Reproduktion von Institutionen

Gegenkaiser

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Wie heißt das noch einmal, wenn Institutionen sich selbst reproduzieren, also z.B. linksgerichtete Universitätsprofessoren überwiegend an ihre eigenen Leute Posten, Titel, Stipendien usw. vergeben, so daß die politische Ausrichtung der Universität sich über Generationen hinweg verfestigt.

Das ist ein allbekanntes Phänomen, aber gibt es dazu ein griffiges Schlagwort?
 
Wie heißt das noch einmal, wenn Institutionen sich selbst reproduzieren, also z.B. linksgerichtete Universitätsprofessoren überwiegend an ihre eigenen Leute Posten, Titel, Stipendien usw. vergeben, so daß die politische Ausrichtung der Universität sich über Generationen hinweg verfestigt.

Das ist ein allbekanntes Phänomen, aber gibt es dazu ein griffiges Schlagwort?

Ist das wirklich über Generationen so? Hast du Beispiele?

Klar prägen die Lehrmeinungen die geistige Ausrichtung der Studenten. Bleibt diese "Schule" aber über ein ganzes Wissenschaftlerleben erhalten, so daß dieser widerum nur Absolventen fördert, die die eigene Lehrmeinung vertreten?
 
Wie heißt das noch einmal, wenn Institutionen sich selbst reproduzieren, also z.B. linksgerichtete Universitätsprofessoren überwiegend an ihre eigenen Leute Posten, Titel, Stipendien usw. vergeben, so daß die politische Ausrichtung der Universität sich über Generationen hinweg verfestigt.

Das ist ein allbekanntes Phänomen, aber gibt es dazu ein griffiges Schlagwort?

Wenn man Institutionen verallgemeinert und sich zB auf das Einstellungsverhalten grundsätzlich bezieht, sind Bestellungen jedweder Art, die auf die gleiche, auch universitäre Herkunft achten, landläufig mit dem Schlagwort (universitärer) "Stallgeruch" verbunden. So wurde schon dem Einstellungsverhalten bestimmter Personalabteilungen die Bevorzugung von Absolventen einer bestimmten Universität nachgesagt. Das sind aber überwiegend Gerüchte ohne empirischen Nachweis.

In der universitäten Praxis gibt außerdem es einen bestimmten Kodex, der bis auf

- einzelne Ausnahmen,
- bestimmte verengte Fachbereiche,
- oder besondere forschungsbezogene Notwendigkeiten etc.

vorsieht, Habilitationen nicht an der Hochschule vorzunehmen, bei der auch promoviert wurde, bzw. die erste Professur nicht an der Hochschule anzutreten, bei der Examen und Promotion erfolgt sind. Das schließt natürlich nicht aus, dass ein Hochschullehrer in der weiteren Laufbahn an seine "Stamm"-Universität zurückkehrt.
 
Also ich möchte und werde diesen Faden nicht in eine Diskussion zur aktuellen Lage an den Universitäten ausufern lassen, aber da sowohl rena8 als auch silesia mehr oder weniger explizit danach gefragt haben, worauf ich hinaus will: obwohl die Begriffe komplementär sind und es beide Phänomene in der Realität gibt, produzieren Universitäten nur Studien über Ausländerfeindlichkeit, aber nichts über Inländerfeindlichkeit. Das ist sehr auffällig.
 
Wie heißt das noch einmal, wenn Institutionen sich selbst reproduzieren, also z.B. linksgerichtete Universitätsprofessoren überwiegend an ihre eigenen Leute Posten, Titel, Stipendien usw. vergeben, so daß die politische Ausrichtung der Universität sich über Generationen hinweg verfestigt.

Das ist ein allbekanntes Phänomen, aber gibt es dazu ein griffiges Schlagwort?


Was Du meinst ist der sogenannte Proporz.
Die besser dotierten Stellen, die die öffentliche Hand zu vergeben hat, werden in aller Regel über die "Schiene" vergeben.
So wird der verdiente Minister, der es nun etwas ruhiger angehen lassen will, zB der Chef einer staatlichen Brauerei.
Groß trara in der Öffentlichkeit gibt es nur selten, da alle Parteien partizipieren.
 
