Steinzeitliche Kalender?

Hallo

Wobei ich mich frage,wozu die Jäger des Paläolithikums solche Infos überhaupt brauchten. Die hatten wie jeder heutige Jäger und jede aktuelle Sammler - und Jägerpopulation diese Daten im Kopf,schließlich gibt es ja in deren Jagdgebieten nicht tausende von Beutetieren,die man sich merken mußte. Diese infos hatten und haben die Leute im Kopf.

mfg
schwedenmann
 
Wahnsinn: die 1. Datenbank der Welt, und das in der Steinzeit!
Wobei ich mich frage,wozu die Jäger des Paläolithikums solche Infos überhaupt brauchten.
Für Alteingesessene ist das sicherlich kalter Kaffee, nicht aber für Neuankömmlinge. Wenn dies alles so stimmt, was die Leute da ausklamüsert haben, dann schließt das auf starke Wanderungsbewegungen und ist Info für Zuwanderer. Zumal selbst die Zeichen einheitlich galten, und zwar, wenn ich das recht verstehe, über Jahrtausende hinweg (!). Schon das finde ich bemerkenswert.
 
Das würde voraussetzen, dass die Menschen in der Altsteinzeit die Wintersonnenwende exakt bestimmen konnten, was wir einfach nicht wissen.

Für einen funktionierenden Kalender muss man die Wintersonnwende überhaupt nicht "exakt" bestimmen können. Die Wintersonnenwende hätten auch die Menschen der Altsteinzeit bestimmen können, wenn sie sich dafür interessiert hätten. Aber warum hätten sie sich dafür interessieren sollen?


Und woher sollte man wissen, dass das ein "natürlicher" Jahresanfang war und nicht etwa die Frühjahrs- oder Herbst-Tag-und-Nachtgleiche oder die Sommersonnenwende oder ein vollkommen anderes Datum.
Das ist der entscheidende Punkt. Für einen "natürlichen" Jahresanfang eignen sich ungefähr 365 Tage im Jahr. Es gibt allerdings viel bessere und vernünftige Methoden, die Jahreszeit zu definieren, als die verhältnismäßig umständliche Beobachtung von Tag-und-Nachtgleichen oder Sonnwenden.
In einem anderen Thread (der sich wohl besser für diese Diskussion eignet) hatte ich schon mal ein schönes Beispiel aus Amerika gebracht:

Von den Ost-Pomo erfahren wir, daß jeder Mann, der daran interessiert ist, besonders aber diejenigen, welche viel jagen oder fischen, ihre eigene Kalenderrechnung führen. Die Rechnungen weichen oft voneinander ab, und das einzige Kriterium, mit Hilfe dessen man diesen Streit schlichten kann, liegt in den Vorgängen der Natur. Wenn die Eicheln wirklich fallen, ist der Eichelmonat da und jeder Streit ist zu Ende.

Die Yurok rechnen gewöhnlich dreizehn Monate, aber einige rechnen nur zwölf; diese lassen entweder einen Monat am Ende aus oder ziehen den elften und zwölften Monat des Dreizehn-Monats-Jahres in einem einzigen Monat zusammen. Auch hier ist die Tatsache des Eichelfalles das Kriterium, das alle Kalenderstreitigkeiten beendet. Fallen die Eicheln, so ist der Monat Nohso.

Wer brauchte einen genauen Kalender?
 
Das setzt voraus, dass man ein Startdatum hat, ab dem man Mondphasen zählen kann.

Ich wollte in diesem Thema keine Diskussion lostreten, nur ein mögliches Startdatum in den Ring werfen.

Das Wissen um die Existenz des Jahres dürfte, nach Tag und Mondzyklus, zu den ältesten Zeit strukturierenden Erkenntnissen überhaupt gehören. Winter- und Sommersonnenwende sind von ganzjährig bewohnten Lagerplätzen (mit Panoramablick) schon durch beiläufige Beobachtung des Sonnenauf- oder untergangspunktes am Horizont leicht zu erkennen. Die Sonne geht nie links von Gipfel a (Wintersonnenwende) und nie rechts von Gipfel x (Sommersonnenwende) unter. Es liegt dabei nahe, dass eher die WSW mit der Geburt/dem Beginn eines (neuen) Jahres gleichgesetzt wurde als die SSW. Ich wüsste sonst nicht welche anderen Tage des Jahres unsere Vorfahren ähnlich leicht und sicher hätten bestimmen können sollen.
 
