Schwimmen in Rüstung

Dieses Thema im Forum "Rittertum und Kreuzzüge" wurde erstellt von Wsjr, 12. Dezember 2011.

  1. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Moin

    Lese zurzeit ein Buch über die Kreuzzüge, und was mir aufgefallen ist, ist das doch recht häufig bemerkt wird, dass Ritter ertranken. Bekanntestes Beispiel ist da ja Friedrich Barbarossa, aber auch beim Landungsmanöver vor Damiette und an anderen Stellen wird erwähnt dass Ritter in ihrer Rüstung ertranken.
    An einer Stelle wurde erwähnt, dass diese Ritter gar nicht schwimmen konnten aber das kann doch nicht für alle gelten. Es kann doch nicht sein, dass kein Mensch im Westen damals schwimmen konnte.
    Der entscheidende Punkt wird wohl die Rüstung gewesen sein. Allerdings war diese zur Zeit der Kreuzzüge ja noch nicht der gotische Plattenharnisch den man sich immer vorstellt, sondern deutlich simpler aufgebaut und leichter.
    Es gibt ein Beispiel aus einer anderen Kultur, nämlich Japan, wo es sogar spezielle Samuraischwimmstile in Rüstung gibt. Und diese sind mit ihren ca. 25 kg auch etwa so schwer wie eine europäische Rüstung.
    Darum frage ich mich, ist es möglich mit einer Ritterpanzerung die im 11.-13. jhd. wärend der Zeit der Kreuzzüge benutzt wurde, zu schwimmen, wenn man es denn kann?
     
  2. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Halte ich für sehr unwahrscheinlich.

    Bei den japanischen Rüstungen gab es sehr verschiedene Typen. Es gab leichtere modelle bei denen sehr dünne Plättchen verarbeitet wurden und auch viel lackierter Bambus eingesetzt wurde und schwerere Typen mit dickeren Eisenplatten, die in die Gewichtsklasse kommen die du ansprichst. Ich vermute mal, dass man nur mit ersteren Schwimmen konnte. Die dürften zum Teil sogar einen eigenen Auftrieb haben.

    Mit einem Kettenharnisch mit einem stark saugenden Gambeson drunter, kann ich mir das nicht vorstellen. Dann auch noch mit einem Topfhelm oben drauf. :nono:

    Dass mit den Schwimmschulen stimmt zwar auch, aber ich bezweifle dass allzuviele Samurai darin ausgebildet wurden. Es ist auch eine sehr anstrengende Technik die überwiegend durch intensive Beinarbeit geht und ich glaube nicht dass man das über mehr als nur kurze Strecken schafft (z.B. Burggraben oder kleiner Fluß) gerade genug um aus einer Notsituation heraus zu kommen. Wenn ein Samurai bei einer Landung in die Brandung fiel, wird er vermutlich genau so wie sein europäischer Equivalent ersoffen sein. Das ist übrigens bis in jüngster Vergangenheit häufig so gewesen, auch ohne Rüstung und sogar mit (schlechten) Rettungswesten.

    Der Bezug der Japaner als ausgeprägtes Inselvolk zum Wasser, ist auch wesentlich anders als der des europäischen Ritters.

    P.S. Von der Schlacht von Dan-No-Ura ist es überliefert, dass einige Kriegfer sich schwimmend retteten. Bleibt die Frage, ob sie vorher die Rüstung ablegten:

    http://www.tenshukaku.de/letzteschlacht.htm

    Das ist übrigens der Ort, wo heute Krebse mit eigenartigen zeichen auf den Panzern leben. Die gelten als Reinkarnation der ertrunkenen Samurai.
     
    Zuletzt bearbeitet: 12. Dezember 2011
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  3. Wilfried

    Wilfried Aktives Mitglied

    Barbarossa starb am Herzschlag, ja, die meisten westlichen Ritter konnten wohl nicht schwimmen und ich stelle mir das auch etwas schwer vor, wenn das Gambeson vollgesogen ist
     
  4. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Der ist ja auch nicht ins Wasser gefallen, sondern der Leichtsinnsvogel ist baden gegangen! Das hat damals vermutlich mehr als einer als gerechte Gottesstrafe angesehen.
     
  5. ketzer97

    ketzer97 Neues Mitglied

    Wieso? Ich dachte, Barbarossa sei einer der Prototypen des ritterlichen Königs gewesen. Durch welche Untaten soll er denn seinen Tod verdient haben?
     
