Und hier würde ich gerne auf das ›Palästinalied‹ von Walther von der Vogelweide verweisen, in dem unter anderem der Anspruch der Christen auf das Heilige Land legitimiert wird...
...
... auf jeden Fall wird im ›Palästinalied‹ zum Beispiel implizit darauf hingewiesen, dass die Juden viel mehr Wunder des Heiligen Landes kennen würden als die Christen...
Ich erlaube mir, dies auch noch einmal kurz aufzugreifen - zumal ich ja den
Hinweis bereits gesetzt hatte - und zudem darauf zu verweisen, daß die zu jener Zeit inhärente Sicht auf das Judentum dort ebenfalls zum Ausdruck kommt:
Palästinalied schrieb:
...
Do er den tiuvel do geschande,
daz nie keiser baz gestreit,
Do fuor er her wider ze lande.
do huob sich der juden leit,
Daz er herre ir huote brach,
und man in sit lebendic sach,
den ihr hant sluoc unde stach.
...
Übertragung schrieb:
...
Als er den Teufel dann zu Schanden gemacht hatte
- besser als je ein Kaiser gekämpft hat -,
kam er zurück auf die Erde.
Da geschah, was den Juden schmerzte:
daß er, der Herr, ihre Bewachung brach,
und man ihn seither als Lebenden erblickte,
den ihre Hand geschlagen und gestochen hatte.
...
Das Lyrische-Ich ist sich sicher, den Christen wird das Recht zugesprochen.
Auch dazu noch die nachgereichte Passage:
Palästinalied schrieb:
...
Al diu welt diu stritet her:
wir sin an der rehten ger,
reht ist daz er uns gewer.
...
Übertragung schrieb:
...
Die ganze Welt macht ihre Ansprüche hierher geltend.
Wir allein verlangen es rechtens.
Gerecht ist, daß er uns stattgibt.
...
Eigentlich aber wollte ich auf eine andere Sache noch einmal eingehen: Gerade für den christlichen Orient auch zu jener Zeit ist es überaus wichtig, sich diesen keinesfalls als eine Art monolithischen Block vorzustellen.
Denn das Gegenteil ist der Fall; und hierzu lohnt auch ein Blick darauf, wie sich die Situation für verschiedene altorientalische Kirchen bzw. altorientalische Christen während der islamischen Expansion und während der Orientkreuzzüge gestaltete bzw. entwickelte.
Einige Beispiele dazu im Kurzabriß (ACHTUNG: Vereinfachte Abhandlung!!!)...
Die Christen im
Armenischen Königreich von Kilikien (zur Einordnung:
Armenische Apostolische Orthodoxe Kirche) waren bis zur
Schlacht von Mantzikert 1071 im Byzantinischen Reich integriert und versuchten sich in der Folgezeit zwischen Byzantinern, Kreuzfahrern und muslimischen Nachbarn (hier insbes. Seldschuken) "durchzulavieren"; dabei wurde jedoch stets die Eigenständigkeit präferiert (wofür man wiederum das enge Bündnis mit den Kreuzfahrern suchte). Die armenischen Christen, welche sich im Herrschaftsbereich der Seldschuken befanden, setzten ebenfalls zumindest einige Hoffnung in ein Bündnis mit den Kreuzfahrern bzw. deren Hilfe (Stichwort:
Grafschaft Edessa).
Anm.: Wichtig zu erwähnen ist an der Stelle auch die freundschaftliche Verbindung des armenischen Katholikats von Sis in Kilikien (zur Erklärung:
Katholikos bezeichnet im orientalischen Christentum svw. einen Generalvikar, welcher jedoch zu allen Amtsgeschäften ermächtigt ist) zur lateinischen Kirche (Rom) während der Jahre 1198 bis 1375. Ein Zweig des
Katholikats von Sis in Kilikien ist seit 1740 mit "Rom unierte Ostkirche" (
Armenisch-katholische Kirche).
Die Christen der
Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien hatten sich demgegenüber mit den Muslimen geradezu arrangiert, zumal sie sich während der Jahrhunderte zuvor erheblich im Gegensatz zur byzantinischen Reichskirche wie auch zum byzantinischen Kaiser befunden hatten.
Die Christen der
Koptischen Kirche (zur Einordnung: hauptsächlich in
Ägypten) durchlebten wiederum eine äußerst wechselvolle Zeit. Zunächst änderte sich für sie nämlich nach der Eroberung Ägyptens durch die muslimischen Araber kaum etwas: die Kopten konnten weiterhin in Frieden leben und nahezu unverändert ihr gewohntes Leben incl. des religiösen Lebens führen. Dies änderte sich dann jedoch zu Beginn des 11. Jh. drastisch: War die schiitische Dynastie der
Fatimiden eigentlich außerordentlich tolerant gewesen, so wurde dies unter dem Kalifen
Al-Hakim (995/1021) aufgegeben. Fortan wurde bspw. Juden und Christen die öffentliche Ausübung ihrer Religion im fatimidischen Machtbereich verboten, und z.T. erlebten die Kopten auch gewalttätige Übergriffe von Muslimen. In der Folgezeit galt für sie: das Wohl der Kopten hing stark vom Wohl der Herrscher ab - d.h., sie litten zumeist dann am stärksten, wenn sich eine der arabischen bzw. islamischen Dynastien im Niedergang befand.
Anm.: Die Kopten in Palästina spalteten sich 1741 ab und wurden zur
Koptisch-katholischen Kirche, welche eine mit "Rom unierte Ostkirche" ist; sie sind im Vgl. zur
Koptischen Kirche eine deutliche Minderheit und dürfen mit dieser nicht verwechselt werden.
Die Christen der
Maronitisch-Syrischen Kirche von Antiochien (zur Einordnung: hauptsächlich im
Libanon) stellen schließlich einen ganz anderen Fall dar. Einst im Gegensatz zur lateinischen und byzantinischen Reichskirche sowie danach zudem von der
Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien abgespalten, hatten sie nicht nur gegen die christlichen Byzantiner, sondern danach auch gegen die muslimischen Araber gekämpft, vor denen sie schließlich ins Libanongebirge fliehen mußten. Während der Orientkreuzzüge waren sie beständig mit den lateinischen Staaten (Kreuzfahrern) verbündet, unter deren ausdrücklichen Schutz sie sich auch stellten (was für die Maroniten in den nachfolgenden Jahrhunderten dann auch militärische Verfolgung bedeutete). Seit dem Jahr 1182 ist die
Maronitisch-Syrische Kirche von Antiochien mit Rom uniert, weswegen sie seit 1445 auch offiziell als mit "Rom unierte Ostkirche" gilt und damit bis heute ein Patriarchat der Römisch-Katholischen Kirche ist.
Die lateinischen Patriarchate zu behandeln, welche während der Orientkreuzzüge entstanden sind (
Jerusalem,
Antiochia,
Konstantinopel,
Alexandria), möchte ich an der Stelle unterlassen - zumal ich mir nicht sicher bin, ob dies noch im Sinne des Thread(starter)s ist -, kann es aber bei Bedarf (und wenn ich Zeit dafür finde) gern nachreichen.
PS: Ich bitte um Nachsicht ob der ergänzenden Anmerkungen, welche neuzeitlich sind bzw. nicht mehr im Kontext mit den Orientkreuzzügen stehen...