Nochmal zurück zum Originaltext: da wird es als kleiner Skandal insinuiert, dass der Kommandant nicht die Nacht auf seinem Schiff verbrachte, sondern in den Armen der Claudia Sacrata in Köln. Das legt natürlich ein Schiff mit Übernachtungsmöglichkeiten nahe, was wiederrum mehr als eine gewesen sein müsste, denn ein Kommandant wird sicher nicht alleine auf dem Schiff zurückbleiben … wiederrum andererseits kann das wirklich-keine-Ahnung-haben des Tacitus dahinterstehen, denn der Flottenstützpunkt auf der Alteburg bei Köln muss damals schon existiert haben.
Allerdings ist ein abwesender Kommandeur in einem Lager so abwesend wie ein abwesender Kommandeur auf einem Schiff, und von der Alteburg nach Köln/Zentrum sind es ca. 3 km. Die läuft man nicht so schnell hin und wieder zurück, wenn ein germanischer Überfall im Gange ist.
Koordination der Ruderer auf einer Trireme ist wirklich nichts für Laien. Im schon häufig (von mir) zitierten Buch "Die athenische Trireme" wird das Training von ein paar hundert (!) Sportruderern zu den versetzt arbeitenden Teamworkern ds hochseetüchtigen Kriegsschiffs als ein ziemlicher Angang geschildert, und das nicht, weil die Studis irgendwie doof gewesen seien.
Ein Erfolgsrezept der Römer war ihre hervorragende Anpassungsfähigkeit; sie kombinierten griechische Katapulte, keltische Panzer und Helme, spanische Schwerter, punische Kriegsschiffe usw. usf. – sie haben mit Sicherheit für den Flußkrieg die passenden Waffen gewählt. Es sollte mich wundern, wenn wir in den aktuellen Funden aus römischer Zeit am Rhein nicht bereits mehr oder minder alle gängigen Modelle der Zeit vor Augen hätten, sondern irgendwann ein vierzig Meter langer Rhein-Dreadnought aus dem Rhein oder gar aus der Lippe auftauchen würde. Was nicht heißen soll, dass germanische Flüsse nie solche Schiffe sahen; schließlich fuhr Drusus mit einer Flotte vom Rhein über seinen Kanal an der Nordseeküste entlang bis zur Wesermündung. Als Erfolgsgeschichte ist dieser Feldzug allerdings nicht vermerkt.
Wenn die Germanen eine Trireme aus Köln geklaut haben, haben sie sie vermutlich in Schlepp genommen, denn mit ausgefahrenen Rudern ist das Schiff fats so breit wie die Lippe selber. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass es gar keine solche, sondern nur Liburnen und Schiffe vom Typ Oberstimm gab, die leicht und schnell von den Kommandotruppen übernommen werden konnten – darunter eben leider das besonders gekennzeichnete und dekorierte Schiff des kommandierenden Offiziers. Aber – wer weiss – vielleicht war die Nacht bei Claudia Sacrata es wert gewesen.