Rolle der Frau im Islam

Hallöchen,:winke:

ich dachte ich geb auch mal meinen Senf dazu.

Rechte und Pflichten sind heikle Angelegentheiten; vor allem wenn es um die Religion geht.
Dass im Islam eine andere Frauenrolle vorherrscht als im Westen, ist eindeutig. Daran kann man nichts ändern. Doch bedeutet das unweigerlich auch, dass Frauen benachteiligt werden?
Lightstorm hat ja einige gute Beispiele genannt, wie ich finde. Vor allem eben die Position der Frau, wenn es um finanzielle Freiheiten geht. An dieser Stelle merkt man doch, dass Frauen nicht dieselben Rechte haben wie Männer, aber eben auch, dass die Männer nicht dieselben Rechte haben wie Frauen.

Aber nun gut, Emanzipation gehört zu den Menschenrechten, richtig. Also muss es umgesetzt werden, richtig. Auch wenn dies der Ideologie der Bevölkerung widerspricht.....richtig?
Was wenn es die Muslime selber nicht wollen? Was wenn sie in der Umsetzung der eigenen "Vorstellung" beharren. Schließlich ist die alte, heilige Schrift für sie wichtiger als eine (fremde) Verfassung und die (ebenfalls fremden) Menschenrechte.
Dann muss man sie überzeugen, richtig. Man muss den Dialog fördern, richtig. Und wenn dabei nichts rauskommt, und sie immer noch auf ihre "eigenen Vorstellungen" bestehen, muss man mit der Brechstange ran.....richtig?.....

Natürlich ist die Behandlung der Frauen in den islamischen Ländern grauenhaft, wie vieles andere auch. So zum Beispiel die Armut, Arbeitslosigkeit, Bildungsrückstand etc. Sind Fehlverhalten und Missstände etwa nicht normal für derart schlechtgestelte Länder? Hinzu kommt, dass die meisten Diktaturen oder Monarchien sind.

Noch viel wichtiger ist jedoch, dass es in diesen Ländern nicht oder nur bedingt möglich ist, vorherrschende Regelungen zu hinterfragen. In politischer und religiöser Hinsicht. Aber hier bei uns ist es nicht so, und siehe da: Viele fromme Muslime (vor allem Jugendliche) fordern Veränderung. Aber auch diesen Muslimen ist die Sharia wichtiger als alles andere. Und die Frauen unter ihnen fordern weder das Frauenbild hier im Westen, noch die Praxis im Osten, sondern das dazwischen....das was sie für islamisch halten. Zu diesem Thema empfehle ich das Buch: "Zwischen Pop und Islam" von Julia Gerlach (auch über die Bundeszentrale für politische Bildung erhältlich)

Meine Güte, soviel wollte ich eigentlich nicht dazu schreiben, ich muss mich im Kurzfassen üben.
Na dann, mit freundlichen Grüßen,

Gariban:winke:
 
Hallo Gariban,

ich antworte erstmal auf dich, dann in anderen Post auf die anderen Member.

Du bist ja noch relativ neu hier, deshalb der Hinweis, dass wir hier im Grunde nicht losgelöst vom historischen Kontext über Religion reden, oder über neuere gesellschaftliche oder politische Themen (heutige Emanzipation, heutige Auslegungen der Religion, etc.). Manchmal wird allerdings im Graubereich ein Auge zugedrückt, wahrscheinlich, wenn der aufklärerische Ansatz überwiegt.

Deshalb einige Denkansätze für dich:

"Im Islam andere Frauenrolle wie im Westen"

Du solltest differenzieren, zwischen Religion, Tradition, gesellschaftliche Realitäten, Begriffen.
Natürlich ist in der Religion Islam eine andere Frauenrolle vorgesehen, wie im säkularisierten Westen, mehr noch in vielen muslimisch geprägten Staaten aber wenn man vergleicht, dann zwischen Religionen, oder zwischen Staaten, und zwischen Traditionen, und deren Wechselwirkungen.

