Steppeinvasionen, Hierarchisierung, Indoeuropäer

Die Grundsatzdebatte über die Interpretation der populationsgenetischen Studien im Licht von (Material-)Kulturen geht in eine neue Runde. Die Debatte kreist um die "massiven" populationsgenetischen Veränderungen, und wie sie überhaupt zu interpretieren sind (siehe auch die hier schon verlinkten Beiträge von Furholt, Van der Linden und Heyd zur Interpretation der Ergebnisse einer bronzezeitlichen "Steppeinvasion")

open access in der Nature:
Reconciling material cultures in archaeology with genetic data: The nomenclature of clusters emerging from archaeogenomic analysis
 
Die Bevölkerungsverschiebungen im Spätneolithikum/beginnende Bronzezeit in Mittel- und Nordeuropa sind wohl inwischen belegt, gestritten wird über Ursachen und Verlauf.

Das Rasmussen-Team, bereits 2015 in den auch hier verlinkten Publikationen aktiv, hat nun den Nachweis der Pesterreger für diesen Zeitraum, allerdings vor den "Invasionen", publiziert. Zuvor waren die ersten Pestwellen später datiert worden, und in den direkten Zusammenhang mit Bevölkerungsbewegungen aus Asien gerückt worden.

Der neue Nachweis von Pesterregern wird für etwa 5700 BP geführt, genetisch wohl unabhängig und früher als die aus Asien eingeschleppten Stämme.

Das Rasmussen-Team deutet damit die Möglichkeit an, und liefert zugleich eine Ursachenhypothese dafür, dass die Steppe"invasoren" auf bereits weitgehend entvölkerte Gebiete getroffen sein könnten. Dass wurde schon früher angenommen, allerdings mit (unbelegten) Theorien über erschöpfte Ressourcen und Bevölkerungsrückgang in den spätneolithischen Räumen verbunden.

Presse in der Nature (Überblick):
Plague linked to the mysterious decline of Europe’s first farmers

Artikel in der CELL:
Emergence and Spread of Basal Lineages of Yersinia pestis during the Neolithic Decline
 
Lazaridis von Harvard/MIT reicht nun einen Rundumschlag zur Populationsgeschichte Europas ein, Bevölkerungsbewegungen von den Neanderthalern/HSS zu den Yamnaja-Wanderern aus dem "Steppe-Belt". Das Weihnachtsgeschenk soll offenbar den Stand der Diskussionen und Dispute spiegeln.

Vorab-Publikation im open access: (aus arxiv.org)
[1805.01579] The evolutionary history of human populations in Europe


Publikation
The evolutionary history of human populations in Europe
(Aus der Current Opinion in Genetics & Development)
 
Passend zu #23 eine weitere archäologische Studie, die Wanderungsbewegungen im Übergang zur Bronzezeit auf weitgehend bereits entvölkerte Gebiete und aufgegebene Siedlungen treffen sieht.

im open access:
Ecological dimensions of population dynamics and subsistence in Neo-Eneolithic Eastern Europe

Die Ereignisse werden mit dem "8.2kya-Schock" im neolithischen Übergang verglichen, zu dem ebenfalls weitgehende Entvölkerung zB im Balkanraum angenommen wird.
 
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