Winter- und Sommersonnenwende sind von ganzjährig bewohnten Lagerplätzen (mit Panoramablick) schon durch beiläufige Beobachtung des Sonnenauf- oder untergangspunktes am Horizont leicht zu erkennen. Die Sonne geht nie links von Gipfel a (Wintersonnenwende) und nie rechts von Gipfel x (Sommersonnenwende) unter.
So "beiläufig" ist das nicht. Um zu wissen, welches der Punkt ist, an welchem die Sonne zur Zeit der Sonnwende aufgeht, muss ich erst mal regelmäßig jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Platz sein und auf klares Wetter hoffen. Das setzt schon eine gewisse Sesshaftigkeit voraus. Aber wozu das Ganze? Es gibt hundert einfachere und beiläufigere Möglichkeiten: Die erste Haselblüte, die erste Schwalbe, der erste Schnee...
Nur weil wir bei unseren Terminplanungen auf den Sonnenkalender fixiert sind, heißt das nicht, dass das schon in der Altsteinzeit auch schon so gewesen sein muss.
 
So "beiläufig" ist das nicht. Um zu wissen, welches der Punkt ist, an welchem die Sonne zur Zeit der Sonnwende aufgeht, muss ich erst mal regelmäßig jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit an einem bestimmten Platz sein und auf klares Wetter hoffen. Das setzt schon eine gewisse Sesshaftigkeit voraus. Aber wozu das Ganze? Es gibt hundert einfachere und beiläufigere Möglichkeiten: Die erste Haselblüte, die erste Schwalbe, der erste Schnee...
Nur weil wir bei unseren Terminplanungen auf den Sonnenkalender fixiert sind, heißt das nicht, dass das schon in der Altsteinzeit auch schon so gewesen sein muss.

Das Problem mit einem phänologischen Kalender nach Ereignissen in der Pflanzen- oder Tierwelt ist, dass diese nicht immer zu selben Zeit stattfinden, je nach konkreter Witterung in einem Jahr und dass diese auch regional nicht einheitlich sind, was eine Rolle spielen kann, wenn man mit entfernt lebenden Gruppen kommunizieren möchte oder wenn man als Nomade selbst mobil ist und sich in Regionen mit unterschiedlichem phänologischem Kalender aufhält.

Umso mehr gilt das für einen Kalender nach Witterungserscheinungen wie dem ersten Schnee. Manchmal fällt der erste Schnee im November, in anderen Jahren erst im Januar.
 
Genaue Kalenderregelungen sind für Landwirtschaft treibende Gruppen interessant, nicht für Jäger und Sammler, doch um diese geht es hier. Entsprechend beliebig wurde das Jahr eingeteilt. Die Autoren des Artikels nehmen nun eine "bonne saison" als einen fixen Termin samt einer Unschärfe an, die wohl über einen ganzen Monat reichen dürfte, aber, wie gesagt, "genaue Kalenderregelungen sind nur für Landwirtschaft treibende Gruppen interessant".
 
Aber wozu das Ganze? Es gibt hundert einfachere und beiläufigere Möglichkeiten: Die erste Haselblüte, die erste Schwalbe, der erste Schnee...
Du kennst aber schon den Spruch „eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, oder? Er könnte aus der Steinzeit stammen. :D

Alles, was du da aufführst, ist für eine verlässliche Planung wenig geeignet. Und dass auch Steinzeitmenschen planen mussten, wollten sie z.B. im Winter nicht vor Kälte und/oder wegen Mangelernährung dezimiert werden, steht außer Zweifel.
 
Das Problem mit einem phänologischen Kalender nach Ereignissen in der Pflanzen- oder Tierwelt ist,

... dass das der einzige Kalender ist, der zählt, wenn ich auf Pflanzen und Tiere angewiesen bin. Wann kommen die Lachse zum Laichen, wann paaren sich die Rehe, wann werden die Nüsse reif usw., diesen Kalender haben die Sammler und Jäger auswendig gekonnt. Und die waren nicht auf bestimmte Tage fixiert, denn die ganze Natur hält sich nicht strikt an Sonnwend- oder sonstige astronomische Daten.

Alles, was du da aufführst, ist für eine verlässliche Planung wenig geeignet.
Welche Termine gab es denn "verlässlich" zu planen? Wann der TÜV abläuft oder wann die Einkommensteuererklärung fällig ist, interessierte die Paläolithiker nicht. Wichtiger war, wann die Mammuts kalben oder wann der See zufriert, das alles lässt sich nicht nach dem Sonnenkalender planen, dazu muss man die gesamte Natur beobachten.
 
