Stämme in einem Papstbrief von 738

Interessant, Mercy :nono:
Sind dir 'echte' archäologische Hinweise bekannt? (Nur am Rande)
 
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@ Tejason: die Beschreibung aus dem Kunstführer ist wohl nicht ganz akkurat. Die Bauten im Klosterbereich (darunter auch die sog. Curtis) sind allesamt nicht vor dem 7. Jahrhundert entstanden. Ein Körnchen Wahrheit in der Beschreibung liegt darin, dass Fulda einer der wenigen Plätze in Osthessen ist, in dem spätantike Münzen in nennenswerter Zahl aus dem 4. Jhdt. gefunden wurden. Ich beziehe mich dabei auf die Bücher: Archäologische Funde des 4. - 9. Jhdt. in Hessen und "Hessen im Frühmittelalter".
Der Forschungsstand seit den Grabungen Vonderaus im frühen 20. Jhdt. hat sich in Fulda nicht wesentlich erweitert. Die Arbeiten Vonderaus waren zwar löblich, aber man muss bedenken, dass er der allererste hessische Archäologe überhaupt war, der sich intensiver mit dem Frühmittelalter beschäftigte. Zu dieser Zeit existierte noch nicht mal ein chronologisches Schema.

Davon abgesehen, daß man im 3. Jh. das letzte mal etwas von den Chatten hört, ist es schon sehr gewagt, zu behaupten, daß es im 8. Jh. noch Chattische Siedlungen in der Fuldaer Gegend gab. Das ist so etwa wie, als ob es im 8. Jh. noch kimbrische und teutonische Siedlungen in Norddeutschland und hermundurische Siedlungen an der Donau geben würde.
Aus Osthessen liegen insgesamt sehr wenige Funde aus dem Frühmittelalter vor, Fulda und Hersfeld wirken als historisch bezeugte Orte in diesem Umfeld sehr singulär.
Trotzdem ist die Annahme "chattischer" Siedlungen nicht ganz falsch. In Nordhessen, wo die Chatten zurecht meist verortet werden, sind nun tatsächlich mehrere Siedlungsplätze bekannt (v.a. die Wüstungen Geismar und Holzheim), die von der jüngeren Eisenzeit bis ins Hochmittelalter ununterbrochen bewohnt wurden. Es gibt in diesem Gebiet also schon eine Kontinuität, auch wenn im 8. Jhdt. freilich von "Hessi" gesprochen wird.
 
Ich möchte hier noch einmal dafür sensibilisieren, daß eine Kontinuität der Besiedlung ansich nichts über die ethnische Zugehörigkeit aussagt. Ein Ort in der Oberlausitz ist seit der frühen Steinzeit kontinuierlich besiedelt gewesen. Sind deshalb die heute dort lebenden Deutschen und Sorben ethnisch in erster Linie in einen Zusammenhang mit den in der Spätantike und davor lebenden Völker zu bringen. Möglich wäre es, daß Reste der vorhergehenden Bevölkerung übrig blieben, doch bilden aber wohl die zugewanderten Personen die absolute Überzahl.
Das heutige Denken in Völkerschaften, die im groben durch die heutigen Bundesländer gekennzeichnet sind entstand erst im 19. Jh. durch die Romantik. Der Begriff Hessen als politischer Begriff tritt erstmals im 13. Jh. mit der Abspaltung der westlichen ludowingischen Gebiete der Landgrafen in Thüringen auf, als der Herzog von Brabant sich zum Landgraf in Hessen ernannte.
 
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Ich möchte hier noch einmal dafür sensibilisieren, daß eine Kontinuität der Besiedlung ansich nichts über die ethnische Zugehörigkeit aussagt.

Muss nicht, es kann aber durchaus ein Faktor sein. Es ist richtig, dass es nicht um das politische Territorium Hessen geht (die Landgrafschaft entstand in der Tat erst im 13. Jahrhundert). Es geht aber sehr wohl um die "Hessi", die 738 erwähnt werden. Natürlich ist das nicht als felsenfest sicher, und es geht auch nicht nur um die Kontinuität. Aber hier mal die Indizienkette, die in Einklang mit vielen Forschern stehen:

- Die letzte Erwähnung der Chatten von historischem Wert liegt im Jahr 213 (es gibt noch spätere Erwähnung, in der der Namen aber offenbar aus Gründen literarischer Topik verwendet wird).

