Dass sehr viele Urkunden gefälscht wurden, ist mir bekannt.
Der Begriff "fälschen" wird diesen Urkunden meistens nicht gerecht. Das hat für uns ja immer die Nebenbedeutung, daß beim Inhalt der Urkunde gemogelt wurde, daß sich jemand unrechtmäßig etwas aneignen will.
In der Regel war das damals aber nicht der Fall.
Sondern es ging meist um völlig unstrittige Rechte, die seit Generationen mündlich tradiert waren.
Und dann kommt im Hochmittelalter dieser "neumodische Formalkram" auf. Da wird dann nicht mehr anerkannt, daß man in altbewährter Weise einige honorige Zeugen aufmarschieren läßt, die beschwören, daß ein Eigentumsrecht zu Recht bestand.
Sondern da wurde auf einmal erwartet, daß das auch ordentlich mit Urkunde belegt wird.
Also wurden die Urkunden eben nachgeliefert. D.h. man hat z. B. die mündlich von einem König ausgesprochene Verleihung eines Rechts sauber aufgeschrieben und so abzeichnen lassen, wie das von noch erhaltenen Urkunden dieses Königs bekannt war.
Das ist dann eher ein Nachempfinden als ein Fälschen. Den meisten Zeitgenossen dürfte das auch völlig klar gewesen sein, daß die Urkunde nicht wirklich alt und original ist - das war aber unproblematisch, solange der Inhalt stimmte.
Und da gab es natürlich Problemfälle, wo jemand eine sehr subjektive Sicht seiner Rechte in Urkunde fassen ließ. Aber die meisten Urkunden dieser Zeit mögen zwar "gefälscht" sein, aber trotzdem sind sie inhaltlich richtig.
In diesem Sinne wäre eine "professionelle Fälscherwerkstatt" eine ganz rechtmäßige und sinnvolle Dienstleistung. Das war dann wohl ein Schreiber, der sich mit den nötigen Hintergründen auskannte und auf Wunsch eine Urkunde des benötigten Rechtegebers produzieren konnte.