Religion und Wissenschaft

...die Wirksamkeit der kulturhistorischen Lachnummer Index librorum prohibitorum ist kein sonderlich starkes Argument für die Bremskraft der Kirche.
Index librorum prohibitorum erschien 400 Jahre lang, nur die letzten 100 Jahre davon war er eher eine Lachnummer. Aber eingestellt wurde er deswegen nicht, sondern weil die Zensoren nicht mehr mit der Kontrolle der Bücher aus der weltweiten Produktion mitkamen.
Die Urteile über Medienerzeugnisse ändern sich auch heute und ein Titel, der in das deutsche staatliche Verzeichnis der jugendgefährdenden Medien aufgenommen worden ist, fliegt automatisch hinaus, wenn er nach 25 Jahren nicht erneut auf den Index gesetzt wird. Warum? Weil die frühere Urteile heute mitunter lachhaft anmuten.

Einer der Gründe, warum Darwin mit seiner Veröffentlichung über den Ursprung der Arten 10 Jahre wartete, war seine Angst vor der Reaktion der christlichen Geistlichkeit und der von ihr beeinflusste Wissenschaft.
Heute kann ich dazu ein Detail nachreichen: Charles Darwins Großvater Erasmus Darwin hat sich auch mit der Entstehung der Arten beschäftigt und sein diesbezügliches Werk aus dem Jahr 1794 Zoonomia landete auf dem Index librorum prohibitorum, das allerdings erst 1817, nach der Übersetzung ins Italienische.

Das zeigt einerseits die Schwierigkeiten der Zensoren, "gefährliche" Bücher rechtzeitig zu verbieten, und andererseits wird damit auch klar, warum sich die verbotenen Ideen trotzdem verbreiten konnten, zumal die römische Zensur nur in den (überwiegend) katholischen Ländern wirken konnte.
 
Index librorum prohibitorum erschien 400 Jahre lang, nur die letzten 100 Jahre davon war er eher eine Lachnummer.
Aha. So also ist das?
Du wirst das sicher meine Frage
wie konnte es nur geschehen, dass die gelehrte Welt stets z.B. den indizierten Kant (Kritik der reinen Vernunft) rezipieren konnte? :p
jetzt brillant beantworten können, nachdem du sie zuvor wohl übersehen hattest...

Kleine Zusatzinfo: die Kritik der reinen Vernunft wurde anno domini 1781 publiziert, auf den Index wurde sie 1827 gesetzt, doch oh Weh und Ach, damit war sie ab 1827 nicht aus der Welt, sondern ganz im Gegenteil sehr berühmt (ja, da hatte das bucklicht Männlein aus Königsberg Furore gemacht in der Welt der Gelehrsamkeit)... wie kann das nur sein?
...ist schon böse und hinterhältig von der Geschichte, anders verlaufen zu sein, als du es darstellst... :p;)
 
Anstatt nichts Neues zu schreiben, @dekumatland, hättest du nur meinen letzten Absatz in #81 lesen sollen, in dem u.a. auch die Antwort auf deine Frage steht - man muss nur das Gesagte auf Kant anwenden und voilà ...
 
Der Hinweis galt der Unterscheidung zwischen Kirchenstaat (bis 1870) und Vatikanstaat (ab 1929).

Es ging ja nicht um den Kirchenstaat, sondern um den Vatikan als religiöse Behörde:

Übrigens: Die Lehre über die sich drehenden Erde wurde 1633 vom Vatikan verboten und dieses Verbot erst 200 Jahre später aufgehoben.

Dass @Dion hier vom "Vatikan" schreibt, ist also nicht falsch.

Falsch sind hingegen die Jahreszahlen; denn die heliozentrische Lehre wurde bereits 1616 für ketzerisch erklärt. 1757 hob Papst Benedikt IV. das Verbot für Bücher, die die Unbeweglichkeit der Sonne und die Beweglichkeit der Erde lehren, auf. Bereits 1744 war Galileis Dialog mit kirchlicher Erlaubnis nachgedruckt worden.
 
Als "gelernter" Soldat mußte ich niemals auf einen Menschen schiessen, nur auf "Pappkameraden", das war mein Glück.
Mir wird es noch heute schlecht, wenn ich an diese Jahre in der deutschen Bundeswehr zurückdenke, und ich war gerne Soldat.
Ein junger und unbedarfter Idiot, das erste Sturmgewehr in der Hand, was für ein Kick.

Wir haben gezittert mit dem Gewehr G3 in der Hand, unsere erste Erfahrung mit einer vollautomatischen Waffe.
Kameraden versagten, sie konnten nicht schiessen, sie waren nicht geeignet für all das.
Wir haben uns darüber lustig gemacht, wir verlachten diese Kameraden damals, wir hatten keine Ahnung.

Heute denke ich sehr anders, es braucht keine Waffe um Frieden zu schaffen, oder zu bewahren, ich habe genug geschossen in meinem Leben.
Ich werde niemals wieder den Abzug einer Waffe abdrücken!

Micha
 
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