- die Chatten siedelten etwa seit der Zeitenwende (historische Sicht), teilweise schon früher (hierfür gibt es archäologische Indizien) im heutigen Nordhessen mit dem Schwerpunkt des Fritzlarer Beckens.

- die mittelkaiserzeitlichen Siedlungsplätze in diesem Bereich blieben größtenteils bis in die Spätantike, zum Teil bis ins Frühmittelalter bestehen, wenn die Pläte auch phasenweise kleiner wurden.

- bei den Chatten kam es während der Völkerwanderung nicht zu Wanderbewegungen. Ebenso blieb Nordhessen von den Einflüssen der ab dem 4./5. Jhdt. im Rhein-Main-Gebiet siedelnden Alemannen und Franken weitgehend unberührt.

- politisch spielte das Gebiet erst ab dem 7. Jhdt. eine größere Rolle, kurz vor Beginn der Konflikte zwischen Sachsen und Franken. Womöglich war es aber bereits 533 oder schon davor unter formelle fränkische Herrschaft gekommen.

Also ich meine, es spricht schon vieles dafür, dass die Bewohner Nordhessens (oder Althessens, wie es in der Forschungsliteratur gern genannt wird) im Frühmittelalter tatsächlich in Kontinuität zu den Chatten stehen.
 
Die Indizienkette hat einiges für sich. Die Aussagekraft der Grabungen Vonderaus ist leider durch die gerade erst entstehende archäologische Wissenschaft zu seiner Zeit begrenzt. Als Indizie dafür, das die Gegend von Fulda nicht so menschenleer und Wüst war, wie die Gründungslegende suggeriert, sind die Ergebnisse aber sicherlich ausreichend.
 
Als Indizie dafür, das die Gegend von Fulda nicht so menschenleer und Wüst war, wie die Gründungslegende suggeriert, sind die Ergebnisse aber sicherlich ausreichend.
Das stimmt, wie gesagt ist Fulda der einzige Platz Osthessens, der bisher nennenswertes Fundmaterial auch aus der späten Kaiserzeit erbracht hat. Allerdings steht Fulda damit recht singulär da in der Region. Dass zumindest im 8. Jahrundert dort dann allerdings eine schon recht nennenswerte Siedlungskammer bestanden haben muss, belegen noch weitere frühe Kirchen, die im heutigen Stadtgebiet liegen. (zum einen Petersberg, dann noch eine weitere - Künzell? Müste ich nachschauen.
 
Ashigaru schrieb:
Muss nicht, es kann aber durchaus ein Faktor sein. Es ist richtig, dass es nicht um das politische Territorium Hessen geht (die Landgrafschaft entstand in der Tat erst im 13. Jahrhundert). Es geht aber sehr wohl um die "Hessi", die 738 erwähnt werden. Natürlich ist das nicht als felsenfest sicher, und es geht auch nicht nur um die Kontinuität. Aber hier mal die Indizienkette, die in Einklang mit vielen Forschern stehen:

"Hessi" ist die Bezeichnung von Siedlern in einer sogenannten Siedlungskammer, genannt "Hessi". Damit können alle möglichen ethnischen Gruppen gemeint sein. Allein die geographische Einheit "Hessi" ist hier genannt. So werden im 8. und 9. Jh. die Einwohner an der Elbe bei Magdeburg als "Saxones" bezeichnet, obwohl diese kaum etwas mit den Sachsen des Widukind zu tun haben dürften. Es ist einfach ein Sammelbegriff für eine geografische Einteilung. Ebenso werden alle Stämme östlich der Saale/Elbe-Linie als "Sorabi" bezeichnet, obwohl die "Sorabi" nur an mittlere Saale/ Weiße Elster und mittlerer Mulde saßen.

Ashigaru schrieb:
- Die letzte Erwähnung der Chatten von historischem Wert liegt im Jahr 213 (es gibt noch spätere Erwähnung, in der der Namen aber offenbar aus Gründen literarischer Topik verwendet wird).

- die Chatten siedelten etwa seit der Zeitenwende (historische Sicht), teilweise schon früher (hierfür gibt es archäologische Indizien) im heutigen Nordhessen mit dem Schwerpunkt des Fritzlarer Beckens.