"Im Islam ist die Frauenrolle anders als im Christentum"

Richtig, aber welchen Islam, welches Christentum und welche Länder/Kontinente meint man?
Das vor tausend Jahren, das heutige?
Vergleicht man muslimisches Algerien, Tunesien, mit anderen afrikanischen Staaten mit christlichen Majoritäten? Findet man in den christlichen Staaten dort die Frauenbeschneidung? Ist es christlich? Wie wird dort das Christentum mit der Rolle der Frau ausgelebt?


Oder vergleicht man staatliche Vorgaben?
Schaut man z.B. in die Türkei, wann dort das Frauenwahlrecht eingeführt wurde, und wo dieses in anderen europäischen Staaten?
Wann in der Türkei die Abtreibung legal wurde, wann in anderen europäischen Staaten?
Wann dort eine Frau Ministerpräsidentin wurde, wann in anderen europäischen Staaten?
Wie hoch dort der Anteil an Professorinnen ist, und wie die Hürden dazu sind, Professorin zu werden, im Vergleich zu anderen europäischen Staaten?
Wie dort die Rolle der Frau vor und hinter den Kulissen ist? Wie weit die Türkei noch von echter Gleichberechtigung entfernt ist, verglichen mit Schweden und Dänemark aber wie nah sich die Türkei an Portugal, Griechenland, Süditalien, Polen, usw. darin befindet?
Und so weiter...

Was hat der Islam mit der tatsächlichen Frauenrolle zu tun? Z.B. in Malaysia, Indonesien, Bangladesh, Bosnien, Mali, usw.? Was hat das Christentum mit der Frauenrolle zu tun? Was ist der Tradition geschuldet?

Auf einen Nenner gebracht:

Vorsicht vor Verallgemeinerungen und einfachen Antworten... :winke:

So, nun soll kein neues Fass aufgemacht werden, sondern einige Denkanstöße vermitteln, die du in anderen Foren dann austauschen kannst.Ende Gelände, Servus und LG lynxxx :winke:

PS: Zu anderen historischeren Punkten hier im Thread komme ich noch mal bei Gelegenheit.
 
Auch wenn's ein bisschen spät kommt...

Wieviele Arten von Islam kennt ihr?

Mögen die Menschen leben wie sie wollen, ich kenne nur einen Islam, nämlich den definiert durch Koran und Sunna. Demokratischer, orthodoxer, fundamentaler, gemässigter Islam usw. sind Kopfgeburten des Westens. Der Koran allein macht noch keinen Islam aus. Die andere Hälfte ist die Sunna, also die Gewohnheiten, Handlungen und Empfehlungen des Propheten. Um den Islam also zu vertsehen (und zwar als Ganzes, inkl. Koran, Recht, Fatwas, Geschichte) muss das Leben des Propheten bekannt sein und mitberücksichtigt werden.

Ein Beispiel: Beschneidung der Jungen
Der Koran erwähnt dies mit keinem Wort, dennoch ist es gute Sitte, die Knaben beschneiden zu lassen. Einer Überlieferung zufolge wurde der Prophet so geboren, nach anderer Quelle wurde er in der ersten Woche beschnitten. Beides kommt auf dasselbe hinaus: Die Beschneidung der Jungen, als eine Sunna.

2. Beispiel: Mädchenbeschneidung
Dies wird in einigen Ländern dieser Welt noch immer praktiziert. Als Vorwand dient der Islam. Allerdings erwähnt der Koran auch hier nichts. Und der Prophet? Er hatte es auch nicht praktiziert, ergo gibt es Mädchenbeschneidung im Islam nicht.


Es gibt auch ein Hadith, laut dem Mohammad anläßlich der Beschneidung einer weiblichen Person riet: Und schneide nicht alles weg, es ist besser so für die Frau.

Um welche Frau ging es dabei? Warum wurde sie beschnitten? Waren auch andere Frauen betroffen? (Stichwort Kontext)


In den Islamischen Kulturen spielen alte Stammestraditionen, neu entwickelte Traditionen und gewachsene Strukturen eine große Rolle. All diese Strukturen schränken die Rolle der Frau ein und stellen diese schlechter.

Ein sehr bekanntes Beispiel sind Zwangsehen:

Der Quran selbst verbietet Zwangsehen und der Prophet selbst hat solche für ungültig erklärt. Jetzt könnte man daraus folgern, daß also die Rolle der Frau im Islam in diesem Punkt geklärt ist. Das ist aber nicht der Fall. Die Realität ist, daß selbst Hodschas / Imane / Religionsgelehrte Zwangsheiraten vielfach gutheißen und als Islamisch erklären.

