Stepppanzer

Q

Quintus Fabius

Gast
Beschusstests und Stepppanzer

In der Antiken Welt war ein Bericht über Beschußtests römischer Rüstungstypen.

Untersucht wurden Kettenhemden mit einem Stepppanzer darunter, Kettenhemden allein und der Schienenpanzer.

Der Schienenpanzer gewährte dabei selbst auf kurze Distanzen einen hervorragenden Schutz vor Pfeilen, die nicht durchdrangen oder nur wenige mm.

Beim Kettenpanzer kam es auf die Entfernung, den Typ des Kettenpanzers und vor allem auf den Stepppanzer an.

Der Grund dafür ist, daß Kettengeflecht daß z.B. direkt auf den Rippen aufsitzt nicht genug zurückfedern kann und ein Pfeil mit schlanker Spitze daher das Kettenglied aufsprengen kann.

Ist dagegen ein Stepppanzer unter dem Kettenhemd, wird das Kettenglied das den Pfeil fängt durch diesen abgefedert und kann nicht durchdringen. Während sonst auch wenn die Kette hält die Spitze einige mm eindringen kann, steckt sie so im Steppgewebe.

Noch ein Aspekt spricht für die Kombination Stepp und Kette, prallt der Pfeil so auf das Kettengeflecht und dringt nicht durch, kann der Aufprall trotzdem z.b. eine Rippe brechen. Ein Stepppanzer verhindert solche stumpfe Durchschlagswirkung.

Daher sollte man mMn grundsätzlich davon ausgehen, daß römische Legionäre Kettenhemden nicht so, einfach über der Tunika getragen haben, sondern das Stepppanzer unter dem Kettenhemd Standard waren, die genannten Vorzüge eines Stepppanzers galten ja auch für den Nahkampf und Stiche bzw Schläge mit Blankwaffen.

Es stellt sich mir aber die Frage, ob man an eine Kombination Schienenpanzer mit Stepppanzer denken kann. Das möchte ich hier diskutieren :

Wenn wir davon ausgehen, daß die Leute einfach etwas schmaler waren, dann würden die Schienenpanzer nicht richtig sitzen, was sie aber müssen. So aber wirkt der Schienenpanzer wie ein Korsett und schnürt den Soldaten in einer Metallhülle ein.

Im Spätmittelalter trug man unter Platte immer Stepp, ebenso weiß man, daß die Sassaniden unter den Lamellenrüstungen Stepp trugen, aber die Römer trugen Schienenpanzer direkt auf der Tunika ??

Ein Stepppanzer unter dem Schienenpanzer würde das Tragen desselben mMn deutlich bequemer machen und dazu noch die Schutzwirkung gegen Stumpfe Wirkung die durch die Rüstung geht signifikant erhöhen. Daher meine Theorie, daß Stepppanzer bei den römischen Legionen viel weiter verbreitet waren als man das heute darstellt.

Die Reenactment Leute die ich kenne tragen ihre Kettenhemden und Schienenpanzer eigentlich alle ohne Unterrüstung.

Bei Kettenhemden gehe ich davon aus, daß immer Stepppanzer darunter getragen wurden, über den Kaiserzeitlichen Schienenpanzer weiß ich aber nicht genug, daher möchte ich hier die Hypothese eines Stepppanzers unter dem Schienenpanzer erörtern :
 
Erstmal ein Denkfehler.
Sollte unter der Segmentata wirklich ein Steppwams getragen worden sein wäre darum keine Passproblematik.
Denn dann würden die Schienen, so die Segmentaten wirklich, wie du scheinbar vermutest, immer noch auf den Körper geformt werden, man hätte also den Platz gelassen den ein (wirklich dick gefüttertes) Wams gebraucht hätte.
Außerdem sind die Dinger sehr flexibel, man kann immer noch ein wenig mehr Platz rausholen, zumal die Form aufgrund der, blickt man von oben auf den unteren teil, konischen Form durchaus an den Seiten noch etwas Luft darin enthält oder enthalten kann.
Schließlich: ich glaube nicht, dass die Rüstungen maßgefertigt wurden sondern nur noch geringfügig vom custos angepaßt. So sind auch kleienre Lücken durchaus drin und nicht so tragisch, solang sie nicht vorn zu sehen sind.

Was nun die Reenacter angeht, so hat sich die Existenz der subarmalis oder des thoromachus noch nicht so weit verbreitet als zwingendes Element der Darstellung, kommt aber sicherlich im Zuge der nächsten Jahre.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Schließlich: ich glaube nicht, dass die Rüstungen maßgefertigt wurden sondern nur noch geringfügig vom custos angepaßt. So sind auch kleienre Lücken durchaus drin und nicht so tragisch, solang sie nicht vorn zu sehen sind.