- die mittelkaiserzeitlichen Siedlungsplätze in diesem Bereich blieben größtenteils bis in die Spätantike, zum Teil bis ins Frühmittelalter bestehen, wenn die Pläte auch phasenweise kleiner wurden.

- bei den Chatten kam es während der Völkerwanderung nicht zu Wanderbewegungen. Ebenso blieb Nordhessen von den Einflüssen der ab dem 4./5. Jhdt. im Rhein-Main-Gebiet siedelnden Alemannen und Franken weitgehend unberührt.

Wenn die Chatten nach 213 nicht mehr erwähnt werden, wie kann man dann von ihrer Existenz im 4./5. Jh. ausgehen, zumal noch als eigenständiger Stammesverband, und schon gar noch von eine Beteiligung, bzw. Nichtbeteiligung an der Völkerwanderung.
Nach verschiedenen Ansichten, sind die Bevölkerungsteile (unklar welcher ethnischen Zuordnung) dieser Gegend in das Rhein-Main-Becken abgewandert und teilweise dort geblieben und mit neu hinzugewanderten Gruppen vermischt worden. Auf jeden Fall sind die Gebiete östlich des Rheins unter thüringischen Einfluß gelangt. Inwieweit es zu Umsiedlungsaktionen oder zu Vermischung der Bevölkerung kam, ist unklar. Nach 531 kam die Gegend, wie ganz Thüringen überhaupt, unter fränkischen Einfluß. Die Merowinger und später die Karolinger sind für ihre Siedlungspolitik der Staatssiedlungen bekannt,d.h. Ansiedlung von Leuten aus ihren angestammten Landesteilen und Umsiedlung der vorhandenen Bevölkerungsteile in unterschiedlichste Gegenden des "alten Reiches". So dürfte spätestens im 9. Jh. für das Gebiet Hessen keine eindeutige ethnische Zuweisung zu einem bestimmten germanischen Stamm der Völkerwanderungszeit, und schon gar nicht aus der Kaiserzeit vornehmbar sein.

Ashigaru schrieb:
- politisch spielte das Gebiet erst ab dem 7. Jhdt. eine größere Rolle, kurz vor Beginn der Konflikte zwischen Sachsen und Franken. Womöglich war es aber bereits 533 oder schon davor unter formelle fränkische Herrschaft gekommen.

Also ich meine, es spricht schon vieles dafür, dass die Bewohner Nordhessens (oder Althessens, wie es in der Forschungsliteratur gern genannt wird) im Frühmittelalter tatsächlich in Kontinuität zu den Chatten stehen.

Eigentlich spricht außer der Annahme "Chatti"="Hessi" aus rein namenkundlicher Sicht nichts für eine Kontinuität, genausowenig, wie die "Hermunduri" in einer Linie mit den "Thoringi", die "Daleminzi" mit den "Glomaci" stehen, nur weil die geographische Gegend die selbe ist. Daß dort eine Kontinuität möglich ist, wird nicht bestritten. Nur anhand der vorgebrachten Argumente der geographischen und namenkundlichen Ähnlichkeit, bzw. Abstammung ist hier weder ein "für", noch ein "wider" zu definieren.
 
Strupanice schrieb:
Eigentlich spricht außer der Annahme "Chatti"="Hessi" aus rein namenkundlicher Sicht nichts für eine Kontinuität, genausowenig, wie die "Hermunduri" in einer Linie mit den "Thoringi", die "Daleminzi" mit den "Glomaci" stehen, nur weil die geographische Gegend die selbe ist. Daß dort eine Kontinuität möglich ist, wird nicht bestritten. Nur anhand der vorgebrachten Argumente der geographischen und namenkundlichen Ähnlichkeit, bzw. Abstammung ist hier weder ein "für", noch ein "wider" zu definieren.