Das ist die Realität. Der Islam in seinen verschiedenen Formen ist eben nicht allein der Quran (selbst wenn er sein sollte) die Realität ist, daß viele Sachen als Islamisch erklärt werden und auch so gesehen werden.

Diese Strukturen und Traditionen in den Völkern, die trotz Einzug des Islams weiterhin bestehen, können islamkonform sein oder eben auch nicht. Für ein Individuum eines betroffenen Volkes ist es heute schwierig festzustellen, ob es Tradition oder Religion ist. Was man weiss, nimmt man als gegeben hin und führt es weiter ohne zu hinterfragen. Oder man verfolgt eigene Interessen. So kann es vorkommen, dass zwei Muslime von verschiedenen Völkern sich in ihren Taten widersprechen, obwohl sich beide auf den Islam berufen. Dies verwirrt den beobachtenden Nichtmuslim.

Was Koran und/oder Prophet verbieten (oder nicht), können auch "Hodschas / Imane / Religionsgelehrte" nicht ändern. Die Realität ist viel mehr, dass es selbsternannte und missgebildete "Hodschas / Imane / Religionsgelehrte" gibt. (Da sind wir beim wunden Punkt der Muslime: Viele von ihnen wissen über die Rechte und Pflichte im Islam selbst zu wenig).

Eine/n wahre/n Kenner/in des Islam erkennt man dadurch, dass sie/er sich in ihren/seinen Ausführungen nicht nur bloss auf den Koran, sondern gleichzeitig und vor allem auch auf den Propheten bzw. die Sunna bezieht und zitiert.

Vieles lässt der Koran aber auch offen oder definiert nicht genauer. Um genauere Kenntnisse zu erhalten wird in diesem Fall die Sunna herangezogen, d.h. die Lebensgewohnheiten des Propheten dienen als Referenz. Und sollte auch hier nichts zu finden sein, so ist es grundsätzlich dem Individuum überlassen (z.B. das Rauchen).

Die folgenden Sites kann ich sehr empfehlen (enthalten Dokus übers aktuelle Thema):

Frauen und Islam

Die Frau im Islam

Frauen und Koran


Online Koran und Hadithe:

Quran Recitation and Translation Online in Arabic, English, and Urdu und auch deutsch


@lynxxx: Einführung der Wahl-und Stimmrecht für Frauen in der Schweiz 1971.


Cheers
 
Ich erlaube mir dazu einige Anmerkungen...

1. Etwas Grundsätzliches: Hier geht es um eine rein historische Betrachtung der Frauenrolle in der islamischen Welt; Ausführungen dazu, welcher Richtung des Islam - siehe dazu den nächsten Punkt - man selbst folgt, gehören da übrigens nicht hinein.

Wieviele Arten von Islam kennt ihr?

2. Ich würde zwar von Richtungen anstatt von Arten sprechen, aber sei's drum... Mir fallen auf Anhieb neben den Sunniten zunächst die Schiiten - und damit v.a. zugleich auch Imamiten (12er Schia), Ismailiten (7er Schia) sowie Zaiditen (5er Schia) - und dann auch die Charidschiten ein, die sicher keine "Kopfgeburten des Westens" sind.

@lynxxx: Einführung der Wahl-und Stimmrecht für Frauen in der Schweiz 1971.

3. Zwar bin ich nicht Lynxxx - und zudem ist das eigentlich auch ein anderer Themenkreis -, aber dazu der Hinweis, daß dabei auch etwas differenziert werden muß (Stichwort: Kantonales Frauenstimmrecht). Vgl. auch den Überblick auf Frauenstimmrecht (Schweiz) ? Wikipedia
Aber wie bereits erwähnt, schweifen wir damit in diesem Thread vom eigentlichen Thema ab...
 
Hallo,
jetzt misch ich mich mal ein! Ich hab neulich mit meiner Freundin, einer Halbtürkin, über die Verschleierung diskutiert und sie meinte, dass im Koran stände, dass sich beide Geschlechter bedecken müssen...
Das heißt, wenn in Arabien eine ganzverschleierte Frau rumläuft, müsste ihr Ehemann genauso angezogen sein.
Was haltet ihr davon?
Lg,
Schnuppe :heart:
 
Das ist so nicht korrekt.