Ja, @Mashenka, und stell dir vor, die Bären Alaskas schaffen es ohne Kalender jedes Jahr rechtzeitig an die Flüsse, um Lachse bei ihrer Wanderung zu fangen. Gut, manchmal müssen sie ein paar Tage oder gar Wochen auf die Lachse warten, aber die Warterei lohnt sich auf jeden Fall, denn die Lachse zu fangen ist leicht und gibt den Bären die nötige Fettreserve, um den langen Winterschlaf zu überstehen. :D

Im Ernst: Du verwechselst anerzogene oder angeborene spezielle Verhaltensweisen von Tieren mit Menschen, die natürlich auch lernfähig sind – Beispiel: Sioux-Indianer passten sich der Lebensweise der Bisons an, wurden zu Nomaden. Zuvor lebten sie in Savanne-Wäldern und betrieben Landwirtschaft. Aber durch den Druck der Weißen, mussten sie ihr Gebiet verlassen. Sie gingen nach Westen, wo es Grasland und darauf lebende Bisons gab. Wenn diese zu frischen Weiden wanderten, wanderten Sioux mit ihnen, weil sie zu ihrer Lebensgrundlage geworden sind; Landwirtschaft betrieben sie auch nicht mehr, etc. Sie brauchten natürlich keinen Kalender, denn alles, was sie tun mussten, war: Bisons zu folgen.

Oder anders gesagt: Bisons "dachten" und entschieden für sie. :D
 
Wochenlang auf Lachs warten?? Ich bin nicht sicher, ob das hier nicht ein Bezug auf die aktuellen Probleme bei der Versorgungslage darstellt und damit zu unterlassen wäre. Auf jeden Fall eine grausame Vorstellung. Aber es ging ja um Bären.
Deshalb kurz zu den Bisons. Die konnten durchaus auch beobachten, hinter welchem Hügel wann die Sonne aufging. Und dann mussten sie ja nur noch die Sioux informieren damit die ihnen folgen konnten, bevor sie sich in ihren Bettchen ausstrecken.
Hochachtungsvoll.
 
Hallo

Ich möchte mich hier nur kurz über den im ersten post verlinkten Artikel äußern,wobei ich jetzt schon nicht verhehlen kann,daß ich die Veröffentlichung für methodisch und handwerklich schlecht gemacht halte,auch wenn dieses Urteil eigentlich an den Schluß meiner Bemerkungen gehört.

Auf die im Artikel gemachten Aussagen zum Kalender,Kalenderbeginn, "bonne saison" und der Interpretation der Symbole möchte ich hier nicht näher eingehen,Einwände zu den Aussagen dieser Themen sind ja schon von meinen Vorpostern vorgebracht worden.

1.Methodik

Ich halte es für einen grundsätzlichen methodischen Fehler in einer geisteswissenschaftlichen Arbeit eine These aufzustellen,um sie dann per Fakten,Funden zu beweisen. In der Physik kann ich z.B. in der Quantenmechanik eine neue Theorie aufstellen und habe dann als Maßstab ob ich richtig oder falsch liege zuerst die Mathematik und wenn dieser Beweis gelingt,die Verifizierung per Versuch. Bei den Geisteswissenschaften, hier Archäologie müssen alle Fakten,Funde zuerst unvoreingenommen gesammelt und bewertet werden um dann daraus eine "Theorie" zu erarbeitet,andernfalls werden nämlich Funde die ins Raster passen bevorzugt,andere einfach neutral behandelt oder gar unter den Tisch fallen gelassen,wie hier im Artikel an mindestens einer Stelle geschehen.

There were no meaningful differences in the results of analyses with or without fish.

Dabei machen Fische 16,24% aller Funde von Punkten,Strichen mit und ohne Y aus.Wenn für 16% aller Fälle die Interpretation nicht stimmt,sollte man sich schon die Frage stellen,ob dann alle anderen Fälle nicht auch anders zu bewerten sind,aber sie dann weil es paßt rauszunehemn,finde ich schon sagen wir grenzwertig.