Naja, wie sieht es in dieser Hinsicht mit den Ortsnamen aus, die z.B. in karolingischer Zeit in Schenkungsurkunden und Registerverzeichnissen erwähnt werden. Kann man aufgrund der Form einer Ortsbezeichnung noch Rückschlüsse auf die Gründung des Ortes schließen. Wäre dies der Fall, was ich nicht sicher sagen kann, dann kann man doch zumindest einen Unterschied zwischen den Ethnien im Rhein-Main-Gebiet und im Kasseler Becken machen. Zudem sind schon Funde auf dem Gebiet des sog. "Althessens" gemacht worden, die eine Siedlungskontinuität der Bewohner von der Kaiserzeit bis ins frühe Mittelalter nahelegen, da wäre z.B. die Siedlung von Geismar bei Fritzlar zu erwähnen. Allerdings steht außer Frage, dass durch die intensive Ansiedlungspolitik fränkischer Kolonisten durch die Merowinger die als von dir bezeichnete "Siedlungskammer der Hessi" stark frankisiert wurde.
Mir stellt sich nur die Frage, warum es im 11.-12. Jahrhundert den thüringischen Landgrafen und später den hessischen Landgrafen in Form von Sophie von Brabant gelang, Hessen vom Herzogtum Franken loszulösen?
 
Wenn die Chatten nach 213 nicht mehr erwähnt werden, wie kann man dann von ihrer Existenz im 4./5. Jh. ausgehen, zumal noch als eigenständiger Stammesverband, und schon gar noch von eine Beteiligung, bzw. Nichtbeteiligung an der Völkerwanderung.

Sie werden ja im 4./5. Jahrhundert noch erwähnt. Nur sind die Aussagen nicht von historischem Wert und erlauben keine Aussagen darüber, ob es tatsächlich noch Chatten gegeben hat, was immer darunter zu verstehen ist. Selbst wenn man 213 als letzte Erwähnung betrachtet, heißt das bei weitem nicht, dass es die Chatten nicht mehr gegeben haben muss. Immerhin ging wenige Jahrzehnte später das Dekumatland verloren und der Siedlungsbereich der Chatten geriet aus dem Blickfeld des römischen Reiches - warum sollten die stets romzentrischen Schreiber noch darüber berichten. Es sei mal als Vergleich an andere Stämme erinnert, die im Frühmittelalter wieder in den Quellen auftauchen, nachdem Jahrhunderte keine Nachrichten vorlagen (v.a. etwa die Brukterer).

Nach verschiedenen Ansichten, sind die Bevölkerungsteile (unklar welcher ethnischen Zuordnung) dieser Gegend in das Rhein-Main-Becken abgewandert und teilweise dort geblieben und mit neu hinzugewanderten Gruppen vermischt worden.
Wie gesagt, das kenne ich (und ich habe viele neuere Aufsätze zum Thema gelesen) anders. Gräberfelder des 5. Jhdts. im Rhein-Main-Gebiet wie Eschborn werden meist als alemannisch charakterisiert, wobei Autoren wie Steuer davon ausgehen, dass es elbgermanische Siedler waren, die sich als Alemannen überall im ehemaligen Dekumatland formierten. Für den angrenzenden westfälischen Raum wie auch für den hessischen Raum geht man angesichts einer gewissen Siedlungsausdünnung nach Westen zum Imperium hin aus.
Auf jeden Fall ergibt sich eine deutliche Kulturgrenze entlang des ehemaligen Limesbogens. Diese wird vor allem anhand der Grabbefunde und -sitten und dem hauptsächlichen Verbreitungsgebiet von -heim-Namen in Hessen festgemacht.
Und nochmal der Verweis auf die Siedlungen im Fritzlarer Becken: Eine fortlaufende Kontinuität, d.h. ununterbrochen, würde ich schon als Indiz dafür sehen, dass es sich auch um die Siedlung einer Sippe oder wie auch immer gerarteten Dorfverbandes handelt.

Auf jeden Fall sind die Gebiete östlich des Rheins unter thüringischen Einfluß gelangt.
Da merkt man, dass dich der Aufsatz von Grahn-Hoek sehr beeinflusst. Obwohl sie möglicherweise recht hat, was die Oberherrschaft über den nordhessisch-westfälischen Raum betrifft, sehe ich auch einige kritische Punkte, insbesondere die Identifikation der Warnen mit den Thüringern überzeugt mich nicht völlig. Ihr Aufsatz hat mich aber auch zur Frage hier (die leider immer noch nicht beantwortet ist :weinen:) angeregt, wie die jew. Forscher zur Lokalisation der gennanten Gaue, Hessi, Wedrecii etc. kommen. Es ist letztlich sehr spekulativ, aber ich halte zumindest eine thüringische Herrschaft über die Wetterau und das Rhein-Main-Gebiet schwer möglich. Dafür gibt es keinerlei Indizien (wobei es die bei der Spanne von 40 - 50 Jahren auch nicht unbed. geben muss), zudem halte ich es angesichts der Stelle, in der Theuderichs Feldzug geschildert wird, für eher unwahrscheinlich, dass Thüringer westlich und südwestlich von Buchonien saßen.