Soviel ich weiß, steht im Koran, eine Frau müsse "anständig" gekleidet sein. Das heißt also, sie ist den Moralvorstellungen der Gesellschaft unterworfen, was eben anständig ist und was nicht.

Wenn ich den Büchern, die ich bis jetzt gelesen habe (vorwiegend Romane, allerdings) und den Bildern, die ich im Laufe meines Lebens gesehen habe glauben darf, waren Muslimas früher weitaus freizügiger gekleidet, der "Schleier", meist ein Fähnchen von einem Nichts diente mehr zum Unterstreichen der Augen, denn zum Verbergen des Gesichts. Einem entblößten Gesicht dürfte in etwa dieselbe Bedeutung zukommen, wie in Japan früher z.B. dem Handgelenk oder in Europa den Beinen der Frauen (Mittelalter bis in die Neuzeit), nämlich eine erotische. Was genau als erotisch verstanden wird, ist auch heute noch dem Wandel der Gesellschaft unterworfen.

Übrigens: Auch im Christentum war es vormals üblich für Frauen, in der Kirche die Haare zu bedecken, meines Wissens.

Wenn ich mir jetzt z.B. den Film und die Bücher von Marjanne Satrapi ("Persepolis") ansehe, war es im Iran bis in die 70er Jahre normal, als Frau unverschleiert zu gehen, nur die extremsten Muslimas trugen Kopftücher. Mit der Gründung der islamischen Republik Iran jedoch wurde die komplette Verschleierung Zwang.

Oder nehmen wir als anderes Beispiel die Türkei, wo (außer in den Dörfern) die meisten Frauen unverschleiert gehen, in öffentlichen Einrichtungen ist Kopftuchtragen sogar streng verboten aufgrund des Laizistischen Prinzips (welches übrigens auch in Frankreich gilt).

Die Verschleierung hat also weniger etwas mit dem Glauben und den Glaubensgrundsätzen als vielmehr mit der Interpretation derselben zu tun.
 
Das Christentum ist auf der Basis des Judentums entstanden, und das Judentum hat als erstes 10 Gebote formuliert, die ja durchaus vernünftig sind und in weiten teilen für viele Menschen durchaus verbindlich sind. Juden haben jahrhundertelang in Europa gelebt, und dabei natürlich auch Anteil an der europäischen Geistes- und Kulturgeschichte gehabt. Die textkritische Exegese hatte eine grosse Tradition an jüdischen Hochschulen, und Juden wie Baruch de Spinoza oder Moses Mendelsohn hatten natürlich auch Anteil an der Strömung der Aufklärung, die den Juden Ende des 18. Jahrhunderts in den USA und in Frankreich die völlige rechtliche Gleichberechtigung brachte

Wenn man jetzt deinen Post aus islamischer Sicht liest, würde man leicht dagegen argumentieren können, indem man feststellen könnte, dass die "Ur-Religion" eigentlich der Islam ist (aus Sicht der Muslime). Die Juden haben Gottes Gebote nicht eingehalten (Tanz um das goldene Kalb), haben sich also als hoffärtig erwiesen, während den Christen aus islamischer Sicht Verfälschung der Schrift Gottes vorgeworfen wird.

Also könnte man dem christlichen-abendländischen Humanismus auch als islamischen Humanismus bezeichnen, wobei ich eher lynxxx bepflichten möchte, der den Humanismus vollkommen von der Religion abkoppelt.

Schönen Abend noch wünscht
Seldschuk
 
@timotheus

Habe gesehen, dass du deine Anmerkungen hier gepostet hast. Hier sind auch meine Antworten, die du ja bereits kennst.

Ich erlaube mir dazu einige Anmerkungen...

1. Etwas Grundsätzliches: Hier geht es um eine rein historische Betrachtung der Frauenrolle in der islamischen Welt; Ausführungen dazu, welcher Richtung des Islam - siehe dazu den nächsten Punkt - man selbst folgt, gehören da übrigens nicht hinein.
Einverstanden. Ich hätte die Antwort anders formulieren können.