  6. Ravenik

    Ravenik Aktives Mitglied

    Das ist unklar, es gibt auch andere Versionen. Steven Runciman (Geschichte der Kreuzzüge, S. 787) schreibt: "Was sich sodann ereignete, ist ungewiss. Entweder sprang er vom Pferd, um sich im kühlen Wasser zu erfrischen, und die Strömung war stärker als er geglaubt hatte, oder aber sein gealterter Körper hielt dem plötzlichen Schock nicht stand, oder aber sein Pferd glitt aus und warf ihn ins Wasser und das Gewicht seiner Rüstung zog ihn hinab."
    Siehe auch hier: http://www.geschichtsforum.de/f48/barbarossas-tod-2764/

    Sein Tod wurde mitunter als eine Art Gottesurteil über die Gerechtigkeit seiner Sache verstanden, so wie schon beim Feldzug 1167, als sein Heer bei Rom von der Malaria dahingerafft wurde.
     
  7. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Gehörte zur mittelalterlichen Aubildung eines Ritters nicht auch das schwimmen?
     
  8. Papa_Leo

    Papa_Leo Aktives Mitglied

    Ja. Aber zwischen Anspruch und Wirklichkeit klaffen Lücken. Und: Ohne Rüstung schwimmen können ist das Eine ... mit Rüstung das andere.
     
  9. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Ich meinte ganz konkret, die Untat zu baden.

    Andere Kleinigkeiten, wie z.B. dass er vor Mailand Geiseln an einen Belagerungsturm binden liess, die dann elendig umkamen, waren damals ja nicht so verpönt.
     
  10. Apvar

    Apvar Premiummitglied

    Guckt Euch bitte mal die Materialien der Rüstungen an. Der Europäische Ritter hatte ein Kettenhemd aus Eisen an. Und da mal die Dichte. Etwa 7,9 Kg/L
    Und nun mal eine japanische Rüstung. Japanische Rüstung ? Wikipedia
    Und auch deren Materialien. Was sagt dies aus?
    Eine japanische Rüstung hat viel mehr Auftrieb als eine Europäische Rüstung. Und ein Ritter konnte nicht mal eben die Rüstung ablegen.

    Apvar

    P.S. Habt Ihr mal in normaler Bekleidung geschwommen? Dann wisst Ihr wie schwierig und kraftraubend das ist, ohne Rüstung.
     
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  11. Reinecke

    Reinecke Aktives Mitglied

    "Kein Mensch" stimmt wohl auch nicht, aber durchdenk das mal realistisch: Schwimmen kann man nur lernen, wenn man ein entsprechendes ungefährliches Gewässer (oder nen swimming pool) in erreichbarer Nähe hat. Für sehr viele Menschen gabs aber nur kleine Bäche, Teiche, Brunnen etc; oder auch das Meer oder Flüsse mit einer entsprechenden Strömung (Gefahrenquellen!). Da gabs einfach keine Möglichkeit, dass sinnvoll und risikolos zu erlernen.

    Schöne, tiefe Seen gibts halt nicht überall; schon gar nicht zu Fuß ohne Auto/Fahrrad/ÖPNV. ;)

    Den Topfhelm kriegt man ja evtl noch runter, bevor man absäuft, aber ansonsten: Was Du sagst; auch was die jap. Rüstungen. :winke:

    Ebenfalls japp; Ertrinken war die hierzulande häufigste Unfallursache... bis es vor hundert Jahren oder so vom Straßenverkehr entthront wurde. Daher auch die große Tradition der Schwimmabzeichen, Rettungsschwimmer etc.; ist halt immer noch sinnvoll.

    Ist wohl aber eher die Folge unnatürlicher Auslese durch Menschen. ;)

    EDIT & P.S.: Ich bin selbst schoon in Kleidung geschwommen, und schon das ist viel anstregender als ohne. Ich hab auch schon ein Kettenhemd (ca 10 kg, geschätzt) getragen, und wäre damit sicher in kein Boot gestiegen! Oder nur bei entsprechend niedrigen Gewässern. ;)
     
    Zuletzt bearbeitet: 12. Dezember 2011
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  12. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Die Antworten leuchten ein.
    @Reinecke
    Naja ich bin auf dem Land aufgewachsen und da hab ich mir das Schwimmen selbst beigebracht in den Flüssen und Seen. Hätte gedacht, dass das bei den Landkindern des Mittelalters ähnlich war. Klar, wenn gar kein größeres Gewässer in der Nähe ist, da geht das nicht, aber meistens ist irgendetwas da. Zumindest in Europa.
     