Sehr richtig, Gabinius.
Wenn man die Bedeutung der "Prachtentfaltung" bei antikem Militär richtig bewertet, muss die literarisch ja nirgends erwähnte Segmentata eines der am wenigsten beliebten Ausrüstungsstücke gewesen sein: der für uns tolle optische Eindruck dieses Panzers kommt von heutigen, an Uniformität und kühler Eleganz geformten Sehgewohnheiten. Für den Legionär muss das Ding ein ziemlich notwendiges Übel gewesen sein, das er viel lieber gegen ein schönes kunstvolles Kettenhemd ausgetauscht hätte. Deshalb auch die vielen Zierformen an den Schließen oder sogar Messingeinfassungen der einzelnen Segmente, und vermutlich deshalb auch die Rückkehr zum Kettenpanzer im 3. Jh.
Das sind allerdings nur meine Vermutungen, und zu der Frage "was trug man drunter?" weiss ich nichts. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass sich die ohnehin schon reichlich bepackten Legionäre gerne mit schweren (und bei Regen noch schwereren) Steppwesten herumgeschlagen haben … schließlich und letztlich gibt es auch relativ viele Abbildungen von Legionären in "Ausgehuniform" (mit Gürtel und Waffen, ohne Panzer und Helm) wo nichts auf einen Stepppanzer schließen lässt.
 
Dazu fällt mir ein Dokument aus justinianischer Zeit ein, das sog. Peri Stragias, darin heißt es:

Die Panzerung „soll nicht direkt auf normaler Kleidung getragen werden, wie es manche machen um das Gewicht des Panzers zu senken, sondern auf einem Gewand das eine Dicke von nicht weniger als einem Finger hat...
[...] damit die Härte nicht drückt wo sie den Körper berührt, sondern passend und bequem auf dem Körper liegt, außerdem, damit das Geschoss des Feindes weniger leicht das Fleisch berührt, sondern daran gehindert wird, zwar auch durch das Eisen und durch die Form und durch die Glätte aber auch weil das Eisen vom Körper Abstand hält “:haue:
 
Mummius Picius schrieb:
Sehr richtig, Gabinius.
Wenn man die Bedeutung der "Prachtentfaltung" bei antikem Militär richtig bewertet, muss die literarisch ja nirgends erwähnte Segmentata eines der am wenigsten beliebten Ausrüstungsstücke gewesen sein:
Nicht unbedingt, die fachliche Nomenklatur auch der hamata als auch der squamata sind keineswegs reichlich, gerade letztere wurde aber ein richtiger Publikumsliebling in der Spätantike, da die Pontes Milvi Darstellungen von solcherlei Gerüsteten wimmeln.

der für uns tolle optische Eindruck dieses Panzers kommt von heutigen, an Uniformität und kühler Eleganz geformten Sehgewohnheiten.
Schimmernde Schutz und Wehr ist, das zeigen die Lamellenpanzer und Squamaten der Antike ebenso wie die Harnische der Spätantike, ist auch in der Vergangenheit immer beliebt gewesen als Motiv.

Für den Legionär muss das Ding ein ziemlich notwendiges Übel gewesen sein, das er viel lieber gegen ein schönes kunstvolles Kettenhemd ausgetauscht hätte. Deshalb auch die vielen Zierformen an den Schließen oder sogar Messingeinfassungen der einzelnen Segmente, und vermutlich deshalb auch die Rückkehr zum Kettenpanzer im 3. Jh.
In der Tat ist Kunst in der römischen Wehtechnik kein Ausgleich sondern einfach ein Ausdruck des eigenen Standes.
So ist der Brusthaken der eigentlichen lorica hamata ebenso ein Stück großer Kunst wie die Formwahl bei der Squamata oder die zur Vogelfeder gestaltete Schuppe.

Das sind allerdings nur meine Vermutungen, und zu der Frage "was trug man drunter?" weiss ich nichts. Ich kann mir aber nur schwer vorstellen, dass sich die ohnehin schon reichlich bepackten Legionäre gerne mit schweren (und bei Regen noch schwereren) Steppwesten herumgeschlagen haben … schließlich und letztlich gibt es auch relativ viele Abbildungen von Legionären in "Ausgehuniform" (mit Gürtel und Waffen, ohne Panzer und Helm) wo nichts auf einen Stepppanzer schließen lässt.

Die von mir angesprochene subarmalia oder subarmalis ist literarisch belegt, ebenso der Begriff thoromachus, wobei ersteres aus einem lateinisch verfassten Brief und zweiteres aus dem griechischen Raum stammte.
Auch sind sämtliche Darstellungen auf Grabsteinen so angelegt, dass die prächtigsten Elemente und die typischen Statussymbole zu erkennen sind. Da wäre ein kaum zu identifierender Steppwams oder ein lederner Schutz sehr fehl am Platz.