Nach 531 kam die Gegend, wie ganz Thüringen überhaupt, unter fränkischen Einfluß.
Das ist eines der ganz großen Probleme. Auch hier muss man wieder zwischen Nord- und Mittelhessen (in der älteren Forschung mit dem freilich unhistorischen Begriff "Althessen bezeichnet) und Südhessen und der Wetterau unterscheiden.
Eines ist aber klar: im Rhein-Main-Gebiet herrschte von 400 - 700 eine sehr homogene Kultur, die durch die Übernahme der Reihengräber gekennzeichnet ist. Es gibt einiges Kopfzerbrechen, wie sich der Übergang von Alemannen und Franken etwa um 500 gestaltete oder ob die Kernbevölkerung dieser Gebiete nicht doch eher alemannisch war. Möglicherweise erhellt sich dieses Thema etwas, wenn die Befunde der Siedlungsgrabung Echzell-Mühlgraben publiziert werden.
In Nordhessen gibt es allgemein sehr wenig Befunde aus der Zeit vor 650/700, egal ob Gräber oder Siedlungsbefunde. Es lässt sich aber sagen, dass die Einflüsse in diesem Gebiet sehr heterogen waren, dass es aber keine Reihengräberfriedhöfe gab. Wirkliche fränkische Einflüsse im materiellen Fundgut oder durch Bautätigkeit lässt sich bisher m.e. nicht vor Mitte des 7. Jhdts. feststellen. Wahrscheinlich ist dagegen aber eine formale fränkische Oberherrschaft ab 531, wie sie vermutlich zum gleichen Zeitpunkt auch für die Sachsen galt.


P.S.: zu den "Hessi" - mangels Definition lässt sich m.e. nicht sagen, ob es sich nur um eine geografische Bezeichnung handelt oder dieser auch gentile Funktionen mit einschließt.
 
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Aragorn schrieb:
Mir stellt sich nur die Frage, warum es im 11.-12. Jahrhundert den thüringischen Landgrafen und später den hessischen Landgrafen in Form von Sophie von Brabant gelang, Hessen vom Herzogtum Franken loszulösen?
Die Landgrafen in Thüringen (die in Hessen gibt es erst seit 1249) sind eine Einrichtung des Königs. Dieser wollte in dem Gebiet, in der es keine wirkliche Ordnungsmacht gab, seinen Einfluß gegen die aufstrebenden Adelsfamilien stärken und an seinen ehemaligen Einfluß auf sein Reichsgebiet wieder aufleben lassen. Dazu belegte er die Ekkehardinger mit der Würde eines Landgrafen in Thüringen. Nach dessen Aussterben erhielten diesen die Ludowinger Mitte des 12. Jh.. Sie hießen immer Landgrafen "in" Thüringen. (nicht "von" Thüringen).
Es war also mehr eine Beamtenfunktion, als eine Landesherrschaft. Diese Landesherrschaft konnten erst die Wettiner im 14. Jh. erlangen, nachdem sie 1249 den östlichen Teil der "Landgrafschaft Thüringen" durch Vererbung bekamen. Der westliche Teil kam durch die letzte Ludowingerin Sophie und deren Heirat an die Familie von Brabant.
Dabei waren Jahr 1249 ca. 80% des heutigen und noch viel mehr % des damals als Thüringen bezeichneten Gebietes außerhalb dieser Landgrafschaft.
Gleiches galt für das spätere Hessen.
Noch 1918 gab es in Thüringen keine einheitlichen Landesherren. Die Schrumpfung Thüringens auf die heutigen Maße ist zum großen Teil durch die Spaltung der Wettiner und die geistlichen Besitzungen des Erzbistums Magdeburg (später Preußen) zurückzuführen.
 
Die Landgrafen in Thüringen (die in Hessen gibt es erst seit 1249) sind eine Einrichtung des Königs.
Das ist richtig. Im Frühmittelalter gab es wohl ab dem frühen 7. Jahrhundert ein Herzogtum Thüringen, dass vermutl. zurzeit Karl Martells abgeschafft wurde. Es stand aber überhaupt nicht in Zusammenhang mit der späteren Landgrafschaft.
 
