In lateinische Buchstaben transkribiert wäre also ein Hippodamon ein "Rossebändiger", "Rossebezähmer".
Oswald Spengler hat einmal einen Aufsatz geschrieben über die Einführung des Streitwagens und er hat ihm einen hohen Stellenwert in der Entwicklung der Kriegskunst zugebilligt. Bei den Kampfbeschreibungen in der Ilias ist der Streitwagen eher so etwas wie ein Taxi zum Schlachtfeld, bzw. ein Fluchtwagen, der in Entfernung parkt, um das Schlachtfeld wieder zu verlassen. Die "Asse" kämpfen fast immer zu Fuß. Das Prestige des Wagenlenkers muss aber ein sehr hohes gewesen sein, auch in anderen Kulturen.
Im indischen Epos Mahabharata geht es um das Schicksal zweier verwandter Königsgeschlechter der Kauravas und der Pandavas. Beide Dynastien gewinnen ein Königreich, damit der Frieden gesichert wird. Bei einem Würfelspiel, das die Kauravas organisieren, verlieren die Pandavas ihr Reich und müssen 12 Jahre unerkannt im Exil leben. Auch im 13. Jahr verweigern die Kauravas den Pandavas ihr Königreich, und es kommt zum großen Showdown in der Schlacht von Kurukshetra, in der sich die beiden Clans 18 Tage lang bekämpfen.
Kurz vor der Schlacht denkt Arjuna, der indische Achilleus, an die Verwandten, Freunde, Lehrer auf der Gegenseite, er bewundert wie klug sein bewunderter Opa Bhima das Heer aufgestellt hat, erkennt Schwäger, Cousins, Lehrer und Freunde, und er will nicht kämpfen gegen sie. Sein Wagenlenker Krishna fährt Arjuna zwischen die beiden Heere und zerstreut seine Zweifel. Im "Gesang des Erhabenen", der "Bhagavadgita" erklärt Krishna Arjuna seine Philosophie und dass es seine Pflicht ist als Krieger zu kämpfen, auch gegen Verwandte wie seinen bewunderten Opa Bhima, denn sterblich ist nur der Körper, nicht die Seele. Auf die Bhagavadgita, die Unterweisung durch Krishna, folgt die Schilderung der Schlacht von Kurukshetra.
Zuvor hat Bhima die Regeln des Kampfes festgelegt: Nur von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang darf gekämpft werden, es dürfen nur die gleichen Waffen verwendet werden, und wer seine Waffen verloren hat oder das Schlachtfeld verlassen will, darf nicht getötet werden. Die Kriegsregeln werden nicht immer befolgt, und beide Seiten greifen zur List. Wenn man sich erst mal das Who is who der Helden angeeignet hat, ist dieses wunderbare Epos den Werken Homers durchaus ebenbürtig.
Eine Bollywoodverfilmung des Mahabharata ist aber dann doch sehr gewöhnungsbedürftig.
Doch zurück zur Ausgangsfrage! Das Ansehen eines Wagenlenkers war im klassischen Griechenland hoch. Ein Sieg im Wagenrennen bei den Olympischen Spielen war mit enormem Prestige verbunden. Als Alkibiades Gespann in Olympia gewann, war das nicht nur mit Ansehen verbunden, sondern ließ sich auch in politischen Einfluss verwandeln.
Einmal drohte sogar ein Krieg. Weil es gegen das Friedensgebot verstoßen hatte, wurde Sparta mit einem Olympiaboykott sanktioniert. Ein Spartaner, dessen Name mir leider entfallen ist, wollte trotzdem nicht auf die Teilnahme verzichten und gab einfach einen anderen Besitzer an. Als die lakonischen Rösser aber den Sieg davontrugen, gratulierte der Spartaner dem vorgeschobenen Besitzer des Gespanns so überschwänglich, dass er sich selbst verriet und von den Schiedsrichtern ausgepeitscht wurde, was wiederum von Sparta als solcher Affront interpretiert wurde, dass eine militärische Intervention drohte. Relativ lange war es im Osten nicht völlig unüblich, dass Besitzer von Gespannen dieses selbst lenkten. Ähnlich wie "Herrenreiter" und "Herrenfahrer" im frühen Motorsport vor und nach Gründung der Formel I 1950. Die Professionalität des römischen Rennsports ließ solchen Amateuren aber relativ geringe Chancen auf Erfolg. Als Nero 67 Griechenland bereiste, ließ er die Olympischen Spiele um 2 Jahre vorverlegen. Beim Rennen stürzte er aus dem Wagen, wurde aber dennoch als Sieger gekürt, weil alle antretenden Gespanne ihm gehörten.
Wagenlenker waren wie erfolgreiche Gladiatoren Publikumslieblinge, andererseits aber wie diese "infames" wie Schauspieler und Prostituierte. Trotzdem erfreute sich der Rennsport auch in der römischen Aristokratie großer Beliebtheit, mochten Juvenal und der jüngere Plinius auch gegen den Fankult wettern. Caligula ließ den Circus Gaii et Neroni bauen, um dort zu trainieren. Unter Nero wurde dann ausgesuchtes Publikum zugelassen und auch die Christenhinrichtungen fanden dort statt. In der Spätantike nahm der Circusbau in Residenzen einen Aufschwung, und es wurden in Anlagen wie dem Circus des Maxentius Rennen unter begrenztem Publikum Rennen abgehalten an denen Angehörige des Hofes teilnahmen.
essionalität des römischen Rennsports