ende des 19. Jh. bewusst:
Vielleicht kennt jemand dieses historist. Gemälde aus jener Zeit, wo sich ein stolzer polnischer Aristokrat vor der versammelten verräterischen Magnaten-Bande das Hemd aufreißt, um die schmähliche Aufgabe des poln. souveränen Königtums anzuklagen.
Und diese allmähliche Aufgabe begann wohl schon mit den Wasa- und Sachsenkönigen ...

*Joseph II wollte eher ein gestärktes Polen-Litauen als Puffer, das war aus ÖUer Sicht logisch und richtig. Seinem aufgeklärten Geist stand zudem entgegen, dass man willkürliche Grenzen durch eine Völkerschaft zog.
Aber auch diese josephinische Einstellung wurde von seinen Nachfolgern Leopold und Franz endgültig aufgegeben. Denn nun war mit dem republikan. Frankreich ein gänzlich neuer Player im Zentrum der Aufmerksamkeit.
Welcher in Person von Napoleon Bonaparte die Polen einmal mehr verarschte. Pardon.
 
und noch ein PS zur "Weinenden Maria Theresia": Ist dir eigentlich bewusst, dass ihr Friedrich der Große mit Schlesien die reichste Provinz einfach weggenommen hatte und die gut 10 Jahre Kriegsgeschehen mit diesem lästigen Preussen Österreich-Ungarn an den rand des finaziellen Ruins getrieben hatte? Natürlich war der Anteil an der 1. poln. Teilung auch als Lock- und Wiedergutmachungsmittel seitens Preussens ausgeködert worden.
Kurz: Österreich brauchte dieses Land auch ökonomisch (oder lieg ich da falsch?).
 
ning schrieb:
Bitte lass es mal stehen, Hyo ;-)

Was "gast" oben von den polnischen Teilungen sagt ist schlichtweg Unsinn.

Ich habe mir den Unsinn einmal näher angesehen.
Der Beitrag scheint wohl von einem gesperrten Mitglied zu stammen und wurde daher gelöscht.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Ich erlaube mir noch zwei Antwortmöglichkeiten:

Marla schrieb:
1. Warum findet die polnische Geschichte im Vergleich zu der jüdischen so wenig Beachtung?

Grundsätzlich: weil die jüdische (als nichteigenstaatliche) im Gegensatz zu polnischen (als ein Schicksal eines souveränen Königreiches) ganz anders geartet ist. Juden waren Bürger (und rechtlich bis Ende des 18. Jh. schlechter gestellt), z.B. Polens.

Man kann sagen, dass aber gerade das KR Polen als Zäsur und Beginn der Besserstellung für die Juden zu sehen ist. Die auf polnisches Staatsgebiet (das ja damals weit in die heutige Ukraine, nach Weißrussland und ins Baltikum reichte) eingeladenen Juden, die aus Deutschland kamen und in Deutschland im 14. und vor allem 15. Jh. zunehmend großen Gefahren der Verfolgung ausgesetzt waren, formten sich eigentlich in Polen zu den sogen. Aschkenasim. Viele von ihnen zogen sich leider die Ablehnung der Bevölkerung gerade in den Ostgebieten des KR Polens zu, da sie dort v. a. als Gutsverwalter für die Aristokratie eingesetzt wurden bzw. autark abgeschlossene Dörfer gründeten. Die "Pogromstimmung gegen Juden" dieser Landstriche erbte dann vor allem Russland mit seiner Westausdehnung.

Marla schrieb:
2. Inwieweit bestimmt die Beziehungsgeschichte mit Polen unsere Gegenwart?

Weil Polen auf Kosten des ehem. Deutschen Reichs nach Westen verschoben wurde*. In die Gebiete, wo die deutschsprachige Bevölkerung vertrieben wurde bzw. geflüchtet war, wurden wiederum aus ihrem angestammten Boden entwurzelte Polen aus dem heutigen Weißrussland oder Ruthenien(Gallizien), also der westl. Ukraine angesiedelt und diesen wurde in den Nachkriegsjahren (versuchsweise) eine Antideutsche haltung eingeimpft. (Ob sie selbst vergaßen, was ihnen die Russen über die Jhdte. angetan haben, lass ich mal dahingestellt.

*und schlussendlich an seinen Westgrenzen wieder dort landete, wo es als souveränes Herzogtum einst begann. Und die "Deutschen", die diesen Landstrich verließen, waren großteils vermutlich auch Polen (und Sorben und andere Slawen), die halt mit der Kultur deutscher Einwanderer nach und nach auch deren Sprache übernommen hatten bzw. übernehmen mussten. Die preussische und polnische Geschichte ist eigentlich eine ganz erlesene Ironie mit dem Titel: Zuerst germanisieren wir die Slawen und dann slawisieren wir die germanisierten Slawen ... (natürlich nur meine Meinung) ;)
 
Marla schrieb:
Fallen euch noch irgendwelche Fragen ein, die man mir im Kolloquium stellen könnte? Mein Referat bezieht sich übrigens auf das 19. und 20. Jahrhundert.

mögliche Fragen (in zeitl. Abfolge):
Was versprach der siegrieche Napoleon den Polen? Was leisteten viele Polen dafür? (Er versprach Ihnen ihr Königreich und dafür massakrierten polnische Truppen unter der Fahne in bleu-blanc-rouge z. B. spanische Zivilisten - polemisch ausgedrückt)

