Strapazier-Menscher

Barbarelli

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In einem alten Retcliff-Roman bin ich auf den mir bisher unbekannten Begriff Strapazier-Menscher gestoßen. Soweit es in der Romanhandlung erläutert wird, handelt es sich um eine Art Leibeigenschaft, die folgendermaßen beschrieben wird:

„Die Wahl der Strapazier-Menscher ist eine alte, aus der Zeit der Leibeigenschaft stammende und in vielen Gegenden Ungarns bis in die neuste Zeit aufrecht erhaltene Sitte.
Am ersten Sonntag im April versammelten sich vor dem Gutsherrn alle Mädchen des Gutsbezirks, die seit dem letzten Frühjahr ihr siebzehntes Jahr zurückgelegt hatten hatten. Der Edelmann wählte unter ihnen die, welche er zum Dienst auf seinem Hofe oder in seinem Hause brauchte; sie müssen ihm zwei Jahre dienen und sind ihm unterthan mit Leib und Leben.
Nach dem Gutsherrn kam der Offizier des Millitär-Kommandos, das in dem bezierk stationiert war.
Er hatte das Recht, sich das Mädchen zu wählen, das ihm am besten gefiel. Sie verrichtete Magddienste bei ihm und ihr Körper diente zur Befriedigung seiner Lust. Im nächsten jahre, oder wenn er ihrer überdrüssig geworden, verfiel sie zu gleichem Zweck den Soldaten des Kommandos; wenn die zwei Jahre um waren, kehrte sie zurück mit dem, was sie sich erspart, in die Hütte der Eltern. Niemand rechnete ihr den Dienst zur Schande – der alte Gebrauch wollte es so, der Edelmann war der Herr des Landes, der Leib der Hörigen gehörte ihm, wie der Grund und Boden, und der Soldat war stets eine Edelmann.
In neuerer Zeit ward die alte Sitte zwar nicht mehr in gleicher Ausdehnung geübt, und mit dem Versallentum und der Leibeigenschaft waren die Verpflichtungen gefallen, aber noch immer hatte sich in vielen Gegenden des Landes der Brauch selbst erhalten; der Dienst geschah gegen Lohn, und selbst die Töchter der Freibauern nahmen keinen Anstand, mit denen der Häusler und Roboten des Guts, jener großen Bevölkerung, die von dem Gut des Edelmanns lebte, sich einzustellen in die Reihe und ihren Dienst anzubieten.
Es war wie mit dem Dienst der Söhne des Landes für den König und Kaiser. Wie hoch der Ungar auch seine Freiheit achtete, – jeder Bursche würde es für eine Schande gehalten haben und von den Weibern verspottet worden sein, hätte er den Werbern feig aus dem Wege gehen wollen.“

Google ist, was die Bezeichnung „Strapazier-Menscher“ betrifft, nicht sehr ergiebig, doch bietet immerhin soviel an Info, dass es sich tatsächlich um eine Verrichtung niederer Dienste handelt. Vielleicht gibt es ja hier jemanden, dem dieser Begriff geläufig ist und der weiß, ob die Beschreibung Retcliffs den Tatsachen entspricht. Der Roman selbst spielt in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts.
 
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