  13. Afkpu

    Afkpu Aktives Mitglied

    Naja Landkinder, und Adelsnachkommen ist ja durchaus ein Unterschied, die hatten je nach Stand und betrachteter Zeit bereits in jungen Jahren einen festgelegten "Ausbildungsweg" bzw. Tätigkeiten die sie vom unbeschwerten "Schwimmen Lernen", oder durch Kleidung beschwertem Absaufen, abhielten
     
  14. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Du willst meinen Adelstitel leugnen?:motz:
     
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  15. Afkpu

    Afkpu Aktives Mitglied

    Naja so wie du dich in morgendlichen Vorlesungen gibst.. ja... ich durfte schon neben einem Freiherrn in KuGe sitzen.. aber Schluss mit OT ;). Ich schlage einen Versuch vor, ich leihe dir mein Kettenhemd, meine Wohnstatt liegt vor dem Rhein, und meine bessere Hälfte hat eine wunderbare Kamera um dein Ableben (aus wissenschaftlichen Zwecken) für das Forum zu dokumentieren!
     
  16. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Mit 100 m Seil und paar Leuten die mir versprechen mich da rauszuziehen bin ich locker dabei. Im Rhein war ich schon schwimmen, jetzt mal mit Handycap :D
     
  17. Wsjr

    Wsjr Aktives Mitglied

    Wer sind eigentlich immer diese Leute die anonym negativ bewerten? Ja die Frage ist ernst gemeint wer du auch immer bist. Tut mir leid dass ich noch nie eine Ritterrüstung anhatte um damit Erfahrungen zu sammeln, aber du kannst mir ja gerne von deinen Schwimmerfahrungen in Ritterrüstungen berichten.
     
  18. El Quijote

    El Quijote Moderator Mitarbeiter

    Das mit den Bambusrüstungen ist belegt? Dass Bambus sehr stabil ist und für Baugerüste und Zwischendecken verwendet wird, weiß ich.

    Ich kann dir zumindest sagen, dass schon Schwimmen in Kleidung eine extrem schwierige Sache ist. Zum Rettungsschwimmerkurs gehört auch daher die Übung, Kleidung im Wasser auszuziehen. Und das sind meist nur dünne Baumwoll- oder Leinenhosen und -hemden. Die Idee, in Rüstung schwimmen zu wollen ist daher mehr als abenteuerlich.
     
  19. Bdaian

    Bdaian Aktives Mitglied

    Ich hatte geschrieben "Teile" der Rüstung, muss mich aber auch da korrigieren bzw. stark einschränken. Leichtere Exemplare hatten Schuppen (kozane) aus lackiertem Leder, nicht aus Bambus. Brustpanzer mit Hartholzplatten hat es anscheinend in archaischer Zeit in Japan gegeben. Ansonsten wurde Bambus nur für Hilfskonstruktionen genutzt, wie die Stangen der Flaggen die von Reitern auf dem Rücken getragen wurden (Shashimono) oder die Unterkonstruktion des Horo, ein ballonartiges Gebilde das hochrangige Samurai ebenfalls auf dem Rücken trugen.

    Und trotzdem: Es sind Berichte über schwimmende Samurai überliefert und in "Secrets of the Samurai" von Westbrook-Ratti wird konkret darüber geschrieben, dass es eine entsprechende Ausbildung gab. Ich habe das Buch leider nicht vorliegen, aber es gilt als seriös und ist eines der Standardwerke über das Japanische Samuraiwesen.

    Hier wird es übrigens auch beschrieben: http://www.yachigusaryu.com/blog/2006/04/training-is-beach.html (Sogar mit Bild!)

    und hier:

    http://www.daitoryu.ca/html/kandan/012808_2.htm

    Was du nicht sagst! Und ich dachte schon, es wäre ein Jux der Kami
     
    Zuletzt bearbeitet: 13. Dezember 2011
  20. Robert Guiskard

    Robert Guiskard Aktives Mitglied

    Ich bin schon mal in einem Kettenhemd geschwommen, jedoch ohne Helm. Das ganze ging eigentlich nur mit Rückenschwimmen, wobei man die Arme dann seitlich nur hin und her bewegt (also nicht kreisförmig am Kopf vorbei wie normal beim Rückenschwimmen, sondern seitlich hin und her). Auf diese Weise kann man übrigens auch in Kleidung viel besser schwimmen als auf jede andere Weise.

    Beim einem weiteren Versuch hatte ich dann auch noch ein Schwert dabei, ging gerade noch. Aus der Antike ist zur Zeit des Kaisers Trajan berichtet, dass es einzelne Soldaten der Donaulegionen gab, die in Rüstung durch die Donau schwimmen konnten.
     

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