Also ich möchte und werde diesen Faden nicht in eine Diskussion zur aktuellen Lage an den Universitäten ausufern lassen,


Da wird die Moderation schon drauf achten.:winke:

Dass universitäre Umfeld wurde von Dir angesprochen, als Wink mit der Dachlatte. Das habe ich schon verstanden.

Ansonsten: mein Beitrag bezog sich auf einen tradierten Kodex.
 
Also, bei uns in Berlin nennt man das "Hausbesetzung", wenn ein Prof seine eigenen Schüler einstellt. Da die Netzwerke aber deutschlandweit gut geschmiert sind, ist das meist gar nicht nötig, da wäscht oft eine Hand die andere.
 
Da die Netzwerke aber deutschlandweit gut geschmiert sind, ist das meist gar nicht nötig, da wäscht oft eine Hand die andere.

Weltweit, würde ich sagen.

Die Frage ist nun: Was ist verwerflich daran?

Dass hoch spezialisierte Experten nach hoch spezialisierten Experten für ihre Nachfolge suchen, ist erstmal nichts Verwunderliches.

Dass sie erstmal vor der eigenen Haustür suchen, auch nicht. Dort ist die Chance schließlich am höchsten, den geeigneten Kandidaten zu finden.

Problematisch wird es, wenn sich Wissenschaftskartelle bilden. Aber das ist - hoffentlich - noch nicht der Fall. Ein aktuelles Beispiel mag das belegen...

Was Bourdieu kritisiert hat, war, dass die Zugänge zum Bildungssystem und der eigene Erfolg darin nicht unwesentlich von Faktoren bestimmt werden, die nicht selbst auch dem Bildungssystem entspringen.

Wenn wir schon über "eine Hand wäscht die andere" diskutieren, dann sollten wir das differenziert tun.
 
Wie heißt das noch einmal, wenn Institutionen sich selbst reproduzieren, also z.B. linksgerichtete Universitätsprofessoren überwiegend an ihre eigenen Leute Posten, Titel, Stipendien usw. vergeben, so daß die politische Ausrichtung der Universität sich über Generationen hinweg verfestigt.

Das ist ein allbekanntes Phänomen, aber gibt es dazu ein griffiges Schlagwort?

Bei z.B. konservativen Studentenverbindungen und ihren Alten Herren spricht man von Seilschaften.
 
Das Knüpfen von sozialen Netzwerken ist einfach die menschliche Natur. Egal ob es um Posten und Gehälter in einer Führungsetage geht oder um einen Streit in der Kindergartengruppe. Wir alle wissen doch: Ohne Allianzen und "Vitamin B" läuft nicht viel. Eigentlich kann man das auch schon in jeder Primatenhorde beobachten.
 
"Vitamin B", Seilschaften, Netzwerke, Vetternwirtschaft...im Prinzip alles dasselbe, nur unterschiedlich wertend besetzt.
 
Solle es hier nur um Institutionen/ Universitäten gehen ? Das Thema "Soziale Reproduktion" ist doch eigentlich viel interessanter ! Ich meine die sehr langfristige Fortpflanzung gesellschaftlicher Verhaltensweisen, auch über den Tod der ursprünglich beteiligten Individuen hinaus. Dies macht doch überhaupt erst eine kulturelle Kontinuität möglich.

