Politische Justizmorde in Deutschland?

Politisch - ja.
Aber betraf das auch das Gerichtswesen?

Konkret: Hätte irgendeine französische Prozeßpartei an eine Instanz in Paris appellieren dürfen, wenn sie mit dem Urteil des regionalen Gerichts unzufrieden war?
Ja. Das Höchste Gericht Frankreichs war das Parlament de Paris. Es war unabhängig und beanspruchte, das gesamte Königreich als Ersatz für die Generalstände zu repräsentieren. Es konnte neben dem Urteil auch Anordnungen erlassen, die Gesetzeskraft hatten. Auch hatte es im Rahmen des Gesetzgebungsrechtes das Recht, Einwände zu erheben (droit de remontrance): z.B. Verweigerung der Gesetzregistrierung (ohne die das Gesetz nicht wirksam wurde), bevor es nicht im Sinne des Gerichts verändert wurde.

Das Gericht erteilte den Machthabern Lektionen. Es masste sich bei minderjährigen Thronfolgern regelmäßig das Recht an, die Regentschaft zu bestimmen. So stand es 1648 an der Spitze der Fronde gegen den minderjährigen Ludwig XIV., was dieser nicht vergeben konnte. Während der Regentschaft des Sonnenkönigs verlor das Parlament de Paris das droit de remontrance, erlangte es aber nach dem Tode Ludwig XIV. wieder. Es war im 18. Jh. die wichtigste Opposition Frankreichs.

Unter Ludwig XVI. war es dann leider ein Hort der Reaktion...

http://marie--antoinette.blogspot.com/2008/02/das-pariser-parlament-im-regime-ancien.html
Würde ich gar nicht für so relevant halten.
Denn auch bei den Landesgerichten konnten sich ja Untertanen gegen ihre Obrigkeit durchsetzen - wenn auch nur in Ausnahmefällen gegen den Landesherrn selber.
Ich wäre aber auch im Zweifel, ob sich eine Dorfgemeinschaft vor dem RKG gegen einen Kurfürsten hätte durchsetzen können - in der Theorie wäre es wohl möglich gewesen, aber in der Praxis hätte man sich das doch wohl nicht getraut.
Gegen einen Kurfürsten konnten Untertanen seit der Goldenen Bulle das RKG nicht mehr anrufen, es sei denn, Territorialgerichte verweigerten die Annahme oder Verhandlung des Falles. Dann war das RKG doch zuständig. Hieraus ergab sich der Druck in den Territorien eine Gerichtsbarkeit aufzubauen.
Brissotin schrieb:
So erreichte der Reichshofrat immerhin, wenn auch typisch langsam arbeitend, nach sechs Jahren die Entlassung des vom württembergischen Herzog streng inhaftierten Staatsrechtlers Johann Jacob Moser(1701-1785).
Im Vergleich zum RKG war das ein Wahnsinnstempo...
 
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