... Dessen (Friedrich II. - Anm. von mir) Kanzlei fertigt dann im März 1226 die berühmte Goldbulle von Rimini aus, ... bei deren Niederschrift aber Hermann von Salza - das gilt als sicher - die Feder geführt hat.
Die Urkunde zählt zunächst die Voraussetzungen auf, die zur Entscheidung des Kaisers geführt haben: daß nämlich "Konrad Herzog von Masowien und Kujawien versprochen und angeboten hat, ihn [Hermann von Salza] und seine Brüder mit dem sogenannten Kulmerlande ... zwischen seiner Mark und dem Gebiet der Preußen auszustatten, und zwar so, daß sie die Mühe auf sich nehmen, standhaft in das Land der Preußen einzudringen und es zur Ehre und zum Ruhm des wahren Gottes in Besitz zu nehmen. Er hatte die Annahme dieses Versprechens aufgeschoben und bat unsere Hoheit sehr, seinen Wünschen zuzustimmen, daß er auf unsere Vollmacht gestützt daranginge, ein solches werk zu beginnen und fortzuführen, und daß unsere Erhabenheit ihm und seinem Haus sowohl das Land, das besagter Herzog schenken möge, einräumen und bestätigen möge, wie auch das ganze Land, das sie in Preußen durch eigenes bemühen gewinnen würden."
Und nun bestätigt Kaiser Friedrich II. Herzog Konrads Versprechen: "Daher haben wir dem Meister die Vollmacht erteilt, in das Preußenland mit den Kräften des Ordenshauses einzudringen und überlassen und bestätigen dem Meister, seinen Nachfolgern und seinem Hause für immer sowohl besagtes Land, das er vom Herzog gemäß seinem Versprechen erhalten wird, und ein anderes Gebiet, das er ihnen geben wird, wie auch alles Land, das er mit Gottes Zutun in Preußen erobern wird."
Folgt noch die Verleihung von Herrschaftsrechten, wie auch das Zoll-, Münz- und Marktrecht. Der Hochmeister erhält auch die Gerichtsbarkeit, kurz, er hat hiernach die Stellung, wie sie auch ein Reichsfürst hat.
Diese Urkunde hat zu scharfsinnigen Abhandlungen der Fachgelehrten geführt; alles ist geprüft worden. Zunächst der Zeitpunkt der Ausstellung; dann die staatsrechtliche Stellung des Hochmeisters (nicht Reichsfürst, sondern Prälat; weder Fürst noch etwas ähnliches, sondern eine völlig neue, singuläre Stellung); weiter die staatsrechtliche Bedeutung der Urkunde (nicht Staatsgründungsurkunde, sondern Aktionsprogramm; andere Meinung: doch so eine Art Staatsgrundgesetz); ferner, ob überhaupt, und - wenn ja - wie die Urkunde in den größeren Zusammenhang der Missionierung und Kolonialisierung Osteuropas zu stellen sei, sofern dabei die unterschiedlichen Ziele Herzog Konrads, des Preußenbischofs Christian, des Deutschen Ordens sowie des Papstes und des Kaisers berücksichtigt werden...
Kann der Kaiser dem Deutschen Orden von Rechts wegen das Klumerland schenken, das doch offenbar zum Staatsgebiet des masowischen Herzogs gehört? Eine Antwort: Kann er; Friedrich hat das Kulmerland als Bestandteil des Reiches angesehen. Eine andere Antwort: kann er nicht; Friedrich hat deswegen die beabsichtigte Schenkung Konrads nur zur Kenntnis genommen und bestätigt.
Und das Preußenland, das Land der Heiden? das selbstverständlich kann er dem Deutschen Orden verleihen, ist es doch "herrenloses" Land - des Kaisers universale Macht verbindet sich hier mit der alten deutschen Reichsvorstellung, wonach dem Herrscher das Recht an herrenlosem Land, das sogenannte Bodenregal zusteht.
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Hochmeister Hermann von Salza ist zufrieden... Muß nur noch der Heilige Vater als geistliches Oberhaupt der Welt seine Zustimmung geben, damit das große Werk - rechtlichen vor allen Dingen, weniger geistlichen - Bestand hat. Das geschieht acht Jahre später mit der Bulle von Rieti.
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<Zeitsprung>
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... Dann endlich gelingt es dem inzwischen in Preußen eingetroffenen päpstlichen Legaten, einen Friedensvertrag auszuhandeln, der am 19. Oktober 1466 in Thorn geschlossen wird...
Mit diesem Friedensvertrag wird die ehemlaige Großmachtstellung des Deutschen Ordens endgültig zu Grabe getragen. Er verzichtet auf Pomerellen und das Kulmerland mitsamt dem kleinen Land Michelau, und er muß das Gebiet von Elbing, Marienburg, Stuhm und Christburg hergeben. Das Bistum Ermland wird selbständig, während das Bistum Kulm in geistlicher Beziehung dem Erzbischof von Gnesen unterstellt wird.
Dem Deutschen Orden verbleibt in etwa das Gebiet, das später als "Ostpreußen" in die Geschichtsatlanten gezeichnet wird.
Auch die Souveränität des Hochmeisters als Staatschef wird reduziert: Er hat dem König von Polen jedesmal für seine Person dem Treueid zu schwören und ihm Heeresfolge zu leisten. damit wird zwar rechtlich kein Lehnsverhältnis begründet zwischen dem Ordensstaat und Polen, aber es hat eine ungeheure psychologische Wikrung auf die Untertanen.
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