Dazu fällt mir eine Anekdote ein (deren Autor mir leider unbekannt ist)
Ein Mann geht über eine Brücke über die Spree, als ein Winstoß ihm den Hut vom Kopf bläst und in den Fluss trägt. Der Mann schaut ihm noch eine Weile hinterher, gibt schließlich den Gedanken auf, ihn wiederzubekommen und geht seiner Wege. Am Nachmittag kehrt er über dieselbe Brücke zurück. Dort hat sich ein Menschenauflauf gebildet, von Leuten, die auf die Spree hinausschauen. Schließlich stellt der Mann fest, dass er selbst der Urheber dieses Auflaufs ist : Als er seinem Hut hinterherschaute, sind Neugierige stehengebleiben um zu sehen, was es denn dort zu sehen gäbe. Diese Leute haben ihrerseits die Neugier anderer hervorgerufen, die ebenfalls stehengeblieben sind um zu sehen, was es denn dort zu sehen gäbe. Dieser Prozess setzte sich immer weiter fort, auch als der Mann selbst und die ersten Neugierigen schon längst weitergegangen waren.
 
Weltweit, würde ich sagen.

Die Frage ist nun: Was ist verwerflich daran?

Dass hoch spezialisierte Experten nach hoch spezialisierten Experten für ihre Nachfolge suchen, ist erstmal nichts Verwunderliches.

Dass sie erstmal vor der eigenen Haustür suchen, auch nicht. Dort ist die Chance schließlich am höchsten, den geeigneten Kandidaten zu finden.

Verwerflich ist es dann, wenn sie um ihrer eigenen Reputation willen eben nicht nach hochspezialisierten Experten suchen, sondern nach Epigonen, die ihr Werk unbenommen fortsetzen, in grundsätzlicher Kritik gehemmt aufgrund persönlicher Bindungen, die man nicht leugnen kann.
Dann passiert es eben leider doch, daß unfähige Leute Posten bekommen, auf denen sie total überfordert sind, und damit kann langfristig (manchmal auch kurz-...) der Wissenschaft Schaden zugefügt werden.
 
Reproduktion von Institutionen ist immer an die handelnden Akteure gebunden. In diesem Sinne ist es das typische Reproduktionsmuster der jeweiligen Eliten der Hochkultur bzw. auch einer Gegen- bzw. Minderheitenkultur.

Dieses Muster garantiert die notwendig Konstanz, ohne die ein zielgerichtetes und integratives Handeln von Gesellschaft, deren Institutionen und Staat nur schwer vorstellbar wäre. Aber es gewährleistet auch den "sozialen Wandel".

http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialer_Wandel

Debei wird jede Institution im Rahmen ihrer Reproduktion darauf bedacht sein, die kulturellen Standards, im weitesten Sinne, möglichst intakt zu halten und im Rahmen der institutionellen Reproduktion via Bindung an die Eliten zu "vererben" (umgangssprachlich "der Stallgeruch"). Und in diesem Zusammenhang spielt sicherlich auch die Beziehung eine Rolle.

"Beziehung" im Sinne der Reproduktion sozialer Schichten = sozialer Status, im Sinne von Bourdieu der Garant für die Undurchlässigkeit von Schichten, aber auch im Sinne von "Vertrauen", dass die entsprechende Person im Sinne des gemeinsamen Wertesystems Handeln wird. Ein wichtiger Aspekt bei der Reproduktion politischer Institutionen bzw. politischer Macht.

Das zentrale Problem, das dabei auftritt, ist die Konstanz und der Wandel der jeweiligen Institionen. Auch verbunden mit einem "Wertewandel" (vgl beispielsweise Ingehart).

Im Rahmen der "Elitenforschung" wird diesem Aspekt primär nachgegangen.

Elitesoziologie ? Wikipedia

Ein wichtiger Vertreter der Elitenforschung, der diesen Aspekt stark geprägt hat, ist beispielsweise:

Vilfredo Pareto ? Wikipedia

Und ein typischer Beitrag zur Elitenforschung aus dem Umfeld des Berliner ZI für Verbände und Parteienforschung (beispielsweise Prof. Herzog) ist:

Eliten in Deutschland: Rekrutierung ... - Google Bücher

Die Arbeiten von Bourdieu können auch im Rahmen seiner Forschung zur Reproduktion von sozialen Schichten via unterschiedliche Formen des "Kapital" als "Elitenforschung" thematisiert werden. Er selber würde es wohl eher als "Kultur-" oder "Bildungs-Soziologie" bezeichnen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Was Du meinst ist der sogenannte Proporz.
Die besser dotierten Stellen, die die öffentliche Hand zu vergeben hat, werden in aller Regel über die "Schiene" vergeben.
So wird der verdiente Minister, der es nun etwas ruhiger angehen lassen will, zB der Chef einer staatlichen Brauerei.
Groß trara in der Öffentlichkeit gibt es nur selten, da alle Parteien partizipieren.