2. Ich würde zwar von Richtungen anstatt von Arten sprechen, aber sei's drum... Mir fallen auf Anhieb neben den Sunniten zunächst die Schiiten - und damit v.a. zugleich auch Imamiten (12er Schia), Ismailiten (7er Schia) sowie Zaiditen (5er Schia) - und dann auch die Charidschiten ein, die sicher keine "Kopfgeburten des Westens" sind.
Ich meinte auch nicht diese Richtungen, sondern Arten von Islam wie davon öfters zu lesen ist. Wird aber zu tagespolitisch. Ging darum zu zeigen, dass es eben nicht "mehrere islamische Religionen" gibt, egal wie Menschen interpretieren.


3. Zwar bin ich nicht Lynxxx - und zudem ist das eigentlich auch ein anderer Themenkreis -, aber dazu der Hinweis, daß dabei auch etwas differenziert werden muß (Stichwort: Kantonales Frauenstimmrecht). Vgl. auch den Überblick auf Frauenstimmrecht (Schweiz) ? Wikipedia
Aber wie bereits erwähnt, schweifen wir damit in diesem Thread vom eigentlichen Thema ab...
Diese Differenzierung wäre zu Ungunsten der Schweiz gewesen: 1971 war auf Bundesebene die erste (oder früheste) Einführung in der Schweiz. Kantonal sieht's schlimmer aus: Der letzte Kanton war AI im Jahre 1990 - per Bundesgerichtsurteil dazu gezwungen.


Danke, und schönen Abend noch.
 
Ganz kurz noch dazu...



Ich meinte auch nicht diese Richtungen, sondern Arten von Islam wie davon öfters zu lesen ist...

Alles klar; Mißverständnis ausgeräumt :friends:



Diese Differenzierung wäre zu Ungunsten der Schweiz gewesen...
Kantonal sieht's schlimmer aus: Der letzte Kanton war AI im Jahre 1990 - per Bundesgerichtsurteil dazu gezwungen...

Es ging dabei eigentlich darum, daß man dies - wie übrigens viele Dinge - nicht pauschal beurteilen kann: in NE und VD war es bereits 1959, GE 1960, bis 1970 folgten dem BS/BL, TI, VS und ZH. Zeitgleich mit dem Stimmrecht auf Bundesebene lagen AG, FR, SH, ZG...
Exemplarisch Extreme zu extrahieren - ohne anzumerken, daß es auch das Gegenteil gibt bzw. gab -, bringt doch in eine Diskussion nur Schärfe ein, die wir beide nicht nötig haben.
:cool:



Aber wie bereits erwähnt ist dies sowieso ein anderes Thema... :fs:
 
Kopftuch und/oder Gesichtsschleier im Islam? Wie ist es entstanden?

"
Ein anderes in der Öffentlichkeit vieldiskutiertes rechtliches Problem ist die Verschleierung der Frau, für die man sich von muslimischer Seite aus gerne auf den Koran beruft. In diesem Zusammenhang werden drei Verse als mögliche Begründung genannt, wobei es interessant ist, daß alle drei Verse aus medinensischen Suren stammen. Bei der Betrachtung der ersten Stelle, nämlich Sure 24, 31, ist es wichtig, auch den vorhergehenden Vers zu beachten; er zeigt nämlich, daß hier ganz allgemein von den Grundregeln der Schicklichkeit die Rede ist, die Männer ebenso wie Frauen betreffen. Die beiden Verse lauten:


[30] Sag zu den gläubigen Männern (mu’minun), daß sie ihre Blicke niederschlagen und ihre Scham (farg) hüten sollen. Das bedeutet Reinheit für sie. Gott weiß Bescheid über das, was sie tun. [31] Und sag zu den gläubigen Frauen (mu’miriat), daß sie ihre Blicke niederschlagen und ihre Scham hüten sollen, daß sie ihren Schmuck nicht zur Schau stellen sollen, mit Ausnahme dessen, was ohnehin davon sichtbar ist. Sie sollen ihr Tuch (himâr/chimâr; laut Paret: Schal; laut Khoury: Schleier) über den Halsausschnitt schlagen und ihren Schmuck nicht zur Schau stellen ...