Was war das sogenannte Kongresspolen? (siehe: Wiener Kongress)

In welchen Friedensverhandlungen setzte Polen seine neue Eigenstaatlichkeit Ende des 1. WKs durch? (Ich denke, sie waren in allen Verhandlungen akkreditiert, also St. Germain f. Ö, Versailles f. D., Trianon f. Ungarn)

Was machte Polen in der Zwischenkriegszeit? (Stichworte: Marschal Pilsudski, Beteiligung auf weißer bzw. internat. Seite im russ. Bürgerkrieg, Gegenlandraubversuch an Russland, Zurückschlagung Polens durch die rote Armee, glücklicher Sieg für Polen 1921 vor Warschau und Festlegung der Ostgrenze wie 1919 bestimmt (glaub ich zumindest)... danach: große und kleine Entente, Verbündung mit Frankreich und England kontra Deutschland und gespannte Haltung ggb. Russland ...)

Über 1939-45 wirst du genug finden. Nur soviel: die Teilung Polens zw. Hitler und Stalin seh ich nicht mehr als Ironie, sondern als blanken Zynismus dieser beider Herren, die sich gewiss der histor. Teilungen und schließlich Auslöschens eines freien Polens Ende des 18. jhs. bewusst waren ...

1944, Warschau: die Zerstörung der einst stolzen und schönen Königsstadt durch Hitlerdeutschland, mit einer tatenlos zusehenden roten Armee am gegenüberliegenden Weichselufer war die letzte Schandtat, die die Polen - unschwer verständlich - Deutschland wie Russland schwer vergeben können. Die Aufbauarbeit im heutigen Polen verdient besondere Hochachtung (trotz aller architektonischen Schandtaten)!
Dass aber populistische Brüder (Polens neuer Präsident und sein Bruder als Parteichef) diesbezüglich anno 2006 Reparationen verlangen, ist wiederum eine Schandtat ihrerseits, denn unschwer verständlich ist auch, dass die nun 4. Generation nach Kriegsende eher einen vom Krieg verwüsteten Irak wieder aufbauen zu helfen bereit ist, als die Sünden ihrer Groß- und Urgroßväter wiedergutmachen zu müssen!
 
Marla schrieb:
Fallen euch noch irgendwelche Fragen ein, die man mir im Kolloquium stellen könnte? Mein Referat bezieht sich übrigens auf das 19. und 20. Jahrhundert.


da lohnt m.M. nach noch ein Blick in einen kulturgeschichtl. Aspekt,
Stichwort " Polenliteratur " oder auch "Polenlyrik" genannt.
Zitat aus dem" Sachwörterbuch d. Literatur " von Gero von Wilpert :

" Nach dem poln. Aufstand 1830/31 , der zahlreiche Flüchlinge westwärts führte,schwillt der Chor der mitleidvollenund anfeuernden Polenlieder in Frankreich ,England, Deutschland, +Österreich an, in denen oft das eigene unerfüllte Streben des deutschen Liberalismus Ausdruck fand "
Es gab neben dem Phillhellenismus auch eine "Polenbegeisterung" auch in der Literatur.
In der Sammlung von Polenliedern findet man prominente Namen mit hohem literar. Ansehen,darunter ; ein Gedichtzyklus von A.v. Platen, einzelne Gedichte von N. Lenau, F. Grillparzer, L. Uhland, A.v. Chamisso, G. Herwegh usw..
Das Gedicht von L. Uhland " An Mickiewicz" von 1833 dürfte hier als bekannt vorausgesetzt werden :
"An der Weichsel fernem Strande
Tobt ein Kampf mit Donnerschall,
Weithin über dt. Lande
Rollt sein Widerhall.
Schwert und Sense , scharfen Klanges,
Dringen her zu unsren Ohren
und der Ruf des Schlachtgesanges:
Noch ist Polen nicht verloren ! "
 
Ashigaru schrieb:
Wie wäre es mit Lublin, Lemberg, Krakau... Die schweren baulichen Zerstörungen betrafen in der Tat allerdings neben Warschau in der Tat eher die ehemals deutschen Städte. Das lag daran, dass die schwersten Kämpfe um die Städte begannen, als die rote Armee im Herbst 1944 die deutsche Grenze überschritt. Da kam es dann zu den Zerstörungen wie in Küstrin oder Breslau. Von den alliierten Bombenangriffen war das Gebiet östlich der Oder ja nicht so stark betroffen.

Das stimmt, beinhaltet aber wieder Relativierungen: gerade Breslau (und auch Stettin soweit ich weiß) ist ein Beispiel dafür, dass die dort eingesetzten Truppen, den letzten Führerbefehlen ergeben, lieber ein völlig zerstörtes ehem. dt. Kulturgut den Polen überließen als ein funktionierendes. Der Breslauer Kampf bis aufs Letzte war ein sinnloser Ausdruck endgültiger Untergangsfatalisten! Der Blutzoll und das Leid der über die Sudeten flüchtenden und sich rettenden Zivilbevölkerung war entsprechend schlimm. Ganz abgesehen von den fast 100.000 Menschen, die in der belagerten Stadt zu Tode kamen.
Die "treue Stadt" (=ihr militär. Befehlshaber) kapitulierte gar erst fünf Tage nachdem schon Berlin kapituliert hatte (2. Mai) und der Krieg in ganz Deutschland eigentlich vorbei war .
 
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