Stimmt. Gerne genommen werden auch die Chefsessel einer parteinahen Stiftung. ist gerade hier im Landkreis gelaufen; gab einige schöne Schlagzeilen im örtlichen Käseblatt. Unter dem Strich finde ich persönlich diese Selbstversorgungsmentatlität einfach nur widerlich.
 
Meiner Auffassung nach ist der Begriff "Elite" lt. Link von Thane zu hinterfragen. Hier wird einseitig über eine Elite in Form einer "Klasse" nachgedacht.

Es gibt jedoch bei jeder kleinen Entscheidung, z. B. wie eine Straße anzulegen ist, immer (wenige) Leute die an der Entscheidung beteiligt sind und (viele) solche, die es nicht sind. Die "Entscheider" stützen sich auf Vorschriften (die ihrerseits irgendwann mal durch Personen festgelegt wurden), zu einem großen Teil aber auf ihre persönlichen Wertmaßstäbe. Kleine Entscheidungen, millionenfach getroffen, wiegen schwerer als eine große Entscheidung.

Wenn diese "Entscheider" z.B. die augenblicklichen Mitarbeiter des städtischen Bauamts sind, dann bilden sie für diese Entscheidungen die Elite (= Auswahl von Leuten, die diese Entscheidungen treffen). Theoretisch kann diese Gruppe in ihren Wertvorstellungen einen repräsentativen Bevölkerungsquerschnitt bilden - dann fällt's nicht auf. Es können sich aber auch Personen mit bestimmten Wertvorstellungen in dem Soziotop "Städtisches Bauamt" überdurchschnittlich herausbilden - was sich wiederum in diesem Amt fortpflanzt und sich auch im Stadtbild niederschlägt.

Also : Eine Elite muss keine Auslese auf Grund von Leistung oder Status sein, sie kann sich auch situativ bilden.
 
...und ich dachte, es würde um die Reproduktion von Institutionen gehen.

Und für diesen Bereich ist die "Eliteforschung" eine akademische Teildisziplin. So ist das "Wording". Unabhängig davon ist die "Eliteforschung" durchaus sehr kritisch bewertet worden in der Nachkriegsphase und war "out", nicht zuletzt durch die Nähe der zentralen akademischen Aktuere zu faschistischen Bewegungen und der Legitimation des "Führer"-Prinzips. Sie hat erst in den letzten Jahren wieder einen verstärkten akademischen Zuspruch erfahren. Nicht zuletzt auch durch die "Netzwerkanalyse" (vgl. bsw. B. Wessels) von politischen Stukturen und der darin enthaltenen formellen und informellen Kommunikationsstränge.

http://de.wikipedia.org/wiki/Soziale_Netzwerkanalyse

Irgendwelche Entscheidungen im Rahmen von Verwaltungsprozessen in diesen Kontext zu pressen, hat weder mit Eliten noch deren Funktion im Rahmen der Reproduktion von Institutionen zu tun.

Das Problem, das Du ansprichst gehört in den Bereich

Public Management ? Wikipedia

und ist somit eher ein Problem der Verwaltungsforschung.

Und nein, eine Elite bildet sich nicht situativ, es kann sein, dass sich "Meinungsführerschaft" situativ bildet, die einen Einfluß auf die Meinungsbildung von Gruppen hat.

http://de.wikipedia.org/wiki/Meinungsf%C3%BChrerschaft
 
Zuletzt bearbeitet:
Es geht um die "Reproduktion von Institutionen" mit der Folge einer langlebigen inhaltlichen Ausrichtung, allein als Folge eines tradierten "Betriebsklimas".
 
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