Das hier für die Frauen erwähnte besondere Kleidungsstück war ein großes Umschlagtuch oder eine Art von Schalgewand, das über das weit ausgeschnittene Untergewand (izar) geschlagen wurde; es bedeckte zwar den Kopf, nicht aber das Gesicht. Es ist jedenfalls bemerkenswert, daß an dieser Stelle keines der in der altarabischen Dichtung benutzten Wörter für
den Gesichtsschleier im engeren Sinne verwendet wird. Das trifft übrigens auch für die zweite der hier zu besprechenden Stellen zu; sie stammt aus Sure 33, die besondere Anweisungen für die Frauen des Propheten enthält (33, 30–34. 59). Aus dem Text der gesamten Sure geht mit aller Deutlichkeit hervor, daß der Prophet zu dieser Zeit in Medina bereits eine
herausgehobene Stellung hatte und daß sich daraus bestimmte Sonderrechte für ihn und seine Frauen ergaben (33, 59):


Prophet! Sag deinen Gattinnen und deinen Töchtern und den Frauen der Gläubigen, sie sollen etwas von ihrem Gewand (gilbab) über sich hinabziehen, das ist passender dafür, daß sie erkannt und nicht belästigt werden. Siehe, Gott ist vergebend und barmherzig.

Wie der himar war der gilbab offenbar ein weites Tuch. Aus dieser Stelle geht freilich nicht hervor, wie man sich die Umhüllung genau vorzustellen hat und ob es tatsächlich eine Gesichtsverhüllung gab. Jedenfalls sollte aus der Art der Bekeidung der besondere soziale Rang der Frauen (etwa im Unterschied zu Sklavinnen) sofort erkennbar sein, so daß sie vor möglichen Übergriffen geschützt waren.

Die dritte Stelle (33, 53) lautet:


Und wenn ihr sie [d. h. die Frauen des Propheten] um etwas bittet, was ihr braucht, so tut das hinter einer Abschirmung (higab)[Hidschab].

Mit higab ist aber keineswegs ein „Kleidungsstück“ gemeint, sondern eine Art Trennwand bzw. ein irgendwie trennender Gegenstand (ob Mauer, Paravent oder Vorhang), der auch an anderen Stellen im Koran erwähnt wird: Zwischen den Bewohnern des Paradieses und der Hölle ist ein higab (7, 46); Maria zieht sich vor ihren Angehörigen nach Osten zurück und verbirgt sich hinter einem higab (19, 16f.); zwischen Mohammed und den Ungläubigen besteht ein trennender higab (17, 45; 41, 5), und Gott redet zu Menschen nur durch „Offenbarung“ (wahy) oder eben „hinter einem higab“ (42, 51). Ob man higab nun mit „Vorhang“ oder „Trennwand“
übersetzt, klar ist im Hinblick auf Sure 33, 53, daß eine „Abschirmung“ der Prophetenfrauen beabsichtigt ist. Ein eindeutiger Grund dafür geht aus dem Wortlaut des Korantextes nicht hervor. Daher ist es nicht verwunderlich, daß es zur Begründung dieser Offenbarung eine ganze Reihe von widersprüchlichen Überlieferungen gibt.
Die Ausdehnung der „Abschirmung“ auf alle Frauen überhaupt stellt erst eine spätere Entwicklung im islamischen Recht dar, die sich u. a. auf die Erwähnung der „gläubigen Frauen“ in einem benachbarten Vers beruft (33, 59). Die heutige Verwendung des Wortes higab im Sinne von „Kopftuch“ bzw. „Schleier“ kann jedenfalls, um ein Fazit zu ziehen, aus dem Koran nicht begründet werden. Das haben übrigens auch schon die islamischen Reformer des letzten Jahrhunderts überzeugend dargelegt, wie z. B. der Ägypter Qasim Amin (1865–1908) in seinem berühmten Buch „Die Befreiung der Frau“, das 1899 in Kairo erschien.
"

aus:
Bobzin, Hartmut: Der Koran. Eine Einführung. München 1999.