Nur ne kurze Nachfrage. In der Vita des Bonifatius heißt es:

Und nachdem er dem Herzog Karl den Brief des genannten römischen Bischofs und des apostolischen Stuhls [493/495] überbracht hatte, wurde er vom Fürsten in Huld und Schutz genommen und kehrte mit Erlaubnis des Herzogs Karl zu den schon früher besuchten Gefilden der Hessen zurück.

Mit dem "Herzog Karl" ist doch Karl Martell gemeint?
 
Ashigaru schrieb:
Nur ne kurze Nachfrage. In der Vita des Bonifatius heißt es:



Mit dem "Herzog Karl" ist doch Karl Martell gemeint?

Hmm, vielleicht ist mit Herzog Karls Stellung als unumstrittener Herrscher in Austrien (737-741) gemeint. Allerdings stellt sich mir die Frage, ob er Herzog des gesamten austrischen Gebiets war, also Oberbefehlshaber aller Stämme (Baiern, Alamannen, Thüringer usw.), oder nur Herzog eines bestimmten Stammes.
 
Bei einem zweiten Aufenthalt in Rom wurde Bonifatius zum Bischof geweiht, und erhielt im Jahr 723 einen Schutzbrief von dem Heerführer Karl Martell.
... die wohl grob in der nördlichen Hälfte Hessens angesiedelt werden.
Das Grabfeld liegt allerdings nicht in der nördlichen Hälfte Hessens, sondern lag damals in Thüringen. Es handelte sich wohl um die Siedlungen zwischen der fränkischen Saale und der Eder.
 
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Karl Martell hatte einige Querelen mit fränkischen Herzögen. Er selbst war zwar mit Abstand der mächtigste Herzog, aber protokollarisch eben doch nur ein Herzog unter vielen Anderen, besonders im Osten des Reiches oder Aquitanien wo er einen erbitterten Krieg führte. Zwar war Karl Hausmeier, aber die Herzöge waren es gewohnt relativ selbstständige Politik zu machen. Zum Beispiel stützen sich die Herzöge von Burgund und Bayern ebenfalls sehr erfolgreich auf die (fränkische) Kirche und betrieben eine sehr aktive Missionierung. Bonifatius half der Schutzbrief des Hausmeiers sehr bei seiner Christianisierungspolitik in jenen Bereichen wo Karl das Heft fest in der Hand hatte. Die krichlichen Kreise um die 'Opposition' sahen das Wirken des Bonifatius eher in einem "dynastischen Kontext" und leisteten sogar hemmenden Widerstand gegen den Angelsachsen. Sobald aber Truppen der "Karolinger" widerstrebende Herzogtümer unterwarfen, konnte Bonifatius sie in seine Reorganisation mit einbeziehen. Beispiele dafür sind Alemannien und Bayern. Der anhaltende Widerstand des fränkischen Episkopats sorgte dafür, dass Pippin (der ab 747 n.Chr. allein die Macht ausübte wg. Teilung der Macht unter Karl Martells Söhnen) Bonifatius schließlich nicht mehr unterstützte. Es waren ehemalige kirchliche Gegner des Bonifatius, die seine Reform letztlich vollendeten und die fränkische Reichskirche zwar eng an Rom anlehnten, diese ihren Status als Landeskirche aber erhielten.
 
@ Tejason: danke! mich hatte trotz der hinreichenden Erklärung etwas verwirrt, dass Karl hier als Herzog und nicht Hausmeier bezeichnet wird, zumal der betreffende Text ja erst in der Zeit Karls des Großen verfasst wurde.
 
Nach dem Tod Pippins im Jahre 714 setzte seine Witwe Plektrud, deren eigene Söhne schon gestorben waren, Karl Martell gefangen. Karl konnte entkommen und wurde zum Herzog der Franken in Austrien gewählt. Nach Siegen über die aufständischen Neustrier wurde Karl im Jahr 717 Hausmeier über Austrien. Neustrien wurde erst im Jahr 724 endgültig unterworfen. Der fränkische Herzog Karl Martell unterwarf im Jahr 722 die Baiern und Alemannen mit Waffengewalt. Im Jahr 723 erhoben sich die Baiern und Alemannen unter Bruch der Friedenseide gegen Karl Martell.
 
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