2.handwerkliche Fehler

Die Auswertung und Analyse umfaßt laut table1 862 Zeichnung,Malereien und Ritzungen. Davon sind lediglich 14 ! abgebildet (8farbige und 6 Umzeichnungen in sw) worden, Figure1 + Figure2.Und selbst hier fehlen teilweise die Quellenangaben,also wo und um welche Abb. es sich handelt.Exemplarisch sei hier Figure2a erwähnt.Bei 2a steht nur B.Bacon sonst nichts,aber B.Bacon taucht in der Literaturliste nicht auf,Quellenangaben habe ich jedenfalls anders gelernt! Das von den restlichen 828 Abbildungen weder Abb. noch genaue Quellenangaben,also S. + Abb. im Text zu finden sind,erstaunt dann auch nicht weiter.Zur Qualität der Interpretation der Funde möchte ich 2 Beispiele anführen,erstens figure1g und zweitens figure2b. Figure1g zeigt einen Fisch,der Umzeichnung nach (Schwanzflosse) ein Thunfisch. Als Beschreibung dann im Artikel ((g) Salmon (?): Pindal,) und als Referenz Berenguer Reference Berenguer1994, 92, fig. 63. Wobei das die originale Umzeichnug von Breuil ist,die wohl falsch ist,wie Leroi-Gourhan,Prähistorische Kunst,1982 auf S.585,Abb.834 darlegt,demnach handelt es sich um einen Lachs,oder eine Forelle,nicht um einen Thunfisch.Bei Figure2b handelt es sich um ein Pferd, Quelle nur B.Bacon,sonst nichts. Dieselbe Abbildung Nr.286 bei Leroi-Gourhan zeigt als Umzeichnung ein Pferd und einen Steinbock,sowie ein Foto eines Felsstücks(das Original) mit Einritzungen,wobei man außer den 2 Tieren noch weitere Linien und somit wohl auch weitere Tiere wird identifizieren können. Wenn schon bei 2 Abbbildungen von 14 Zweifel an der Umzeichnung und der daraus resultierenden Interpretation bestehen,was soll man dann von den restlichen nicht gezeigten und damit nicht verifizierbaren Abbildungen halten?Durch diesen handwerklichen Fehler kann im Grunde keine Diskussion und erst recht keine Bewertung der Thesen erfolgen,da der Author dem Leser die Beweise (Abbildungen) vorenthält,ja er es noch nicht mal für nötig hält,die Abbildungen insgesamt in einer Tabelle,oder wie auch immer,zu dokumentieren,sodaß ein Leser wenigstens anhand der Quellangaben die Interpretation der Bilder überprüfen kann.

mfg

schwedenmann

P.S.Bilder zum Pferd aus Leroi-Gourhan,1982

Bild "abb286a_copy63i1a.jpeg" anzeigen.

Bild "abb286_copy9fczs.jpeg" anzeigen.
 
1.Methodik

Ich halte es für einen grundsätzlichen methodischen Fehler in einer geisteswissenschaftlichen Arbeit eine These aufzustellen,um sie dann per Fakten,Funden zu beweisen. In der Physik kann ich z.B. in der Quantenmechanik eine neue Theorie aufstellen und habe dann als Maßstab ob ich richtig oder falsch liege zuerst die Mathematik und wenn dieser Beweis gelingt,die Verifizierung per Versuch. Bei den Geisteswissenschaften, hier Archäologie müssen alle Fakten,Funde zuerst unvoreingenommen gesammelt und bewertet werden um dann daraus eine "Theorie" zu erarbeitet,andernfalls werden nämlich Funde die ins Raster passen bevorzugt,andere einfach neutral behandelt oder gar unter den Tisch fallen gelassen,
Die grundlegenden Unterschiede sehe ich nicht. Egal ob Geistes- oder Naturwissenschaften: Du brauchst einen Anlass (> Daten welcher Art auch immer) für die Formulierung einer sinnvollen Hypothese. Und dann sammelst du weitere Daten, um die These zu verifizieren bzw. zu falsifizieren. Dabei ist es unumgänglich, dass man sich selbst stets der Ideologiekritik unterzieht (favorisiere ich ein bestimmtes Ergebnis? Warum? Führt das dazu, dass ich Daten missachte oder unbegründet unterschiedlich schwer gewichte?)
 
In der Physik kann ich z.B. in der Quantenmechanik eine neue Theorie aufstellen und habe dann als Maßstab ob ich richtig oder falsch liege zuerst die Mathematik und wenn dieser Beweis gelingt,die Verifizierung per Versuch.

Es gibt auch Naturwissensschaften, die ohne Versuche auskommen müssen, und nur auf Beobachtungen angewiesen sind; Astronomie oder Paläontologie wären Beispiele.
 
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