"Das ist der einzige Vers[der dritte Vers 24:30-31], in dem ausdrücklich der Schleier, der chimâr, erwähnt wird. Von dem Wort chimâr kommt chamr, Wein, weil der Wein den Geist verschleiert. Der chimâr ist ein Stück Stoff, das den Kopf bedeckt und nach hinten tief auf den Rücken fällt.

Den Anlass der Offenbarung bildet ein Treffen bei einer Asma, Tochter von Murtad, auf dem die Frauen in ihren traditionellen Kleidern ohne zusätzliche Bedeckung erschienen sind. Da waren ihre Brüste und der Schmuck an ihren Füßen sichtbar. Das soll Asmaa angeekelt haben, sie sagte: "Wie hässlich ist das!", und darauf wurde der Vers herabgesandt.

Die Botschaft ist an alle Muslime gerichtet. In diesem Vers werden die Frauen genau wie die Männer im vorigen Vers aufgefordert, mit Dezenz zu schauen und ihre Schamgegenden zu schützen. Dafür wird der Begriff furûg, Plural von farg, angewandt. furûg sind die Falten am Körper. Das sind die Achsel, der Raum zwischen Beinen und Pobacken und bei der Frau zusätzlich zwischen den Brüsten. Für Mann und Frau gilt dieselbe Aufforderung zum Schutz der furûg. Die Aufforderung, die furûg mit dem chimâr, dem Schleier, zu bedecken, gilt aber nur für die Frau. Das liegt an der Kleidung. Mann und Frau haben in Arabien ein Kleid ohne Unterkleider und eine Kopfbedeckung getragen. Das Kleid war weit und an der Brust tief ausgeschnitten. Das war unproblematisch für den Mann, bei der Frau dagegen konnte man die Brüste sehen. Daher die Aufforderung, die Brüste mit dem Schleier zu bedecken, d.h. den Schleier über die Schulter nach vorne über die Brüste ziehen."

...

"Der Vers [24:60]zeigt am besten die Intention des Korans. Die Sexualität der Frau soll in Schranken gehalten werden, um die legale Vaterschaft nicht zu gefährden. Nach Montgommery Watt war die arabische Gesellschaft zu jener Zeit im Umbruch, das Patriarchat löste langsam das Matriarchat ab. Die neuen Besitzenden (Mekka war eine Handelsstadt) waren sehr daran interessiert, ihr Eigentum an ihre eigenen Kinder zu vererben. Deshalb gibt es neben den drei Versen über die Verhüllung der Frau mindestens sechs Verse (2:228, 2:231, 2:232, 33:49, 65:1, 65:4), die die Wartezeit vor dem Geschlechtsverkehr in den Fällen der Ehe, der Scheidung, der Wiederheirat regeln. Es ging darum, sicherzustellen, dass ein Kind vom legalen Vater ist.

Diese Sorge wird verständlich, wenn man die Verhältnisse vor dem Islam kennt. Es gab über zehn Arten von sexuellen Beziehungen. Es herrschte mehr als Libertinage, fast Promiskuität. So war es üblich, dass die Frau fremdging, wenn der Mann aus irgendwelchem Grund abwesend war. Bei diesem Durcheinander wussten alle nur eins mit Sicherheit, nämlich, wer ihre Mutter war." ...

mehr dazu, auch den Kontext:

Das Kopftuch in Koran und Sunna
[FONT=verdana,arial,geneva]Das Frauenbild hinter dem Kopftuch[/FONT]

Viel Spass beim Schmökern. :winke:
 
Hi lynxxx

Seh' ich das richtig? Deine Ausführungen oben in Posting 50 zitieren Ralph Ghadban?

Ich würde in Fragen zum Islam dem "Islamexperten" Ralph Ghadban nicht trauen. Und die BPB ist bekanntlich nicht gerade islam-/muslimfreundlich.

Cheers
 
2. Ich würde zwar von Richtungen anstatt von Arten sprechen, aber sei's drum... Mir fallen auf Anhieb neben den Sunniten zunächst die Schiiten - und damit v.a. zugleich auch Imamiten (12er Schia), Ismailiten (7er Schia) sowie Zaiditen (5er Schia) - und dann auch die Charidschiten ein, die sicher keine "Kopfgeburten des Westens" sind.

Was ist mit den Ahmadis? Das sind auch Muslime.
 
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