Ich selbst habe meine subarmalis aus Leder angefertigt und im griechischen Stil eines linothorax angefertigt. Seitdem ich sie trage spüre ich die harten Ecken der segmentata nicht mehr in meinem Rücken, meine tunicae werden nicht mehr durchgescheuert und ich konnte ein Polster auf meine Schultern bringen, die das Gewicht ein wenig besser verteilen. Unschätzbare Vorteile ohne die ein Marsch über etwa 50 km oder mehr vielleicht keine Hölle wäre, aber ein so extreme Zumutung, dass sich nach der Standlagerzeit des Winters ein Frühjahrsfeldzug als rechter Horror erweisen könnte.
 
Tib. Gabinius schrieb:
Auch sind sämtliche Darstellungen auf Grabsteinen so angelegt, dass die prächtigsten Elemente und die typischen Statussymbole zu erkennen sind. Da wäre ein kaum zu identifierender Steppwams oder ein lederner Schutz sehr fehl am Platz.

Da hast du natürlich recht. Aus den Statuen und Reliefdarstellungen moderner Zeit kann man ja auch nicht auf die Existenz von Unterhosen schließen.
:pfeif:
 
Hallo,

wir haben den Beschusstest in unserem Verein (Milites bedensis aus Bitburg) durchgeführt, über den in der "Antike Welt" geschrieben worden ist. Hierbei zeigte sich eindeutig, dass eine Panzerung ohne Untergewand (egal ob Kettenhemd oder Schienenpanzer) bei einem Menschen zu Platzwunden, Prellungen, Blutergüssen und Brüchen geführt hätte. Den kompletten Bericht kann man auf unserer homepage www.milites-bedenses.de nachlesen.
Das ist ein Grund dafür, dass viele von uns solch ein Untergewand tragen. Auch bei einem Hieb hat dies eine ungeheure Schutzwirkung. Die kenetische Energie wird durch solch einen Schutz auf ein vielfaches reduziert und erhöht somit die Widerstandsfähigkeit der Legionäre.
Zum Nachdenken sollte jeder mal die Stelle bei Josephus über den jüdischen Krieg nachlesen, wo ein Centurio auf dem glatten Boden im Tempel ausrutscht und von Feinden umzingelt war. Er starb erst, nachdem man ihm die Glieder abschlug. Anders war er nicht zu töten!!!
Unsere Tests zeigten auch, dass ein vernietetes Kettenhemd von niemanden mit dem Schwert durchstochen werden kann. Kein Mensch kann solch eine Kraft aufbringen. Mal eben so durchstechen ist nicht!!! Da alle Funde von römischen Kettenhemden bzw. Resten vernietet sind, kann man davon ausgehen, dass dies für alle Hemden gilt. Somit ist es recht schwer einen Legionär zu töten.
 
Salve
Somit ist es recht schwer einen Legionär zu töten.
Naja, der römische Legionär war verwundbar, wenn er seines Schildes beraubt war, oder aus der Formation geriet - und dem wurde mit absoluter Brutalität in der Ausbildung entgegengearbeitet und ist Doktrin der kaiserlichen Legionen. Das Kettenhemd hat nicht den Schutz gegeben. Wird man am Hals getroffen, am Oberschenkel oder sonstwie an den Extremitäten ist man ohne Formation verloren. Man sinkt zu Boden und wird im Anschluss zerlegt oder totgetrampelt. Die geschlossene Formation ist das A und O gewesen; sowie die Disziplin innerhalb der Legion.

LIEBER Signifer, ist aufgrund des Beschusstestes die Ausrüstung der "Milites Bedenses" erweitert worden??? :pfeif:

Teleperforator
 
Hallo Teleperforator,

natürlich ist ein Legionär verwundbar.
Es geht ja ausschließlich um die Wiederstandskraft des Kettenhemdes. Und hier zeigte sich, dass man es eben nicht duchstoßen kann. Und das ist Fakt!
Es steht außer Zweifel, dass man jemanden an anderen Stellen verwunden kann. Das habe ich ja auch eindeutig geschrieben, oder?
Außerdem habe ich ja auch geschrieben, dass Platzwunden, Knochenbrüche, Prellungen usw. trotzdem einem Kettenhemdträger widerfahren.
Ein vernietetes Kettenhemd ist nicht nur zum Schutz von Schnitten sondern auch zum Schutz von Stichen geeignet, was dieser Test eindeutig bewiesen hat. Selbst mit Schweinehälften, das heißt mit einem Korpus hinter dem Kettenhemd, ist dieses nicht zu durchstechen. Lediglich die Bodkinspitzen eines Bogenschützen können solch ein Kettenhemd durchschlagen!

Was unsere Ausrüstung angeht, so hat der ein oder andere schon ein vernietetes Kettenhemd, aber noch lange nicht alle. Hier muß man sich langsam steigern. Kostet ja auch etwas!
Allerdings haben die meisten von uns schon ein Untergewand. Entweder gesteppt oder aus dickem Leder.
 
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