Tatort Eulau

Da das Reiterbogenschützenthema unergiebig zu sein scheint ;) (mein Fazit aus dem Thread: reine Spekulation und nicht sehr wahrscheinlich), zur Frage "Eulau": interessant zu wissen für die "Beziehungs-Mord-These" wäre, wie häufig Raubzüge generell in der damaligen Zeit waren, wie wahrscheinlich also ein rein zufälliges Zusammentreffen der Personen war.

Es gibt ja einige spektakuläre Grabfunde jungsteinzeitlicher Gewalttaten (gibt es die eigentlich auch für die Bronzezeit?), aber man könnte die Streusiedlung und das scheinbar völlige Fehlen von Verteidigungsanlagen in der Gegend evtl. so deuten, daß Überfälle eher selten waren. Auch die Tatsache, daß scheinbar so gut wie alle Männer abwesend waren, also Gelegenheit zu einem relativ risikolosen Überfall gaben, könnte auf ein grundlegend vorhandenes Sicherheitsgefühl der Bevölkerung weisen (oder auf Leichtsinn oder Faulheit oder Unfähigkeit oder religiös-ideologisch bedingtes Gutmenschenpazifistentum oder einen unglücklichen Zufall oder oder oder).

Wenn Überfälle auf Dörfer generell sehr selten waren, gewinnt die Tatsache gemeinsamer Herkunft der toten Frauen mit den "Mördern" für mich an Gewicht. Wie die Beziehung zwischen Tätern und Opfern ausgeformt war, bleibt natürlich nebulös. Frauenraub ist kulturübergreifend ein relativ durchgehendes Motiv für Kriegführung auf einer bestimmten Kulturstufe, aber das erklärt ja nicht unbedingt die Tötung der Frauen. Es sei denn, man würde vermuten, die Frauen seien durch die Entführung irgendwie entehrt worden und daher todeswürdig. Wenn man sich die ganzen kruden menschlichen Moralvorstellungen im Laufe der Geschichte ansieht, erscheint das nicht ganz an den Haaren herbeigezogen.

Im Grunde genommen reicht mir aber die Tatsache, daß ein Überfall auf eine Siedlung stattfand, Familienbeziehungen bei den Bewohnern bestanden, bestimmte Waffen eingesetzt wurden usw.; das sagt einiges über die Menschen aus und ist schon interessant genug, ohne hier einen Steinzeitkrimi heraus quetschen zu müssen.
 
Ja, von einem wissenschaftlichen Standpunkt her muss es bei der Hypothese bleiben und der Feststellung, dass es in dieser Gleichung zu viele Unbekannte gibt.
Aber unser menschliches Gehirn ist natürlich so konstruiert, dass es nach Sinnzusammmenhängen sucht und daher ist die Suche nach Szenarien zwar unwissenschaftlich aber natürlich. Und dass wir die Phantasieleistung dafür aufbringen können, dafür dürfen wir eigentlich ganz dankbar sein.
 
Ich hatte gefragt "Aber wie beweiskräftig ist die Pfeilspitze? Auch kleine Indizien können doch eindeutig sein. Was spricht dagegen, sie eindeutig den Schönfeldern zuzuordnen?"
Darauf Quijote:
Nichts. Was aber keinerlei Sicherheit gibt.
Aber nehmen wir mal als gesichert an, die Mörder der Frauen stammten genau die diese aus der Schönfelder Kultur. Wäre das gleichbedeutend damit, dass sie ihre Mörder auch kannten? Davon gehen nämlich die Hypothesen aus, welche die Zuordnung der Pfeilspitze zur Schönfelder Kultur und der Frauen aus dem fraglichen Raum zusammen bringen.

Also haben wir als Fakten:
- Die Frauen stammten aus der Schönfelder Kultur.
- Die Kinder waren ihre Kinder? (Ist das gesichert oder folgt das nur mal wieder irgendwelchen Normalvorstellungen?)
- Die Pfeilspitze (einziger Waffenfund?) stammt ebenfalls von den Schönfeldern.

Folgerung: Es waren Schönfelder die aus unbekannten Motiven Schönfelder Frauen und (der Frauen) Kinder in Eulau umbrachten. Wir können nur spekulieren warum. Welche Szenarien man dann daraus ableitet, hängt sehr von den Normalvorstellungen dessen ab, der da eine Geschichte draus konstruiert. Das sagt also mehr über die Normalvorstellungen des Forschers aus als über die Realität der Menschen, um die es geht.
 
Also haben wir als Fakten:
- Die Frauen stammten aus der Schönfelder Kultur.
- Die Kinder waren ihre Kinder? (Ist das gesichert oder folgt das nur mal wieder irgendwelchen Normalvorstellungen?)
- Die Pfeilspitze (einziger Waffenfund?) stammt ebenfalls von den Schönfeldern.

Letzteres ist eben kein Fakt sondern eine Zuordnung.
Von den Schönfeldern haben wir spitze, zweischneidige Pfeilspitzen, von den Schnurkeramikern Querschneider. Aber heißt das auch, dass die Mörder Schönfelder waren?
Könnte nicht eine andere, vielleicht weniger direkt benachbarte Kultur der Urheber dieser Pfeilspitze sein? Können nicht auch Schnurkeramiker Pfeilspitzen der Schönfelder verwendet haben? Es ist ein ganzes Bündel an Möglichkeiten vorstellbar.

Was die Verwandtschaftsbeziehungen untereinander angeht, so kann man aufgrund von DNA-Analysen mit Sicherheit sagen, dass die zwei Erwachsenen und die zwei Kinder aus Grab 99 als Familie zueinander gehören.
 
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