Rovere schrieb:
Heute vor 30 Jahren bestieg Juan Carlos den spanischen Thron. Der Nachfolger des "Caudillo de España por la Gracia de Dios" begleitete den Weg Spaniens zur parlamentarischen Monarchie. In 30 Jahren wandelte sich dieses Land vom totalitär regiertem Armenhaus zu einem der erfolgreichsten und modernsten Staaten der Union.
Aber was war eigentlich los in Spanien in der Zeit nach dem Bürgerkrieg (dessen Ereignisse ja ziemlich bekannt sind) bis 1986, dem Jahr des EU-Beitritts?
Der offizielle Terminus dafür ist
Transición. Die
Transición bezeichnet den Prozess des Übergangs von der Diktatur zur Demokratie, wobei es keine genau definierten Grenzen gibt. Die engsten Grenzen sind wohl zwischen dem Tod Francos 1975 und den ersten freien Wahlen 1977 anzusetzen, andere setzen den Beginn der
Transción mit der Öffnung des Regimes seit 1956 an (
Die Zeit der Technokraten, mit Technokraten sind die Minister aus den Wirtschaftsinstituten von
Opus Dei gemeint), manche meinen die
Transicíon sei mit dem EU-Beitritt abgeschlossen, mit der Wahl des Sozialisten Felipe Gonzales zum Ministerpräsidenten oder, so der vor zwei Jahren gestorbene Romancier (hist. Romane, Krimis, Glossen) Manuel Vázquez Montalbán, sie sei bis heute nicht abgeschlossen.
Juan Carlos traf sich schon vor Francos Tod mit Santiago Carrillo, dem Parteichef der spanischen Kommunisten im Exil und anderen oppositionellen, in Spanien nicht zugelassenen Bewegungen (schon recht früh (vierziger Jahre) waren die
Fuerzas Democráticas, eine katholische oppositionelle Bewegung wieder zugelassen worden). Aber er wollte die Kommunisten erst nach den ersten freien Wahlen zulassen. Sein Plan scheiterte, weil es von Seiten der Ultrarechten einen Anschlag (
Matanza de Atocha) auf eine Anwaltskanzlei der kommunistischen Partei und der den Kommunisten nahe steheden Gewerkschaft CGT gegeben hatte, wodurch die Komunistische Partei einen Sympathieschub in der Bevölkerung bekam, den sie allerdings nicht in besonders viele Wählerstimmen umzuwandeln vermochte.
1982 kam es dann unter Tejero zum Putsch der Guardia Civil, einer halbmilitärischen Polizeitruppe, und Spaniens Demokratie stand auf der Kippe. Hier ist meiner Meinung der größte Verdienst Juan Carlos', das er treu zur Demokratie stand - er ist deshalb der einzige Monarch, vor dem ich meinen Hut ziehen würde: Juan Carlos setzte sich in seiner Militäruniform hin und verlas eine Fernsehbotschaft, in der er alle Truppen aufforderte sich in ihre Kasernen zurückzuziehen und sich zur Demokratie bekannte.
Rovere schrieb:
Mit welchen Regimen kann man den Franquismo vergleichen? Wie spürbar war diese Diktatur? Die Integration Spaniens in die Weltgemeinschaft ab den 60ern war ja überhaupt kein Problem damals.
Mich würde es jedenfalls sehr interessieren was in dieser Epoche auf der iberischen Halbinsel geschehen ist und hoffe auf interessante Beiträge.
Anfänglich war der Franquismus eine Militrädiktatur mit einem starken kirchlichen Element und breitem Raum für die faschistische Partei (
Falange) und ihre angeschlossene Gewerkschaft:
FET y de las JONS. Sie repräsentierte so die drei nationalen Kräfte des Bürgerkriegs, Kirche, Militär und Faschisten, wobei es in Kirche und Militär auch demokratische Elemente gab. Als sich die Wende im Zweiten Weltkrieg abzeichnete, wandte sich Franco vom Faschismus ab, betonend, dass der Faschismus antikatholisch sei. Die
Acción Católica, die bis dato das Bildungsresort in der Franco-Regierung hatte, bekam daraufhin auch die Posten der Falange, die daraufhin weitgehend entmachtet war. Ab 1956 wurden, wie oben schon erwähnt, viele Ministerposten durch Laienkatholiken des rechtselitären
Opus Dei besetzt, die in Spanien heute als kühle Wirtschaftstechnokraten wahrgenommen werden.
Was passierte mit den Republikanern? Viele gingen ins Exil und landeten so in französischen Internierungslagern (und damit meist in Nazigefangenschaft), in México und Argentinien. Über die Emigranten in México schrieb der österreichisch-jüdisch stämmige Spanier Max Aub, eine ganz interessante Kurzgeschichte:
La verdadera muerte de Francisco Franco. Spanier die nach Argentinien oder Chile gegangen waren wurden dort später teilweise Opfer der dortigen Militärdiktaturen. Nach dem WK. II flammten an den spanischen Grenzen die Kämpfe noch einmal auf (v.a. in der Invasion ins Arán-Tal). Die spanischen Kommunisten, aus den Konzentrationslagern der Nazis befreit und von der Sowjetunion mehr moralisch als materiell unterstützt, hofften, dass die Stimmung in Spanien schlecht genug wäre, um die Franco-Regierung zu stürzen. Man fasst diese Bewegung unter dem Begriff
Maquis zusammen, einem französischem Wort, welches soviel wie 'Laubwerk' oder 'Gebüsch' bedeutet und auf den Guerilla-Charakter des
maquis hinweist.
Spanien unter Franco wird, gegenüber dem Hitlerfaschismus als eine
dictadura blanda bezeichnet, eine 'weiche Diktatur'. Dieser Begriff soll erklären, warum der Bruch mit der spanischen Diktatur nicht so radikal gemacht wurde, wie mit der deutschen, aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch in Spanien Konzentrationslager gab und politische Morde. Man schätzt, das in den spanischen Konzentrationslagern etwa 200.000 Menschen umgekommen sind. Die meisten direkt im Anschluss an den Krieg. Genaue Zahlen gibt es m.W. aber nicht.